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Die deutsche Wirtschaft hat sich von der Krise schneller erholt als noch vor einem Jahr erwartet. Nach der allmählichen Wiederbelebung im Laufe von 2009 hat sich der Aufholprozess 2010 spürbar beschleunigt; in den ersten drei Quartalen 2010 ist das Bruttoinlandsprodukt preis- und saisonbereinigt mit einer Jahresrate von 4,5% gewachsen. Dabei gab es zwar erhebliche Schwankungen von Quartal zu Quartal, diese waren allerdings zu einem Großteil auf die unterschiedlichen Impulse der Konjunkturmaßnahmen sowie auf Witterungseinflüsse und deren Nachwirkungen zurückzuführen. Nachdem der Aufholprozess in der ersten Phase vor allem durch die hierzulande und weltweit aufgelegten Konjunkturprogramme angetrieben worden war, haben in diesem Jahr die inländischen, endogenen Auftriebskräfte mehr und mehr an Gewicht gewonnen. Die Arbeitsmarktlage hat sich deutlich verbessert. Die Verbraucherpreise ziehen wieder merklicher an und das nicht nur allein wegen höherer Energiepreise. Dennoch lag die Inflationsrate zuletzt mit 1,7% nach wie vor deutlich unterhalb der Stabilitätsschwelle von 2%.

Eckdaten für Deutschland

Veränderungen in % gegenüber dem Vorjahr

  2007 2008 2009 2010 2011
Bruttoinlandsprodukt1 2,7 1,0 -4,7 3,7 2,5
  Private Konsumausgaben -0,2 0,7 -0,2 0,5 1,5
  Konsumausgaben des Staates 1,6 2,3 2,9 2,0 0,3
  Anlageinvestitionen 4,7 2,5 -10,1 6,4 3,7
    Ausrüstungen 10,7 3,5 -22,6 9,9 6,0
    Bauten -0,5 1,2 -1,5 3,9 1,4
    Sonstige Anlagen 6,8 6,5 5,6 6,3 5,2
Inlandsnachfrage 1,3 1,2 -1,9 2,8 1,8
  Ausfuhr 7,6 2,5 -14,3 15,0 9,4
  Einfuhr 5,0 3,3 -9,4 14,2 8,7
Arbeitsmarkt          
  Erwerbstätige 1,7 1,4 0,0 0,5 0,5
  Arbeitslose (Mio. Personen) 3,78 3,27 3,42 3,24 3,05
  Arbeitslosenquote2 (in %) 8,7 7,5 7,9 7,4 7,0
Verbraucherpreise (in %) 2,3 2,6 0,4 1,1 1,6
Finanzierungssaldo des Staates(in % des BIP) 0,3 0,1 -3,0 -3,2 -2,1
Leistungsbilanzsaldo3 (in % des BIP) 7,6 6,7 5,0 5,0 5,6

1 Preisbereinigt. 2 Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept). 3 In der Abgrenzung der Zahlungsbilanzstatistik.

Quellen: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; Bundesagentur für Arbeit; 2010 und 2011: Prognose des HWWI.

Die Chancen für eine Fortsetzung des Aufschwungs stehen recht gut; eine Abschwächung der Aufholdynamik ist nach dem bisherigen rasanten Wiederanstieg nach der Krise als ein Prozess der Normalisierung anzusehen. Die binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich sowohl auf Seiten der privaten Konsumenten wie auf Seiten der Unternehmen so weit gefestigt, dass auf eine selbsttragende Erholung gesetzt werden kann – wenn sie nicht durch externe Störungen konterkariert werden. Der Arbeitsmarkt hat die Krise in erstaunlicher Stärke überwunden; die Zahl der Erwerbstätigen übertrifft bereits wieder den alten Höchststand vor der Krise im Herbst 2008. Die rasche Erholung der Wirtschaft und die gute Gewinnlage der Unternehmen lassen zudem höhere Tarifabschlüsse zu, so dass die verfügbaren Einkommen im kommenden Jahr zügig steigen dürften. Das sollte der Kauflust der Verbraucher weiterhin Auftrieb geben. Die Unternehmen werden angesichts günstiger Absatz- und Ertragsperspektiven sowie mehr und mehr ausgelasteter Kapazitäten weiter kräftig in neue Ausrüstungen investieren, auch wenn die Investitionsdynamik zu Jahresbeginn wegen der Ende 2010 ausgelaufenen Abschreibungsvergünstigungen gebremst wird.

Preisbereinigtes Bruttoinlandsprodukt in Deutschland
(Saison- und arbeitstäglich bereinigt mit Census-Verfahren X-12-Arima)

1 Veränderung in % gegenüber dem Vorquartal, auf Jahresrate hochgerechnet, rechte Skala. 2 Zahlenangaben: Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in %.

Quellen: Statistisches Bundesamt; 2010 und 2011: Prognose des HWWI.

Alles in allem wird die Inlandsnachfrage 2011 erneut einen erheblichen Wachstumsbeitrag leisten. Ausgehend davon, dass der Welthandel im nächsten Jahr weiter zügig expandiert, werden die deutschen Unternehmen ihre Exporte weiter deutlich ausdehnen können. Die Expansion wird sich allerdings verlangsamen, weil auch in anderen Ländern der Aufholprozess an Dynamik verliert. Ohne übermäßige Störungen von außen könnte das reale Bruttoinlandsprodukt im Jahresdurchschnitt 2011 um 2,5% zunehmen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt wird sich weiter verbessern und die Zahl der Arbeitslosen wird im Jahresverlauf unter die 3-Millionen-Marke sinken. Der Preisauftrieb wird sich unter diesen Bedingungen im Laufe von 2011 etwas verstärken und der 2%-Marke annähern.

Nach wie vor drohen die größten Risiken für die weitere Wirtschaftsentwicklung von außen. Die Finanzkrise ist noch nicht ausgestanden. Banken- und Staatsschuldenkrisen in anderen Ländern dauern an. Überdies haben in einigen Ländern nicht nur die Assetpreise, sondern auch die Verbraucherpreise inzwischen spürbar angezogen. Für all diese Probleme sind nachhaltige Lösungsansätze noch nicht gefunden. Eine Verschärfung dieser Krisen ist somit nicht auszuschließen. Die Finanzmärkte reagieren auf diese Entwicklungen sehr nervös und sind entsprechend volatil. Diese Unsicherheit bremst die wirtschaftliche Aktivität eher. Aber auch konjunkturelle Rückschläge sind in für die deutsche Exportwirtschaft wichtigen Ländern nicht auszuschließen. Das gilt einmal für die USA, die weiterhin große Probleme am Arbeitsmarkt haben. Weiterhin besteht dort staatlicher und privater Konsolidierungsbedarf. Auch in China und anderen Schwellenländern gibt es Entwicklungen, die bei verschärfter Blasen- bzw. Inflationsentwicklung die dortigen Regierungen zu restriktiven Maßnahmen nötigen könnten. Schließlich könnten bei einer Verschärfung der Schuldenkrise in Europa mehr und mehr Länder zu verstärkten Sparmaßnahmen greifen, mit dämpfenden Wirkungen auf die insgesamt ohnehin lahmende Konjunktur in Europa. Zudem ist das Risiko eines Währungswettlaufs größer geworden. All dies würde auch den Welthandel und damit den deutschen Export beeinträchtigen.

HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe

2000 = 100, auf US-Dollar-Basis.

HWWI-Index mit Untergruppena 2009 Juni 10 Juli 10 Aug. 10 Sep. 10 Okt. 10 Nov. 10 Dez. 10
Gesamtindex 209,7 258,4 263,2 268,1 271,8 286,9 296,5 314,0
  (-33,6) (14,3) (21,7) (13,6) (19,8) (18,4) (17,1) (25,6)
Gesamtindex, ohne Energie 184,0 230,4 246,6 256,1 264,8 271,5 276,7 286,2
  (-22,1) (25,0) (34,3) (30,0) (35,5) (34,6) (33,3) (32,9)
Nahrungs- und Genussmittel 202,2 202,6 216,1 226,4 239,2 251,5 264,3 280,6
  (-13,2) (-6,9) (7,8) (10,0) (21,7) (21,9) (24,6) (27,9)
Industrierohstoffe 176,0 242,6 260,0 269,1 275,9 280,2 282,2 288,6
  (-25,9) (42,8) (47,5) (39,3) (41,6) (40,3) (37,3) (35,1)
Agrarische Rohstoffe 125,4 163,4 166,8 170,7 175,0 185,7 190,7 193,2
  (-16,8) (39,9) (36,1) (29,8) (26,5) (27,4) (24,8) (23,1)
NE-Metalle 171,9 207,7 214,8 232,5 243,9 263,7 264,0 275,6
  (-29,0) (24,3) (23,6) (14,2) (22,0) (28,6) (24,3) (22,2)
Eisenerz, Stahlschrott 337,6 571,5 658,0 659,3 661,9 605,3 603,0 607,0
  (-30,0) (70,4) (92,1) (89,3) (89,3) (75,0) (75,0) (73,4)
Energierohstoffe 222,2 272,0 271,2 273,9 275,2 294,3 306,0 327,5
  (-37,3) (10,4) (16,9) (7,5) (13,7) (12,4) (11,2) (22,8)

a 2000 = 100, auf US-Dollar-Basis, Periodendurchschnitte; in Klammern: prozentuale Änderung gegenüber Vorjahr.

Weitere Informationen: http://hwwi-rohindex.org

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DOI: 10.1007/s10273-011-1174-1

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