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Ab dem 1. Mai 2011 können Arbeitnehmer aus den 2004 der EU beigetretenen Staaten ohne Beschränkungen einen Arbeitsplatz in Deutschland annehmen. Die Bauwirtschaft hatte zum Zeitpunkt der EU-Osterweiterung besonders große Befürchtungen, dass es zu ruinöser Konkurrenz auf den Baumärkten kommen könnte. Allerdings hatte nach Auffassung des Autors die Einführung eines Bau-Mindestlohns mit dem Arbeitnehmerentsendegesetz 1997 für die Bauwirtschaft wesentlich gravierendere Folgen als die Osterweiterung.

Vor sieben Jahren wurde die Europäische Union um acht mittelosteuropäische Staaten erweitert. Zum Schutz der Märkte der Alt-EU-Staaten wurden Übergangsregelungen getroffen, die bestimmte verfassungsmäßige Rechte der Bürger der neu beigetretenen Staaten zunächst einschränkten. Damit ist ab Mai Schluss. Müssen wir dann mit einem frischen Zustrom von Bauarbeitskräften aus Mittelosteuropa rechnen – und ihn fürchten? Bekommen einheimische Bauunternehmungen Konkurrenz von ausländischen Anbietern? Und hat die siebenjährige Übergangszeit den Bauunternehmungen genutzt?

Europäische Integration und Europäischer Binnenmarkt

Die Europäischen Gemeinschaften (EG) gaben 1992 – damals beteiligten sich zwölf Staaten – der europäischen politischen Integration und Wirtschaft heute nicht mehr wegzudenkende Impulse: Der wirtschaftspolitische Kern sah die Vollendung des Binnenmarktes vor.1

Ein Binnenmarkt räumt den Bürgern und Unternehmungen der Mitgliedstaaten alle grundlegenden Freiheiten zur wirtschaftlichen Entfaltung ein. Damit vergrößert sich für jeden Einzelnen der Markt, der zu prinzipiell gleichen Bedingungen bearbeitet werden kann – von kulturellen und sprachlichen Barrieren sei einmal abgesehen. Dadurch können vor allem in der Warenproduktion Kostendegressionseffekte entstehen und die Effizienz vieler wirtschaftlicher Vorgänge erhöht werden. Es steigt aber auch der Wettbewerbsdruck. Er führt zu Anpassungen bei Kosten und Preisen, die auch die Arbeitsteiligkeit der Wirtschaft je nach ihren komparativen Vorteilen weiter beflügeln, Innovationen fördern und die europäische Wirtschaft im globalen Zusammenhang insgesamt wettbewerbsfähiger machen.

Bei Einführung des Binnenmarktes in den ursprünglich zwölf EU-Staaten wurde mit einem Wohlfahrtszuwachs von zwischen 1% und 4% p.a. und mindestens 1,8 Mio. neuen Arbeitsplätzen gerechnet.2 Nach zehn Jahren waren 2,5 Mio. neue Arbeitsplätze entstanden und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) war 2002 infolge des Binnenmarkts um 1,8% oder 164,5 Mrd. Euro erhöht. Weitere positive volkswirtschaftliche Effekte waren eine Verdoppelung ausländischer Direktinvestitionen in Europa (als Anteil am BIP) und eine Zunahme der Exporte der EU in Drittstaaten von 6,9% auf 11,2% des BIP.3

Die demokratischen Revolutionen in Mittel- und Osteuropa Ende der 1980er Jahre mündeten in die deutsche Wiedervereinigung und ließen alsbald von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer den Wunsch aufkommen, wieder Anschluss an den Westen Europas zu finden. Bis dahin hatten 15 Mio. Menschen aus den Alt-EU-Staaten mit zusammen rund 364 Mio. Einwohnern ihren Arbeitsplatz oder Wohnsitz in einen anderen EU-Staat verlagert. Dasselbe den seinerzeit etwa 74 Mio. mittelosteuropäischen Staatsangehörigen zuzubilligen, konnten sich anfangs nur wenige vorstellen.

Freizügigkeit von Personen und Dienstleistungen

Für Staatsangehörige der EU-Staaten gelten sowohl die Arbeitnehmer- und Niederlassungsfreizügigkeit als auch die grenzüberschreitende Dienstleistungsfreiheit. Deutschland hat weltweit gesehen hohe Arbeitskosten und ein hohes Lohnniveau. Das trifft auch auf die Baubranche zu. Daher ist der deutsche Baumarkt seit jeher attraktiv für Arbeitsuchende gewesen – gerade für ausländische Arbeitnehmer, auf deren Heimatmarkt das Lohnniveau niedriger und/oder die Arbeitsmarktsituation ungünstiger sind. Sie könnten also einheimische Bauarbeiter und Bauunternehmungen mit niedrigeren Lohnforderungen verdrängen. Um dem entgegenzuwirken, ist versucht worden, den nationalen Baumarkt kontrolliert abzuschotten.

Am 1. Mai 2004 traten neben Malta und Zypern die acht mittelosteuropäischen Staaten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechische Republik, Slowakische Republik, Ungarn und Slowenien (MOE8) der EU der 15 westeuropäischen Staaten bei. Ihre Staatsangehörigen können sich seither ohne Reisepass- und Visum-Zwang im gesamten EU-Gebiet bewegen. Vor allem Österreich und Deutschland als unmittelbare Nachbarstaaten drangen aber auf Übergangsvorschriften zum Schutz der nationalen Arbeitsmärkte, die als 2+3+2-Regel bekannt wurden: Nach längstens sieben Jahren – das deutsche Baugewerbe hatte seinerzeit zehn Jahre gefordert4 –, also nach Ablauf des 30. April 2011, sind Einschränkungen der Erwerbs- und Dienstleistungsfreiheit für die MOE8 aufzuheben.

Begrenzungen des Wettbewerbs hinsichtlich der Menge

Die Einschränkungen bestanden in Deutschland im Wesentlichen aus

  • Arbeitsgenehmigungen (§§ 284 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch) und
  • Kontingenten (Zwischenstaatliche Vereinbarungen über die Entsendung von Werkvertragsarbeitnehmern).
Tabelle 1
Formen von Arbeitskräftebewegungen bei einem grenzüberschreitenden Angebot von Arbeit oder Dienstleistungen
Form Individuelle Migration Temporäre Entsendung Niederlassung
Anlass Arbeits- oder Dienstvertrag und Wohnsitzwechsel Dienstleistungs- oder Werkvertrag, kein Wohnsitzwechsel Selbständige Erwerbstätigkeit, Wohnsitzwechsel
Recht Arbeitnehmerfreizügigkeit
Art. 45 ff. EGV
Dienstleistungsfreiheit
Art. 56 ff. EGV
Niederlassungsfreiheit
Art. 49 ff. EGV
Beschränkung Arbeits-, Aufenthalts- und Zuwanderungsrecht Arbeits- und Zuwanderungsrecht
- Zwischenstaatliche Kontingentvereinbarung -
- Wettbewerbsrecht

Quelle: Eigene Darstellung nach G. Bosch: Wandel des deutschen Arbeitsmarktes durch die europäische Integration, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), Sonderheft, S. 19-25, 19.

Danach

  • dürfen Staatsangehörige aus den MOE8 und solche aus den am 1.1.2007 der EU beigetretenen Staaten Rumänien und Bulgarien (MOE2) eine Beschäftigung nur mit einer in der Regel befristeten Arbeitserlaubnis-EU der Bundesagentur für Arbeit ausüben ((Kurzzeit-)Migranten; vgl. Abbildung 1);
  • kann entsandten Arbeitskräften für längstens zwölf Monate die Arbeitserlaubnis-EU erteilt werden, um von ihrem Arbeitgeber im Ausland hergestellte Fertigteile hier zu montieren oder damit zusammenhängende Installationsarbeiten zu leisten (entsandte Arbeitnehmer);
  • können Arbeitnehmer im Rahmen von Kontingenten zur Ausführung von Werkverträgen zwischen ihrem Arbeitgeber und einem deutschen Unternehmen für eine begrenzte Zeit in Deutschland beschäftigt werden. Dementsprechende Vereinbarungen wurden seit 1988 mit 13 Staaten innerhalb und außerhalb (vier Balkanstaaten und die Türkei) der EU geschlossen (Werkvertragsarbeitnehmer).

Diese Vorschriften haben das ausländische Arbeitsangebot der Menge nach beschränkt. Erleichterungen sind nach den Kriterien Qualifikation und Einsatzraum (Grenzpendler) gewährt worden. Sie allein entfallen nach dem 30.4.2011 (MOE8) bzw. voraussichtlich nach dem 31.12.2011 (MOE2).5

Begrenzungen des Wettbewerbs hinsichtlich des Preises

Der Staat könnte theoretisch per Gesetz auch einen Mindestlohn (Preis) festsetzen, der einheitlich auf jede Art von Beschäftigung – auch auf Arbeitsverhältnisse nach ausländischem Recht – wirkte, soweit eine Arbeitsleistung im Inland erbracht wird. Das würde aber die Kompetenzen von Arbeitgebern und -nehmern schmälern, deren Tarifautonomie verfassungsrechtlich verbürgt ist (Art. 9 Abs. 3 GG). Den Tarifvertragsparteien selber steht es frei, Mindestlöhne zu vereinbaren, und sie können sogar erreichen, dass sie über die beteiligten Parteien hinaus eine branchenweite Wirkung entfalten. Dazu gibt es in Deutschland zwei Wege:

  • Allgemeinverbindlicherklärung (AVE).6 Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann zusammen mit einem Ausschuss von je drei Vertretern der Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Allgemeinverbindlichkeit (AV) eines Tarifvertrags auf Antrag nach dem Tarifvertragsgesetz erklären. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die tarifgebundenen Arbeitgeber mindestens 50% der in den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallenden Arbeitnehmer beschäftigen. Dies soll eine gewisse Repräsentativität sicherstellen. Sie setzt einen hohen Organisationsgrad auf Arbeitgeberseite voraus und deren Bereitschaft, betriebliche Entscheidungsspielräume zur Lohnfindung einzuengen und regionale oder lokale Aspekte zu vernachlässigen. Weitere Voraussetzung ist, dass die AVE im öffentlichen Interesse ist. Das soll schon erfüllt sein, wenn die AVE allein drohende wesentliche Nachteile für eine erhebliche Anzahl von Arbeitnehmern abwenden kann.7
  • Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Die zweite Möglichkeit zur Arbeitsmarktsteuerung hinsichtlich des Preises ist die Aufnahme von Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz.8 Es entspricht auf EU-Ebene der Entsende-Richtlinie,9 die ausschließlich den Schutz von Bauarbeitern vorgesehen hat. Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz stellt sicher, dass ausländische Arbeitgeber dann ihren entsendeten Mitarbeitenden einen Mindestlohn zahlen und weitere Arbeitsbedingungen gewähren müssen, wenn diese Verpflichtungen auch für alle deutschen Arbeitgeber derselben Branche gelten, es also einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag gibt. Nach Arbeitnehmer-Entsendegesetz ist die AVE kraft Rechtsverordnung gestattet. Das bedeutet, dass das Merkmal der Repräsentativität nicht erfüllt zu sein braucht, und einer Zustimmung des Bundesrates bedarf es auch nicht: Sie kann quasi im Alleingang durchgesetzt werden. Dabei kommt es nicht auf dem Titel des Arbeitnehmer-Entsendegesetz entsprechende außenwirtschaftliche Motive an, de facto werden mit ihm inländische Mindestarbeitsbedingungen festgelegt. Gegenwärtig (31.12.2010) sieht das Arbeitnehmer-Entsendegesetz zwingende Arbeitsbedingungen in den baurelevanten Wirtschaftszweigen Bauhauptgewerbe, Dachdeckerhandwerk, Elektrohandwerk und Maler- und Lackiererhandwerk vor.

Die Verpflichtungen aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz bleiben über den 30.4.2011 hinaus gültig! Zu deren Einhaltung fordern Vertreter der Tarifparteien seit langem wirksame Kontrollen und Sanktionen. Die sind erforderlich, weil mit dem Mindestlohn ein Marktungleichgewicht verursacht wird, das Ausweichreaktionen, vor allem die Schattenwirtschaft, fördert, die ihrerseits wiederum Sekundär-Interventionen hervorrufen.10 Dabei haben staatliche Kontrollen und Sanktionen in der Vergangenheit die Einhaltung gesetzlicher und tariflicher Regelungen kaum zu gewährleisten vermocht.11 In der Schattenwirtschaft wurden in den letzten zehn Jahren jeweils mindestens über 320 Mrd. Euro umgesetzt, zuletzt waren es 365 Mrd. Euro (2009). Der größte Teil davon, 38% (2007), entfällt auf Baugewerbe und Handwerk.12

Bei diesen Annahmen hätte die Schattenwirtschaft eine Anteil von mehr als 13% des BIP! Tatsächlich könnte sie aber auch nur 60 Mrd. Euro oder 2,3% des BIP betragen.13 Dann müssten die erhebliche Bürokratiekosten verursachenden Abwehrinstrumente Generalunternehmerhaftung (§ 14 AEntG, § 28 e Abs. 3 a, 3 d SGB IV, § 150 Abs. 3 SGB VII) und Bauabzugsteuer (§§ 48-48 d EStG) dringend auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden.

Vorangegangene Erfahrungen

Die mengenmäßigen Beschränkungen (befristete Arbeitsgenehmigungen-EU und Kontingente) entfallen künftig. Ist ab dem 1. Mai 2011 trotz Branchenmindestlohns mit einem Verdrängungswettbewerb von Arbeitern aus den MOE814 zu rechnen? Sicher werden hier keine grundsätzlich neuen Erfahrungen gemacht. Denn bereits seit Ende der 1980er Jahre, insbesondere seit der Öffnung des Eisernen Vorhangs, wurde der deutsche Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer aus den MOE-Staaten bedingt zugänglich gemacht. Seinerzeit hat der Zustrom dieser Arbeitskräfte möglicherweise sogar dafür gesorgt, dass die Vielzahl der Bauaufträge tatsächlich erfüllt werden konnte.15

Schon 1989 kamen auch in Ostbayern, als die Grenze zur Tschechischen Republik geöffnet wurde, Ängste und Befürchtungen vor einem Überangebot von MOE-Arbeitskräften auf. Aufgrund der vereinfachten Möglichkeit der Arbeitsgenehmigung-EU für Grenzgänger war es diesen schon zum damaligen Zeitpunkt möglich, in Deutschland zu arbeiten. Aber anders als erwartet verlief der Strukturwandel in Ostbayern parallel zur gesamtdeutschen Entwicklung, es gab keinen Strukturbruch. Ein Großteil des im Zusammenhang mit der Grenzöffnung Befürchteten trat gar nicht ein.16

Zwischen 2004 und 2006 stellte Deutschland rund 500 000 Arbeitsgenehmigungen-EU aus. Damit hat es „in der Praxis … so vielen Menschen Arbeit gegeben wie andere große Staaten auch“17 – nur hatten diese Staaten früher als Deutschland und Österreich auf Zuzugsbeschränkungen verzichtet. Großbritannien, Irland und Schweden nämlich haben die Freizügigkeit bereits 2004 zugelassen. Die unterschiedliche Handhabung der Zuwanderungsregelungen seit dem EU-Beitritt der MOE8 hat zu einer Umlenkung der Wanderungsströme geführt. Während vor der EU-Erweiterung rund 60% der Zuwanderung auf Deutschland und Österreich entfielen, wurden ab Mitte 2004 Großbritannien und Irland die wichtigsten Zielländer für Zuwanderer aus den MOE8.18 In Frankreich – neben Deutschland der größte nationale Baumarkt in der EU – hat „die vorhergesagte Flut von Ostarbeitern … nie stattgefunden“ – der Mythos vom „polnischen Klempner“, der im französischen Referendum zur EU-Verfassung eine wesentliche Rolle spielte, ist eine „Falschmeldung der Politikgeschichte“.19

Die Politik der offenen Grenzen führte bis Ende 2006 zu einer geschätzten Arbeitsmigration von 450 000 bis 600 000 Menschen. Diese Zahl ist zwar 30-mal höher als erwartet, doch die Arbeitnehmer aus der MOE8 stellen weniger als 1% der erwerbstätigen Bevölkerung der alten Mitgliedstaaten. Ausnahmen sind Österreich (1,4%) und Irland (3,8%). Nach Überzeugung der EU-Kommission hat „die Freizügigkeit von Arbeitnehmern … keine negativen Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte der EU-15 gehabt. Eigentlich haben individuelle Länder und die EU als Ganzes hiervon profitiert“.20

Auswirkungen auf Deutschland

Weil Deutschland und Österreich im Mai 2011 die letzten Länder in der EU sind, die ihre Arbeitsmärkte öffnen, dürften diese kaum mehr unter großen Druck geraten. Die Bundesagentur für Arbeit rechnet mit künftig jährlich zwischen 100 000 und 140 000 Arbeitskräften aus den MOE8, die zeitweilig oder dauerhaft einen Arbeitsplatz in Deutschland suchen werden. Am ehesten werde durch An- und Ungelernte ein zusätzlicher Wettbewerb entstehen, aber auch für die Mehrheit von ihnen gilt, dass sie nicht einfach ihren Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagern werden, und für viele Tätigkeiten hier sind deutsche Sprachkenntnisse unerlässlich.

Bei 100 000 Migranten könnte die Arbeitslosenquote um 0,14 Prozentpunkte steigen. Im derzeitigen Aufschwung dürften die Auswirkungen aber noch geringer sein. Dabei ist nicht ausgemacht, dass die Migranten nur einheimische Arbeiter verdrängen könnten. „Wenn es zu einer Konkurrenzsituation durch Migration kommt, dann vor allem zu den bereits im Zielland lebenden Landsleuten.“21 Eine Migration aus den MOE8 könnte die sektorale Produktionsstruktur insbesondere zugunsten öffentlicher Dienstleistungen, Dienstleistungen für private Haushalte und den Industriesektor verändern.22 Die Bauwirtschaft darf einen Wachstumseffekt um 1% erwarten, weniger unmittelbar durch die erweiterte Freizügigkeit, vielmehr mittelbar infolge einer anziehenden Nachfrage anderer Wirtschaftsbereiche.

Die neue Freizügigkeit dürfte für die Konkurrenz von Fachkräften keine große Bedeutung haben.23 Denn Fachkräfte finden auch in ihren Heimatstaaten, die eine ähnliche demographische Entwicklung wie Deutschland durchlaufen, in der Regel gute Angebote. Und im Übrigen waren ja bereits viele Fachkräfte nach Großbritannien, Irland und Schweden abgewandert.24 Grundsätzlich ist es aber von Vorteil, dass sich Deutschland nun offensiver am Wettbewerb um ausländische Fachkräfte beteiligen kann. Die Krisenentwicklungen in den bisher bevorzugten Zielländern (Großbritannien, Irland) und die demgegenüber positivere konjunkturelle Entwicklung Deutschlands sowie die noch bestehenden Lohnunterschiede begünstigen die Aussichten.

Bauindustrie

Haben die Bauunternehmungen in Deutschland die exklusive siebenjährige „Verschnaufpause“ genutzt, um ihre Wettbewerbsposition zu sichern? Welche Baugewerke müssen die (sicher nicht massenhafte und gar nicht ganz) neue Konkurrenz fürchten und welche können von dem erweiterten Arbeits- und Dienstleistungsbinnenmarkt profitieren?

Für eine Analyse sollte nicht nur der Zeitraum seit dem Beitritt der MOE8 zur EU am 1. Mai 2004 betrachtet werden: Die Vorbereitung auf die Freizügigkeit am Arbeitsmarkt läuft bereits seit dem Fall des Eisernen Vorhangs, als mit den MOE-Staaten erste Kontingente für Werkvertragsarbeitnehmer vereinbart wurden.

In der ersten Hälfte der 1990er Jahre erlebte die deutsche Bauwirtschaft aufgrund der Wiedervereinigung einen zuvor nicht gekannten Boom. Danach sanken die durch das Bauhauptgewerbe ausgeführten Bauinvestitionen von beinahe 100 Mrd. Euro (1994) fast kontinuierlich bis in das Jahr 2005 (gut 64 Mrd. Euro), und die Zahl der Beschäftigten verringerte sich ebenso klar von 1,4 Mio. (1995) auf 0,7 Mio., davon ging die Zahl der Arbeiter sogar überproportional um 54% zurück. Die ausschlaggebende Ursache für den Beschäftigungsrückgang dürfte das Nachfrageverhalten sein (vgl. Abbildung 2): Der Staat zog sich als Nachfrager zurück, die Bedarfe der Wirtschaft und der privaten Haushalte sanken infolge einer schleppenden konjunkturellen Entwicklung. Zudem hängt die Nachfrage nach Bauleistungen immer auch von anderen makroökonomischen Größen ab. Dazu zählen die staatliche Förderung privater Baunachfrage – direkt oder z.B. durch Sonderabschreibungen –, die Höhe der Grunderwerbsteuer u.ä.m. Die Beschäftigung sank also fast parallel zum Rückgang der Nachfrage. Seit drei Jahren ist die Beschäftigtenzahl auf dem Niveau von etwa 0,7 Mio. quasi eingefroren und wird sich wohl auch nicht wesentlich ändern: Zum einen werden bis 2017 keine wesentlichen Veränderungen der Auftragslage erwartet, zum anderen lässt die Bauunternehmen die Angst vor einem zukünftigen Arbeitskräftemangel ihre Belegschaften halten.25

Abbildung 1
Beschäftigung, Produktion und Produktivität im deutschen Bauhauptgewerbe

Anzahl (linke Achse), in Euro (rechte Achse)

Quelle: Eigene Darstellung nach Angaben des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e. V., Berlin 2011 (statistisches Angebot im Internet: http://www.bauindustrie.de/index.php?page=6).

Parallel konnte die Produktivität (Leistung je Beschäftigten) von 1995 bis 2009 um über 30% gesteigert werden. Einen massiven Schub erhielt das Produktivitätswachstum durch die Einführung des Mindestlohns zum 1.1.1997. Inländische Arbeitskräfte, die bereit gewesen wären, für einen geringeren als den Mindestlohn zu arbeiten, kamen und kommen nicht mehr zum Zuge. Angebote von Arbeitskräften aus den MOE8, für einen geringeren Lohn zu arbeiten, dürfen Arbeitgeber nicht annehmen. In der Folgezeit produzierten die verbliebenen Beschäftigten mehr, nämlich durchschnittlich 4,7% p.a. in den Jahren 1997 bis 1999 (vgl. Abbildung 2). Die des Mindestlohns wegen nicht (mehr) nachgefragten Arbeitskräfte sind gezwungen, in andere Branchen oder ins Ausland auszuweichen, sich arbeitslos zu melden oder/und in der Schattenwirtschaft tätig zu werden. Nicht nur die inländische, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sank weiter – die Zahl der inländischen Arbeitslosen im Bauhauptgewerbe stieg 1997 um 21%26 –, sondern auch die der Kontingent- und entsandten Arbeitnehmer aus den MOE-Staaten: deren Zahl war 1997 um über 28% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen (vgl. Abbildung 3)! Damit hat das Arbeitnehmer-Entsendegesetz seine in § 1 formulierten Ziele, grenzüberschreitend entsandten Arbeitnehmern angemessene Mindestarbeitsbedingungen zu schaffen und für einen funktionierenden Wettbewerb zu sorgen, verfehlt. Der Lohnwettbewerb ist gedeckelt und damit wenigstens einer Zielgruppe des Gesetzes die Geschäftsgrundlage entzogen worden.27

Abbildung 3
Werkvertragsarbeitnehmer und Entsandte in der deutschen Bauwirtschaft
in 1000

1 1997/98: geschätzter Wert.

Quelle: V. Meier, S. Munz: Beschäftigungseffekte von Mindestlöhnen unter Vernachlässigung der Hauptbetroffenen – Kommentare zu König und Möller, in: ifo-Schnelldienst, 61. Jg. (2008), Nr. 15, S. 30-32, 31.

Nach dem Beitritt der MOE8 zur EU zum 1. Mai 2004 ging die Zahl der aus den MOE-Staaten nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe jeweils gegenüber dem Vorjahr um 8% (2004) und 21% (2005) zurück, und dieser starke Trend hat in den Folgejahren angehalten. Vor der Öffnung der Arbeitsmärkte Großbritanniens, Irlands und Schwedens waren noch knapp 88 000 (2003) entsandte MOE-Arbeitnehmer in Deutschland tätig, 2009 waren es noch gut 36 000 – 58% weniger.

Die Zahl der im Rahmen der Kontingentvereinbarungen tätigen Werkvertragsarbeitnehmer reichte seit Einführung des Mindestlohns kaum je an die 20 000er-Marke heran. Dabei sind die zulässigen Kontingente niemals ausgeschöpft worden; die Ausschöpfungsquote lag im letzten Jahrzehnt mehrheitlich unter 50%. Daher dürfte der künftige Wegfall der Kontingente außer einer administrativen Erleichterung kaum Folgen haben, denn der mit dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz eingeführte Mindestlohn und die mit der Kontrolle seiner Einhaltung anfallenden Bürokratiekosten in Höhe von wenigstens 11 Mio. Euro bleiben.

Die Einführung des Mindestlohns in der Bauwirtschaft hat den Zwang, zu rationalisieren, verstärkt, die Nachfrage nach Bauarbeit zusätzlich gedämpft und Arbeitsplätze von In- und Ausländern gekostet. Seitdem wird der Wettbewerb – außer in der Schattenwirtschaft – weniger über den Stundenlohn ausgetragen. Bestimmender sind die Lohnstückkosten oder die Lohn- und Sozialkostenquote sowie die betriebliche Organisation und strategische Ausrichtung der inländischen Bauunternehmungen geworden. Die mengenmäßigen Regulierungen seit dem 1. Mai 2004 haben in Verbindung mit den Umlenkungseffekten in andere westeuropäische Staaten darüber hinaus das ausländische Angebot von Bauarbeit verknappt.

Strategien für Bauunternehmungen

Mit Blick auf den Faktor Arbeit können Angebote über Bauleistungen in Deutschland künftig kaum günstiger kalkuliert werden. Auf der Nachfrageseite ist das Kostenbewusstsein aber unverändert groß. Auch Schnittstellenminimierung und damit Komplettlösungen sind Wünsche der Kunden. Das sind Anreize für Bauunternehmungen, sich vom Bereitstellungsgewerbe zu Dienstleistungsunternehmen zu entwickeln. Auf diesem Weg steht einer schon im vergangenen Jahrzehnt gesteigerten Effizienz im Kerngeschäft die Erweiterung der Produktpalette und der Kompetenzen in den Unternehmungen gegenüber.

Großunternehmen

Während der letzten 20 Jahre hat sich der Anteil der Personalkosten am Bruttoproduktionswert der Unternehmungen im Bauhauptgewerbe allmählich verringert, dagegen ist der Aufwandsanteil für Subunternehmertätigkeit gestiegen (vgl. Abbildung 4). Im Durchschnitt aller Unternehmungen haben sich die Verhältnisse umgedreht: Der Subunternehmeranteil beträgt heute fast ein Drittel, der der Personalkosten fast nur noch ein Viertel. Dieses Bild schärft sich noch, wenn man es nur auf die 43 Unternehmungen mit über 500 Beschäftigten bezieht: Ihr Fremdleistungsanteil betrug 2008 über 45%, der Personalaufwand knapp mehr als ein Fünftel. Die Werte für die 4307 kleineren Unternehmungen mit zwischen 20 bis 49 Beschäftigten betragen knapp 20% (Fremdleistungen) und 31% (Personalaufwand). Danach können größere Unternehmungen mit ihrer Produktionsstruktur flexibler auf Auftragsschwankungen reagieren. Dabei fällt auf, dass der Fremdleistungsanteil von Arbeiten, die dem Bauhauptgewerbe zuzurechnen sind, von 26,2% (1984) auf 37,4% (2008) gestiegen ist. Offensichtlich spielt gerade bei größeren Bauunternehmungen das klassische Baugeschäft in der eigenen Wertschöpfung heute eine kleinere Rolle.

Abbildung 4
Strukturelle Veränderung der Produktion im Bauhauptgewerbe

Quelle: eigene Darstellung nach Angaben des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie e.V., Berlin 2011 (statistisches Angebot im Internet: http://www.bauindustrie.de/index.php?page=6).

Die Heterogenität des Absatzmarkts für Bauleistungen unterstützt diese Entwicklung. Kundenbeziehungen bestehen zu privaten und öffentlichen Haushalten und Unternehmen aus dem Produktions- und Dienstleistungssektor. Die nachgefragten Produkte sind Einzel- und Mehrparteien-Wohnhäuser, Verkehrswege (Land- und Wasserstraßen, Eisenbahn, Flughäfen), Ver- und Entsorgungsanlagen (Wasserwirtschaft, Strom-/Wärmeerzeugung, Deponien), Schulen, Kranken-, Rathäuser, Verwaltungs- und Bürogebäude, Produktions-, Lager- oder Verkaufshallen. Die Märkte sind räumlich und gewerklich segmentiert und lassen sich nach Phasen einteilen.

Dem Bauen geht das Planen und Finanzieren voraus, ihm folgt das Betreiben und schließlich der Rückbau. Gerade die größeren Bauunternehmungen sind „intelligenter“ geworden und haben ihr Geschäft auf die dem Bauen vor- und nachgelagerten Phasen ausgedehnt und zum Teil verlegt. Beispiele dafür sind Öffentlich-Private Partnerschaften, in denen Bauunternehmungen meist von der Planung bis zum Betreiben eingebunden sind, oder das „‚Facility Management“, das langjährige Betreiben eines Bauwerks, das regelmäßigere Zahlungsströme als das zyklische Baugeschäft verspricht. Solche Aktivitäten verlangen besondere Kenntnisse aus anderen Wissensgebieten, so dass größere Bauunternehmungen heute viele Kaufleute, Juristen und Nicht-Bau-Ingenieure beschäftigen und bei ihnen der Bauarbeiteranteil an der Belegschaft stärker zurückgegangen ist. Diese Entwicklung befördert die Trennung der Arbeitsgebiete von Unternehmen verschiedener Größe: Große Bauunternehmungen entwickeln neue Schwerpunkte in Management- und Dienstleistungstätigkeiten, die entsprechende Kompetenzen in Unternehmenssteuerung und Systemen/Produkten voraussetzen. Auch aufgrund ihrer in der Regel höheren Finanzierungskraft können sie leichter als andere Großprojekte für eigene Bauleistung oder als Generalunternehmer akquirieren.

Mittelständische Unternehmen

Aus dem Mittelstand heraus haben sich Systemanbieter entwickelt, deren Kompetenz vorwiegend die Projektierung und Steuerung von Bauabläufen ist. Zumeist in der Rolle als Generalunternehmer liefern sie Komplettleistungen ab. Anbieter im Schlüsselfertigbau von Wohnbauten, Schulen oder Parkhausanlagen zählen zu dieser Gruppe. Sie brauchen einiges Geschick beim Lieferanten- und Liquiditätsmanagement, um Gewährleistungs- und Finanzierungsrisiken klein zu halten. Sie können sich die günstigeren Faktorkosten in den MOE8 beispielsweise durch die Lieferung von Türen und Fenstern28 oder den Import ganzer Gebäudeteile und Module29 zu Nutze machen. Umgekehrt können sie mit ihrer Planungs- und Steuerungskompetenz auf ausländischen Märkten erfolgreiche Projekte durchführen. In einigen Fällen setzen Kunden des Wirtschaftsbaus auf deutsche Systemanbieter bei ihrer eigenen Expansion ins Ausland, z.B. beim Bau von Einkaufszentren oder Logistikhallen.30 Wettbewerber sind andere Systemanbieter und große Bauunternehmungen (Baumultis).31

Andere mittelständische Bauunternehmungen haben sich dagegen als Spezialisten auf bestimmte Verfahren oder Produkte konzentriert, die sie auf Nischenmärkten mit geringerem Preisdruck operieren lassen (z.B. Herstellung von Baugruben, Gründungen und Abdichtungen). Dazu greifen sie auch Trends auf und bringen sie zur Marktreife (Sanierung von Bahnhöfen und Haltestellen mit Systembauteilen, industrielle Installation von Solaranlagen). Solche Geschäfte sind oft investitionsintensiv und zudem abhängig von dem Geschehen des Nischenmarktsegments.32 Nischenkompetenz eignet sich zum Export, auch in die MOE-Staaten, die nach wie vor einen Aufholbedarf bei moderner volkswirtschaftlicher Infrastruktur haben, etwa beim nachsorgenden Umweltschutz (Abwasserreinigungsanlagen, abgesicherte Mülldeponien, Umbau oder Sanierung von Kraftwerksanlagen).33 Die zunehmende wirtschaftliche Konvergenz, das Wachstum und der verbesserte Lebensstandard in den MOE-Staaten wird die Migration in Richtung Westen zügeln und könnte diese selber zu Zielländern für Einwanderung machen.

Andere Mittelständler haben zur Risikostreuung als Alleskönner auf die sektorale Diversifizierung ihrer Bauaktivitäten gesetzt. Das erfordert in der Regel einen hohen Kapitaleinsatz und stellt höchste Ansprüche an die Auftragsplanung und -abwicklung. Werden sie diesen gerecht, können sie ihre Ressourcen optimal auslasten. Sie besitzen mit Kompetenzen beispielsweise im Hoch-, Tief-, Berg-, Gleis-, Wasserbau aber in kaum einem Segment ein Alleinstellungsmerkmal.

Kleinunternehmen

In 97,1% aller Unternehmungen des Bauhauptgewerbes, die bis zu 49 Personen beschäftigten, den kleinen klassischen Bauunternehmungen, arbeiten fast 66% der Baubeschäftigten, und sie erwirtschaften 53,4% des Branchenumsatzes. Die Betriebsorganisation ist zumeist überschaubar und flexibel, oft findet man eine hohe Fertigungstiefe (Bau, Schreinerei). Für Auftraggeber spielen neben dem Preis für eine Bauleistung auch Qualitätsaspekte, Gewährleistungs- und Haftungsfragen und Vertrauen in den Anbieter eine Rolle. Gerade im privaten Wohnungsbau sind Kenntnisse um die Bedürfnisse der lokalen Kundschaft und die sprachliche Verständigung zur Vertrauensbildung wichtig. So kann ein Lokalmatador bei der persönlichen Akquisition von den durchaus bestehenden sprachlichen und kulturellen Grenzen für den Wettbewerb von außerhalb profitieren.34

Fazit

Die deutsche Bauindustrie zeigt sich heute differenzierter als je zuvor: Nicht wenige Unternehmungen haben ihr Geschäftsmodell verändert und die Abhängigkeit ihrer Wertschöpfung aus reiner Bautätigkeit verringert. Sie sind damit weniger dem Wettbewerb um den Produktionsfaktor Bauarbeit ausgesetzt und können der neuen Freizügigkeit gelassen entgegensehen.

Gleichwohl ist heute kaum damit zu rechnen, dass aus den MOE8 stammende Baufacharbeiter in großer Zahl in Wettbewerb zu inländischen Baufacharbeitern treten. Dafür haben zum einen die mengenmäßigen Arbeitsbeschränkungen der letzten sieben Jahre in Verbindung mit den Umlenkungseffekten in andere EU-Staaten gesorgt. Zum anderen hat der Mindestlohn in der Bauwirtschaft der Rationalisierung so viel Auftrieb gegeben, dass bei gleichbleibender Auftragslage kein großer Anreiz besteht, hier Arbeitskraftangebote aus den MOE8 anzunehmen.

Unternehmungen mit hohem Wertschöpfungsanteil von Bauleistungen können sich aufgrund kulturell-sprachlicher und rechtlicher Vorteile von künftig möglicher ausländischer Konkurrenz absetzen. Dennoch kann es sich lohnen, Bauarbeiten von Unternehmungen aus den MOE8 ausführen zu lassen, da trotz des Mindestlohns dort noch Kostenvorteile bestehen. Die Bauarbeiten werden allerdings durch die hier aufgebauten bürokratischen Hemmnisse erschwert.35 Lohnenswerter erscheint es, Vorprodukte aus den MOE8 zu importieren, da dabei die günstigeren Arbeitsfaktorkosten besser ausgespielt werden können.

Der bevorstehende Schritt im Erweiterungsprozess der EU27 bietet insgesamt große Chancen, die es zu nutzen gilt.36 Die sieht derjenige zuerst, der nicht in erster Linie von den Chancen und Risiken in einzelnen Ländern spricht, sondern vielmehr das Verständnis eines gemeinsamen (Arbeits-)Marktes in Europa verinnerlicht. Das gilt auch für die Gesetzgeber …

  • 1 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Vollendung des Binnenmarktes – Weißbuch der Kommission an den Europäischen Rat (KOM(85) 310 endg.), Brüssel 1985.
  • 2 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Europas Zukunft – Binnenmarkt 1992: Eine Bewertung der möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Vollendung des Binnenmarkts der Europäischen Gemeinschaften (Europäische Wirtschaft, Nr. 35), Brüssel 1988, S. 161 f.
  • 3 Vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Der Binnenmarkt – Zehn Jahre ohne Grenzen, Brüssel 2003, S. 2, 6.
  • 4 Vgl. Bayerischer Bauindustrieverband e.V.: Geschäftsbericht für das Jahr 2001, München 2002, S. 8; vgl. A. Frauenrath: EU-Osterweiterung – Auswirkungen auf die deutsche Bauwirtschaft, Rede auf dem Verbandstag der Bayerischen Baugewerbeverbände am 19. Mai 2001.
  • 5 Wenn Deutschland beantragte, die Übergangsregelungen im Fall der MOE2 um weitere zwei Jahre zu verlängern und dazu die Zustimmung der EU-Kommission erhielte, dann verlängert sich die Frist auf nach dem 31.12.2013.
  • 6 Vgl. C. Rieger: Die Arbeitnehmerfreizügigkeit in Europa ab dem 1. Mai 2011, Leipzig, Münster 2011.
  • 7 Vgl. J. Kirsch, R. Bispinck: Allgemeinverbindliche Tarifverträge, Düsseldorf 2002, S. 2.
  • 8 Arbeitnehmer-Entsendegesetz vom 26. Februar 1996, novelliert am 20. April 2009 (BGBl. I S. 799).
  • 9 Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, ABlEG Nr. L 018 vom 21.01.1997 S. 1-6.
  • 10 Vgl. dazu auch K. Kleps: Staatliche Preispolitik, München 1984, S. 121 ff.
  • 11 Vgl. A. Frauenrath, a.a.O. Um die Einhaltung von Mindestlöhnen staatlicherseits wirksam zu kontrollieren, wäre ein Verwaltungsaufwand erforderlich, der den Steuerzahler bis zu 3 Mrd. Euro kosten könnte, vgl. Institut der deutschen Wirtschaft: Entsendegesetz, Köln 2007.
  • 12 Vgl. Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V.: Die Schwarzarbeit nimmt in der Krise wieder zu, Berlin 2010.
  • 13 Vgl. U. Thießen: Schattenwirtschaft – Vorsicht vor hohen Makroschätzungen, in: Wirtschaftsdienst, 91. Jg. (2011), Nr. 3, S. 194-201, 201.
  • 14 Für einfache Bau- und Montagearbeiten sind allen in Deutschland Arbeitenden mindestens 9,50 - 10,90 Euro zu bezahlen, während die vergleichbaren Sätze z.B. in Polen 3,74 Euro und in Ungarn 1,88 Euro betragen; vgl. E.-L. Laux: Löhne im Bausektor, herausgegeben von der Europäische Föderation der Bau– und Holzarbeiter, Brüssel 2009, S. 57, 66.
  • 15 Vgl. J.-S. Pischke, J. Velling: Ausländische Werkvertragsarbeitnehmer am Bau – Bauboom oder Verdrängungswettbewerb? (Discussion Paper Nr. 93-15), hrsg. v. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim 1993.
  • 16 Vgl. M. Moritz: Grenzöffnung zu Tschechien – Entwicklung in Ostbayern besser als erwartet (IAB Kurzbericht Nr. 20 / 2007), hrsg. v. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg 2007.
  • 17 V. Špidla, EU-Beschäftigungskommissar, Feststellung im Mai 2006, zitiert nach http://www.euractiv.com/de/soziales-europa/freizgigkeit-arbeitnehmer-eu-27/article-129654.
  • 18 Vgl. G. Bosch: Wandel des deutschen Arbeitsmarktes durch die europäische Integration, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), Sonderheft, S. 19-25, S. 23.
  • 19 O.V.: „‚Polnischer Klempner‘ stellte sich als Falschmeldung heraus“, http://www.euractiv.com/de/erweiterung/polnische-klempner-stellte-falschmeldung-heraus/article-186654.
  • 20 V. Špidla, a.a.O.
  • 21 A. Fricke: Neue Freizügigkeit auf dem Arbeitsmarkt ab Mai – Angst vor billigen Leiharbeitern, Köln 2010.
  • 22 Vgl. T. Baas, H. Brücker: Wirkungen der Zuwanderungen aus den neuen mittel- und osteuropäischen EU-Staaten auf Arbeitsmarkt und Gesamtwirtschaft, hrsg. v. d. Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn 2010, S. 49.
  • 23 Vgl. A. Fricke, a.a.O.; vgl. o.V.: Bundesagentur erwartet bis 140.000 Jobsuchende aus Osteuropa, Münster 2010.
  • 24 Vgl. K. Schädler: Grenzenlos arbeiten – Für Osteuropäer entfallen Hürden bei der Jobsuche, in: Tagesspiegel vom 17.11.2010.
  • 25 Vgl. H. Stiepelmann: Zahlen und Prognosen zum Fachkräftemangel und zum Baumarkt, hrsg. v. Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V., Berlin 2010.
  • 26 Vgl. Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.: Arbeitsmarktdaten im Bauhauptgewerbe/Baugewerbe, Berlin 2010.
  • 27 Vgl. V. Meier, S. Munz: Beschäftigungseffekte von Mindestlöhnen unter Vernachlässigung der Hauptbetroffenen – Kommentar zu König und Möller, in: ifo Schnelldienst, 61. Jg. (2008), Nr. 15, S. 30-32.
  • 28 Vgl. L. Trettin: Einfluss der EU-Osterweiterung auf den Wettbewerb auf Handwerksmärkten, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), Sonderheft, S. 35-42, 41.
  • 29 Vgl. A. Frauenrath, a.a.O.
  • 30 Vgl. o.V.: Fallstudie Goldbeck – Grenzüberschreitende Teambildung, in: results Das Unternehmer-Magazin der Deutschen Bank Nr. 3 (2010), S. 32.
  • 31 Vgl. E. W. Marsch, K. Wischhof u. a.: Szenarien und Strategien deutscher mittelständischer Bauunternehmen in Europa – Management Zusammenfassung, hrsg. v. Rationalisierungs-Gemeinschaft „Bauwesen“ (RG-Bau) im Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirtschaft e.V. (RKW), Eschborn 2004, S. 12 f.
  • 32 Vgl. E. W. Marsch, K. Wischhof u.a.: Szenarien und Strategien …, a.a.O., S. 12.
  • 33 Vgl. L. Trettin, a.a.O., S. 41.
  • 34 Vgl. Ebenda, S. 37 f., 41; vgl. E. W. Marsch, K. Wischhof u.a., a.a.O., S. 15.
  • 35 Vgl. D. Steiner: Uns fehlen Fachleute mit bahntechnischer Ausbildung, in: Neue Zürcher Zeitung vom 13.1.2011.
  • 36 Vgl. schon Bayerischer Bauindustrieverband e.V.: Geschäftsbericht für das Jahr 2001, a.a.O., S. 16.

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DOI: 10.1007/s10273-011-1218-6