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Die EU-Kommission sieht in ihrer Roadmap 2050 vor, ab 2050 keine Fahrzeuge mehr mit Verbrennungsmotoren in den Städten zuzulassen. Der Verbrennungsmotor als Antrieb für Kraftfahrzeuge muss entsprechend mittelfristig durch andere Antriebsformen abgelöst werden. Dies geschieht nicht reibungslos und macht eine intelligente Förderung notwendig. Wie groß die Bereitschaft in der Bevölkerung ist, auf Elektromobilität umzusteigen, wird von den Autoren anhand eines Experiments gezeigt.

In der Automobilindustrie kündigt sich ein Paradigmenwechsel an. Nachdem über 100 Jahre Verbrennungsmotoren als Antriebsquelle von Automobilen dienten, breitet sich der Elektroantrieb aus. Aus technischer Sicht hat der Elektroantrieb einige Vorteile. Elektrofahrzeuge verursachen keine lokalen Emissionen, sind also prädestiniert für Großstadtregionen, wie es sie etwa in China gibt. Elektromotoren setzen nahezu 95% der eingesetzten Energie in Vortrieb um, während bei Verbrennungsmotoren gut 65% der eingesetzten Energie durch Reibung und Hitze verbraucht werden und nur 35% der Energie zum Vortrieb nutzbar sind. Zusätzlich zur Energieeffizienz gilt, dass reine Elektroantriebe wesentlich einfacher und damit kostengünstiger zu produzieren sind. Das Hauptproblem beim Elektroantrieb ist die Energiespeicherung. Mit modernen Lithium-Ionen-Batterien wurde es möglich, Elektroantriebe kundenfreundlicher zu gestalten. Allerdings bleiben Nachteile wie hohe Kosten der Energiespeicher, längere Ladezeiten und kürzere Reichweiten der reinen Elektroautos.

Drei Entwicklungsrichtungen zeichnen sich bei elektrischen und teilelektrischen Antrieben ab.

  1. Hybride mit größeren Batterien, die elektrische Energie an Steckdosen oder Ladesäulen aufnehmen können: Diese Konzepte werden auch als Plug-In-Hybride und in technisch modifizierter Ausgestaltung als Range-Extender-Fahrzeuge bezeichnet. Plug-In-Hybride und Range-Extender-Fahrzeuge erlauben je nach Batteriegröße bis zu 80 km im Elektromodus zu fahren. Ist die Energie der Batterie aufgebraucht, wird das Fahrzeug durch einen Verbrennungsmotor angetrieben.
  2. Reine batterieelektrische Fahrzeuge mit Reichweiten bis 150 km.
  3. Brennstoffzellenfahrzeuge, die Strom an Bord unter Einsatz von Wasserstoff durch Brennstoffzellen gewinnen: Brennstoffzellen-Fahrzeuge unterscheiden sich also ausschließlich durch die Energiespeichertechnologie vom batterieelektrischen Fahrzeug.

Technologieförderung in reifen Industrien

Die Fahrzeugindustrie ist eine reife Industrie mit über 100-jähriger Tradition. Trotzdem ist die Frage nach staatlicher Technologieförderung opportun. So zeichnen sich etwa Brennstoffzellenfahrzeuge oder Lithium-Ionen-Batterien für automobile Anwendungen durch lange Investitionszeiten bei unsicheren Absatzerwartungen aus. Kapitalwerte von Investitionen, die frühestens nach zehn oder 15 Jahren marktreif sind, nehmen oft über längere Zeiträume negative Werte an. Dies gilt insbesondere bei elektrochemischen Speichertechnologien für hohe Energieinhalte, wie sie bei Automobilen benötigt werden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wird das Risiko in solche Engagements gescheut, aus volkswirtschaftlicher Sicht kann es durchaus sinnvoll sein, das Risiko zu schultern. Also wird eine Förderung benötigt. Die Förderung muss dabei keineswegs eine direkte finanzielle Unterstützung sein, sondern kann aus Regulierungsvorschriften bestehen. Etwa derart, dass ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch Elektrofahrzeuge in Großstädten fahren dürfen. In diese Richtung hat sich die chinesische Regierung geäußert und nur deswegen hat der Volkswagenkonzern, der die Elektromobilität lange ignoriert hatte, ein großes Investitionsprogramm für Elektromobilität aufgelegt. Ähnlich sieht das die EU-Kommission, die in ihrer Roadmap 2050 plant, ab 2050 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotorantrieben mehr in Städten zuzulassen. Die höhere Energieeffizienz des Elektroantriebs sowie die Gewinnung elektrischer Energie aus regenerierbaren Quellen führen zu einer deutlich besseren Umweltbilanz und sind deshalb wichtige Argumente zur Förderung des Elektroautos.

Bleibt die Frage, auf welche Art der Förderung zurückgegriffen werden soll. Ein Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass der Aufbau von Lithium-Ionen-Batteriefertigungen oder die Fertigungen von Elektrofahrzeugen intensiv staatlich gefördert wird.1 Staatliche Subventionen beim Kauf von Elektroautos werden zwar in einer ganzen Reihe von Ländern eingesetzt, aber nach den Erfahrungen mit der sogenannten Abwrackprämie 2009 in Deutschland scheinen subventionierte Fahrzeuge eher fragwürdig. Einerseits wird der Effekt für die deutschen Autobauer verwässert, denn ein Großteil der Fahrzeuge sind Importe. Genau so war es bei der Abwrackprämie. Andererseits wirken zeitliche Kaufanreize immer so, dass nach Auslaufen ein entgegengesetzter Effekt eintritt. Bei Nutzung von Kaufprämien ist das Risiko hoch, eine wenig wettbewerbsfähige Technologie zu fördern, die nach Auslaufen der Förderzeit dann in sich kollabiert. Sinnvoller sind damit Fördermaßnahmen, die darauf abzielen, Produkttechnologien zu verbessern, statt schlechte Produkte mit Subventionen „unter die Leute“ zu bringen. Genau in diese Richtung argumentiert auch die Bundesregierung, die durch Forschungs- und Technologieförderung versucht, die Weichen in Richtung auf „bessere“ Produkte zu stellen.

Deutschland als Leitmarkt für Elektromobilität

Damit der Automobilstandort Deutschland mit immerhin 730 000 Beschäftigten bei Autobauern und Zulieferunternehmen bei der Zukunftstechnologie nicht das Nachsehen hat, beschloss die Bundesregierung, Deutschland zum „Leitmarkt für Elektromobilität“ zu entwickeln – ein sicher sehr hoher Anspruch im Wettbewerbsvergleich mit Ländern wie China, Frankreich, Japan oder den USA.

Im November 2008 stellten die vier Bundesministerien für Umwelt, Verkehr, Wirtschaft und Forschung in einer gemeinsamen Presseerklärung das Ziel vor: „Deutschland soll Leitmarkt für Elektromobilität werden“. In einer „Nationalen Strategiekonferenz Elektromobilität“ wurde entschieden: „Elektrofahrzeugen gehört die Zukunft. Sie werden vor allem im Stadtverkehr bald zum Alltag gehören. Bis 2020 sollen bereits 1 Mio. am Stromnetz aufladbare Elektrofahrzeuge und sogenannte Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge auf deutschen Straßen fahren“.2 Zur Umsetzung der Ziele wurde im August 2009 der „Nationale Entwicklungsplan Elektromobilität der Bundesregierung“3 vorgestellt.

Erstes Hauptprojekt ist die Förderung von acht Modellregionen, die unter Federführung des Verkehrsministeriums mit einem Budget von 115 Mio. Euro im Rahmen des Konjunkturpakets II unterstützt werden.4 Hinzu kamen kleinere Projekte, die Hochschulen auf dem Feld der Elektrochemie unterstützen sollten. Im „Nationalen Entwicklungsplan“ wird zwar sehr intensiv auf das Projekt „Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie (NIP)“ verwiesen, allerdings läuft dieses Projekt bereits seit 2006 und ist bei nüchterner Betrachtung ein Projektrahmen, der deutlich vor den Anstrengungen zur Elektromobilität definiert wurde. Im Zentrum standen somit acht Modellregionen, in denen 190 Projekte gefördert wurden. Auf das Durchschnittsprojekt entfiel eine Fördersumme von 605 000 Euro. Mit den zahlreichen, kleinteiligen Projekten wurde eher Wahlkreispolitik betrieben, statt essenziell eine Schlüsselbranche am Standort Deutschland aufzubauen. Im internationalen Vergleich waren die Fördersummen und ein Großteil der Projekte zu kleinkariert.5

Die von der Bundeskanzlerin eingesetzte „Nationale Plattform Elektromobilität“ kritisierte die sehr breitflächigen, wenig fokussierten Maßnahmen. Daher wurde im Mai 2011 in einem weiteren „Regierungsprogramm Elektromobilität“ ein spezifischeres Maßnahmenbündel beschlossen. Insgesamt sechs Schwerpunkte von der Forschungsförderung für Batteriezellen bis zum Recycling von Rohstoffen werden in diesem Regierungsprogramm breit und wenig konkret aufgezählt.6 Einer der Schwerpunkte fokussiert „regionale Schaufenster“, die aufgebaut werden sollen, um die Elektromobilität sichtbar zu machen und den Marktaufbau vorzubereiten. Im Prinzip läuft das Schwerpunktthema „Schaufenster“ darauf hinaus, die Elektromobilität durch eine Art Demonstrationseffekt populär zu machen, statt Kaufprämien für Elektroautos zu gewähren. Für diese Schaufensterwettbewerbe hat die Bundesregierung über einen Zeitraum von drei Jahren ein Budgetvolumen von 180 Mio. Euro geplant. Bis Januar 2012 konnten Unternehmen und öffentliche Gebietskörperschaften Skizzen für diese Schaufensterwettbewerbe in Berlin einreichen. Insgesamt sollen drei bis fünf Schaufensterregionen aufbauend auf den Projektskizzen selektiert werden.

Experiment zum Aufbau wirksamer Schaufenster

In einem Experiment mit 226 Autofahrern am CAR-Institut wurde untersucht, ob bei Autokäufern überhaupt eine Bereitschaft zur Nutzung von elektrischen und teilelektrischen Fahrzeugen besteht und über welche wesentlichen Bausteine ein Schaufenster verfügen müsste, um die Bereitschaft in Kaufimpulse umzusetzen. Umfragen zur Kaufbereitschaft von Elektroautos gibt es mittlerweile mehr als genug. Nahezu alle kommen zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Reichweitenprobleme, der Ladeinfrastruktur, der Ladedauer und des Preises die Nachfrage nach Elektroautos unbedeutend ist. Alle bekannten Umfragen wurden dabei nach einem Standard-Marktforschungsmuster durchgeführt. Befragt wurden potenzielle Autokäufer, die bisher nie mit einem Elektroauto gefahren sind. Die Studien wurden zum Teil weltweit durchgeführt – etwa die im Dezember 2011 vorgestellte Continental-Mobilitätsstudie mit 4000 Telefon-Interviews und 4500 ausgewerteten Online-Fragebögen.7 Die Antworten der Befragten spiegeln keine eigenen Erwartungen, sondern geben zum einen Meinungen wieder, die in Presseberichten zu lesen waren. Zum anderen projizieren die Befragten ihre Erfahrungen mit ihren heutigen Fahrzeugen auf Elektroautos. Von daher sind die Ergebnisse wenig überraschend, aber auch wenig aussagekräftig.

Technologiesprünge erfordern Experimente zur Nachfrageermittlung

Hätte man 2006 Handynutzer gefragt, ob sie sich vorstellen können, ein Handy für mehr als 500 Euro zu kaufen, wäre die Antwort mehr als klar gewesen. Kein Interesse, denn Handys waren damals zum Preis ab 50 Euro im Markt. 2007 stellte Apple das iPhone vor und über Nacht waren die Ergebnisse der Standard-Marktforschung Makulatur. Bis Ende 2011 hat Apple 146 Mio. iPhone-Geräte verkauft. Das Beispiel Apple zeigt: Die Standard-Marktforschung schätzt die Nachfrage bei Technologiesprung-Produkten falsch ein, da die Kunden die Produkte nicht kennen und somit Nutzungsintention und Nutzungspotenzial nicht abschätzen können.

Dies war die Ausgangssituation. Über einen Zeitraum von drei Monaten wurde in einer Experiment-Situation das Verhalten gegenüber Elektrofahrzeugen untersucht. Dem Experiment vorausgegangen war die Einschätzung von Meinungsmachern bzw. Journalisten zum Elektroauto. 18 Vertreter meinungsprägender Medien, von denen nahezu alle bereits Erfahrungen mit Elektroautos vorweisen konnten, hatten sich an der Umfrage beteiligt. Ergebnis der Befragung war, dass Journalisten der Elektromobilität eher skeptisch gegenüberstehen. Die Bereitschaft, ein Elektroauto zu kaufen, war gering. Als größtes Hindernis wurde der Preis gesehen. Ladeinfrastruktur und lange Ladezeiten wurden als weitere wichtige Schwächen genannt. Die befragten Journalisten gehen davon aus, dass sich Elektroautos nur mühsam im Markt entwickeln.

Beim Experiment wurden aus 878 Interessenten 226 Testpersonen ausgewählt. Die Auswahl ist für Autofahrer in Deutschland repräsentativ. Die Testpersonen durchliefen ein mehrstündiges dreistufiges Experiment. In Stufe 1 wurde die Akzeptanz und Kaufbereitschaft von Elektroautos abgefragt, ohne zuvor zu informieren. In der zweiten Stufe ist jede Testperson mit drei unterschiedlichen Elektrofahrzeugen gefahren. Die Fahrten dauerten 20 bis 30 Minuten, umfassten auch eine Autobahnfahrt sowie das Üben der Ladevorgänge. Nach dem umfangreicheren Programm zum Kennlernen der Elektrofahrzeuge wurden die Testpersonen auf Stufe 3 des Experiments erneut gebeten, den Eingangsfragebogen auszufüllen.

Als Testfahrzeuge standen sechs Serienfahrzeuge zur Verfügung (vgl. Tabelle 1), darunter batterieelektrische Fahrzeuge (BEV), ein Plug-in-Hybrid und ein Elektroauto mit Range Extender. Zusätzlich standen zwei Serienfahrzeuge zur Verfügung, die auf Elektroantrieb (BEV) umgebaut wurden. Da Elektrofahrzeuge durchaus als führerscheinpflichtiges E-Bike, E-Roller oder als eine Art zweisitziger E-Kabinenroller à la Opel Rak e oder VW Nils vorstellbar sind, wurden ein Konzeptfahrzeug (SAM II) sowie ein E-Bike und Hybrid-Roller in die Testflotte aufgenommen.

Tabelle 1
Die elf Testfahrzeuge
Hersteller Modell Anmerkung Batterie in kWh Reichweite in km Geschwindigkeits­maximum in km/h Sitze
Citroen C-Zero E-Auto, Serie 16 100-150 130 4
Mercedes A-Klasse E-Cell E-Auto, Kleinserie 36 150-200 150 5
Nissan Leaf E-Auto, Serie 24 175 140 5
Opel Ampera E-Auto, Range Extender 16 40-80 161 4
Smart Electric Drive E-Auto, Serie 15,8 110 110 2
Toyota Prius Plug-in Plug-In Hybrid 5,2 20 180 5
e-Wolf Delta 2 E-Auto, Umbau Nissan Evalia 24 150 110 7
e-Wolf Delta 1 E-Auto, Umbau Fiat Panda 13,8 bis 130 110 4
SAM II Elektro Konzeptfahrzeug 8,7 80-100 90 2
Piaggio Hybrid-Roller MP3 Hybrid LT 300 ie 1,4 20 100 2
Elmoto E-Bike Auto/Rollerführerschein 1,5 65 45 1

Ergebnis

Die Ergebnisse des Experiments zeigen ein hohes Interesse an Elektrofahrzeugen und stehen im deutlichen Widerspruch zu den bisher bekannten reinen Umfragestudien. 38% der Testpersonen hatten nach intensiven Testfahrten ihre Kaufabsicht für Elektrofahrzeuge bekundet (vgl. Abbildung 1). Dies ist eine ausgesprochen hohe Kaufbereitschaft. Für das rein batteriegetriebene Elektroauto (BEV) votierten 14% der Testpersonen. Für Range-Extender-Fahrzeuge à la Opel Ampera und Plug-In-Hybride à la Toyota Prius Plug-In entscheiden sich 24% der Testpersonen. Obgleich Range-Extender-Konzepte und Plug-In-Hybride von der Technik unterschiedlich sind, werden aus Vereinfachungsgründen die beiden Gruppen nachstehend als „Range Extender“ zusammengefasst. Die Kaufabsichten im Detail erläutert Tabelle 2.

Abbildung 1
Kaufabsicht nach den Testfahrten
N = 226, in %
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Tabelle 2
Kaufabsicht nach ausgiebigem Testfahren
N = 226, in %
  2-Sitzer (wie Motorrad) Micro-Car (2-Sitzer wie Smart) Kleinwagen Kompaktwagen Insgesamt
BEV 110 km1 0 1 7 6 14
Range Extender 20 km2 0 1 0 3 4
Range Extender 50 km3 0 0 5 13 19
Range Extender 80 km4 0 0 0 1 2
Konventionell/ k.A. 1 5 22 34 62
Insgesamt 1 7 34 57 100

1 BEV 110: Batterieelektrisches Fahrzeug mit 110 km Reichweite.
2 Range Extender 20 km: Plug-In-Hybrid oder Range-Extender-Elektroauto mit 20 km elektrischer Reichweite.
3 Range Extender 50 km: Plug-In-Hybrid oder Range-Extender-Elektroauto mit 50 km elektrischer Reichweite.
4 Range Extender 80 km: Plug-In-Hybrid oder Range-Extender-Elektroauto mit 80 km elektrischer Reichweite.

Quelle: CAR, Universität Duisburg-Essen.

Das Experiment zeigt, dass Konzepte wie VW-Nils, Opel Rag e oder Renault Twizzy in Deutschland auf kein Kundeninteresse stoßen. Überschaubar ist auch das Interesse an Kleinstwagen mit nur zwei Sitzplätzen à la Smart (Micro-Car). Nur 2% der repräsentativen Gruppe der Testpersonen kann sich mit einem Micro-Car als batterieelektrischem Fahrzeug (BEV 110 km) oder Range Extender mit 20 km elektrischer Reichweite (Range Extender 20 km) anfreunden (vgl. Tabelle 2). Die Interessenten für Micro-Cars sind überwiegend Frauen (63%), die fast alle auch über einen privaten Parkplatz mit Steckdose verfügen (85%) und nur kurze tägliche Wegstrecken von 27 Kilometer im Mittel fahren.

12% der repräsentativen Testgruppe kann sich den Kauf eines Kleinwagens mit Elektroantrieb vorstellen. Beim Kleinwagen spielt das batterieelektrische Fahrzeug mit 110 km Reichweite (BEV 110 km), das 7% der Testpersonen kaufen würden, die Hauptrolle. Das Fahrzeug ist überwiegend als Zweitwagen für die Stadt geplant. 5% würden den elektrischen Kleinwagen als Range Extender mit 50 km elektrischer Reichweite (Range Extender 50 km) bevorzugen. Alltagsnutzen ohne Reichweitenbegrenzung ist dabei das Hauptkaufargument. Der Kleinwagen dient dann überwiegend als Erstfahrzeug.

23% aller Testpersonen hegen eine Kaufabsicht für einen elektrisch betriebenen Kompaktwagen wie Opel Ampera, Nissan Leaf, Mercedes A-Klasse oder im VW Golf Format. Besonders ausgeprägt bei den Kompaktwagen ist der Range Extender mit 50 km elektrischer Reichweite. Das Angebot eines Plug-In-Hybriden oder Elektroautos mit Reichweitenverlängerung erfüllt die Mobilitätsbedürfnisse von immerhin 13% der Testpersonen. Daraus lässt sich schließen, dass bei elektrischen Kompaktfahrzeugen in jedem Falle der Plug-In/Range Extender auf das größte Kundeninteresse stößt. Summiert über alle elektrischen Fahrzeugkonzepte ergibt sich, dass 38% der Testpersonen mit dem Kauf eines elektrischen Autos liebäugeln. Natürlich korrespondiert die Kaufabsicht mit dem Fahrzeugpreis.

5000 Euro bis 10 000 Euro Aufpreis akzeptabel

Tabelle 3 zeigt die beim Experiment zugrunde gelegte Preisstruktur. Der rein batterieelektrische Kompaktwagen (BEV 110 km) wurde mit einem Aufpreis gegenüber dem konventionell-angetriebenen Kompaktwagen von 5000 Euro angesetzt. Das Gleiche gilt für den BEV 110 km Kleinwagen oder Kleinstwagen (Micro-Car). Die Preise dürften nach unserer Einschätzung die Preisstruktur 2015 abbilden.

Tabelle 3
Preisstruktur beim Experiment1
Markteinschätzung 2015, in Euro
  2-Sitzer (wie Motorrad) Micro-Car (2-Sitzer wie Smart) Klein­wagen Kompakt­wagen
BEV 1102 15 000 20 000 20 000 25 000
Range Extender 20 km3 20 000 25 000 25 000 30 000
Range Extender 50 km4 23 000 28 000 28 000 33 000
Range Extender 80 km5 26 000 31 000 31 000 36 000
Konventionell/ k.A. 10 000 15 000 15 000 20 000

1 Preisbereitschaft im Experiment über Conjoint-Analyse ermittelt.
2 BEV 110: Batterieelektrisches Fahrzeug mit 110 km Reichweite.
3 Range Extender 20 km: Plug-In-Hybrid oder Range-Extender-Elektroauto mit 20 km elektrischer  Reichweite.
4 Range Extender 50 km: Plug-In-Hybrid oder Range-Extender-Elektroauto mit 50 km elektrischer  Reichweite.
5 Range Extender 80 km: Plug-In-Hybrid oder Range-Extender-Elektroauto mit 80 km elektrischer  Reichweite.

Quelle: CAR, Universität Duisburg-Essen.

Die heutigen elektrischen Kleinwagen, wie beispielsweise Citroen C-Zero oder Mitsubishi i-MiEV, liegen mit einen Preis von 36 000 Euro deutlich über der Grenze von 5000 bis 10 000 Euro, die von den Teilnehmern für akzeptabel gehalten wird. Realistisch entwickelt sich der Preis für den Smart ED, der für das Jahr 2012 mit 24 000 Euro angekündigt wurde. Das Experiment unterstreicht, dass mit den heutigen Aufpreisen à la Mitsubishi i-MiEV kein Durchbruch des batterieelektrischen Autos erwartet werden kann. Ähnliches gilt für den Kompaktwagen Nissan Leaf, der in seinen technischen Eigenschaften von den Testpersonen zwar sehr positiv bewertet wurde, allerdings mit seinem heutigen Preis von 37 000 Euro deutlich über den Zahlungsbereitschaften der Testgruppe lag.

Reichweite kein Problem: Aufpreisliste für Zusatzreichweite sinnvoll

Das Experiment unterstreicht, dass die Reichweite nicht das entscheidende Thema bei Elektroautos ist. 110 km – die allerdings im Sommer und Winter gegeben sein sollten – und 50 km beim Plug-In-Hybrid/Range Extender sind für 70% der Kaufinteressierten angemessen. 20% der Kaufinteressierten würden sogar bei einen Preisabschlag von 3000 Euro auf 30 km Reichweite verzichten, d.h. mit 80 km beim BEV und 20 km beim Range Extender zufrieden sein. Nur 20% der Kaufinteressierten würden sich für einen Aufpreis von 3000 Euro eine zusätzliche Reichweite von 30 km dazu kaufen und 10% würden für einen Aufpreis von 6000 Euro 60 km zusätzliche Reichweite kaufen. Das Experiment zeigt, dass es für die Autobauer sinnvoll ist, eher mit überschaubareren Batteriegrößen und Reichweiten in den Markt zu gehen. In einer Art Aufpreisliste lassen sich dann Kundenwünsche für größere Reichweiten, sprich Batterien, abdecken.

Bleibt die Frage nach der Ladeinfrastruktur. Wie bereits in früheren Studien festgestellt wurde, zeigt sich auch in diesem Experiment, dass die Ladeinfrastruktur zwar wichtig ist, aber oft in ihrer Bedeutung überschätzt wird. Zwei Drittel der Experimentteilnehmer verfügen über eine private Lademöglichkeit. Damit ist es möglich, Elektroautos im Markt anzubieten, ohne zuvor eine flächendeckende Ladeinfrastruktur aufgebaut zu haben. Die Nachfrage nach Elektroautos schafft sich ihre Ladeinfrastruktur, kann aus dem Experiment geschlossen werden.

Schaufenster sollten Car-Sharing mit Elektroautos bieten

Welche Schlussfolgerungen lassen sich aus dem Experiment für die Umsetzung der Elektromobilität in Deutschland ziehen? Das Experiment hat gezeigt, dass die Testgruppe nach den Testfahrten sehr positiv auf Elektroautos reagierte. 71% aller Testpersonen haben nach den umfangreichen Testfahrten und Einweisungen in die Stromlademöglichkeiten in der anonymen Befragung angegeben, beim nächsten Autokauf Elektroautos mit zu berücksichtigen (vgl. Abbildung 2). Dies ist ein sehr hoher Wert, der die Bedeutung der Produkttests bei der Umsetzung der Elektromobilität zeigt. 23% der Befragten gaben an, in vier Jahren bei einer Kaufentscheidung Elektroautos mit zu berücksichtigen und nur 6% haben mitgeteilt, Elektroautos nie bei einer Kaufentscheidung zu berücksichtigen. Berichterstattungen hatten im Vorfeld bei den Testpersonen eher eine negative Einstellung gegenüber der Elektromobilität erzeugt. Das beste Argument für das Elektroauto – ähnlich wie beim Apple iPhone – ist das Produkt selbst. Wer sich mit dem Produkt Elektroauto auseinandersetzt und es kennenlernt, ist sehr aufgeschlossen.

Abbildung 2
Elektroauto bei Kaufentscheidung berücksichtigen
N = 226, in %
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Die Hoffnung, dass Interessierte zu einem Autohändler gehen und sich im Vorfeld über Elektroautos bei Testfahrten überzeugen, ist gering. Erstens gibt es im Handel heute so gut wie keine Elektroautos und zweitens mögen viele nicht in einem Bittstellungsverfahren beim Autohändler um einen Schlüssel für ein Elektroauto anhalten. Schon die Befürchtung, mit Telefonnummer dann in der Verkäuferdatei zu landen, schreckt ab.

Der Schlüssel zur Elektromobilität ist das Interesse der Autofahrer daran, Neues ohne Verpflichtungen kennenzulernen. Deshalb war es nach einer regionalen Information über Fernsehsender und Information über auflagestarke Zeitungen in kürzester Zeit möglich, so viele Interessenten zu erreichen. Die Testpersonen hatten Freude am Experiment. Um Elektromobilität flächendeckend umzusetzen, muss es die Möglichkeit geben, die Autofahrer unverbindlich und unkompliziert mit der neuen Technik vertraut zu machen. Es gibt kein besseres Instrument, als die Menschen durch Car-Sharing mit Elektrofahrzeugen mit Elektromobilität vertraut zu machen. Das Experiment hat gezeigt, dass dann das Elektroauto „für sich“ spricht.

Die Schaufenster-Wettbewerbe zur Elektromobilität sollten daher E-Car-Sharing in den Mittelpunkt stellen. Da nach den Plänen der Bundesregierung bis 2020 1 Mio. Autofahrer von Elektroautos überzeugt werden sollen, ist es wichtig, die E-Car-Sharing-Schaufenster dort anzulegen, wo viele Interessenten gewonnen werden können. Dieser Skaleneffekt stellt sich zweifelsohne in Metropolregionen ein. Nach den Ergebnissen des Experiments verspricht E-Car-Sharing den besten Wirkungsgrad für die Fördermittel in Höhe von 180 Mio. Euro im Schaufensterwettbewerb der Bundesregierung.

  • 1 Vgl. etwa F. Dudenhöffer: Die Bedeutung der Elektromobilität für den Standort Deutschland und Defizite in der Förderung, in: Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht, 3/2010, S. 243-260, hier S. 247-249, 257, 259.
  • 2 Bundesministerium für Bildung und Forschung: Deutschland soll Leitmarkt für Elektromobilität werden, Pressemitteilung 209/2008, www.bmbf.de/press/2421.php.
  • 3 Bundesregierung: Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität der Bundesregierung, August 2009, www.bmvbs.de/.
  • 4 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Umsetzungsbericht zum Förderprogramm „Modellregionen Elektromobilität“ des BMVBS, Kurzfassung, Stand April 2010, www.bmvbs.de/.
  • 5 F. Dudenhöffer, a.a.O.
  • 6 Bundesregierung: Regierungsprogramm Elektromobilität, Mai 2011, www.bundesregierung.de/.
  • 7 Continental AG: Continental-Mobilitätsstudie 2011, www.conti-online.com.


DOI: 10.1007/s10273-012-1374-3

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