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Die konjunkturellen Aussichten für Deutschland haben sich in den letzten Wochen eingetrübt. Im zweiten Quartal 2014 ist das reale Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal um 0,2% geschrumpft (vgl. Abbildung 1). Verantwortlich hierfür war die schwache Entwicklung der Exporte und Investitionen. So lieferte der Außenbeitrag insgesamt einen negativen Wachstumsbeitrag, denn die Importe stiegen kräftiger als die Exporte. Aufgrund der erhöhten Unsicherheit angesichts der Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten tätigten Unternehmen ihre Investitionen nur sehr zögerlich. Gleichzeitig führte der äußerst milde Winter dazu, dass vor allem Bauinvestitionen bereits im ersten Quartal 2014 realisiert wurden. Zwar war mit einem technischen Korrektureffekt aufgrund des starken Wachstums (0,7%) zu Beginn des Jahres zu rechnen, dieser fiel aber stärker aus als erwartet. Die verlangsamte Dynamik lässt sich im Jahresverlauf nicht mehr aufholen, da die außenwirtschaftlichen Impulse infolge der beschriebenen Entwicklungen nachlassen und den selbsttragenden investitionsgetriebenen Aufschwung aufschieben. Wichtigste Wachstumsstütze blieb weiterhin der private Konsum. Dies lag nicht zuletzt an der robusten Lage auf dem Arbeitsmarkt.

Abbildung 1
Preisbereinigtes BIP in Deutschland
Saison- und arbeitstäglich bereinigt mit Census-Verfahren X-12-Arima
35042.png

1 Veränderung gegenüber dem Vorquartal in %, auf Jahresrate hochgerechnet, rechte Skala.

2 Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.

Quellen: Statistisches Bundesamt; ab 2014: Prognose des HWWI.

Für die zweite Jahreshälfte ist zwar weiter mit Wachstum zu rechnen, allerdings wird sich die Wachstumsdynamik verlangsamen. Denn die Stimmung in der Wirtschaft hat sich zuletzt deutlich eingetrübt. So ist der ZEW-Index im August 2014 überraschend stark zurückgegangen und auch der ifo-Index ist bereits das vierte Mal in Folge gesunken. Ebenso lieferte das außenwirtschaftliche Umfeld nicht die erhofften expansiven Impulse. Während die USA zuletzt zwar mit erfreulichen Wirtschaftsdaten überraschten, nimmt die Konjunktur im Euroraum nur sehr zaghaft an Fahrt auf und belastet das für Deutschland wichtige Exportgeschäft. Unter der Annahme, dass die Situation in der Ukraine und im Nahen Osten nicht eskaliert und ein Abrutschen in die Deflation erfolgreich von der Europäischen Zentralbank (EZB) verhindert werden kann, rechnet das HWWI für 2014 nunmehr mit einem Wachstum von 1,6%. Nichtsdestotrotz steht die deutsche Wirtschaft weiterhin auf einem soliden Fundament und auch die Weltkonjunktur sollte sich im nächsten Jahr insgesamt wieder kräftiger zeigen, so dass für 2015 ein Wachstum von 2,0% zu erwarten ist.

Tabelle 1
Eckdaten für Deutschland1
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %
  2012 2013 2014 2015
Bruttoinlandsprodukt2 0,4 0,1 1,6 2,0
   Private Konsumausgaben 0,7 0,8 1,1 1,5
   Staatliche Konsumausgaben 1,2 0,7 1,0 1,3
Anlageinvestitionen -0,7 -0,7 4,0 4,6
   Ausrüstungen -2,9 -2,7 5,1 6,5
   Bauten 0,6 -0,1 3,8 3,1
   Sonstige Anlagen 0,1 1,3 2,6 4,9
Inlandsnachfrage -0,9 0,7 1,6 2,2
   Ausfuhr 2,8 1,6 4,6 5,9
   Einfuhr 0,0 3,1 5,0 6,9
Arbeitsmarkt        
   Erwerbstätige 1,1 0,6 0,7 0,4
   Arbeitslose (in Mio.) 2,90 2,97 2,86 2,83
   Arbeitslosenquote3 (in %) 6,5 6,6 6,3 6,2
Verbraucherpreise 2,0 1,5 1,1 1,9
Leistungsbilanzsaldo4 (in % des BIP) 7,2 7,3 7,1 6,8

1 Aufgrund nicht vollständiger Daten auf Basis der neuen ESVG 2010 ist das Finanzierungssaldo des Staates nicht angegeben.

2 Preisbereinigt.

3 Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept).

4 In der Abgrenzung der Zahlungsbilanzstatistik.

Quellen: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; Bundesagentur für Arbeit; ab 2014: Prognose des HWWI.

Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt bleibt weiter positiv. Zwar wird die Einführung der abschlagsfreien Rente ab 63 und des Mindestlohnes die positive Beschäftigungsentwicklung etwas dämpfen, die Zahl der Arbeitslosen sollte sich dennoch leicht verringern, so dass die Arbeitslosenquote in den nächsten beiden Jahren von derzeit 6,6% auf 6,2% fallen wird (vgl. Tabelle 1). Die in diesem Jahr sehr niedrige Inflationsrate ist durch kräftig sinkende Energiepreise und den abnehmenden Preisdruck bei den Nahrungsmitteln bedingt. 2015 sollte sich die Inflationsrate aufgrund zunehmender Auslastung der Kapazitäten, der Einführung des Mindestlohnes und eines allgemeinen Anstiegs der Lohnstückkosten wieder erhöhen, aber weiter knapp unter der 2%-Stabilitätsmarke bleiben. Bei insgesamt steigenden Reallöhnen wird dies den privaten Konsum auch zukünftig stützen. Obwohl die Finanzierungsbedingungen äußert günstig bleiben werden – wir rechnen erst Ende 2015 mit einer Zinserhöhung der EZB – und Nachholbedarf bei den Investitionen besteht, ist bezüglich der Anlageinvestitionen mit keinem selbsttragenden Aufschwung zu rechnen. Dennoch sollte die inländische Nachfrage auch im Prognosezeitraum die wichtigste Wachstumsstütze bleiben. Auch wenn sich die Weltwirtschaft im Prognosezeitraum etwas beleben sollte und der Euroraum sich sehr langsam erholen wird, ist vom Außenbeitrag 2014 und 2015 kein nennenswerter Wachstumsbeitrag zu erwarten.

Eine mögliche Eskalation der geopolitischen Situation bleibt neben den Risiken eines Rückfalls Italiens und Frankreichs in die Rezession weiterhin das größte Risiko für diese Prognose. Beide Risiken können die konjunkturelle Stimmung in den nächsten Monaten deutlich eintrüben lassen.

HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe

34689.png

2010 = 100, auf US-Dollar-Basis.

HWWI-Index mit Untergruppena 2013 Feb. 14 Mrz. 14 Apr. 14 Mai 14 Jun. 14 Jul. 14 Aug. 14
Gesamtindex 122,6 122,6 122,0 122,9 123,7 125,8 122,5 117,3
  (-2,0) (-4,1) (-0,0) (4,6) (4,9) (6,7) (-0,1) (-6,7)
Gesamtindex, ohne Energie 97,6 95,6 96,2 98,6 97,2 95,2 94,6 94,2
  (-5,3) (-9,0) (-5,4) (-0,1) (0,1) (-0,6) (0,3) (-1,2)
Nahrungs- und Genussmittel 109,0 108,2 116,0 119,1 118,4 112,9 103,8 101,8
  (-11,1) (-7,6) (-0,3) (6,0) (4,2) (-1,1) (-3,9) (-1,0)
Industrierohstoffe 93,6 91,1 89,2 91,3 89,7 88,9 91,4 91,5
  (-2,7) (-9,6) (-7,6) (-2,7) (-1,8) (-0,4) (2,1) (-1,3)
Agrarische Rohstoffe 93,8 95,6 96,6 96,1 95,1 94,8 94,2 93,3
  (2,0) (1,2) (4,1) (4,2) (2,8) (2,3) (2,7) (0,2)
NE-Metalle 88,1 84,0 82,9 86,2 87,0 88,1 92,5 93,7
  (-7,8) (-14,4) (-10,0) (-1,9) (0,2) (3,2) (11,0) (8,5)
Eisenerz, Stahlschrott 106,8 102,4 95,0 97,4 89,2 83,0 84,8 83,3
  (3,5) (-11,2) (-15,7) (-12,1) (-11,7) (-11,9) (-16,8) (-22,6)
Energierohstoffe 129,2 129,8 128,7 129,4 130,7 133,9 129,9 123,4
  (-1,3) (-3,1) (1,1) (5,6) (5,9) (8,2) (-0,2) (-7,7)

a 2010 = 100, auf US-Dollar-Basis, Periodendurchschnitte; in Klammern: prozentuale Änderung gegenüber Vorjahr.

Weitere Informationen: http://hwwi-rohindex.org/


DOI: 10.1007/s10273-014-1734-2

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