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Die Macroeconomic Imbalance Procedure (MIP) ist Bestandteil des Regelwerks, das am 13. Dezember 2011 als sogenanntes „Sixpack“ in Reaktion auf die europäische Finanz- und Schuldenkrise in Kraft trat. Die Krise hat gezeigt, dass interne und externe Ungleichgewichte eng miteinander verwoben sind. Die MIP soll externe Ungleichgewichte bereits in einem frühen Stadium identifizieren und den betroffenen Ländern auferlegen, die Ungleichgewichte zu korrigieren, um Krisen zu vermeiden. Die Autoren diskutieren ungelöste methodische Fragen, die beantwortet werden müssen, um die MIP sinnvoll reformieren zu können.

Ein Teil der MIP1 besteht aus einem Frühwarnmechanismus, der auf einem Satz Indikatoren und Schwellenwerten, dem Scoreboard, basiert.2 Das Scoreboard umfasst unter anderem Leistungsbilanzsalden, reale effektive Wechselkurse, private Kreditbestände und -flüsse sowie Immobilienpreise. Dort ist der Leistungsbilanzsaldo ein Indikator mit „two tails“, bei dem hinreichend große Abweichungen sowohl nach oben als auch nach unten als kritisch angesehen werden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) legt bei seinem External Balance Assessment (EBA) ein ähnliches System von Indikatoren zugrunde.3 Dieses soll hier als eine Referenzgröße dienen.

Im Folgenden kennzeichnen wir die Schwerpunkte einer notwendigen Forschungsagenda, die sowohl Länder mit Leistungsbilanzdefiziten als auch Überschüssen umfassen soll. Gerade die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse sind weiterhin sehr hoch, was nicht nur ein Zeichen wirtschaftlicher Stärke ist. Wachsende Nettoauslandsvermögen können auch als Risiko für zukünftige Krisen gesehen werden, falls die entsprechenden Nettokapitalexporte wie im Vorfeld der europäischen Finanz- und Schuldenkrise und der US-Hypothekenmarktkrise fehlinvestiert werden. Zuletzt hat der europäische Zentralbankpräsident Mario Draghi den deutschen Leistungsbilanzüberschuss mit den Nullzinsen und damit Vermögenspreisblasen in Verbindung gebracht.

Ein wesentlicher Teil einer Forschungsagenda liegt deshalb darin zu untersuchen, welche Frühwarnindikatoren des Scoreboards durch wissenschaftliche Methoden validiert werden können und welche unter Umständen zu „falschem Alarm“ führen.4 Daraus soll abgleitet werden, ob auf Grundlage der MIP wirksame Korrekturmaßnahmen ergriffen werden können. Hat die MIP in den nun acht Jahren des Krisenmanagements dazu beigetragen, dass wirksame Maßnahmen ergriffen wurden, die nicht schon von den anderen fünf Elementen des „Sixpack“ abgedeckt wurden?

Da die Auswahl von Indikatoren und die Wirksamkeit von Frühwarnberichten und deren Einbettung in Korrekturverfahren von Ungleichgewichten für die Vermeidung zukünftiger Krisen von zentraler Bedeutung sind (vgl. Kasten 1), ist ein besonderes Augenmerk auf den Einfluss von Makropolitiken auf zukünftige makroökonomische Entwicklungen unter anderem in Form von Szenarien (anstatt nur von Punktprognosen) zu legen. Einerseits hat die Vergangenheit gezeigt, dass geldpolitische Entwicklungen – sowohl auf der Ebene der Europäischen Währungsunion, als auch im Vergleich zu den Geldpolitiken anderer großer Zentralbanken (globale Liquidität) – eine wichtige Rolle für die Entstehung von Leistungsbilanzungleichgewichten spielen.5 Andererseits kommt dem finanz- und geldpolitischen Policy-Mix eine wichtige Rolle für die Entstehung von Leistungsbilanzungleichgewichten zu.6 Dies gilt insbesondere dann, wenn im einheitlichen Europäischen Währungsraum die nationalen Finanzpolitiken unterschiedlichen Pfaden folgen und damit in einzelnen Ländern unterschiedliche Konjunkturimpulse geben. Dann liefert die Projektion geld- und finanzpolitischer Entwicklungspfade Erkenntnisse, die über exzessives Kreditwachstum und wachsende Verschuldung (als wichtige Indikatoren des Scoreboards) hinausgehen.7

Kasten 1
Schlüsselverfahren zur Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte in der EU

Das Sixpack ist ein im Dezember 2011 in Kraft getretenes europäisches Gesetzgebungspaket, bestehend aus fünf Verordnungen und einer Richtlinie. Als Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts von 1997 soll es Mitgliedstaaten zu fiskalischer Disziplin, Transparenz und Angleichung bewegen. Gleichzeitig sollen makroökonomische Ungleichgewichte erkannt und bekämpft werden. Drei Verordnungen sehen Sanktionen in Form von verzinslichen Einlagen oder Geldbußen für Staaten vor, deren Haushaltsdefizit oder Staatsverschuldungsquote über den Konvergenzkriterien des Vertrags von Maastricht liegt und die keine Entwicklung hin zur Erfüllung der Kriterien aufweisen können. Die Richtlinie soll für einheitliche Standards in der Fiskalpolitik der Mitgliedstaaten sorgen und die Transparenz erhöhen. Die übrigen beiden Verordnungen haben mit dem Scoreboard und der Macroeconomic Imbalance Procedure Instrumente eingeführt, die makroökonomische Ungleichgewichte frühzeitig erkennen und sanktionieren sollen. Zusammen mit dem Europäischen Semester soll das Sixpack einen neuen Rahmen für die wirtschafts- und haushaltspolitische Koordination zwischen den Mitgliedstaaten bilden.

Die Macroeconomic Imbalance Procedure (MIP) ist ein Überwachungsmechanismus zur Erkennung und Behandlung wirtschaftlicher Trends, die sich negativ auf das reibungslose Funktionieren eines Mitgliedstaats, der EWU oder der EU auswirken können. Ziel ist es, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen, die Entstehung von schädlichen makroökonomischen Ungleichgewichten zu vermeiden und die Ungleichgewichte zu korrigieren, die bereits vorhanden sind. Der jährliche Ausgangspunkt der MIP ist der Alert Mechanism Report (AMR). Basierend auf dem Scoreboard, einer Zusammenstellung von 14 Indikatoren, identifiziert der Bericht Länder, für die eine genauere Analyse als notwendig erachtet wird. Das Ergebnis dieser eingehenden Analysen bildet die Grundlage für weitere Schritte im Rahmen des MIP, wobei je nach Ausmaß der Ungleichgewichte schrittweise vorgegangen wird. Die Europäische Kommission kann dem Europäischen Rat vorschlagen, wirtschaftspolitische Empfehlungen für Länder mit identifizierten Ungleichgewichten abzugeben. Länder mit übermäßigen Ungleichgewichten unterliegen einer spezifischen Überwachung oder können der Excessive Imbalance Procedure beitreten, die zu Sanktionen für Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion bei wiederholter Nichteinhaltung der Verpflichtungen führen kann.

Das Europäische Semester ist ein jährliches Verfahren zur Überwachung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik in den EU-Staaten. Es wurde 2011 von den europäischen Staats- und Regierungschefs eingeführt. Die Hauptziele des Europäischen Semesters sind die Gewährleistung von Haushaltsdisziplin, Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und die Vermeidung von Ungleichgewichten. In der ersten Phase von Januar bis März berät der Rat der EU über den von der Kommission in den Vormonaten vorbereiteten Jahreswachstumsbericht und formuliert übergreifende Leitlinien. Am Ende der ersten Phase veröffentlicht die Kommission Länderberichte und geht insbesondere auf makroökonomische Ungleichgewichte ein. In der zweiten Phase von April bis Juli werden länderspezifische Ziele, politische Maßnahmen und Pläne formuliert, die in der zweiten Jahreshälfte von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden sollen.

Aufgrund der politischen Aktualität bietet es sich an, hauptsächlich auf die externe Dimension der MIP, d.h. ihren Schlüsselindikator „Leistungsbilanzsaldo“, abzustellen. Denn für die Europäische Kommission bestand ein wichtiger Grund, für Deutschland im Rahmen der MIP eine vertiefende Analyse einzuleiten, offensichtlich darin, dass der Leistungsbilanzindikator von 5,9% (2011) auf 6,2% (2012) angestiegen war.8 2015 lag der deutsche Leistungsbilanzüberschuss inzwischen auf einem historischen Hoch von 8,5% des BIP (vgl. auch Abbildung 1). Vor diesem Hintergrund soll die besondere Rolle von großen Ländern (wie Deutschland) für die Entstehung oder Beseitigung von innereuropäischen bzw. globalen Ungleichgewichten analysiert werden.

Aus der Sicht Deutschlands sollte die besondere Bedeutung des Scoreboard-Indikators „Nettoauslandsposition“ anerkannt werden, da Leistungsbilanzsalden ein Spiegelbild von Nettokapitalströmen sind, die Leistungsbilanz­entwicklungen in der Regel führen.9 Im Falle des Zahlungsausfalls von großen oder vielen korrelierten kleinen Nettoschuldnerländern sind auch Länder mit großen Nettoauslandsforderungen verwundbar. Auch aus diesem Grund wurden die Leistungsbilanzüberschüsse der Niederlande, Luxemburgs und Deutschlands10 in den Alert Mechanism Report integriert.11 Bei weiter bestehenden hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüssen ist es wichtig zu verstehen, in welchen, unter Umständen spekulativen Märkten – wie globalen Aktienmärkten oder Märkten für Hochrisikounternehmensanleihen12 – deutsche Nettokapitalexporte angelegt werden. Schließlich sollte neben außenwirtschaftlichen Indikatoren auch auf die internen Komponenten (beispielsweise Lohnstückkosten, private Verschuldung, Schuldenwachstum der Banken etc.) eingegangen werden, die im Kontext internationaler Entwicklungen eine wesentliche Bestimmungsgröße von Leistungsbilanzsalden darstellen und im Scoreboard enthalten sind.13

Abbildung 1
Leistungsbilanzungleichgewichte in der EU28
in Mrd. ECU/Euro
32279.png

Anmerkungen: Der Datensatz enthält von Beginn der Zeitreihe die Daten der EU15 (Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien) und seit 1995 auch die Daten der EU28 (zusätzlich Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Zypern). Für jedes Jahr wurden jeweils die Leistungsbilanzsalden für Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen sowie Leistungsbilanzdefiziten addiert.
GIIPS = Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien.

Quelle: Europäische Kommission, AMECO Database.

Wichtige Fragen und Ziele

Zunächst sollten die bisherigen Erfahrungen mit der MIP systematisch ausgewertet werden. Insbesondere sollte der Frage nachgegangen werden, ob strukturelle Fehlentwicklungen in einzelnen Mitgliedstaaten frühzeitig und in einem hinreichend breiten Spektrum erkannt werden. Es soll untersucht werden, ob das Verfahren dazu beitragen kann, dass wirksame Korrekturmaßnahmen ergriffen werden. Dafür sind sowohl die Erfahrungen seit der Jahrtausendwende während des Aufbaus der Ungleichgewichte im Vorfeld der europäischen Finanz- und Schuldenkrise14 als auch die bisherigen Erfahrungen mit dem 2011 etablierten Europäischen Semester von Bedeutung.

Zu diesem Zweck sind verschiedene Bestandteile des Verfahrens zu beurteilen:

  • Erstens sollte ein Fokus auf der zeitlichen und inhaltlichen Einbettung von Frühwarnbericht und vertieften Länderanalysen ins Europäische Semester liegen.
  • Zweitens sollte auf die inhaltliche und methodische Ausrichtung des Frühwarnberichts, insbesondere die Zusammensetzung des Scoreboards und seiner Schwellenwerte, eingegangen werden.
  • Drittens müssten die Struktur und Systematik der vertieften Länderanalysen analysiert und die bisher gewählte Art der Diagnose von Ungleichgewichten sowie die Ableitung von Handlungsempfehlungen bewertet werden.
  • Viertens sollten aufbauend auf einer vertieften Analyse der Erfahrungen mit dem präventiven Arm des Verfahrens bei festgestellten übermäßigen Ungleichgewichten auch die Spielräume für eine verschärfte Überwachung oder sogar die Einleitung des korrektiven Arms des Verfahrens eruiert werden.

Alle vier Punkte sollen zur Verbesserung des Verfahrens beitragen.

Probleme bei der Auswertung der MIP

Drei potenzielle methodische Probleme einer Forschungsagenda zur MIP erscheinen bereits bei einer ersten Betrachtung. Erstens ist es nicht einfach, die bisherigen Erfahrungen mit der MIP systematisch auszuwerten. Denn das Ziel der MIP ist es, strukturelle Fehlentwicklungen in einzelnen Mitgliedstaaten frühzeitig und in einem hinreichend breiten Spektrum zu erkennen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die öffentlichen Finanzen kein Ungleichgewicht ausweisen und Uneinigkeit über Ungleichgewichte auf den Finanzmärkten besteht.15 Die MIP sollte also Ungleichgewichte erkennen, wenn die anderen Frühwarnsysteme wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt sowie Risikoprämien noch keine Probleme signalisieren. Die MIP ist als ein Instrument gedacht, um eine Wiederholung der Fälle von Spanien und Irland zu vermeiden. In beiden Ländern hatten stark steigende Steuereinnahmen im Boom vor der Krise dazu beigetragen, dass das Maastricht-Kriterium für Budgetdefizite eine nachhaltige Entwicklung angezeigt hatte, obwohl wachsende Leistungsbilanzdefizite die Auslandsverschuldung stark steigen ließen.

Die heute relevante Forschungsfrage ist demnach, ob die MIP dazu beigetragen hat bzw. beiträgt, dass vo­rausschauend wirksame Korrekturmaßnahmen ergriffen wurden/werden (die nicht schon von anderen Verfahren abgedeckt sind). Zu diesem Zweck ließen sich bereits vorliegende MIP-Empfehlungen horizontal vergleichen. Es wäre zu untersuchen, ob diese Empfehlungen wesentliche neue Elemente enthalten, die nicht bereits von anderen Elementen des Europäischen Semesters und vor allem auch des European Systemic Risk Board (ESRB) abgedeckt werden.16

Krisenpotenzial der Leistungsbilanzüberschüsse

Zweitens wird in der wissenschaftlichen Standardliteratur selten abgeleitet, dass sich Länder durch hohe und lang anhaltende Leistungsbilanzüberschüsse ein Krisenpotenzial aufbauen könnten. Denn den Risiken der plötzlichen Umkehr von Kapitalzuströmen (Sudden Stops) sind Defizitländer stärker ausgesetzt. Die Anpassung in Defizitländern wird häufig durch Lohn- und Preisrigiditäten nach unten behindert, was ein wichtiger Grund für weitere Rettungspakete ist. Derartige Rigiditäten existieren jedoch nicht für die unter Umständen notwendige Aufwärtsanpassung von Löhnen in Überschussländern. Diese Sicht wird empirisch durch die aktuell zu verzeichnenden robusten Erhöhungen der Pro-Kopf-Entlohnung in den Überschussländern der EWU gestützt. Allerdings bleibt unklar, ob die Reflationierung ausreichend ist, um einem erneuten Aufbau von risikoreichen Nettoauslandsforderungen entgegenzuwirken.17 Im Fall von Ausfällen von Auslandsforderungen müssen zudem auch Überschussländer Konsolidierungsprozesse im Kreditsektor bewältigen.

Bedeutung einer relativen Betrachtung

Drittens macht das External Balance Assessment des IWF als Nachfolger des „Consultative Group on Exchange Rate Issues“ (CGER) Assessments18 deutlich, dass es bei der Analyse und Auswertung von Leistungsbilanzsalden entscheidend auf die relative Betrachtung gegenüber der übrigen EWU oder der übrigen Welt ankommt.19 Es ist deshalb zu analysieren, ob der Schwellenwert für Überschüsse willkürlich fixiert wurde und ob er nicht absolut, sondern relativ als Abweichung vom EWU-Durchschnitt festzulegen ist. Misst man beispielsweise den deutschen Überschuss auf diese Weise, scheint er in geringerem Ausmaß ein Ausreißer zu sein.

Bewertung wirtschaftspolitischer Maßnahmen

Bei der Ableitung von wirtschaftspolitischen Empfehlungen wäre dann schließlich zu berücksichtigen, dass die Leistungsbilanzen nur indirekt, z.B. durch Abweichungen der Wirtschaftspolitik von ihrem wie auch immer definierten optimalen Pfad beeinflusst werden.20 Deshalb muss präzisiert werden, wie die Wirtschaftspolitik eines bestimmten Landes im Hinblick auf eine Korrektur von Ungleichgewichten überwacht oder bewertet werden kann.21 Die (negativen) Erfahrungen Japans und Chinas mit der in den 1980er Jahren versuchten Verringerung des Leistungsbilanzüberschusses und deren makroökonomischen Konsequenzen dürften in diesem Zusammenhang von Interesse sein.22 Im Folgenden gehen wir ausführlich auf die dafür prinzipiell geeignete methodische und inhaltliche Vorgehensweise ein.

Was ist ein Ungleichgewicht?

In einem ersten Teilschritt sollte die Frage der Definition und Taxonomie eines Ungleichgewichtes geklärt werden. Ist das gewählte Vorgehen im Verfahren geeignet, wirtschaftliche Ungleichgewichte zu erkennen und gegebenenfalls auch zu korrigieren? Die Relevanz dieser Überlegungen sei im Folgenden am Beispiel des kontrovers diskutierten „Falls Deutschland“ illustriert. Im Kontext der EU-Verordnung, die die MIP spezifiziert (VO 1176/2011), definiert die Europäische Kommission das Konzept eines Ungleichgewichts (angewandt auf die Indikatoren des Scoreboards) als „… any trend giving rise to macroeconomic developments which are adversely affecting, or have the potential adversely to affect, the proper functioning of the economy of a Member State or of the economic and monetary union, or of the Union as a whole.“23

Die Verordnung bezieht sich auf einen Trend und konstruiert das MIP-System und sein Scoreboard als ein vorbeugendes Instrumentarium. Es ist deshalb systematisch zu prüfen, ob der Frühwarnindikator für den Leistungsbilanzsaldo nicht noch stärker vorwärtsschauend statt rückwärtsschauend konzipiert werden sollte. Dies wäre heute vor allem für die früheren Defizitländer relevant, die sich mittlerweile in Überschusspositionen bewegten (vgl. Abbildung 1).24

Zudem sollte die Diskussion hinsichtlich ländergrößenspezifischer Faktoren für die Diagnose von Ungleichgewichten vertieft werden. Deutschland kommt aus drei Gründen eine Sonderrolle in Europa zu:

  1. Deutschland ist das größte und wirtschaftsstärkste Land in der Europäischen Union. Vor der Krise hat der deutsche Leistungsbilanzüberschuss die Leistungsbilanzdefizite vieler kleinerer europäischer Nachbarstaaten direkt oder indirekt finanziert.
  2. Deutschland folgt im Vergleich zu anderen Ländern in der Europäischen Union immer noch einer Sonderkonjunktur (asymmetrische Wirtschaftsentwicklung).25
  3. Hohe Kapitalabflüsse aus Deutschland in andere, kleinere Mitgliedsländer der EU können – wie die Periode seit der Jahrtausendwende gezeigt hat – die intertemporalen Optimierungsentscheidungen nachhaltig verändern. Dies könnte auch heute weiterhin der Fall sein. So profitierte jüngst Frankreich von Nettokapitalzuflüssen aus Deutschland, was zu einer Reduktion von Reformbemühungen beitragen dürfte.

Schließlich wäre zu diskutieren, inwieweit inländische Ungleichgewichte in Form von Vermögenspreisblasen als wichtige Bestimmungsgröße von Leistungsbilanzsalden zu sehen sind.26 Beispielsweise haben im Vorfeld der europäischen Finanz- und Schuldenkrise hohe Kapitalzuflüsse in europäische Länder innerhalb und außerhalb der Europäischen Währungsunion zu Spekulationsphasen auf Vermögensmärkten und zu Konsumboomphasen beigetragen, die sich in steigenden Leistungsbilanzungleichgewichten widergespiegelt haben.27 Spekulative Blasen auf Vermögensmärkten sind statistisch schwer erfassbar und deshalb ex ante auf der Grundlage fester Indikatoren nicht verlässlich identifizierbar.

Trotzdem haben die Wahrscheinlichkeit und die Amplitude von Vermögenspreis-Boom-und-Krisen-Zyklen aufgrund der sehr expansiven Geldpolitiken auf globaler Ebene deutlich zugenommen.28 Exzessive Boomphasen auf Vermögensmärkten können – wie insbesondere für Irland und Spanien deutlich geworden ist – im Scoreboard enthaltene Frühwarnindikatoren wie Staatsverschuldung, Arbeitslosigkeit oder Schuldenstände von Banken als Anteil des BIP auf die kurze Frist positiv wirken lassen, obwohl sich bereits für die Zeit nach dem Platzen der Blasen ein Krisenpotenzial aufbaut. Dem könnte dadurch Rechnung getragen werden, dass eine Prognose von Ungleichgewichten anstatt in Form von Punktprognosen in Form von Szenarien hinsichtlich von Finanzmarktentwicklungen gestaltet wird. Dies sollte sowohl für Defizit- als auch für Überschussländer gelten. Dadurch könnte der Präventivarm des Verfahrens gestärkt werden.

Wann ist ein Ungleichgewicht schädlich?

Eine Intervention der EU im Rahmen der „Excessive Imbalance Procedure“ (EIP) als Bestandteil der MIP wird als gerechtfertigt angesehen, falls von einem Leistungsbilanzsaldo eines Mitgliedslands der EWU negative externe Effekte ausgehen.29 Die beiden potenziellen Kriterien für die Identifikation negativer externer Effekte sind
a) die „Verwundbarkeit“ der europäischen Volkswirtschaften und b) eine Bedrohung des Funktionierens der Wirtschafts- und Währungsunion.

Ein Leistungsbilanzsaldo ist immer auch Ausdruck der intertemporalen Optimierung (Verschieben von Konsum in die Zukunft bzw. in die Gegenwart). Leistungsbilanzdefizite bzw. -überschüsse, die Ausfluss intertemporaler Optimierung der einzelnen Wirtschaftssubjekte sind, bedürfen a priori keiner staatlichen Korrektur. Sind Leistungsbilanzsalden jedoch aufgrund irrationaler Entwicklungen auf den Kapitalmärkten bzw. aufgrund wirtschaftspolitischer Interventionen (z.B. sind zu expansive Geldpolitik, zu expansive Fiskalpolitik oder divergierende Fiskalpolitiken nicht im Scoreboard enthalten!) verzerrt, dann dürften Ungleichgewichte auch negative externe Effekte haben und die Politik sollte korrigierend einschreiten.

In diesem Kontext wäre zu analysieren, ob eine Identifikation von Ungleichgewichten auf der Grundlage von numerischen Grenzwerten zielführend sein kann. Dies gilt einerseits für die asymmetrische Ausgestaltung von Grenzwerten von Überschuss- und Defizitländern. Die Europäische Kommission bemerkt in diesem Zusammenhang: „The upper value of the threshold is set at +6%. The upper quartile of the distribution of the three-year backward average of current account balances corresponds to +2%. To this an additional 4% margin has been added in line with the ‚intelligent symmetry‘ approach to current account balances. This allows tackling both current account surpluses and deficits but recognises that the urgency for policy intervention is clearly greater in the case of current account deficits. It also reflects the fact that the risk of negative spill-over effects of current account deficits is more prevalent than for current account surpluses due to sustainability considerations.“30 Der Grenzwert für Überschüsse wurde also weitgehend willkürlich festgelegt.

Da Punktwerte im Allgemeinen infrage gestellt werden können, wäre zu untersuchen, ob in diesem Kontext Szenarien mehr Informationswert haben. Schließlich dürfte es auch darum gehen, ob Indikatoren „two-tailed“ mit Ober- und Untergrenze (Leistungsbilanzsaldo und realer effektiver Wechselkurs) oder nur „one-tailed“ nur mit Obergrenze (die übrigen neun Indikatoren des Scoreboards) ausgestaltet sind. Beispielsweise liefert die Europäische Kommission nur eine recht weiche Begründung für die Sinnhaftigkeit einer unteren Grenze für den realen effektiven Wechselkurs: „Concerning the indicative thresholds, symmetric thresholds are considered for the REER indicator. The focus is put on detecting harmful imbalances, which may be captured by an unsustainable appreciation meaning a loss of competitiveness, or depreciation signalling potential problems related to domestic demand or the potential of harmful future price convergence.“31 Schließlich ist zu fragen, ob Klassifikationen wie „potential problems related to domestic demand“ oder „potential of harmful future price convergence“ aussagekräftig genug sind und inhaltlich die Formulierung einer Unter- und Obergrenze legitimieren.

Eine wichtige und grundsätzliche Frage ist, ob absolute oder relative Indikatoren zur Feststellung von Ungleichgewichten innerhalb der EWU herangezogen werden sollten.32 Da die „Excessive Imbalance Procedure“ die Ungleichgewichte innerhalb der EWU verhindern soll, ist vor dem Hintergrund der Theorie der Optimalen Währungsräume33 die Verwendung absolut formulierter Indikatoren bei der Ableitung kritischer Schwellenwerte zu hinterfragen. Wenn alle Mitgliedsländer der EWU dasselbe außenwirtschaftliche Ungleichgewicht aufwiesen, wäre der Unterschied zwischen den EWU-Staaten gleich Null. Dies bedeutet, dass das Potenzial für Diskontinuitäten, die das reibungslose innere Funktionieren der EWU beeinträchtigen könnten, viel geringer sein sollte. Natürlich gäbe es dann ein größeres Potenzial einer Krise der gesamten EWU. Wenn alle Mitgliedstaaten einen Leistungsbilanzüberschuss hätten, käme es im Fall von Krisen nicht zu großen Kapitalabflüssen aus einzelnen EWU-Staaten, aber natürlich könnte Kapital plötzlich aus Drittstaaten abgezogen werden.

Eine gemeinsame Politik wäre dann im Interesse aller Mitgliedstaaten leichter umsetzbar. Darüber hinaus sollte sich in diesem Fall die Empfehlung, wie auf die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte zu reagieren ist, an die EWU-Instanzen und nicht an die einzelnen Länder richten.34 Unsere ersten Voruntersuchungen mit Methoden der deskriptiven Statistik deuten bereits an, dass es einen großen Unterschied macht, ob man die Indikatoren per se oder relativ zur EWU analysiert.35 Für den Schlüsselindikator der MIP, den Leistungsbilanzsaldo, bleibt der Unterschied zwischen Deutschland und dem EWU-Durchschnitt in einer solchen Betrachtung unterhalb der kritischen Schwelle, insbesondere wenn die Indikatoren nicht als Durchschnitte der letzten Jahre, sondern auf Basis der Vorhersagen für die nächsten Jahre berechnet werden. Die MIP basiert heute auf rückwärts gerichteten Indikatoren (typischerweise Durchschnitte der letzten drei Jahre). Um zukünftige Krisen frühzeitig zu erkennen, wäre es aber konsistenter, eine Prognose für die nächsten Jahre zu verwenden. Dies ist im Falle der Variablen möglich, für die verlässliche Prognosen von den internationalen Institutionen erstellt werden. Der Internationale Währungsfonds und die Europäische Kommission veröffentlichen regelmäßig insbesondere Prognosen für die Leistungsbilanzsalden.

Wie Mundell zudem gezeigt hat, kann die Geldpolitik (bei rigiden Arbeitsmärkten) nur dann effizient arbeiten, wenn die Wahrscheinlichkeit von asymmetrischen Schocks gering ist.36 Im Falle asymmetrischer Schocks bzw. asymmetrischer wirtschaftlicher Entwicklungen kommt den Fiskalpolitiken eine zentrale Rolle für das Ausgleichen dieser Schocks zu.37 Die Entwicklung vor der europäischen Schuldenkrise und das „External Balance Assessment“ des IWF haben jedoch gezeigt, dass nach Ländern divergierende fiskalpolitische Pfade eine Divergenz der Leistungsbilanzsalden begünstigt haben.38 Zukünftige Forschung sollte untersuchen, warum – wie seit der Jahrtausendwende in Europa – restriktive fiskalpolitische Pfade (relativ expansive fiskalpolitische Pfade) von einer restriktiven (expansiven) Lohnpolitik im privaten Sektor begleitet wurden. Dieser Befund wäre wichtig, um die Rolle von relativen Fiskal- und Lohnpolitiken als Bestimmungsgrößen von bilateralen Leistungsbilanzsalden zu erklären.

Die Diskussion um relative versus absolute Indikatoren muss dann aus einem neuen Blickwinkel betrachtet werden, wenn wie jüngst innereuropäische Ungleichgewichte zurückgehen, während der Leistungsbilanzüberschuss der gesamten EWU ansteigt (vgl. Abbildung 2). Solche „Drittlandeffekte“ spielen für Europa seit dem Einsetzen der europäischen Finanz- und Schuldenkrise eine wichtige Rolle. Während die derzeitigen und ehemaligen Krisenstaaten durch finanzpolitische „Austerität“ und Senkung der Lohnstückkosten ihre Leistungsbilanzdefizite deutlich reduziert bzw. sogar ins Positive gebracht haben (vgl. Abbildung 1), ist der deutsche Leistungsbilanzüberschuss noch angestiegen. Im Ergebnis weist der (durchschnittliche) Leistungsbilanzüberschuss der EWU ins Positive (vgl. Abbildung 2). Es ist zu untersuchen, inwieweit ein Leistungsbilanzüberschuss der gesamten EWU bzw. einzelner Mitgliedstaaten der EWU einer Überwachung bedarf. Es sollen die Risiken untersucht werden, die aus dem möglichen zukünftigen Ausfall von Nettoauslandsforderungen einzelner Mitgliedsländer für das gesamte Währungsgebiet entstehen könnten, wenn in hoch volatilen, risikobehafteten Finanzmärkten investiert wird.39

Abbildung 2
Leistungsbilanzsalden von Deutschland, der EU, der EWU und den USA
in Mrd. ECU/Euro
32464.png

Quellen: Europäische Kommission, AMECO Database.

Wirtschaftspolitische Implikationen

Um wirtschaftspolitische Implikationen abzuleiten, sollte zunächst untersucht werden, ob Leistungsbilanzsalden nur Ergebnis intertemporaler Optimierungsentscheidungen sind. In diesem Fall sind weder Krisen noch Rückwirkungseffekte für wirtschaftspolitische Entscheidungsträger zu erwarten, so dass keine wirtschaftspolitischen Interventionen notwendig sind. Sind hingegen aufgrund von Übertreibungen auf Finanz- und Vermögensmärkten Zahlungsausfälle von Ländern mit hohen nachhaltigen Leistungsbilanzdefiziten zu erwarten, dann hat dies sowohl Rückwirkungen auf die Finanzpolitik in Schuldner- als auch in Gläubigerländern. In beiden Ländertypen steigen die Belastungen für die Staatshaushalte in Form von Steuerausfällen und höheren Finanzierungslasten bei Bailout-Operationen. Mit steigenden Lasten wächst der Anreiz für Regierungen, die Stabilisierungslasten in der Krise auf die Zentralbank zu verschieben.40

Um ein solches Szenario zu vermeiden und so ein nachhaltiges Funktionieren der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion sicherzustellen, könnte es aus dieser Perspektive gegebenenfalls in Abweichung von der wissenschaftlichen Standardliteratur sinnvoll sein, sowohl Leistungsbilanzdefizite als auch -überschüsse zu kontrollieren.41 Aus dem Monitoring für Leistungsbilanzüberschüsse ergibt sich auch, dass nicht nur Leistungsbilanzdefizite der Mitgliedsländer der Europäischen Währungsunion bzw. Europäischen Union von Interesse sind, sondern auch die Leistungsbilanzdefizite von Drittländern (wie beispielsweise den USA).

Wirtschaftspolitische Empfehlungen sollen auf der Grundlage von Firstbest- und Secondbest-Betrachtungen gemacht werden. Entstehen Leistungsbilanzungleichgewichte aufgrund von wirtschaftspolitischen Fehlern (z.B. zu expansive Geldpolitik, zu expansive Finanzpolitik, divergierende Finanzpolitiken in der Währungsunion oder die Kombination aller Faktoren), so können diese durch Änderungen der Makropolitiken beseitigt werden. Wirtschaftspolitische Empfehlungen wären die Wiederherstellung der Allokations- und Signalfunktion von Zinsen (Ausstieg aus der Nullzinspolitik)42 bzw. die Koordination der europäischen Finanzpolitiken durch Zentralisierung in Brüssel. Beides erscheint aber derzeit politisch eher unwahrscheinlich.

Sind diese Zielsetzungen derzeit schwer politisch realisierbar, dann können Secondbest-Empfehlungen formuliert werden, die insbesondere auf eine Verbesserung des Monitoring-Verfahrens und dessen Umsetzung abzielen. Ein wesentlicher Referenzpunkt dabei wird die in einem Pilotprojekt durch den Internationalen Währungsfonds entwickelte Methode der normativen Evaluierung von Leistungsbilanzsalden durch die Schätzung von „Policy Gaps“ sein.43 Dabei sollte berücksichtigt werden, dass das Scoreboard anders als das External Balance Assessment des IWF weniger auf ökonometrischen Schätz- und Prognosegleichungen basiert.

Forschungsagenda

Die vorstehenden Ausführungen ergeben die folgende Forschungsfragen:

  1. Sind die Indikatoren in der im Scoreboard enthaltenen Form bestmöglich ausgewählt, um Ungleichgewichte robust und frühzeitig anzuzeigen? Wenn nein, welche Indikatoren sollten angepasst, gestrichen oder hinzugefügt werden?
  2. Sind die verwendeten Schwellenwerte für Indikatoren zielführend? Lassen sie sich empirisch belastbar herleiten?
  3. Werden alle Bereiche von Ungleichgewichten ausreichend gut im Scoreboard abgedeckt? Wenn nein, bei welchen Bereichen besteht Nachbesserungsbedarf?
  4. Das Scoreboard und die Schwellenwerte wurden im Wesentlichen als Reaktion auf die jüngste Krise konzipiert. Besteht die Gefahr, dass dadurch andersartige gefährliche Ungleichgewichte nicht erkannt werden? Falls ja, welche Anpassungen müssten vorgenommen werden, um eine möglichst breite Palette von Ungleichgewichten abdecken zu können?
  5. Es ist zu untersuchen, ob die einzelnen Komponenten des Monitorings analytisch und in Bezug auf die Umsetzung ausreichend aufeinander abgestimmt sind.

Im Einzelnen wird im Rahmen künftiger Forschung zu bewerten sein, ob das gewählte Vorgehen im Ungleichgewichteverfahren gemäß VO 1176/2011 geeignet ist, um wirtschaftliche Ungleichgewichte zu vermeiden und, falls vorhanden, zu korrigieren. Um die politische Debatte um die MIP zu bereichern und auf eine sachliche Grundlage zu stellen, könnte man Anpassungen im Vorgehen vorschlagen, die das Verfahren als Ganzes effektiver und/oder effizienter machen. Hierbei ist besonders zu beachten, ob sich das Verfahren sinnvoller in das Europäische Semester und andere Instrumente (insbesondere Europlus-Pakt) integrieren lässt. Weitere mögliche Verbesserungen betreffen die Transparenz der Ergebnisse des Frühwarnberichts und der vertieften Länderanalysen im vertikalen und horizontalen Vergleich.

  • 1 European Commission: Scoreboard for the Surveillance of Macro-economic Imbalances, Occasional Paper, Nr. 92/2012, Directorate-General for Economic and Financial Affairs, Brüssel 2012.
  • 2 Ebenda.
  • 3 International Monetary Fund: The IMF-FSB Early Warning Exercise: Design and Methodological Toolkit, Washington 2010, http://www.imf.org/external/np/pp/eng/2010/090110.pdf; International Monetary Fund: External Balance Assessment (EBA) Methodology: Technical Background, Washington, 25. Juni 2013.
  • 4 G. Kaminsky, C. Reinhart: The Twin Crises: The Causes of Banking and Balance of Payments Problems, in: American Economic Review, 89. Jg. (1999), Nr. 3, S. 473-500.
  • 5 A. Belke, W. Orth, R. Setzer: Liquidity and the Dynamic Pattern of Asset Price Adjustment: A Global View, in: Journal of Banking and Finance, 34. Jg. (2010), S. 1933-1945; A. Belke, I. Bordon, U. Volz: Effects of Global Liquidity on Commodity and Food Prices, in: World Development, 44. Jg. (2012), S. 31-43; J. Beckmann, A. Belke, R. Czudaj: The Importance of Global Shocks for National Policymakers – Rising Challenges for Sustainable Monetary Policies, in: The World Economy, 37. Jg. (2014), Nr. 8, S. 1101-1127; G. Schnabl: Monetary Policy Reform in a World of Central Banks, in: L. White, V. Vanberg, E. Köhler (Hrsg.): Renewing the Search for a Monetary Constitution: Reforming Government’s Role in the Monetary System, Cato Institute, Washington DC 2015, S. 165-186; S. Freitag, G. Schnabl: Reverse Causality in Global and Intra-European Imbalances, in: Review of International Economics, 20. Jg. (2012), Nr. 4, S. 674-690.
  • 6 G. Schnabl, T. Wollmershäuser: Fiscal Divergence and Current Account Imbalances in Europe, CESifo Working Paper, Nr. 4108, München 2013; P. Duarte, G. Schnabl: Macroeconomic Policy Making, Exchange Rate Adjustment and Current Accounts in Emerging Markets, in: Review of Development Economics, 19. Jg. (2015), Nr. 3, S. 531-544.
  • 7 A. Belke: Impact of a Low Interest Rate Environment – Global Liquidity Spillovers and the Search-for-yield, Briefing paper prepared for presentation at the Committee on Economic and Monetary Affairs of the European Parliament for the quarterly dialogue with the President of the European Central Bank, Brüssel, Februar 2013; European Commission: Report from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Central Bank and the European Economic and Social Committee, Alert Mechanism Report 2014, COM(2013) 790 final, Brüssel, 13. November 2013, S. 28.
  • 8 European Commisssion: Report from the Commission to the European Parliament ..., a.a.O., S. 14.
  • 9 E. von Böhm-Bawerk: Unsere passive Handelsbilanz, in: F. Weiss (Hrsg.): Gesammelte Schriften von Eugen von Böhm-Bawerk, Leipzig 1924, S. 499-515.
  • 10 European Commisssion: Report from the Commission to the European Parliament ..., a.a.O.
  • 11 D. Gros, M. Busse: The Macroeconomic Imbalance Procedure and Germany: When Is a Current Account Surplus an ‚Imbalance‘?, CEPS Policy Brief, Nr. 302, Centre for European Policy Studies, Brüssel, 13. November 2013.
  • 12 International Monetary Fund: Global Impact and Challenges of Unconventional Monetary Policies, IMF Policy Paper, Washington DC, 3. September 2013; International Monetary Fund: Global Financial
    Stability Report – Old risks, new challenges, Washington DC, April 2013.
  • 13 Vgl. International Monetary Fund: External Balance Assessment (EBA) ..., a.a.O. Für die im Scoreboard enthaltenen elf Indikatoren siehe im Einzelnen http://ec.europa.eu/economy_finance/economic_governance/macroeconomic_imbalance_procedure/mip_scoreboard/.
  • 14 Vgl. J. Abad, A. Löffler, G. Schnabl, H. Zemanek: Fiscal Divergence and TARGET2 Imbalances in the EMU, in: Intereconomics, 48. Jg. (2013), H. 1, S. 51-58; G. Schnabl, T. Wollmershäuser, a.a.O.
  • 15 Man denke beispielsweise an die derzeitige Entwicklung auf den deutschen Immobilienmärkten, die von manchen Beobachtern als Blase gesehen wird, während andere die Preisentwicklung als unbedenklichen Aufholprozess gegenüber anderen europäischen Immobilienmärkten mit bereits deutlich höherem Preisniveau sehen.
  • 16 European Systemic Risk Board (ESRB): Views of the ESRB on the Envisaged Scoreboard Indicators Relevant for Financial Market Stability, 9. Dezember 2011, http://www.esrb.europa.eu/pub/pdf/ConsolidatedViewsScoreboard.pdf?2135f32f8109f9b241ff337a8c84dcb9.
  • 17 So zeigen Belke et al., dass die jüngsten Exporterfolge einiger Peripherieländer der EWU weniger das Ergebnis einer sich verbessernden Wettbewerbsfähigkeit, sondern eher Ausdruck einer sich verschlechternden Kapazitätsauslastung sind. Um Marktaustrittskosten und zukünftige Wiedereintrittskosten zu vermeiden, bleiben die Unternehmen dieser Länder im Markt und verlegen sich selbst bei kurzfristigen Verlusten auf den Exportmarkt. Vgl. A. Belke, A. Oeking, R. Setzer: Exports and Capacity Constraints – A Smooth Transition Regression Model for Six Euro Area Countries, Ruhr Economic Paper, Nr. 449, Universität Duisburg-Essen, Essen 2013. A priori ist nicht klar, ob es sich dabei nur um kurzfristige und daher zu vernachlässigende Effekte (vgl. International Monetary Fund: External Balance Assessment (EBA) ..., a.a.O.) oder persistierende Wirkungen handelt (Hysterese-Effekt, vgl. A. Belke, M. Göcke, M. Günther: Exchange
    Rate Bands of Inaction and Play-Hysteresis in German Exports –
    Sectoral Evidence for Some OECD Destinations, in: Metroeconomica, 64. Jg. (2013), Nr. 1, S. 152-179).
  • 18 J. Lee, G. Milesi-Ferretti, J. Ostry, A. Prati, L. A. Ricci: Exchange Rate Assessments: CGER Methodologies, IMF Occasional Paper, Nr. 261, Washington DC 2008.
  • 19 Einer der Autoren, Prof. Dr. Ansgar Belke, wurde vom IWF im Rahmen einer Research Fellowship vom 25.11.2013 bis zum 13.12.2013 eingeladen, dessen External Balance Assessment (EBA) im Hinblick auf das zugrunde gelegte empirische Modell und die verwendeten statistischen und ökonometrischen Methoden auch durch einen Vergleich mit der europäischen MIP kritisch zu analysieren. Die eingehenden Variablen werden im EBA relativ zum Durchschnitt der übrigen Welt definiert. Siehe ähnlich auch European Systemic Risk Board (ESRB), a.a.O., S. 2-3. Das ESRB vertritt in seiner Stellungnahme zur MIP die gleiche Position. Vgl. auch ebenda; und D. Gros, M. Busse, a.a.O.
  • 20 Vgl. hierzu im Detail International Monetary Fund: External Balance Assessment (EBA) ..., a.a.O.
  • 21 European Economic Advisory Group (EEAG): The EEAG Report on the European Economy, „European Imbalances“, CESifo, München 2013, S. 55-72.
  • 22 G. Schnabl: Leistungsbilanz und Wirtschaftspolitik – das Beispiel Japan, Baden Baden 1999; ders.: Monetary Policy and Structural Decline: Lessons from Japan for the European Crisis, in: Asian Economic Papers, 14. Jg. (2015), Nr. 1, S. 124-150; ders.: Exchange Rate Regime, Financial Market Bubbles and Long-term Growth in China: Lessons from Japan, CESifo Working Paper, Nr. 5902.
  • 23 Vgl. Art. 2 der Regulierung (EU), Nr. 1176/2011.
  • 24 D. Gros, M. Busse, a.a.O.
  • 25 Zu Beginn der 1990er Jahre erlebte Deutschland im Verlauf der Wiedervereinigung einen Boom, während der Rest Europas eine Rezession durchlief, weil Kapital aus diesen Ländern nach Deutschland abgezogen wurde. Ab den späten 1990er Jahren und vermehrt mit der Agenda 2010 durchlief Deutschland eine lange Phase der Austerität. Diese war darin begründet, dass übermäßige Staatsausgaben und Lohnabschlüsse im Verlauf des Wiedervereinigungsbooms durch umfassende Reformen zurückgeführt wurden. Ab 2001 war dieser Reformprozess von starken Kapitalabflüssen begleitet, die in den Zielländern ein hohes Wachstum, aber auch kreditgetriebene Übertreibungen auf den Immobilienmärkten, beim privaten Konsum und den Staatsausgaben begünstigten. Mit dem Ausbruch der Krisen in diesen Ländern verbleibt mehr Kapital in Deutschland, was dort das Wachstum, reale Lohnerhöhungen und einen Boom auf den Immobilienmärkten in den Ballungszentren begünstigt, vgl. J. Abad et al., a.a.O.
  • 26 G. Schnabl: Triebkräfte und Lösungsansätze globaler und europäischer Leistungsbilanzungleichgewichte, in: Wirtschaftspolitische Blätter, 58. Jg. (2012), Nr. 3, S. 429-449.
  • 27 A. Belke, G. Schnabl, H. Zemanek: Real Convergence, Capital Flows, and Competitiveness in Central and Eastern Europe, in: Review of International Economics, 21. Jg. (2013), Nr. 5, S. 886-900; G. Schnabl, T. Wollmershäuser, a.a.O.
  • 28 A. Belke, W. Orth, R. Setzer, a.a.O.; A. Belke, I. Bordon, U. Volz, a.a.O.; A. Belke, J. Beckmann, R. Czudaj, a.a.O.; G. Schnabl: Monetary Policy Reform in a World of Central Banks ..., a.a.O.
  • 29 European Commission: Prevention and Correction of Macroeconomic Imbalances. European Parliament Amendments Adopted on 23 June 2011 to the Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on the Prevention and Correction of Macroeconomic Imbalances (COM(2010)0527 – C7-0301/2010 – 2010/0281 (COD).
  • 30 European Commission/DG ECFIN: Current Account Surpluses in the EU, European Economy, September, 2012, http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/european_economy/2012/current-account-surpluses_en.htm.
  • 31 European Commission: Scoreboard for the Surveillance of Macro-economic Imbalances, a.a.O., S. 11.
  • 32 Vgl. auch die Fußnote im „Alert Report“ zu den Datensätzen: „This Report is accompanied by two working documents: a first note elaborates on a number of technical changes in the indicators used in the scoreboard and auxiliary indicators. A second document contains a wealth of statistics on the basis of which this report has been prepared. Refer also to the Eurostat News Release 166/2013, and to the recent proposal for a Regulation on the provision of statistics for the macroeconomic imbalances procedure – COM(2013) 342, 7.6.2013. The latter aims to ensure the appropriate monitoring by Eurostat of the quality of data, as well as issues linked to compilation and transmission of data and metadata.“
  • 33 R. Mundell: A Theory of Optimum Currency Areas, in: American Economic Review, 51. Jg. (1961), Nr. 4, S. 657-665; ders.: A Plan for a European Currency, in: H. Johnson, A. Swoboda (Hrsg.): The Economics of Common Currencies, London 1973.
  • 34 D. Gros, M. Busse, a.a.O.
  • 35 Ebenda.
  • 36 R. Mundell: A Theory of Optimum ..., a.a.O.
  • 37 A. Belke, D. Gros: Is a Unified Macroeconomic Policy Necessarily Better for a Common Currency Area?, in: European Journal of Political Economy, 25. Jg. (2009), S. 98-101; G. Schnabl, T. Wollmershäuser, a.a.O.
  • 38 J. Abad et al., a.a.O.; International Monetary Fund: External Balance Assessment (EBA) ..., a.a.O.; G. Schnabl, T. Wollmershäuser, a.a.O.
  • 39 Vgl. International Monetary Fund: Global Impact and Challenges ..., a.a.O.; ders.: Global Financial Stability Report – Old risks ..., a.a.O.
  • 40 A. Belke, G. Schnabl: Europäischer geldpolitischer Exit im Zeichen von QE2 und Staatsanleihekäufen der EZB, in: DIW Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung, 79. Jg. (2010), Nr. 4, S. 147-161.
  • 41 A. Belke, G. Schnabl: Four Generations of Global Imbalances, in: Review of International Economics, 21. Jg. (2013), Nr. 1, S. 1-5.
  • 42 G. Schnabl: Monetary Policy Reform in a World of Central Banks ..., a.a.O.
  • 43 International Monetary Fund: External Balance Assessment (EBA) ..., a.a.O., S. 28 ff.

Title:The European Procedure to Avoid and Correct Current Account Imbalances

Abstract:The Macroeconomic Imbalance Procedure (MIP) is part of a institutional framework known as the so-called “sixpack“, which has come into effect on December 13th 2011 in response to the European financial and debt crisis. The crisis has shown that internal and external imbalances (in particular current account deficits) are strongly intertwined. The MIP should identify external imbalances at an early stage and thus compel countries to correct these imbalances to forestall potential crises. Methodological questions are discussed, which are to be resolved to ensure the effectiveness of the MIP.

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DOI: 10.1007/s10273-016-2014-0