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Donald Trump hat die Welt in den ersten Tagen seiner Amtszeit, als noch unklar war, was er von den Ankündigungen des Wahlkampfes wirklich umsetzen würde, in eine Phase größter Irritation gestürzt. Nichts scheint mehr Bestand zu haben, weder Handelsabkommen noch politische oder militärische Bündnisse. Auch die Einwanderungsgesetze des einst von Einwanderern gegründeten und bis heute von Einwanderung profitierenden Landes wurden per Dekret derart verschärft, dass die Tech-Firmen aus dem Silicon Valley und die großen US-Konzerne dagegen aufbegehren. Die Außen- und Sicherheitspolitik der USA steht vor einem fundamentalen Kurswechsel und mit diesem steht auch die geopolitische Ordnung der Nachkriegszeit auf dem Spiel. „America first“ ist die Maxime dieser Politik, die eigene Interessen kompromisslos in den Vordergrund stellt. Doch die langfristigen Folgen sind nicht zuletzt für die USA selbst unabsehbar, potenziell führt diese Politik die USA in die Isolation. Entsprechend ist der Politikunsicherheitsindex in den letzten Tagen sprunghaft auf einen historischen Höchststand angestiegen (vgl. Abbildung 1).

Abbildung 1
Globale Politikunsicherheit1
Index gewichtet mit aktuellem BIP2
Globale Politikunsicherheit

1 Jeder nationale Politikunsicherheitsindex setzt sich aus drei Komponenten zusammen: (1) einer zeitungsbasierten Komponente, die misst, wie häufig wirtschaftspolitische Unsicherheit in den wichtigsten Zeitungen des Landes thematisiert wird, (2) einer Steuerunsicherheitskomponente, die misst, wie groß die Unsicherheit in Bezug auf die zukünftige fiskalische Entwicklung ist, und (3) einer analystenbasierten Komponente, welche die Uneinigkeit von Finanzmarktanalysten hinsichtlich ihrer Prognosen (also wie weit sich die Prognosen unterscheiden) zu Preisniveauentwicklung und Staatsausgaben abbildet. 2 Australien, Brasilien, Chile, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Irland, Italien, Japan, Kanada, Niederlande, Russland, Spanien, Südkorea, USA.

Quellen: IMF: World Economic Outlook Database; Macrobond; HWWI.

Wirtschaftspolitisch ist das zentrale Ziel der Politik Donald Trumps eine deutliche Erhöhung des Wirtschaftswachstums sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen in den USA. Das größte Jobwunder der Geschichte hat Trump für die nächsten Monate angekündigt. Die Instrumente hierfür sind im Wesentlichen Steuersenkungen für Unternehmen, Investitionsprogramme für den Aufbau und die Modernisierung der Infrastruktur sowie Importbeschränkungen zum Schutz heimischer Industrien insbesondere des „Rust Belt“ (Rostgürtel). Die Ankündigungen und die ersten Umsetzungen dieser Maßnahmen haben viel Fantasie an den Märkten ausgelöst, vor allem in den Aktienmärkten. So stieg der Dow-Jones-Index zum ersten Mal über die Marke von 20 000 Punkten (vgl. Abbildung 2). Daneben wird schon die Rückkehr von Inflation und steigenden Zinsen an den Rentenmärkten thematisiert. In der Folge kam es zu einer Aufwertung des US-Dollar, der gegenüber dem Euro fast bei Parität angelangt ist. Einiges deutet darauf hin, dass sich an den Märkten erwartungsinduzierte Blasen bilden, die schon bald erheblichen Korrekturbedarf auslösen.

Abbildung 2
US-Aktienmarkt und Wechselkurs
US-Aktienmarkt und Wechselkurs

Quellen: Macrobond; HWWI.

Es stellt sich somit die Frage, ob Trumps Politik langfristig erfolgreich sein kann. Seine Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, schnelle Erfolge zu erzielen. Seine Makropolitik enthält jedoch einige fundamentale Widersprüche, die schon bald zu ökonomischen, aber auch politischen Konflikten führen können. Allein seine Beschwerde über einen „zu starken“ US-Dollar zeigt, dass auch Trump nicht per Dekret ökonomische Zusammenhänge aufheben und völlig frei aus dem makroökonomischen Menü wählen kann. Es sei denn, er greift darüber hinaus auch noch zu den Mitteln der Wechselkursmanipulation. Das jedoch dürfte Janet Yellen, der Präsidentin der US-amerikanischen Zentralbank Fed kaum gefallen. Es zeichnet sich ab, dass insbesondere der Konflikt zwischen einer in den nächsten Monaten stark expansiv ausgerichteten Fiskalpolitik und einer vor der Zinswende stehenden Geldpolitik im Fokus stehen und aufmerksam von den Märkten beobachtet werden wird.

Janet Yellen hat bereits verlauten lassen, dass sie nie empfohlen habe, die US-Wirtschaft zu überhitzen. Der Konflikt ist also vorprogrammiert, denn vor dem Amtsantritt von Donald Trump zeigte sich die US-Ökonomie bereits in einer guten Verfassung. Insbesondere die Arbeitslosenquote ist von fast 10% im Höhepunkt der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 auf 4,7% im Dezember 2016 zurückgegangen. Auch wenn die Partizipationsquote, die lange Zeit rückläufig war und daher die Fed davon abgehalten hatte, schon früher die Zinswende einzuleiten, auf dem amerikanischen Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle spielt, befindet sich die US-Wirtschaft heute mehr oder weniger auf Vollbeschäftigungsniveau.

Das Wirtschaftswachstum hat sich im vierten Quartal 2016 annualisiert auf 1,9% beschleunigt, nachdem es im ersten Quartal mit annualisiert 1,1% noch sehr moderat gewesen war und das Jahreswachstum für 2016 bei rund 1,6% liegt. Entsprechend hat die US-amerikanische Zentralbank, das Federal System Board, vorsichtig die Zinswende eingeleitet. Der zweite und bislang letzte Zinsschritt erfolgte im Dezember 2016. Die konjunkturellen Aussichten für 2017 sind angesichts der kurzfristig expansiv wirkenden fiskalpolitischen Impulse für das erste Halbjahr positiv. Dämpfende Effekte können vom Export kommen, der unter dem starken US-Dollar leiden könnte.

Mittel- bis langfristig birgt die Wirtschaftspolitik Trumps große Risiken. Die Schaffung industrieller Arbeitsplätze kann nur gelingen, wenn die entsprechenden Industrien durch Importzölle geschützt werden. Der angekündigte Zollsatz von 35% auf deutsche Autos sind nur ein Beispiel für die neue Handelspolitik der USA. Auch der Ausstieg der USA aus TPP, der Transpazifischen Partnerschaft, deutet auf einen neuen Kurs hin. Gleichzeitig hinterlassen die USA damit ein Vakuum, das etwa China nutzen könnte, um die geopolitische Neuordnung der Welt stärker mitzugestalten. Zudem drohen sich Gegenmaßnahmen zu einem unkontrollierten Handelskrieg auszuweiten.

Die drohende Isolation der USA stellt für die US-Wirtschaft jenseits der kurzfristigen Erfolge eine ernsthafte Gefahr dar. Staats- und Auslandsverschuldung der USA könnten ansteigen und bei verringerter Wettbewerbsfähigkeit der US-Wirtschaft schließlich eine Dollarkrise auslösen. Denn es waren in der Vergangenheit nicht die zu hohen Importe, sondern eher die schwachen Exporte, die für das Leistungsbilanzdefizit verantwortlich waren. Insofern dürften Importzölle langfristig die in globalen Wertschöpfungsketten integrierte US-Wirtschaft treffen. Diese könnte am Ende sogar die Rolle des US-Dollar als wichtigste internationale Reservewährung infrage stellen.

Alles in allem beinhaltet die Wirtschaftspolitik Donald Trumps viele Maßnahmen, die konjunkturell und strukturell unterschiedliche, zum Teil gegenläufige Effekte haben werden. Inwieweit sich die kurzfristigen und langfristigen Wirkungen überlagern und zu einem uneinheitlichen Bild an den Märkten formen, ist derzeit kaum absehbar. Für 2017 sind die konjunkturellen Aussichten für die USA, auch aus Gründen der schon im zweiten Halbjahr 2016 anziehenden Dynamik, positiv, solange die negativen Effekte aus der Handelspolitik und den dämpfenden Wirkungen vom Export nicht auf das Konsumentenvertrauen und das Geschäftsklima durchschlagen werden. Insgesamt dürfte es im Verlauf des Jahres einen gegenläufigen Kurs von Geld- und Fiskalpolitik in den USA geben, der am Ende auf eine Machtprobe zwischen dem Weißen Haus und der Fed hinauslaufen könnte.

Ausgehend von den USA kann sich dieses Kräftemessen in einer erhöhten Volatilität an den Devisen- und Rohstoffmärkten auswirken. Hinzu kommt mittelfristig die große Unsicherheit in Bezug auf viele Politikfelder, vor allem in der Handelspolitik und der Energie- und Klimapolitik. Insoweit wird die Konjunktur der Weltwirtschaft 2017 stark von politischen Einflüssen bestimmt. Im Laufe des Jahres stehen mit den Wahlen in Frankreich und Deutschland wichtige politische Weichenstellungen an. Konjunkturell wird sich die Unsicherheit in diesem Jahr noch kaum auswirken. Kurzfristig kann die Dynamik der Weltwirtschaft sogar anziehen. Mittelfristig dürften die Unsicherheiten und Kurswechsel jedoch stark dämpfende Wirkungen haben. Die Märkte werden daher genau in die USA und auf die dortigen Entwicklungen schauen.

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DOI: 10.1007/s10273-017-2101-x