Seit Mitte der 1980er Jahre ist bekannt, dass sich die zukünftigen Versorgungsverpflichtungen der Länder für ihre damals im Durchschnitt noch relativ jungen Beamten und Richter nach der Jahrtausendwende zunehmend zu Zeitbomben entwickeln würden. Als Rheinland-Pfalz 1996 als erstes Bundesland die Konsequenz aus diesem bedrohlichen Szenario zog und damit begann, einen Pensionsfonds aufzubauen, der ab etwa 2030 die vollständige Finanzierung der Pensionen, Hinterbliebenenversorgung und Beihilfeaufwendungen der seit 1996 eingestellten Beamten übernehmen sollte, wurde das Land wegen dieser innovativen und umfassenden Lösung mit viel Lob überschüttet. Seither haben sich die konkrete Praxis und die öffentliche Wahrnehmung dieses Pensionsfonds jedoch völlig verändert.
In den letzten 15 Jahren hat die Zahl der Befürworter eines Landespensionsfonds stark abgenommen und die der Gegner ist kaum noch zu überschauen. Zu den schärfster Kritikern gehören nicht nur die Opposition und etliche Medien, sondern auch der Landesrechnungshof und neuerdings sogar der Verfassungsgerichtshof des Landes Rheinland-Pfalz. Mit Urteil vom 22.2.2017 hat er nämlich entschieden, dass der Gesetzgeber – falls er den Fonds nicht in Gänze auflöst – „jedenfalls darauf zu achten haben (wird), dass Vermögenspositionen des Fonds und Schuldpositionen des Landes, die unter Beachtung des finanzverfassungsrechtlichen Rahmens nicht hätten aufgebaut werden können, rückabgewickelt werden“1.
Aufgrund der durch dieses Urteil zusätzlich angefachten Diskussion über den Sinn und den möglichen Missbrauch von Pensionsfonds erscheint es geboten, in knapper Form darzustellen, warum Länderpensionsfonds eingerichtet wurden, wie sie funktionieren und welche Fallstricke zu beachten sind. Der in der Öffentlichkeit immer häufiger erhobene Vorwurf, dass hier nur (noch) „linke Tasche, rechte Tasche“ gespielt würde, wird dabei eine zentrale Rolle einnehmen.2
Stark ansteigende Versorgungslasten der Länder
Seit 1995 kann der quantitative Aufbau des Beamten- und Richterapparates der Länder als abgeschlossen angesehen werden. Die Zahl der in Vollzeitäquivalenten gerechneten aktiven Beamten und Richter hat sich seither kaum noch verändert und liegt aktuell und ohne Berücksichtigung der Ausbildungsverhältnisse bei 1 073 505.3 Das heißt nicht, dass die Struktur der Beschäftigungsverhältnisse und der Beschäftigten ebenfalls unverändert geblieben ist. Mittlerweile sind über 85% der Stellen dem gehobenen und höheren Dienst zugeordnet, sodass Landesbeamte und Richter eine im Vergleich zu anderen Berufsgruppen extrem hohe Quote an Fachhochschul- und Hochschulabsolventen aufweisen. Hinzu kommt ein zunehmender Frauenanteil, der bei den Beamten, die 40 Jahre und jünger sind, über 60% erreicht hat. Diese beiden Entwicklungen haben einen beachtlichen Einfluss auf die durchschnittliche Lebenserwartung der Beamten und damit die spätere Laufzeit der Versorgungsbezüge.
Im Jahr 1995 gab es erst 268 565 Ruhestandsbeamte in Deutschland. Anfang 2016 lag diese Zahl bereits bei 684 055 und dürfte nach den Erwartungen der Länder4 bis 2040 nochmals um rund 25% zunehmen und danach wieder leicht um 2% bis 5% zurückgehen. Die hier vorgenommene langfristige Projektion liegt bei rund 843 425 Ruhestandsbeamten bzw. 766 750 Vollzeitäquivalenten. Gegenüber 1995 bedeutet dies einen Zuwachs um 214%. In diesen Wert sind die vom Statistischen Bundesamt verwendete Projektion für die zukünftige Lebenserwartung,5 der Frauenanteil von über 60% und der überdurchschnittliche Bildungsgrad eingeflossen.6 Für eine Population 30-Jähriger, die zu 60% aus Frauen besteht sowie zu 85% einen Hochschulabschluss und zu 15% ein mittleres Bildungsniveau aufweist, ergibt sich danach eine weitere Lebenserwartung von rund 60 Jahren. Da das Lebensalter bei der Verbeamtung im Durchschnitt bei rund 30 Jahren liegt und sich der Eintritt in den Ruhestand von heute 62,8 Jahren auf ca. 65 Jahre erhöhen dürfte, werden hier für den repräsentativen Beamten 35 aktive und 25 passive Jahre zugrunde gelegt.
Auf dieser Basis ist davon auszugehen, dass sich längerfristig das Verhältnis der Versorgungsausgaben (einschließlich Hinterbliebenenversorgung und Beihilfe) zu den Aktiv-Bezügen von rund 33,9% im Jahr 1995 auf ca. 84,7% erhöhen wird. Bis 2016 ist dieser Wert bereits auf 61,2% angestiegen. Dieses Verhältnis nimmt langfristig gesehen nicht noch stärker zu, weil schon 1992 die für ein bestimmtes Versorgungsniveau erforderlichen Dienstzeiten erheblich verlängert wurden7 und das maximal erreichbare Versorgungsniveau seit 2009 nur noch 71,75% beträgt.
Grundlagen eines vereinfachten Simulationsmodells
Um die finanziellen Auswirkungen verschiedener Konstruktionsformen von Pensionsfonds mit der Entwicklung ohne Fonds vergleichbar zu machen, bedarf es eines konsistenten Simulationsmodells, dessen Annahmen und Prämissen offengelegt und nachprüfbar sind. In dem vom Autor für diesen Beitrag entwickelten Modell wird unterstellt, dass dauerhaft eine Zahl von 1 073 450 in Vollzeit arbeitenden Beamten und Richtern vorhanden ist, die sich auf 35 aktive Jahrgänge mit jeweils 30 670 Stellen verteilen. Dementsprechend gehen jährlich 30 670 Beamte in den Ruhestand und werden durch die gleiche Zahl von neueingestellten Beamten ersetzt. Angenommenes Startjahr im Simulationsmodell ist 1996. An Informationen wird das gesamte heutige Wissen berücksichtigt, also nicht nur das, was 1996 bekannt war. Die Eingangsbesoldung betrug 1996 rund 30 000 Euro. Aufgrund des Dienstalters und durch Beförderungen erhöht sich die Besoldung jährlich strukturell um ca. 1%. Bei 35 Dienstjahren und drei Ausbildungs- bzw. Zurechnungsjahren liegen die Ruhegehaltsbezüge bei rund 68% der letzten Aktiv-Bezüge. Für die Beihilfe wird ein Zuschlag von 17 Prozentpunkten kalkuliert. Um die Hinterbliebenenversorgung nicht modellieren zu müssen, wird ein weiterer Zuschlag von 14 Prozentpunkten als (fiktive) Rückstellung berücksichtigt. Die gesamten Versorgungsausgaben im Simulationsmodell liegen somit bei 99% der letzten Dienstbezüge.
Unter diesen Annahmen ergibt sich 2055 ein Verhältnis zwischen den Versorgungsausgaben (einschließlich Beihilfe) und den Aktiv-Bezügen von 84,7%. Gegenüber 1995 nimmt dieses Verhältnis um rund 150% zu. Im Simulationsmodell wird deshalb unterstellt, dass die Versorgungsausgaben des Jahres 2055 nur zu 40% ausfinanziert sind und die übrigen 60% durch Einsparungen erzielt werden müssen. Die bis 2055 notwendigen Einsparungen im Modell ohne Fonds entsprechen somit 50,8% der Aktiv-Bezüge. Da im Modell ohne Fonds bis 2030 keine Einsparungen erforderlich sind, müssen ab dem Jahr 2031 jährliche Einsparungen von gut 2% der Aktiv-Bezüge erzielt werden. Damit wird 2055 die notwendige Gesamteinsparung von 50,8% erreicht. Um die Dimension dieser Aufgabe zu verdeutlichen, sei angenommen, dass bereits 2016 Einsparungen in Höhe von 50,8% der Aktiv-Bezüge hätten realisiert werden müssen. Bei Aktiv-Bezügen von 55,9 Mrd. Euro entsprächen sie einem Betrag von 28,4 Mrd. Euro bzw. 10,5% der Ländersteuereinnahmen von 270,7 Mrd. Euro. Solch hohe Einsparungen sind nur dann realisierbar, wenn die einzelnen Schritte sich über einen sehr langen Zeitraum verteilen.
Im Modell mit Pensionsfonds wird bereits 1996 mit Einsparungen begonnen. Damit ist die Erwartung verbunden, dass sich die späteren Einsparerfordernisse in signifikanter Weise reduzieren lassen. Außerdem soll die implizite Verschuldung (des Kernhaushalts) ganz (bei vollständiger Kapitaldeckung) oder zumindest teilweise durch das zu bildende Fondsvermögen finanziert werden.
In allen Modellen – also auch in dem Modell ohne Fonds – wird davon ausgegangen, dass die Haushalte der Länder so gesteuert werden, dass in jedem Jahr die verfassungsrechtliche Schuldengrenze genau eingehalten wird. Dadurch kann verdeutlicht werden, wann und wieviel in den einzelnen Modellen einzusparen ist, sodass die jeweiligen Einsparerfordernisse miteinander verglichen werden können. Dabei wird unterstellt, dass die ab 2020 geltenden Schuldenregeln schon immer gegolten hätten. Für die konkrete Ausgestaltung der maximal zulässigen Kreditaufnahme in den Kernhaushalten werden – je nach Pensionsfondsmodell – unterschiedliche Abgrenzungen gewählt. Dabei sind jedoch nur solche Abgrenzungen verwendet worden, die mit den Vorgaben des Artikels 109 GG und den europäischen Regeln zur Berechnung von Defiziten kompatibel sind.
Die Erwartungen für die Höhe der jährlichen Anpassung von Besoldung und Versorgung sowie des Referenzzinssatzes orientieren sich an den in Tabelle 1 dargestellten Entwicklungen im Zeitraum von 1991 bis 2016. Für die jährliche Anpassung von Besoldung und Versorgung leitet sich daraus ein Projektionswert von 2% ab. Obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) den Zinssatz am Kapitalmarkt nun schon seit geraumer Zeit extrem niedrig hält, muss es über kurz oder lang wieder zu einer Normalisierung kommen. Im längerfristigen Mittel dürften deshalb die Kapitalmarktzinsen wieder zwischen 1 und 3 Prozentpunkten oberhalb der jährlichen Anpassungen von Besoldung und Versorgung liegen. Es wird allerdings auch dargestellt, welche Folgen es hätte, wenn der Zinssatz im schlimmsten Fall dauerhaft bei 1% verharren würde.
Tabelle 1
Schätzung langfristiger jährlicher Anpassungen von Besoldung, Versorgung und Kapitalmarktrendite
Wachstumsraten in % | Renditen in % | Differenzen in Prozentpunkten | |||
---|---|---|---|---|---|
Zeitraum | BIP | BAT/TVL | Bund mit RLZ 20 Jahre | BIP ./. BAT/TVL | Bund RLZ 20 Jahre ./. BAT/TVL |
1991-1996 | 4,0 | 2,7 | 7,3 | 1,3 | 4,6 |
1996-2001 | 2,5 | 2,1 | 5,7 | 0,4 | 3,6 |
2001-2006 | 1,9 | 0,9 | 4,6 | 1,0 | 3,8 |
2006-2011 | 2,5 | 1,7 | 4,1 | 0,7 | 2,4 |
2011-2016 | 3,0 | 2,4 | 1,8 | 0,6 | -0,6 |
1991-2016 | 2,8 | 1,9 | 4,7 | 0,8 | 2,8 |
Projektionswerte | |||||
2017-2076 | 2,8 | 2,0 | 3-5 | 0,8 | 1-3 |
Quellen: Statistisches Bundesamt: Bruttoinlandsprodukt (BIP) ab 1970 und Verdienste im öffentlichen Dienst für Beamte und Tarifbeschäftigte bei Bund, Ländern und Gemeinden (BAT/TVL) 2016/2017; Deutsche Bundesbank: Aus der Zinsstrukturkurve abgeleitete Renditen für börsennotierte Bundeswertpapiere mit 20 Jahren Restlaufzeit (RLZ); eigene Berechnungen.
Das Simulationsmodell ist grundsätzlich so angelegt, dass die Rendite für die Vermögensanlage des Fonds und der Zinssatz, der im Kernhaushalt für die Schulden des Landes kalkuliert wird, nicht identisch sein müssen. Denn normalerweise erzielen langfristige Vermögensanleger – wie z.B. Lebensversicherungen – im Rahmen einer risikogesteuerten Kapitalanlagestrategie signifikant höhere Renditen als Bund und Länder für ihre Kredite an Zinsen entrichten müssen. Hier sei nur darauf hingewiesen, dass im Zeitraum Ende von 1991 bis Ende 2016 der DAX-Performanceindex im Jahresdurchschnitt um 8,3% gestiegen ist, der Renten-Performanceindex dagegen nur um 5,8%.8 Von daher erscheint es sinnvoll, einen Pensionsfonds nicht passiv (durch aufwandslosen Erwerb von Landesschuldscheinen), sondern aktiv zu managen. In diesem Beitrag geht es jedoch nicht um die Thematik einer optimalen Anlagestrategie. Vielmehr soll lediglich die Frage geklärt werden, ob durch einen Pensionsfonds auch bei höchst konservativen Annahmen eine langfristige Entlastung des Haushalts möglich ist und ob es dabei sogar sinnvoll sein kann, die Zuführungen an den Pensionsfonds ganz oder teilweise durch Kredite zu finanzieren. Um gar nicht erst den Verdacht aufkommen zu lassen, dass sich ein Pensionsfonds (mit oder ohne Kreditfinanzierung) im Simulationsmodell nur deshalb rechnet, weil er bei der Vermögensanlage höhere Renditen erzielen kann als die Länder sie für ihre eigenen Kredite an Zinsen bezahlen müssen, wird hier dennoch das Problem der optimalen Kapitalanlage ausdrücklich ausgeklammert. Im Simulationsmodell wird deshalb für die Kapitalanlage des Fonds und die Kreditaufnahme der Länder der gleiche Zinssatz unterstellt.
Pensionsfonds des Landes Rheinland-Pfalz 1996
Für alle ab 1996 neu eingestellten Landesbeamten wurden Zuführungen an den neu gegründeten Pensionsfonds geleistet, die – so die versicherungsmathematische Kalkulation – zusammen mit den im Fonds aus der Kapitalanlage entstehenden Erträgen für eine vollständige Kapitaldeckung der späteren Versorgungsleistungen ausreichen. Diese Zuführungen sollten – so die Vorgabe des Gesetzgebers – ausschließlich aus Einsparungen finanziert werden. Im Durchschnitt aller neu eingestellten Beamten ergab sich aus dem entsprechenden versicherungsmathematischen Gutachten ein Zuführungssatz von 23,3%.9 Der damalige Wert stimmt ziemlich genau mit dem Zuführungssatz von 23,2% überein, der im Simulationsmodell bei einem Rechnungszinssatz von 6,5% erforderlich ist.
Um eine Zuführung von 23,2% vollständig aus Einsparungen zu finanzieren, sind im Zeitraum zwischen 1996 und 2030 gleichmäßig zunehmende Einsparungen erforderlich, die 2030 ihren Zielwert von 23,2% der Aktiv-Bezüge erreichen. Durch diese frühzeitige Vorsorge kommt es langfristig sogar zu einer Entlastung des Haushalts um rund 10,6%. Im Referenzmodell ohne Fonds beginnen die notwendigen Einsparungen dagegen erst im Jahr 2031 und erreichen 2055 ihren Zielwert von 50,8% der Aktiv-Bezüge. Diese Zahlen waren damals in den Größenordnungen bekannt, sind aber im Rahmen der Erstellung dieses Beitrags mit Hilfe des Simulationsmodells nachkalkuliert worden (vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1
Erforderliche Einsparungen der Aktiv-Bezüge im Pen-sionsfonds von Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 1996
Quelle: eigene Berechnungen.
Im Jahr 1996 bestanden wegen des hohen Zinsniveaus ideale Bedingungen für die Gründung eines solchen Fonds. Seither haben sich jedoch die Rahmenbedingungen in mehrfacher Hinsicht deutlich verschlechtert. Dies betrifft insbesondere die Entwicklung des Referenzzinssatzes. Der Zinssatz für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von 20 Jahren war von 6,95% (1996) schon bis 2006 auf 3,81% gesunken und liegt aktuell nur noch bei 1%. Allein durch diesen unerwarteten Rückgang des Referenzzinssatzes hätte bereits 2006 die jährliche Zuführung an den Fonds von 23,2% auf 50,5% ansteigen müssen. Beim aktuellen Zinssatz von 1% müsste der Zuführungssatz sogar bei 112,5% liegen. Hinzu kam infolge starker Steuersenkungen ein Rückgang der volkswirtschaftlichen Steuerquote von 23,2% im Jahr 2000 auf 20,6% (2004). Auf der Ausgabenseite der Länderhaushalte führte der Pisa-Schock zu weit überproportionalen Steigerungsraten für Schule und Wissenschaft.
Diese Entwicklungen ließen 2006 befürchten, dass die Zuführungen zum Pensionsfonds bei einer Beibehaltung der Qualifikation als laufende Ausgaben zu einer Überschreitung der verfassungsrechtlichen Neuverschuldungsgrenze führen könnten. Da es sich bei den Zuführungen an den Pensionsfonds – zumindest aus ökonomischer Sicht – um mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlende Darlehen des Kernhaushaltes handelt, wurden die Zuführungen ab dem Haushaltsjahr 2006 als Darlehen verbucht und durften damit – so die damalige Überzeugung von Landesregierung und Landesgesetzgeber – durch Kredite finanziert werden. Da Rückzahlungen aus dem Fonds im größeren Umfang erst nach 2030 zu erwarten waren, ist damals allerdings versäumt worden, für den Fall der Rückzahlung dieser Darlehen in verfassungsrechtlich belastbarer Weise die notwendige Tilgungspflicht festzuschreiben.
Im Jahr 2010 passte Rheinland-Pfalz seine im Artikel 117 der Landesverfassung normierte Schuldenregel an die Vorgaben des geänderten Artikels 109 GG an, und der Landtag beschloss 2012 ein Ausführungsgesetz zum neugefassten Artikel 117 der Landesverfassung. Danach wurde das Neuverschuldungsverbot in der Form konkretisiert, dass der strukturelle Saldo des Kernhaushalts nicht negativ sein darf. Um vom einfachen Finanzierungssaldo des Kernhaushalts zum strukturellen Saldo zu gelangen, erfolgen – analog zum entsprechenden Ausführungsgesetz des Bundes zum Artikel 115 GG – verschiedene Bereinigungen und Verrechnungen. Hier ist nur von Belang, wie der Pensionsfonds einbezogen wird. Zur Ermittlung des strukturellen Saldos wird der Finanzierungsaldo des Kernhaushalts auch um den Finanzierungssaldo des Pensionsfonds korrigiert. Ein positiver Finanzierungssaldo des Pensionsfonds erhöht somit den Kreditspielraum im Kernhaushalt, während ein negativer Finanzierungssaldo ihn entsprechend reduziert. Bei der anschließenden Bereinigung dieses korrigierten Finanzierungssaldos um den Saldo der finanziellen Transaktionen bleibt der Teilsaldo mit dem Pensionsfonds unberücksichtigt. Denn diesem Teilsaldo steht im Pensionsfonds ein entsprechender Teilsaldo der finanziellen Transaktionen mit dem Kernhaushalt in gleicher Höhe – aber mit umgekehrten Vorzeichen – gegenüber. Im Ergebnis berechtigen seither sowohl die Zuführungen des Kernhaushalts an den Pensionsfonds als auch die erzielten Erträge des Pensionsfonds dazu, im Kernhaushalt gleichhohe Kredite aufzunehmen. Umgekehrt führen alle Auszahlungen des Pensionsfonds an den Kernhaushalt zu entsprechenden Tilgungsverpflichtungen. Diese Regelung hat zur Folge, dass Auszahlungen aus dem Pensionsfonds gerade nicht mehr zur Refinanzierung von Versorgungsleistungen zur Verfügung stehen.10
Um – so die offizielle Begründung – wieder eine mit anderen Ländern vergleichbare Belastung herzustellen, wurde 2014 mit Wirkung zum 1.1.2016 das Landesgesetz über den Pensionsfonds grundlegend verändert. Die versicherungsmathematische Fundierung und das Ziel einer vollständigen Kapitaldeckung entfielen und stattdessen wurde festgelegt, dass der Haushalt dem Pensionsfonds ab 2016 jährlich mindestens 70 Mio. Euro als Darlehen zuführen muss. Gleichzeitig sind bereits ab dem Haushaltsjahr 2020 Entnahmen „zur Entlastung von Versorgungsausgaben“11 zulässig. Die jetzigen Regelungen müssen allerdings noch einmal verändert werden, denn am 22.2.2017 hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz entschieden, dass die Qualifizierung der Zuführungen an den Pensionsfonds als Darlehen nicht mit der Landesverfassung zu vereinbaren sei. Deshalb seien das Landeshaushaltsgesetz 2014/2015 wegen Überschreitung der Kreditgrenze des Artikels 117 LV und auch die Regelung im Gesetz über den Pensionsfonds, mit der die Zuführungen als Darlehen qualifiziert werden, mit der Verfassung unvereinbar und daher nichtig. Zur Begründung seines Urteils führt der Verfassungsgerichtshof unter anderem an, dass dem Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes „die Tatsache, dass der Aufbau einer vollständig fremdfinanzierten Vermögensposition künftige Haushalte nicht wirksam würde entlasten können, weil der Vermögensposition des Fonds dann eine Verschuldung des Landeshaushalts in gleicher Höhe gegenübersteht“12, bewusst war.
Dieser „Tatsache“ soll und kann dann nicht widersprochen werden, wenn dem Vermögen des Pensionsfonds tatsächlich eine aufgrund des Pensionsfonds entstandene zusätzliche Verschuldung des Landes in gleicher Höhe gegenübersteht. Diese Frage hat der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht gestellt. Ebenfalls nicht untersucht hat er die Frage, ob es nachvollziehbare wirtschaftliche Gründe für eine (teilweise) Kreditfinanzierung der Zuführungen an den Pensionsfonds geben kann. Deshalb werden im Folgenden die finanziellen Entwicklungen in verschieden Pensionsfondsmodellen (mit und ohne Kreditfinanzierung der Zuführungen) mit der Referenzsituation eines Verzichts auf einen Fonds verglichen.
Vorauszahlungs-, Darlehens- und Konsolidierungsmodell
In den Vergleich werden drei unterschiedliche Pensionsfondsmodelle einbezogen. Das „Vorauszahlungsmodell“ entspricht dem Konzept des Pensionsfonds des Landes Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 1996, wobei neben der vollständigen auch geringere Kapitaldeckungsquoten möglich sind. Das „Darlehensmodell“ ist versicherungsmathematisch gesehen genauso konzipiert. Die Zuführungen dürfen jedoch ganz oder teilweise als Darlehen qualifiziert werden, für deren Finanzierung eine Kreditaufnahme im Kernhaushalt zulässig ist, deren spätere Rückzahlung allerdings eine entsprechende Tilgungsverpflichtung auslöst. Diese Regelung entspricht einer Bereinigung des Finanzierungssaldos im Kernhaushalt um den Saldo der finanziellen Transaktionen mit dem Pensionsfonds. Eine gleichzeitige oder alternative Bereinigung um den Finanzierungssaldo des Pensionsfonds ist in diesem Modell nicht vorgesehen. Im „Konsolidierungsmodell“ ist es genau umgekehrt. Hier wird der Finanzierungssaldo des Kernhaushalts um den Finanzierungssaldo des Pensionsfonds bereinigt und deshalb auf eine Bereinigung um finanzielle Transaktionen verzichtet. Die Regelungen des Konsolidierungsmodells entsprechen somit den auf europäischer Ebene verwendeten Regeln zur Erfassung der Neuverschuldung öffentlicher Haushalte.
In Tabelle 2 werden die wesentlichen Informationen für einen sinnvollen Vergleich dieser drei Pensionsfondsmodelle und der Entwicklung ohne Pensionsfonds zusammenfassend dargestellt. Die Tabelle ist dabei so aufgebaut, dass bei Zinssätzen zwischen 1% und 5% für jedes der Modelle die Ergebnisse anhand drei besonders gewichtiger Beurteilungskriterien dargestellt werden. Als Beurteilungskriterien dienen dabei die maximal notwendige jahresbezogene Einsparung im gesamten Zeitraum zwischen 1996 und 2055 und die notwendige Einsparung ab dem Jahr 2055 – jeweils in Relation zu den Aktivbezügen – sowie der relative Abbau der impliziten Verschuldung bis zum Ende des Jahres 2055. Da – bezogen auf diese drei Indikatoren – das Konsolidierungsmodell zu den gleichen Ergebnissen führt wie ein vollständiger Verzicht auf einen Pensionsfonds, werden diese beiden Varianten zusammengefasst. Beim Darlehensmodell wird dagegen noch einmal zwischen zwei Teilvarianten unterschieden, nämlich einer hälftigen und einer vollständigen Darlehensfinanzierung.
Tabelle 2
Notwendige Einsparungen in Relation zu den Aktiv-Bezügen und Abbauquoten der impliziten Verschuldung
Zinssatz | 1% | 2% | 3% | 4% | 5% | ||||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Konsolidierungsmodell entspricht den Wirkungen ohne Fonds (in %) | |||||||||||||||||||
Maximale Einsparung | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | ||||
Einsparung 2055 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | 51 | ||||
Abbau impliziter Verschuldung | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | ||||
Vorauszahlungsmodell (in %) | |||||||||||||||||||
Kapitaldeckungsgrad | 50 | 100 | 0 | 50 | 100 | 60 | 50 | 100 | 80 | 50 | 100 | 106 | 50 | 100 | 142 | ||||
Maximale Einsparung | 65 | 112 | 51 | 51 | 85 | 51 | 40 | 64 | 51 | 32 | 48 | 51 | 26 | 36 | 51 | ||||
Einsparung 2055 | 65 | 78 | 51 | 51 | 51 | 51 | 40 | 30 | 34 | 32 | 14 | 12 | 26 | 2 | -18 | ||||
Abbau impliziter Verschuldung | 50 | 100 | 0 | 50 | 100 | 60 | 50 | 100 | 80 | 50 | 100 | 106 | 50 | 100 | 142 | ||||
Darlehensmodell 50% (in %) | |||||||||||||||||||
Kapitaldeckungsgrad | 50 | 100 | 0 | 50 | 100 | 87 | 50 | 100 | 115 | 50 | 100 | 140 | 50 | 100 | 173 | ||||
Maximale Einsparung | 59 | 66 | 51 | 51 | 54 | 51 | 44 | 44 | 51 | 38 | 36 | 51 | 32 | 29 | 51 | ||||
Einsparung 2055 | 59 | 66 | 51 | 51 | 51 | 51 | 44 | 37 | 35 | 38 | 24 | 14 | 32 | 14 | -13 | ||||
Abbau impliziter Verschuldung | 28 | 56 | 0 | 31 | 62 | 54 | 34 | 67 | 78 | 36 | 72 | 101 | 38 | 76 | 132 | ||||
Darlehensmodell 100% (in %) | |||||||||||||||||||
Kapitaldeckungsgrad | 50 | 100 | 0 | 50 | 100 | 143 | 50 | 100 | 190 | 50 | 100 | 207 | 50 | 100 | 222 | ||||
Maximale Einsparung | 53 | 54 | 51 | 51 | 51 | 51 | 47 | 44 | 51 | 43 | 35 | 51 | 38 | 28 | 51 | ||||
Einsparung 2055 | 53 | 54 | 51 | 51 | 51 | 51 | 47 | 44 | 37 | 43 | 35 | 17 | 38 | 25 | -6 | ||||
Abbau impliziter Verschuldung | 6 | 13 | 0 | 12 | 24 | 34 | 17 | 35 | 66 | 22 | 44 | 91 | 26 | 53 | 116 |
Quelle: eigene Berechnungen.
In der bei den einzelnen Zinssätzen jeweils ersten Spalte wird für das Vorauszahlungs- und die beiden Darlehensmodelle ein Kapitaldeckungsgrad von 50% und in der zweiten Spalte einer von 100% unterstellt. In der jeweils dritten Spalte werden dagegen für jede Variante die Ergebnisse für die Kapitaldeckungsgrade dargestellt, die jeweils zu einer maximal erforderlichen Einsparung von 50,8% führen und damit hinsichtlich der maximalen Haushaltsbelastung mit der Belastung im Konsolidierungsmodell bzw. bei einem Verzicht auf einen Fonds vergleichbar sind. Dadurch lässt sich für jeden Zinssatz exakt feststellen, bis zu welchem Kapitaldeckungsgrad die einzelnen Pensionsfondsmodelle im Vergleich zur Entwicklung ohne Fonds zu einer Entlastung des Haushaltes führen und bei welchen Zinssätzen eine solche Haushaltsentlastung gar nicht möglich ist.
Um die einzelnen Modelle sinnvoll miteinander vergleichen zu können, wird zunächst einmal überprüft, ob und unter welchen Bedingungen die maximal notwendigen Einsparungen nicht höher ausfallen als im Modell ohne Fonds. Falls diese notwendige Bedingung erfüllt ist, werden als weitere Kriterien zur Beurteilung der verschiedenen Modelle die Höhe der maximal notwendigen Einsparung, die langfristig notwendige Einsparung und die Abbauquote der impliziten Verschuldung herangezogen. Um auf einen Blick feststellen zu können, welches Modell unter Anwendung dieser Kriterien in den einzelnen Konstellationen jeweils am günstigsten abschneidet, sind die zugehörigen Ergebnisse mit einem dunkleren blau unterlegt. In einem helleren blau sind dagegen die Ergebnisse dargestellt, die – im Vergleich zum Verzicht auf einen Fonds – keine höheren maximalen Einsparungen erfordern, aber deshalb vorzuziehen sind, weil sie zu einer Verringerung der impliziten Verschuldung führen.
Bei vollständiger Kapitaldeckung entspricht im Vorauszahlungsmodell der Zuführungssatz zugleich auch der notwendigen Einsparquote. Liegt der versicherungsmathematisch berechnete Zuführungssatz oberhalb von 50,8%, ist bei vollständiger Kapitaldeckung keine Einsparung gegenüber dem Modell ohne Fonds möglich. Hier liegt auch das Hauptproblem des Vorauszahlungsmodells. Denn bei einer jährlichen Anpassung von Besoldung und Versorgung um 2% bleibt der notwendige Zuführungssatz nur dann unter 50,8%, wenn der Referenzzinssatz mindestens bei 4% liegt. Demgegenüber erfüllt bei vollständiger Kapitaldeckung das Darlehensmodell mit 100%iger Kreditfinanzierung dieses Kriterium schon bei einem Zinssatz von 2%, und das Modell mit hälftiger Kreditfinanzierung erfüllt es ab einem Zinssatz von 2,5%.Aus der zusammenfassenden Tabelle 2 wird deutlich:
- Unterhalb eines Zinssatzes von 2% lassen sich mit Hilfe eines Pensionsfonds gegenüber der Situation ohne Fonds keine Einsparungen erzielen.
- Das Konsolidierungsmodell entspricht – unabhängig vom Zinssatz – bezüglich der Höhe und des Verlaufs der Einsparungen sowie der Nicht-Bildung von Nettovermögen dem Modell ohne Fonds. Von daher stellt es – soweit die entstehenden Kreditaufnahmemöglichkeiten im Kernhaushalt ausgeschöpft werden – stets „linke Tasche, rechte Tasche“ im Reinformat dar.
- Das Vorauszahlungsmodell ist bei vollständiger Kapitaldeckung erst ab einem Zinssatz oberhalb von 4% geeignet, denn bei geringeren Zinssätzen liegen die erforderlichen Einsparungen höher als 50,8%. Bei einer hälftigen Kapitaldeckung schneidet das Vorauszahlungsmodell bereits ab einem Zinssatz von 2% besser ab als die übrigen Modelle. Der Entwicklung ohne Fonds ist es deshalb überlegen, weil bei gleichhohen notwendigen Einsparungen durch die Bildung eines entsprechenden Nettovermögens die implizite Verschuldung um bis zu 60% abgebaut wird.
- Das Darlehensmodell mit 100%iger Kreditfinanzierung schneidet bei vollständiger Kapitaldeckung ab einem Zinssatz von 2% immer besser ab als das Modell ohne Fonds. Bei vollständiger Kapitaldeckung erfordert es bei allen Zinssätzen die geringsten maximalen Einsparungen. Es ist deshalb insbesondere dann gut geeignet, wenn eine vollständige Kapitaldeckung angestrebt wird, die im Vorauszahlungsmodell notwendigen Einsparungen aber nicht mehr erbracht werden können.
- Das Darlehensmodell mit hälftiger Kreditfinanzierung schneidet ab einem Zinssatz von 2,5% immer besser ab als das Modell ohne Fonds und bei einem Zinssatz von 2% zumindest bis zu einer Kapitaldeckungsquote von 87%. Unter den drei Pensionsfondsmodellen belegt es bei allen Zinssätzen und allen Kapitaldeckungsgraden immer Platz 2. Dieser Befund gilt unabhängig davon, ob das Vorauszahlungsmodell oder das Darlehensmodell mit vollständiger Kreditfinanzierung Platz 1 belegen.
- Wenn für jeden Zinssatz der Kapitaldeckungsgrad der einzelnen Modelle gerade so gewählt wird, dass die maximale Einsparquote bei 50,8% liegt, schneidet jeweils das Vorauszahlungsmodell am besten ab.
Bei einem Vergleich der Entwicklung der erforderlichen Einsparungen in den einzelnen Modellen zeigt sich, dass im Vorauszahlungsmodell die Einsparquote in den ersten 35 Jahren bis 2030 auf einen Wert von 63,7% ansteigt und anschließend wieder in weiteren 25 Jahren bis 2055 auf einen Wert von 29,8% zurückgeht (vgl. Abbildung 2). Demgegenüber steigen die erforderlichen Einsparungen im Darlehensmodell mit hälftiger Kreditfinanzierung nur auf maximal 44,1% an und gehen dann auf 36,7% zurück. Im Darlehensmodell mit vollständiger Kreditfinanzierung wird die maximale Einsparung von 43,6% erst 2055 erreicht. Im Modell ohne Fonds wird bis 2030 nicht eingespart, danach steigt die erforderliche Einsparquote steil an und erreicht 2055 den Maximalwert von 50,8%. Wegen der zu hohen Einsparnotwendigkeiten im Vorauszahlungsmodell schneiden somit bei vollständiger Kapitaldeckung nur die beiden Darlehensmodelle besser ab als das Modell ohne Fonds.
Abbildung 2
Erforderliche Einsparungen in Relation zur Summe der Aktiv-Bezüge
Anmerkung: bei vollständiger Kapitaldeckung und einem Zinssatz von 3%.
Quelle: eigene Berechnungen.
Aus den in Tabelle 2 dargestellten Ergebnissen des Simulationsmodells lässt sich für den Aufbau eines Pensionsfonds bei einem erwarteten Zinssatz von mindestens 2% die folgende Strategieempfehlung ableiten: Beim Start sollte das Vorauszahlungsmodell mit einer Kapitaldeckungsquote von mindestens 80% gewählt werden. Falls eine vollständige Finanzierung der Zuführungen aus Einsparungen zeitweise oder dauerhaft nicht mehr realisierbar ist, könnte – bei Beibehaltung der festgelegten Kapitaldeckungsquote – auf das Darlehensmodell ausgewichen werden. Der kreditfinanzierte Teil der Zuführungen sollte dabei so gering wie möglich gehalten werden, darf aber in besonders schwierigen Haushaltssituationen auch 100% erreichen.
Zwischenfazit
Es kann festgehalten werden, dass im Vergleich zur Entwicklung ohne Fonds ab einem Zinssatz von 2% sowohl das Vorauszahlungsmodell, als auch das Darlehensmodell bei Festlegung eines nicht zu hohen Kapitaldeckungsgrades zu einer signifikanten Verringerung der notwendigen Einsparungen führen. Dadurch werden nicht nur zukünftige Haushalte entlastet, sondern es kommt auch zu einer Teilkompensation der impliziten Verschuldung. Anders fällt die Beurteilung des Konsolidierungsmodells aus, denn dieses Modell führt dazu, dass dem Vermögen des Pensionsfonds in gleicher Höhe eine aufgrund des Pensionsfonds entstandene zusätzliche Verschuldung des Landes gegenübersteht. Schon deshalb kann es im Konsolidierungsmodell nicht zu Entlastungen kommen. Zu beachten ist dabei auch, dass Auszahlungen eine gleichhohe Tilgungspflicht auslösen und deshalb – entgegen der Zweckbindung der Mittel des Pensionsfonds – überhaupt keine Entlastung bei den Versorgungsausgaben möglich wird. Eine Belastung – nämlich durch zu zahlende Zinsen – entsteht jedoch nur dann, wenn ein im Vorauszahlungs- oder im Darlehensmodell aufgebauter Fonds in ein Konsolidierungsmodell umgewandelt wird. Denn dann können in Höhe der Erträge des Fonds zusätzliche Ausgaben im Kernhaushalt erfolgen, die durch Kredite finanziert werden dürfen. Daher sollte auf das Konsolidierungsmodell verzichtet werden.
Vermögensanlage in Schuldscheinen der Länder?
Der in der medialen Öffentlichkeit erhobene Hauptvorwurf gegen den Pensionsfonds lautet, dass es hier nur noch um „linke Tasche, rechte Tasche“ gehe und in Wirklichkeit gar kein Vermögen aufgebaut würde, was man auch daran sehe, dass „in dem Fonds kaum noch echtes Geld, sondern vor allem Schuldscheine“ lägen.13 Für die bisherigen Ergebnisse spielt die Frage, wie der Fonds seine Mittel anlegt und bei wem die Haushalte ihre Schulden aufnehmen, keine Rolle. Von daher ändert sich das Ergebnis auch nicht, wenn die Pensionsfonds ihre Vermögen ganz oder zumindest in großen Teilen in Form von Schuldscheinen bei den Ländern anlegen. Um „linke Tasche, rechte Tasche“ belegen zu können, ist es zudem weder notwendig, noch hinreichend, dass der Pensionsfonds sein Vermögen in Schuldscheinen des Landes anlegt. So spielt es z.B. im Konsolidierungsmodell keine Rolle, ob die Länder ihre aufgrund des positiven Finanzierungssaldos des Fonds aufgenommenen Kredite vom Pensionsfonds oder vom nicht-öffentlichen Bereich erhalten. In beiden Fällen handelt es sich natürlich um „linke Tasche, rechte Tasche“ in Reinform.
Genau umgekehrt ist es im Vorauszahlungsmodell. Hier stehen dem Vermögen des Fonds keinerlei aufgrund des Fonds aufgenommene Kredite gegenüber. Deshalb spielt es ebenfalls keine Rolle, ob der Fonds (bei gleichem Zinssatz) sein Vermögen im nicht-öffentlichen Bereich angelegt oder Altschulden des Landes finanziert. In beiden Fällen ergibt sich ein positives Nettovermögen in Höhe des Fondsvermögens. Etwas differenzierter muss lediglich das Darlehens-Modell beurteilt werden. Hier ist der Teil des Fondsvermögens, der auf kreditfinanzierte Zuführungen entfällt, unzweifelhaft „linke Tasche, rechte Tasche“, nicht aber – falls vorhanden – der nicht-kreditfinanzierte Anteil der Zuführungen und die erwirtschafteten Erträge. Auch hier spielt es deshalb keine Rolle, ob der Fonds sein Vermögen ganz, teilweise oder gar nicht beim Land anlegt. Dennoch ist nicht zu bestreiten, dass eine Vermögensanlage beim Land geeignet ist, das Projekt eines Pensionsfonds in der Öffentlichkeit zu diskreditieren. Auch von daher erscheint es sinnvoll, die Kapitalanlage eines solchen Fonds grundsätzlich einem unabhängigen Dritten zu übertragen.
Schlussfolgerungen
Die Länder konzentrieren sich zurzeit auf die Erfüllung der Bedingungen für die Schuldenbremse. Danach sind spätestens 2020 die Haushalte ohne neue Schulden zu gestalten. Die Zeitbomben aus den Versorgungslasten werden dabei zunehmend aus den Augen verloren. Dies ist auf mehrere Gründe zurückzuführen. Zum Ersten ist es eine generelle Erfahrung, dass in guten Zeiten die Vorsorge für die Zukunft eher vernachlässigt wird. Zum Zweiten führt das aktuell extrem niedrige Zinsniveau dazu, dass der Aufbau von kapitalgedeckten Pensionsfonds höhere Einsparungen erfordert. Zum Dritten sind die Mechanismen für den sinnvollen Aufbau eines Pensionsfonds – zu dem immer die frühzeitige Umsetzung zusätzlicher Einsparungen gehört – relativ komplex.
Deshalb wird der Gegenwind durch Opposition, Medien, Interessenvertreter, Rechnungshöfe und jetzt sogar durch den Verfassungsgerichtshof zunehmend heftiger. Manche der von den Kritikern vorgetragenen Einwände sind gerechtfertigt, andere hingegen sind es ganz sicher nicht. Besonders umstritten ist eine teilweise oder gar vollständige Kreditfinanzierung der Zuführungen an den Pensionsfonds. Ökonomisch gerechtfertigt wäre die Kritik an der Kreditfinanzierung nur dann, wenn die spätere Rückzahlung der Darlehen keine entsprechende Tilgungsverpflichtung auslösen würde oder es nicht zur Bildung zusätzlichen Nettovermögens käme.
Sinnlos ist ein Pensionsfonds jedoch dann, wenn der Finanzierungssaldo des Pensionsfonds in die Ermittlung der im Kernhaushalt maximal zulässigen Kredite einbezogen wird und damit kein zusätzliches Nettovermögen gebildet wird. Insofern stellt sich die während der Drucklegung dieses Beitrags erfolgte Entscheidung des Ministerrats von Rheinland-Pfalz zur Auflösung des Pensionsfonds zum 31.12.2017 als logische Konsequenz der 2014 beschlossenen Umwandlung des Pensionsfonds in ein Konsolidierungsmodells dar.14 Sofern der Referenzzinssatz nicht dauerhaft niedriger liegt als die jährliche Anpassung von Besoldung und Versorgung, ist ein Pensionsfonds mit Teilkapitaldeckung als Vorauszahlungs- oder als Darlehensmodell auch weiterhin sinnvoll. Es ist allerdings zu befürchten, dass der weitere Aufbau von Pensionsfonds keine aktuelle politische Rendite mehr verspricht, und es deshalb zunehmend zu einer Auflösung der bereits angesparten Vermögen kommen könnte.
- 1 Vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz: Urteil vom 22.2.2017, VGH N 2/15, S. 57.
- 2 Vgl. M. Bartsch: Linke Tasche, rechte Tasche, in: Spiegel, Nr. 36/2015, S. 36.
- 3 Vgl. Statistisches Bundesamt: Personal des öffentlichen Dienstes, Fachserie 14, Reihe 6, 2015..
- 4 Vgl. z.B. die entsprechenden Darstellungen in den Versorgungsberichten von Nordrhein-Westfalen (2012), Bayern (2014) und Baden-Württemberg (2015).
- 5 Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2060, 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung, Wiesbaden 2015, S. 34 ff.
- 6 Vgl. M. Luy et al.: Life Expectancy by Education, Income and Occupation in Germany: Estimations Using the Longitudinal Survival Method, in: Comparative Population Studies, 40. Jg. (2015), S. 410 ff.
- 7 Die notwendigen Dienstzeiten wurden im Jahr 1992 wie folgt verlängert: für ein Versorgungsniveau von 35%: von zehn auf 18,7 Jahre, für 65%: von 25 auf 34,4 Jahre und für 75%: von 35 auf 40 Jahre.
- 8 Deutsche Bundesbank: Statistische Zeitreihen BBK01.WU3141 und BBK01.WU046A (Abruf am 17.4.2017) und eigene Berechnungen.
- 9 Vgl. Landtags-Drucksache, Nr. 12/7623 vom 27.11.1995.
- 10 Vgl. zu diesem Zielkonflikt auch: Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, a.a.O., S. 53.
- 11 § 3 a (2) des Gesetzes über den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung Rheinland-Pfalz lautet: „Die Rücklage ist ausschließlich zur Entlastung von Versorgungsausgaben zu verwenden. Sie darf ab dem 1. Januar 2020 für diesen Zweck eingesetzt werden. Höhe und Zeitpunkt der Entnahmen werden durch Gesetz geregelt. Entnahmen haben sich am Finanzierungsbedarf der Versorgungsausgaben zu orientieren.“
- 12 Vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, a.a.O., S. 45 und S. 51.
- 13 Vgl. z.B. Pensionsfonds für rheinland-pfälzische Beamte: Kaum noch echtes Geld, dafür Schuldscheine, SWR 1 online, 21.2.2017, https://www.swr.de/swr1/rp/tipps/pensionsfonds-fuer-rheinland-pfaelzische-beamte-kaum-noch-echtes-geld-dafuer-schuldscheine/-/id=446880/did=19055268/nid=446880/owoobv/index.html (27.6.2017).
- 14 Vgl. Ministerium der Finanzen von Rheinland-Pfalz: Ahnen: „Konsequente Neuordnung bei Pensionsfonds und PLP“, Presseerklärung vom 14.6.2017, https://fm.rlp.de/de/presse/detail/news/detail/News/ahnen-konsequente-neuordnung-bei-pensionsfonds-und-plp/ (21.6.2017).