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Deutschland hat im internationalen Vergleich bereits seit langem sehr hohe Strompreise. Da Strom teilweise aus Gas erzeugt wird, haben sich die Preise infolge des Ukrainekriegs weiter erhöht. Aber auch die gestiegenen CO2-Preise zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes wirken weiter preistreibend. Bei den grundlegenden Fragen des Strommarktdesigns besteht Handlungsbedarf: bei der Förderung der Stromerzeugung der erneuerbaren Energien, bei der Versorgungssicherheit und bei den Nutzungsentgelten.

Infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist es zu einem starken Anstieg der Energiepreise in Europa gekommen. Auch die Strompreise haben in diesem Kontext stark angezogen. Der Krieg in der Ukraine hat die Preise an der Strombörse vor allem deshalb nach oben getrieben, weil Erdgas teurer geworden ist. Gas hatte 2021 einen Anteil von rund 16 % an der deutschen Stromerzeugung1 und Gaskraftwerke sind regelmäßig die preissetzenden Kraftwerke in der Merit-Order. Zudem sind auch die CO2-Preise in den vergangenen zwei Jahren kräftig gestiegen. Lag der CO2-Preis im Europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) im April 2020 noch bei etwa 20 Euro/t CO2, betrug er im April 2022 rund 80 Euro (mit Spitzenwerten von 96 Euro)2. Der starke Anstieg sowohl des Gas- als auch des CO2-Preises hat somit die Strompreise enorm klettern lassen. Waren die Kosten für den Stromeinkauf der Energieversorger bereits 2021 stark gestiegen, so haben sich diese mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs noch einmal deutlich erhöht und lagen an der Strombörse EEX im April 2022 rund viermal so hoch wie im April 2021.3

Abbildung 1
Strompreise für private Haushalte in Europa 2021
in Cent/kWh
Abbildung 1

Quelle: strom-report.de/strompreise-europa. Datenquelle: eurostat NRG_PC_204 12/2021, Stromverbrauch 2500-5000 kWh.

Die jüngsten Strompreissteigerungen erhöhen damit die ohnehin schon sehr hohen Strompreise in Deutschland zusätzlich. Infolge eines stetigen Strompreisanstiegs über die vergangenen 20 Jahre wies Deutschland schon vor dem Ausbruch des Ukrainekrieges sehr hohe Strompreise auf. Im internationalen Vergleich zählen die Strompreise in Deutschland sowohl für Privatkundschaft (vgl. Abbildung 1) als auch für viele gewerbliche und industrielle Kunden (vgl. Abbildung 2) zu den höchsten in Europa.

Abbildung 2
Strompreise für Gewerbekundschaft in Europa
Stand: 2020
Abbildung 2

Die Politik gerät daher schon seit geraumer Zeit zunehmend unter öffentlichen Druck, den Anstieg der Strompreise sowie anderer Energiepreise zumindest zu bremsen oder aber anderweitig für Entlastung der Verbraucher:innen wie auch der nachfragenden Unternehmen zu sorgen. Heute sind die Strompreise für Privatkundschaft fast dreimal so hoch wie vor 20 Jahren – im April 2022 haben die Strompreise für Privathaushalte erstmals die Marke von 40 Cent pro kWh überschritten (vgl. Abbildung 3).

Abbildung 3
Strompreisentwicklung für deutsche Endverbraucher
in Eurocents pro kWh nach Einzelposten inklusive Mehrwertsteuer
Abbildung 3

* Strompreise im April 2022 aut Verivox.

Quelle: https://www.tech-for-future.de/strompreisentwicklung/ nach BDEW (2022), Verivox (2022).

Die Bundesregierung hat wegen der stark gestiegenen Energiepreise im April 2022 ein milliardenschweres „Entlastungspaket“ für die Bürger:innen beschlossen. Unter anderem soll die Energiesteuer auf Kraftstoffe auf drei Monate befristet gesenkt werden. Einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige sollen zum Ausgleich der hohen Energiekosten eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto erhalten. Das Kindergeld soll einmalig um 100 Euro pro Kind angehoben werden. Ab Juni sollen Bürger:innen zudem drei Monate lang für nur 9 Euro pro Monat Bus und Bahn nutzen können. Bereits im Februar war ein erstes Paket zur Entlastung der Bürger:innen beschlossen worden, das unter anderem die Abschaffung der EEG-Umlage über die Stromrechnung ab Juli vorsieht.

Die kontinuierlich steigenden Strompreise für private Haushalte drohen dabei zum einen die Akzeptanz der Energiewende zumindest mittelfristig zu gefährden. Zum anderen schwächen hohe Strompreise die Anreize zur Elektrifizierung (etwa in Elektromobilität zu investieren). Gerade letzteres ist jedoch für die Weiterentwicklung der Energiewende und die sogenannte Sektorenkopplung von essenzieller Bedeutung. Allerdings bieten hohe Strompreise auch Anreize, in Energieeffizienz zu investieren, um Strom zu sparen. Insofern kann hohen Strompreisen klimapolitisch auch etwas Positives abgewonnen werden.

Für gewerbliche Kunden gefährden hohe Strompreise jedoch die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland bzw. die Wettbewerbschancen der hier beheimateten Unternehmen. Zwar bieten hohe Strompreise auch für Unternehmen Anreize, in Energieeffizienz zu investieren, sie schwächen aber zugleich Anreize zur Elektrifizierung und zur Sektorenkopplung, sofern Strompreise schneller steigen als andere Energiepreise. Zweifelsohne besteht die politische Notwendigkeit, zumindest einen weiteren Anstieg der Strompreise möglichst zu unterbinden.

Nicht nur die absolute Höhe des Strompreises treibt Politik und Öffentlichkeit aktuell um. Auch das zugrundeliegende Marktdesign steht auf dem Prüfstand. Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien sieht vor, dass im Zuge des Ausbaus der erneuerbaren Energien ein neues Strommarktdesign erarbeitet wird (SPD et al., 2021, Zeile 1980). Dabei bekennt sich die Regierungskoalition zu einer weiteren Integration des europäischen Energiebinnenmarkts (SPD et al., 2021, Zeile 1983/1984). Weiter heißt es im Koalitionsvertrag: „Um den zügigen Zubau gesicherter Leistung anzureizen und den Atom- und Kohleausstieg abzusichern, werden wir in diesem Rahmen bestehende Instrumente evaluieren sowie wettbewerbliche und technologieoffene Kapazitätsmechanismen und Flexibilitäten prüfen“ (SPD et al., 2021, Zeile 1986-1988).

Im Folgenden sollen daher zunächst Anforderungen an das zukünftige Marktdesign und mögliche Handlungsoptionen zur Förderung erneuerbarer Energien sowie im Hinblick auf die Sicherstellung der Versorgungssicherheit erörtert werden, bevor auch zur Umgestaltung der Netzentgelte Vorschläge unterbreitet werden.

Marktdesign-Thema I: Zukünftige Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien

Eine erste zentrale Frage für das zukünftige Marktdesign ist, wie die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zukünftig vergütet werden soll. Vergütungsmodelle sollten dabei insbesondere auch für Strommärkte mit einem sehr hohen Anteil an Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (80 % und mehr) geeignet sein.

Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien soll nach den Plänen der Bundesregierung bis 2035 mit Vehemenz vorangetrieben werden. Bereits im Koalitionsvertrag war eine Erhöhung des Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von derzeit gut 45 % auf 80 % im Jahr 2030 festgelegt worden. Angesichts der Ukrainekrise hat die Bundesregierung nun angekündigt, diesen Anteil bis 2035 auf 100 % zu steigern, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren.

Um diesen enormen Zuwachs zu bewerkstelligen, müssen Investoren hinreichende Anreize und Sicherheiten haben, dass sich ihre Investitionen amortisieren werden. Es stellt sich deshalb die Frage, ob das bisherige Marktdesign und die damit einhergehenden Vergütungsregeln für die Stromerzeugung auch bei einem von erneuerbaren Energien dominierten Strommarkt weiterhin geeignet sind, die energiewirtschaftlichen Ziele der Versorgungssicherheit und Preisgünstigkeit bestmöglich zu erreichen. Bereits in diesem Jahr soll nach Plänen der Bundesregierung die Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ dafür Handlungsoptionen erarbeiten. Mit diesem Thema befasst sich aktuell auch eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe innerhalb des Projektes Energiesysteme der Zukunft (ESYS) der deutschen Wissenschaftsakademien (Haucap et al., 2022).

Damit Kostensteigerungen bei der Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und somit auch weitere Preissteigerungen möglichst vermieden werden, sollte die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stärker als bisher der Kosteneffizienz verpflichtet sein. Nur eine effiziente Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien kann Preissteigerungen eindämmen und damit langfristig auch die Akzeptanz der Energiewende sichern.

Wenn die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von gut 45 % (2021) auf 80 % (2030) bzw. 100 % (2035) steigen soll, erscheint ein Nebeneinander des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) mit einer speziellen Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien einerseits und einem separaten Regelungsregime im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) für die konventionelle Stromerzeugung andererseits unangebracht und unnötig kompliziert. Die Überführung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in ein marktwirtschaftliches Stromsystem birgt jedoch Herausforderungen. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien weist Besonderheiten auf, die einerseits das eigene Bestehen im Strommarkt erschwert und andererseits neue Herausforderungen und Ansprüche an das bestehende, austarierte System und dessen Marktakteure stellt. Zum einen ist die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien witterungsbedingt und damit zeitlich volatil und nur begrenzt regelbar. Zum anderen wird der überwiegende Teil der Kosten erneuerbarer Energieerzeugung durch hohe anfängliche Investitionskosten verursacht, während die variablen Kosten nahezu null sind. Somit werden Windenergie- und PV-Anlagen auf dem Strommarkt in der Merit Order immer als erstes berücksichtigt, sie verdrängen so andere Erzeugungsquellen (dazu Haucap et al., 2022).

Findet die Investition in erneuerbare Energien privat und marktgetrieben statt, muss über die Lebensdauer der Anlage eine Amortisation der Investition erfolgen. Jedoch nimmt der vermehrte Zubau erneuerbarer Energien Einfluss auf die Strompreise und trägt zu einer stärkeren Unsicherheit über diese bei. Investitionsrisiken aufgrund von Unsicherheit über künftige Strompreise haben drei wesentliche Ursachen:

  • Merit-Order-Effekt: Erneuerbare Energien werden aufgrund ihrer sehr geringen Grenzkosten stets zuerst für die Stromerzeugung herangezogen. Sobald sie Strom einspeisen, verdrängen sie Erzeugungsformen mit höheren Grenzkosten wie etwa Gas aus dem Markt. Da die Grenzkosten des letzten noch genutzten Kraftwerks maßgeblich für den Börsenstrompreis in einer bestimmten Zeitperiode sind, verringert sich der Börsenpreis. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien führt somit zu einer Verringerung der Börsenstrompreise. Dieser Verdrängungseffekt und dadurch sinkende Börsenpreise im Strommarkt wird als Merit-Order-Effekt bezeichnet.
  • Kannibalisierungseffekt: Durch ihre witterungsbedingte Volatilität korrelieren die Produktionsmengen von EE-Anlagen zeitlich miteinander. Beispielsweise drücken PV-Anlagen in Zeiten hoher Sonneneinstrahlung den Strompreis besonders stark, da aufgrund ihrer hohen Stromproduktion der Merit-Order-Effekt in diesen Zeiten besonders ausgeprägt ist (Prol et al., 2020; Liebensteiner und Naumann, 2022). Dadurch senkt der Zubau erneuerbarer Energien wie PV-Anlagen insbesondere die Erlöse von Anlagen derselben Technologie, wodurch sich ein weiterer Zubau dieser Technologie ab einem gewissen Punkt nicht mehr amortisiert. Der Effekt, dass eine Erzeugungstechnologie spezifisch die Erlöse der eigenen Technologie absenkt, wird als Kannibalisierungseffekt bezeichnet.
  • Fallende Technologiekosten: Neue Anlagen konkurrieren nicht nur mit bestehenden, sondern auch mit zukünftigen Anlagen und können so durch einen Verfall der Technologiekosten entwertet werden. Fallende Technologiekosten stellen daher ein weiteres Investitionsrisiko für gegenwärtige Investitionsprojekte dar. Die Problematik fallender Technologiekosten findet sich prinzipiell in vielen Sektoren, spielt aber insbesondere in sogenannten Infant Industries, wie z. B. bei der Erzeugung grünen Wasserstoffs, eine große Rolle. Klassische Wind- oder Solaranlagen sollten dagegen nicht mehr zu den Infant Industries gezählt werden.

Zusammenfassend liegt die Herausforderung bei der Marktintegration von erneuerbaren Energien wie Windenergie- oder PV-Anlagen darin, dass sie aufgrund ihrer Kostenstruktur langfristig auf hinreichend hohe Vermarktungspreise angewiesen sind, deren (unerwarteter) Verfall ein Investitionsrisiko darstellt. Mögliche Auswirkungen sind Risikoaufschläge bei den Renditeanforderungen für Investitionen, wodurch Projekte teurer oder gegebenenfalls unrentabel werden können. In Erwartung fallender Technologiekosten besteht außerdem das Risiko der Zurückhaltung von Investitionen und damit eines verzögerten Umbaus des Energiesystems.

Für die Vergütung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im zukünftigen Strommarkt gibt es verschiedene Optionen: Dies sind zum einen fixe Marktprämien und die diesem Modell nahestehenden einseitig gleitende Prämien, die im Ansatz der gegenwärtigen Förderung erneuerbarer Energien im EEG 2021 entsprechen. Sowohl fixe als auch einseitig gleitende Prämien können per Auktion (Ausschreibung) festgelegt werden, um die Höhe der Förderprämien wettbewerblich zu ermitteln. Eine deutliche Fortentwicklung gegenüber dem Status quo der Förderung wäre hingegen zum anderen ein Verzicht auf diese spezifischen Förderungen erneuerbarer Energien zugunsten einer indirekten Förderung durch einen steigenden CO2-Preis.

Im Rahmen fixer Marktprämienmodelle wird Strom aus erneuerbaren Energien direkt an der Strombörse vermarktet, aber zusätzlich mit einer fixen (gegebenenfalls technologieabhängigen) Prämie bezuschusst (etwa in Cent pro kWh eingespeistem Strom). Die Höhe der fixen Marktprämie ist dabei gleichbleibend und unabhängig davon, welchen Erlös eine Erzeugungsanlage in einer bestimmten Zeitperiode erzielen konnte. Die Erlöse für erneuerbare Energien schwanken somit über die Zeit im gleichen Umfang wie die am Markt erzielbaren Preise. Durch die fixe Marktprämie muss allerdings nur ein geringerer Teil durch den Verkaufserlös am Markt gedeckt werden, sodass erneuerbare Energieerzeugung rentabel wird und im gewünschten Umfang am Strommarkt bestehen kann.

Eine weitere Option zur Förderung erneuerbarer Energien sind einseitig oder zweiseitig gleitende Prämien. Während einseitig gleitende Prämien das aktuell vorherrschende Marktprämienmodell im EEG darstellen, soll die Nutzung zweiseitig gleitender Prämien (auch Differenzenverträge bzw. Contracts for Difference, CfD) durch die aktuelle Novelle des EEG ermöglicht werden. Bei einseitig gleitenden Prämien wird – optimalerweise, wenn auch nicht zwingend, im Rahmen einer Auktion – ein Zuschlagspreis fixiert. Liegt der dann am Markt für den erzeugten Strom erzielte Strompreis unterhalb dieses Zuschlagspreises, wird die Differenz durch eine entsprechende positive Prämie ausgeglichen. Liegt der am Markt erzielte Preis in einem Zeitraum dagegen oberhalb des Zuschlagspreises, können Anlagenbetreiber solche Mehreinkünfte behalten, bekommen darüber hinaus aber keine zusätzlichen Prämienzahlungen. Der Zuschlagspreis stellt somit eine Art Mindestvergütungspreis und damit eine Absicherung nach unten dar. Auch beim Einsatz von CfD wird ein Zuschlagspreis (im Rahmen einer Auktion) ermittelt. Im Gegensatz zu einseitig gleitenden Prämien wird die Differenz zwischen dem am Markt erzielten Strompreis und dem vereinbarten Zuschlagspreis sowohl nach oben als auch nach unten durch eine positive bzw. negative Prämie (also eine Bezuschussung bzw. Abgabe des Anlagenbetreibers) ausgeglichen. Durch CfD wird somit eine starke Preisfixierung in Höhe des Zuschlagspreises erreicht, da Abweichungen davon durch entsprechende Prämien nach oben wie unten ausgeglichen werden. Ökonomisch betrachtet ähneln sie den bekannten fixen Einspeisevergütungen, jedoch mit dem Unterschied, dass diese Vergütungen nicht gesetzlich oder durch Verordnung fixiert werden, sondern kompetitive Ausschreibungen zur Ermittlung der Prämien genutzt werden. Daher sollten die über Auktionen ermittelten Zuschlagspreise unter Anwendung einseitig gleitender Prämien grundsätzlich geringer ausfallen als unter CfD, da einseitig gleitende Marktprämien die erzielbare Vergütung nicht nach oben deckeln. Im Vergleich zu fixen Marktprämien werden somit die zeitlichen Schwankungen der am Markt erzielbaren Preise sowohl bei Einsatz einseitig gleitender Marktprämien und insbesondere beim Einsatz von CfD abgeschwächt. Andererseits bieten CfD von allen vorgestellten Optionen die größte Sicherheit über die erzielbaren Erlöse und bergen somit das geringste Risiko für Investoren. Sie haben aufgrund von Ineffizienzen und potenziellen Fehlanreizen (da zunächst nicht auf Marktpreise reagiert werden muss) langfristig jedoch klare Nachteile, wenn es um eine effiziente Förderung von erneuerbaren Energien im großen Stil geht. Auch ihre Integration in internationale Systeme wie den Emissionshandel ist deutlich erschwert (dazu Haucap et al., 2022).

Schließlich stellt ein CO2-Preis eine indirekte Förderung erneuerbarer Energien dar, da er die Stromentstehungskosten aller im Wettbewerb befindlichen (fossilen) Energieträger gemäß ihrer Emissionsintensität erhöht. Da der Stromsektor bereits durch den europäischen Emissionshandel erfasst wird, wirkt gegenwärtig ein Emissionspreis von knapp 80 Euro/t CO2 auf die Stromerzeugung ein, was insbesondere die Kosten besonders emissionsintensiver Energieträger (wie Braunkohle) erhöht.

Je höher der CO2-Preis steigt, umso geringer müssen die zusätzlichen direkten Förderprämien (in Form von Marktprämien) sein, um den Zubau erneuerbarer Energien im gewünschten Umfang zu ermöglichen. Wenn der CO2-Preis hinreichend hoch ist, werden zusätzliche Förderprämien (wie fixe Marktprämien oder Zuschlagspreise im Rahmen einseitig gleitender Prämien) überflüssig und optimalerweise auf null sinken. Dadurch wäre ein Marktszenario erreicht, in dem erneuerbare Energien ohne weitere direkte Fördermittel bestehen und zugebaut werden können. Damit direkte Förderinstrumente für erneuerbare Energien überflüssig werden, muss der CO2-Preis mittels des beschriebenen Transitionsprozesses bis dahin schrittweise auf ein Niveau gebracht werden, das erneuerbare Energien einzig aufgrund der indirekten Förderung über den CO2-Preis konkurrenzfähig macht. Direkte Förderprogramme (z. B. fixe oder einseitig gleitende Marktprämien) können durch einen entsprechenden Anstieg des CO2-Preises schrittweise auf null zurückgefahren werden.

Eine alleinige CO2-Bepreisung ist als Ziel für das Förderregime in Deutschland langfristig sinnvoll. Allerdings hat dieses Modell eine größere Wirkung, wenn es auf EU-Ebene eingesetzt wird. Deshalb wäre im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung die Weiterentwicklung des EU-ETS hin zu einem sektorübergreifenden „ETS 2“ wünschenswert, in das insbesondere auch der Wärme- und Verkehrssektor aufgenommen werden. Eine solche Erweiterung des Emissionshandels kann die Kosteneffizienz von Emissionsreduktionen noch einmal erhöhen, da Emissionen dann auch sektorübergreifend dort eingespart werden können, wo Einsparungen am günstigsten umsetzbar sind. Da außerdem sowohl der Wärme- als auch Verkehrssektor (Beispiel E-Mobilität) immer stärker elektrifiziert und somit in den Stromsektor integriert werden, wären „rivalisierende“ CO2-Preissysteme für verschiedene Sektoren mittelfristig ohnehin nicht mehr trennscharf und könnten zu Unsicherheiten führen. Um Investitionsrisiken zu vermindern, ist in erster Linie ein verlässlicher Mindestpreis für den CO2-Ausstoß wichtig. Optimalerweise würde ein solcher CO2-Mindestpreis europaweit und über alle abgedeckten Sektoren hinweg eingeführt (weiterführend Haucap et al., 2022).

Marktdesign-Thema II: Sicherstellung der Versorgungssicherheit

Auf dem Strommarkt müssen sich Angebot und Nachfrage stets im Gleichgewicht befinden, damit es nicht zu Versorgungsausfällen kommt. Dies bedeutet, dass die Summe aus Stromerzeugung, Nettostromabgabe aus Speichern, Nettostromimporten und des sogenannten Lastabwurfs (also der Reduktion der Stromnachfrage) gleich der Stromnachfrage sein muss, d. h. die Strommarktgleichung lautet:

Stromerzeugung + Netto-Abgabe aus Speichern + Netto-Importe + Lastabwurf = Nachfrage

Ein Problem entsteht, wenn das gesamte Angebot, also die linke Seite der obigen Gleichung, kleiner ist als die Nachfrage. Es kommt dann zu (mehr oder weniger umfangreichen) Blackouts bzw. Stromabschaltungen. Umgekehrt besteht kein Problem: wenn das Angebot höher als die Nachfrage ist, können Stromerzeugungsanlagen gedrosselt oder ganz abgeregelt werden. Gegebenenfalls können auch Speicher gefüllt oder Strom exportiert werden, sofern die Netzkapazitäten an den Grenzen, die sogenannten Grenzkuppelstellen, dies zulassen. Übersteigt die Nachfrage jedoch das Angebot, so müssten prinzipiell Stromverbraucher ihre Nachfrage drosseln. Auf Märkten sorgt in aller Regel der Preis für genau diese Reaktion. Auf dem Strommarkt besteht jedoch ein Problem, wenn die Nachfrage keine hinreichende Preiselastizität aufweist und die erforderliche Nachfragereduktion sich nicht in Reaktion auf eine Knappheitssituation einstellt. Ein Grund für die mangelnde Reaktion der Nachfrager kann die mangelnde Beobachtung der Preise sein – Haushaltskunden etwa haben in aller Regel fixe Strompreise und merken Änderungen der Großhandelspreise gar nicht bzw. erst mit großer Verzögerung. Industrielle Kunden hingegen haben teilweise nur geringe Möglichkeiten, ihre Produktionsprozesse kurzfristig so zu drosseln, dass der Stromverbrauch merklich reduziert wird, auch wenn jüngere Forschungsergebnisse etwa von Hirth et al. (2022) nahelegen, dass die Nachfrageelastizität höher ist als bislang angenommen.

Sofern Preissignale allein nicht den notwendigen Rückgang der Nachfrage induzieren können, hat die Versorgungssicherheit aus ökonomischer Perspektive (zumindest in Teilen) den Charakter eines öffentlichen Gutes. Anders ausgedrückt lässt sich sagen, dass von Reserve­kraftwerken positive Externalitäten ausgehen. Wird der Einsatz von Reservekraftwerken notwendig, profitiert nicht nur der Betreiber des Reservekraftwerks selbst, sondern es profitieren auch alle anderen Kraftwerksbetreiber, die dann – ohne Blackout – weiter Strom erzeugen und verkaufen können, ohne sich an den Kosten der Reservehaltung beteiligen zu müssen. Beim Vorliegen positiver Externalitäten dürfte der Markt „allein“, d. h. ohne gewisse Interventionen oder Marktregeln, zumindest bei einem sehr hohen Anteil an Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Energien zu einem suboptimalen Niveau an Versorgungssicherheit führen. Das gesellschaftlich optimale Ausmaß an Versorgungssicherheit lässt sich dabei, zumindest theoretisch, bestimmen, indem die Kosten des Stromausfalls, der sogenannte Value of Lost Load (VoLL), mit den Kosten der Vorhaltung von Kapazitäten bzw. Flexibilitäten verglichen wird. In der Tendenz dürfte dabei ein Zuviel an Versorgungssicherheit volkswirtschaftlich weniger kostspielig sein als zu wenig Versorgungssicherheit. Im ersten Fall werden gegebenenfalls zu viele Reserven vorgehalten und so Kosten verursacht. Im zweiten Fall jedoch können Blackouts nicht nur marginale Kosten verursachen, sondern auch zu Abschaltungen bei inframarginalen Nutzenden mit entsprechenden Kosten führen.

Die Möglichkeiten, die erzeugungsseitige Versorgungssicherheit zu steigern, sind vielfältig und werden seit langem kontrovers diskutiert. So wird in Deutschland seit 2018 eine Kapazitätsreserve eingesetzt, bei der die Betreiber von Reservekraftwerken durch Zahlungen Anreize erhalten, Kraftwerke zu errichten bzw. nicht stillzulegen, sondern auf Standby zu halten, um in Knappheitszeiten Strom erzeugen zu können. Dieser Mechanismus löst jedoch das zugrundeliegende Problem des vorliegenden Externalitätseffekts nicht auf und wird umso kostspieliger, je mehr Reserven für den Knappheitsfall vorgehalten werden müssen. Einen alternativen Kapazitätsmechanismus stellt ein Kapazitätsmarkt dar. In diesem Fall können Kraftwerke ihren Strom weiterhin regulär am Markt verkaufen und als zusätzliche Komponente eine Vergütung für ihre gesicherte Leistung (also die Erzeugungsmenge, die sie im Knappheitsfall garantieren können) erhalten. Dies bietet den Vorteil, dass die Kosten für ausreichend Flexibilität überschaubar bleiben, sofern diese auch ohne Kapazitätsmechanismus im gewünschten Umfang vorhanden wären, da die Prämien für gesicherte Leistung dann auf (nahezu) null fallen sollten. Um weitere Effizienzvorteile zu heben, können Kapazitätsmechanismen ebenso auf Stromspeicher ausgedehnt werden wie auf Nachfrager, die sich – gegen Kompensation – bereit erklären, sich bei Knappheit abschalten oder drosseln zu lassen. Alternativ sind auch vertragliche Regelungen im Wettbewerb denkbar, wenn etwa das Ausmaß der Versorgungssicherheit ein expliziter Bestandteil von Stromlieferverträgen wird und Nachfrager unterschiedliche Ausmaße von Versorgungssicherheit gegen entsprechende Entgelte explizit kontrahieren können oder sogar müssen. Letzteres erscheint vor allem für gewerbliche Kunden ein möglicher Lösungsweg, um Anreize zur Versorgungssicherheit durch Marktmechanismen zu gewähren.

Die institutionelle Ausgestaltung effizienter Kapazitätsmechanismen ist keineswegs trivial (Consentec, 2021; Mier, 2021; Wolak, 2021; Mattke, 2017; Cramton, 2017; Haucap, 2013; Amelung und Wambach, 2013; Maurer, 2013). Gleichwohl erscheinen Maßnahmen zur Sicherstellung eines optimalen Ausmaßes an Versorgungssicherheit sinnvoll, sofern (a) die Preiselastizität der Nachfrage nicht hinreichend hoch ist bzw. gesteigert werden kann und (b) Speicher nicht hinreichend günstig sind. Der steigende Anteil witterungsbedingter erneuerbarer Energien im Strommix legt jedoch nahe, dass die Notwendigkeit von Kapazitätsmechanismen in nächster Zukunft eher zu- als abnimmt.

Marktdesign-Thema III: Reform der Netzentgelte

Das dritte große Thema im Kontext des Marktdesigns ist die künftige Struktur der Netzentgelte. Zum einen muss über eine stärkere Beteiligung der Stromerzeuger an den Kosten der Netze nachgedacht werden, zum anderen über eine andere geografische Differenzierung. Die Beteiligung von Stromerzeugern an den Kosten der Netze ist international keineswegs unüblich, sondern in vielen Ländern Europas schon lange Realität (etwa Haucap und Pagel, 2013). Insbesondere in den Verteilnetzen erscheint die Beteiligung der Stromerzeuger und somit Einspeiser an den Netzkosten sinnvoll. Traditionell hatten Verteilnetze – wie der Namen schon sagt – die Funktion, Strom aus den Übertragungsnetzen an die Endverbraucher zu verteilen. Durch die Dezentralisierung der Stromerzeugung gibt es heute zahlreiche kleine Stromerzeuger, insbesondere durch Photo­voltaik und kleine Windkraftanlagen, die Strom in die Verteilnetze einspeisen. Diese Nutzer profitieren ebenso von den Leistungen der Verteilnetze wie Endverbraucher. Die Netzkosten werden jedoch in Deutschland aktuell allein durch die Verbraucher getragen, obwohl die Verteilnetze immer mehr die Funktion einer Plattform einnehmen, auf der Kunden Strom sowohl ein- als auch ausspeisen. Um ein effizientes Einspeiseverhalten anzureizen, erscheint daher eine Beteiligung der Stromerzeuger an den Kosten der Netze und der Stromeinspeisung sinnvoll.

Durch eine geografische Ausdifferenzierung der Netznutzungsentgelte könnte zudem die Ansiedlung von Erzeugungsanlagen langfristig beeinflusst werden. So könnten die Netzentgelte auch innerhalb von einzelnen Übertragungsnetzen regional ausdifferenziert werden. Zudem wäre auch eine zeitliche Differenzierung zwischen Spitzenlastzeiten und Schwachlastzeiten denkbar. Damit eine regionale Ausdifferenzierung der Netzentgelte eine Steuerungswirkung entfalten kann, müssen die Stromerzeuger am Netzentgelt beteiligt werden. Wie auch in anderen Staaten könnte das Netzentgelt in eine L‐Komponente (für Load) und eine G‐Komponente (für Generation) zerlegt werden, wobei die Verbraucher die L‐Komponente tragen und die Erzeuger die G‐Komponente. Eine solche G‐Komponente, die in Deutschland aktuell gleich null ist, gibt es bereits in anderen europäischen Ländern wie z. B. Österreich, Schweden und Großbritannien.

Diese G‐Komponente ließe sich regional differenzieren, sodass in verbrauchsnahen Gebieten mit hoher Nachfrage (im Süden und Westen Deutschlands) die G-Komponente niedrig ausfallen sollte und in Gebieten mit hohem Angebot und geringer Nachfrage ein höherer Betrag fällig wird. So könnten Anreize für neue Stromerzeugungskapazitäten in verbrauchsnahen Regionen gestärkt und der Netzausbaubedarf reduziert werden. Eine deutschlandweite Wälzung der Netzausbaukosten ist hingegen kontraproduktiv, da sie geringere Anreize für eine lastnahe Erzeugung setzt. Ziel der G‐Komponente ist es somit, durch ihre variable, geografisch differenzierte Ausgestaltung Anreize für Stromerzeuger zu stärken, in verbrauchsnahe Erzeugung zu investieren und regionale Ungleichgewichte bei der Verteilung von Stromerzeugung und ‐nachfrage zu verringern, wie z. B. das Nord‐Süd‐Gefälle in Deutschland. Verbrauchsnahe Erzeugungsstandorte, die keinen Netzzubau oder ‐ausbau bedingen, können somit durch eine geringere G‐Komponente einen Wettbewerbsvorteil erhalten, und Investitionen anziehen. Aus ökonomischer Sicht ist die G‐Komponente daher auch ein Mechanismus zur Einpreisung externer Effekte der Standortwahl von Stromerzeugung (Monopolkommission, 2013).

Die Regierungskoalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag in der Tat die Reform der Netzentgelte vorgenommen, wie allerdings auch schon die Vorgängerregierungen seit 2013. Wörtlich heißt es im Koalitionsvertrag: „Wir treiben eine Reform der Netzentgelte voran, die die Transparenz stärkt, die Transformation zur Klimaneutralität fördert und die Kosten der Integration der Erneuerbaren Energien fair verteilt“ (SPD et al., 2021). Kern einer solchen Reform sollten drei Elemente sein:

  • Struktur der Netzentgelte: Erstens ist über eine weitergehende Änderung in der Struktur der Netzentgelte nachzudenken, welche die Struktur der Kosten besser als bisher reflektiert. Der Netzbetrieb verursacht im Wesentlichen Fixkosten und nur geringe variable Kosten. Sind die Netzentgelte jedoch primär als variable Tarife konzipiert, so wie dies zwar nicht immer, aber noch oft der Fall ist, und werden diese Entgelte zudem allein den Stromnachfragern aufgebürdet, so tragen Verbraucher:innen mit eigenen PV-Anlagen (in der Regel Eigentümer von Immobilien sowie Gewerbe) wenig zu den Kosten des Netzbetriebs bei, während Verbraucher:innen ohne eigene Erzeugung (in der Regel Mieter:innen) diese Kosten überproportional tragen. Eine noch stärkere Überführung der Netzentgelte in zweiteilige Tarife mit einer fixen Grundgebühr (Leistungspreis) und einem dann im Vergleich zu heute geringeren variablen Entgelt (Arbeitspreis) könnte dieses Problem mildern.
  • Verteilnetze als Plattformen: Da Verteilnetze immer mehr die Funktion einer Plattform übernehmen und immer weniger eine reine Durchleitungsfunktion haben, sollte eine Beteiligung der Einspeiser an den Netzkosten – etwa über eine G-Komponente – erwogen werden.
  • Geografische Differenzierung: Um die Anreize für eine verbrauchsnahe Einspeisung zu steigern, sollte eine geografische Differenzierung der Netzentgelte in Erwägung gezogen werden. Auch wenn die geografische Differenzierung der Netzentgelte allein nicht für die optimale Verteilung der Erzeugungsanlagen im Raum sorgen mag (Grimm et al., 2019), so kann die Differenzierung doch einen Beitrag zu einer geografisch effizienten Einspeisung liefern.

Weitere detaillierte Vorschläge zur Reform der Netzentgelte finden sich bei acatech (2021).

Fazit

Durch den rapiden Anstieg der Strompreise infolge des Ukrainekriegs hat sich die öffentliche Debatte um die Höhe der Strompreise noch einmal verschärft. Doch nicht nur in Bezug auf die Höhe der Strompreise besteht politischer Handlungsbedarf, sondern auch bei grundlegenderen Fragen des Marktdesigns. Die Bundesregierung hat diesen Handlungsbedarf identifiziert und im Koalitionsvertrag eine Überarbeitung des Marktdesigns angekündigt.

Drei Bereiche lassen sich identifizieren, bei denen Reformen notwendig sind: Dies ist erstens die Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die bei einem Marktanteil von 80 % bis 100 % der Erneuerbaren nicht mehr separat vom Rest des Strommarkts erfolgen sollte. Vorzugswürdig ist zumindest langfristig eine „indirekte Förderung“ durch hinreichend hohe CO2-Preise, die eine Marktintegration ermöglichen. Auf dem Weg dahin sind fixe Marktprämien, alternativ auch einseitig gleitende Prämien das Mittel der Wahl. CfD sind weniger gut geeignet um eine Marktintegration zu bewerkstelligen, da sie die Marktrisiken stark abfedern und damit auch marktdienliches Verhalten wenig anreizen.

Zweitens ist die Frage nach der Versorgungssicherheit in einem Markt mit einem dominanten Anteil an erneuerbaren Energien zu stellen. Kritisch ist dabei letztlich die Frage, wie preiselastisch die Stromnachfrage ist und ob diese Elastizität erhöht werden kann. Sofern dies nicht möglich ist und Speicher nicht hinreichend günstig werden, ist über komplementäre Instrumente zum CO2-Preis zur Sicherstellung des optimalen Ausmaßes an Versorgungssicherheit nachzudenken. Diese reichen von Kapazitätsmechanismen bis hin zu individuellen Vertragsbedingungen in Bezug auf die Versorgungsicherheit bzw. Drosselung des Stromverbrauchs.

Drittens ist eine Reform der Netzentgelte überfällig. Zu beachten sind hier drei Dinge. Erstens die noch stärkere Nutzung zweiteiliger Tarife mit fester Grundgebühr (Leistungspreis) und geringerem variablen Entgelt (Arbeitspreis). Zweitens sollten auch Stromerzeuger stärker an den Netzkosten beteiligt werden, wenn sie Strom einspeisen, etwa durch eine sogenannte G-Komponente. Und drittens sollte, auch im Bereich der Übertragungsnetze, eine stärkere geografische Differenzierung vorgenommen werden, um Anreize für eine verbrauchsnahe Einspeisung zu stärken.

Literatur

acatech/Leopoldina/Akademienunion (Hrsg.) (2021), Netzengpässe als Herausforderung für das Stromversorgungssystem. Optionen zur Weiterentwicklung des Marktdesigns, Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung.

Amelung, A. und A. Wambach (2013), Versorgungssicherheit im Strommarkt – Kapazitätsmechanismen, Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 62, 270-286.

Burger, B. (2022), Öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland im Jahr 2021, https://www.energy-charts.info (3. Mai 2022).

Consentec (2021), Bewertung des Effekts von Kapazitätsmechanismen auf Endverbraucherkosten. Bericht im Auftrag von 50Hertz Transmission.

Cramton, P. (2017), Electricity market design, Oxford Review of Economic Policy, 33(4), 589-612.

Grimm, V., B. Rückel, C. Sölch und G. Zöttl (2019), Regionally differentiated network fees to provide proper incentives for generation investment, Energy, 177, 487-502.

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Title:Electricity Prices of the Future

Abstract:This article discusses three challenges for Germany’s future electricity market design. The first question is how to pay for electricity generation from renewable energies in a market with more than 80 % renewables. Secondly, additional instruments are needed to safeguard the security of supply. An thirdly, network charges need to account for the different role of the distribution network, which operates more and more as a platform. Two-part tariffs with contributions from generators and consumers and a higher degree of regional price differentiation appear desirable.

© Der/die Autor:in 2022

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DOI: 10.1007/s10273-022-3175-7