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Deutschland steht vor der Herausforderung sich zügig aus der Abhängigkeit der fossilen Energien zu lösen. Dazu ist ein umfassender Umbau des Energiesystems notwendig. Die Windenergie an Land gehört zu den wichtigsten Erzeugungsquellen, die in großem Maßstab entwickelt werden müssen, um den Energiesektor zu dekarbonisieren. Während die Ausbauziele im Erneuerbaren-Energien-Gesetz 2023 deutlich angehoben wurden, steckt der tatsächliche Zubau der Windenergie in einer Krise. Um den Ausbau zu beschleunigen, wurde bisher viel über die Bereitstellung von Flächen und die Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens diskutiert. Aber auch eine Teilerstattung der Gebotskosten kann einen Beitrag leisten, um den Ausbau der Windenergie an Land voranzutreiben.

Seit 2017 wird die Vergütungshöhe des aus Windenergieanlagen an Land erzeugten Stroms in Auktionen1 wettbewerblich ermittelt. Mehrmals jährlich wird dazu von der Bundesnetzagentur ein gesetzlich bestimmtes Volumen an neu zu installierender Leistung ausgeschrieben (Ausschreibungsmenge in Megawatt). Private Windenergie-Projektierer:innen können dann Gebote abgeben, zu welcher staatlich garantierten Stromvergütung (in Euro/MWh) sie bereit wären, Windenergieanlagen mit einer bestimmten Leistung neu zu errichten. Beginnend mit dem günstigsten Gebot, erhalten die Projekte einen Zuschlag, bis die Ausschreibungsmenge in der Summe erreicht ist. Die wettbewerbliche Vergabe der staatlichen Fördermittel im Rahmen einer Auktion soll dabei die preisgünstige Erzeugung des Stroms sicherstellen.

Um die ambitionierten Ausbauziele aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) einhalten zu können, müssen die Ausschreibungsmengen in den kommenden Auktionsrunden stark anwachsen. Zugleich ist zu beobachten, dass bereits die deutlich kleineren Mengen der vergangenen Jahre häufig unterzeichnet waren (vgl. Abbildung 1). Durch die Unterzeichnungen werden die Ziele verfehlt, die mit der Umstellung auf ein Ausschreibungssystem verbunden sind. So werden die Förderkosten nicht maßgeblich gesenkt, da (fast) alle eingereichten Gebote einen Zuschlag erhalten und die Höhe der Zuschlagswerte alleine durch den von der Bundesnetzagentur festgelegten Höchstpreis begrenzt wird. Zugleich ist durch die Unterschreitung der Ausschreibungsmenge die effektive Mengensteuerung nicht mehr gewährleistet. Das gilt erst recht, wenn (wie zuletzt) bei drohender Unterzeichnung das Ausschreibungsvolumen verringert wird, um den Preiswettbewerb in der Auktion wieder zu erhöhen (endogene Rationierung). Folglich ist bei wiederkehrender Unterzeichnung die generelle Eignung der Auktion als Instrument der Vergabe von Fördermitteln infrage zu stellen, zumal mit der Teilnahme an der Auktion auch Risiken für die Investor:innen verbunden sind. Grundsätzlich kann eine Vielzahl von Ursachen zu einem niedrigen Wettbewerbsniveau in Auktionen führen. Diese können sowohl außerhalb des Ausschreibungsdesigns liegen als auch in dessen Ausgestaltung verankert sein. Vor Auktionsteilnahme kann beispielsweise eine Angebotsknappheit aufgrund begrenzter Ressourcen (Flächenverfügbarkeit, Rohstoffe) oder aufwendiger Genehmigungsverfahren entstehen. Auktionsinhärente Ursachen stellen hingegen die Regeln dar, welche die Teilnahme an der Auktion einschränken (z. B. technologie- und akteursspezifische Vorgaben), den erwarteten Erlös aus der Teilnahme an der Auktion beeinflussen (Höchstpreis, Regeln für Ermittlung von Zuschlägen und Zuschlagswerten) oder die Kosten der Teilnahme erhöhen (Präqualifikationsanforderungen, Pönalen).

Abbildung 1
Ergebnisse der Wind-Onshore-Ausschreibungsrunden
Ergebnisse der Wind-Onshore-Ausschreibungsrunden

Quellen: Fachagentur Windenergie an Land (2022); Bundesnetzagentur (2022a).

Während einige Ursachen bereits durch den Gesetzgeber Beachtung gefunden haben – z. B. wurde die Flächenthematik mit dem Wind-an-Land-Gesetz (WaLG) angegangen (Reutter et al., 2022) sowie die Höchstpreise kürzlich um bis zu 25 % angehoben (BNetzA, 2022b) – hat der Einfluss der Kosten für die Teilnahme an der Auktion bisher wenig Raum in der Debatte um den Ausbau der erneuerbaren Energien eingenommen. Diese Gebotskosten resultieren aus den Präqualifikationsanforderungen, die für die Teilnahmen an der Auktion erfüllt werden müssen. Sie sind der Teil der Stromgestehungskosten von Windkraft-Projekten, der bereits vor Bezuschlagung in der Auktion anfällt. Sie werden als eine mögliche Ursache für die geringe Teilnahme an der Ausschreibung für Windenergieanlagen ausgemacht.

Gebotskosten für die Teilnahme an der Auktion

Um die Seriosität der Gebote sicherzustellen und Projekte mit einer geringen Realisierungswahrscheinlichkeit auszuschließen, müssen potenzielle Bieter:innen zur Teilnahme an der Auktion ihre Projekte bis zur immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorentwickeln. Bei der Vorentwicklung der Projekte entstehen Kosten für Maßnahmen zur Vorprüfung (z. B. Analyse der planungsrechtlichen Situation, Standorteignung, Flächensicherung), Planung (z. B. Konzeption des Windparks, Beauftragung verschiedener arten- und immissionsschutzrechtlicher Gutachten) und Genehmigung (Antragsstellung und -prüfung). Nach erfolgtem Zuschlag in der Auktion entstehen Kosten für den Bau und Betrieb der Anlagen - die Realisierungskosten.

Gebotskosten sind für alle Bieter:innen versunkene Kosten (sunk cost), da sie zum Zeitpunkt der Auktion bereits angefallen sind und nicht zurückgewonnen werden können, auch wenn eine bietende Person in der Auktion keinen Zuschlag erhält. Sie können für einen beispielhaften Windpark mit 10 MW durchaus im siebenstelligen Bereich liegen (vgl. Abbildung 2). Dies zeigt auch eine Marktanalyse der Deutsche WindGuard (2019), welche die Gebotskosten für einen Windpark mit dieser Leistung auf durchschnittlich 1,17 Mio. Euro schätzt. Allgemein variiert die Höhe der Gebotskosten zwischen 2 % und 10 % der Gesamtinvestitionssumme (Ehrhart et al., 2020) – ein nicht unerheblicher Teil der Projektkosten.

Abbildung 2
Gebotskosten in den Projektierungsphasen
Gebotskosten in den Projektierungsphasen

Quelle: Fachagentur Windenergie an Land (2015).

Die große Streubreite der Gebotskosten ist unter anderem dadurch begründet, dass der Untersuchungsumfang und die notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung der Kriterien aufgrund örtlicher Gegebenheiten und der Arbeitsweise der jeweiligen Behörden variieren. Bieter:innen aus Kommunen oder Bundesländern mit „ineffizienter“ Verwaltung müssen also höhere Gebotskosten tragen. So kann z. B. von der zuständigen Behörde oder dem Bundesland abhängen, ob Untersuchungen regelmäßig oder im Einzelfall erforderlich sind (FA Wind, 2015). Ferner tragen größere Beteiligte typischerweise geringere spezifische Gebotskosten, da sie von Skaleneffekten profitieren können. Zudem verfügen sie oft über ein breiteres Projektportfolio als kleinere Akteur:innen. Dadurch sind sie in der Lage, die Gebotskosten bei Nicht-Bezuschlagung über andere Projekte querzufinanzieren.

Unterzeichnungsgefahr und Ineffizienz bei hohen Gebotskosten

Während die Vorentwicklung der Projekte bis zur bundesimmissionsschutzrechtlichen Genehmigung die Realisierung der Windenergieanlagen sicherstellt, können die damit verbundenen Gebotskosten eine Barriere für die Teilnahme an Auktionen darstellen, da es sich hierbei um versunkene Kosten handelt, deren Wiedergewinnung unsicher ist. Für Bieter:innen ist es rational, die versunkenen Gebotskosten nicht mit in das Gebot einzubeziehen. Das wird insbesondere deutlich im vereinfachten theoretischen Kontext einer Zweitpreis-Auktion mit „uniform-pricing“2, bei der die Gebote der Bieter:innen zwar ihre Zuschlagswahrscheinlichkeiten, nicht aber ihre Vergütungen beeinflussen. Eine Berücksichtigung der Gebotskosten würde lediglich die Zuschlagswahrscheinlichkeit (und damit die Chance auf Deckungsbeiträge) verringern, ohne dass zusätzliche, nicht versunkene Kosten anfallen. Rationale Bieter:innen werden daher ihr Gebot nur an den erwarteten Realisierungskosten, also dem nach Zuschlag anfallenden Teil der Stromgestehungskosten, ausrichten.

Gebotskosten werden deshalb nur dann wiedergewonnen und rationale Bieter:innen nur dann an der Auktion teilnehmen, wenn der erwartete Bruttogewinn aus der Auktion (Differenz aus Zuschlagspreis und Realisierungskosten multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit eines Zuschlags) die Gebotskosten übersteigt (Samuelson, 1985; Menezes und Monteiro, 2000; Tan und Yilankaya, 2006; Ehrhart et al., 2020). Der erwartete Bruttogewinn wird dabei von den Auktionsparametern beeinflusst. Er sinkt im Bietgleichgewicht mit den Realisierungskosten sowie der Zahl der potenziellen Bieter:innen und steigt mit steigender Ausschreibungsmenge und Höchstpreis. So erwartet Bieter:in A in Abbildung 3 einen höheren Bruttogewinn als B und C, da die inframarginale Rente (die Differenz zwischen einheitlichem Zuschlagspreis und Realisierungskosten) bei niedrigeren Realisierungskosten höher liegt.

Abbildung 3
Teilnahme bei Gebotskosten mit und ohne Erstattung
Teilnahme bei Gebotskosten mit und ohne Erstattung

Quelle: eigene Darstellung.

Die Befürchtung hoher Gebotskosten kann nun dazu führen, dass Bieter:innen trotz niedrigerer Realisierungskosten (und einem höheren erwarteten Bruttogewinn) von einer Teilnahme an der Auktion und der Entwicklung ihres Projekts absehen, da ihr erwarteter Bruttogewinn die hohen Gebotskosten nicht deckt (Bieter:innen A und B in Abbildung 3, Szenario I). Beläuft sich das Ausschreibungsvolumen auf 2 MW, würde in Szenario I eine Unterzeichnung der Auktion drohen. Gebotskosten können in diesem Sinne die Effektivität der Auktion einschränken. Gebotskosten haben dabei eine ähnliche hemmende Wirkung wie ein zu niedriger Höchstpreis. Während höhere Gebotskosten einen höheren erwarteten Bruttogewinn erfordern, senkt ein niedrigerer Höchstpreis den erwarteten Bruttogewinn, und kann daher ceteris paribus die Angebotsknappheit in der Auktion verschärfen. Um eine Unterzeichnung der Auktion zu verhindern, kann die Bundesnetzagentur das Instrument der endogenen Rationierung einsetzen und die ausgeschriebene Menge eines Gebotstermins reduzieren, um so nachträglich einen Wettbewerb in der Auktion zu erzeugen. Dadurch wird das Angebot jedoch weiter verknappt und das Effektivitätsproblem verschärft, da eine Absenkung der Ausschreibungsmenge die Zuschlagswahrscheinlichkeit und somit den erwarteten Bruttogewinn der Bieter:innen senkt (Ehrhart et al., 2020).

Darüber hinaus kann sich das Vorliegen von Gebotskosten auch auf die Effizienz der Auktion auswirken. So können Gebotskosten dazu führen, dass Bieter:innen mit höheren Stromgestehungskosten teilnehmen (vgl. Abbildung 3: Im Basisszenario I nimmt das teurere Projekt C an der Auktion teil), während Bieter:innen mit relativ niedrigen Stromgestehungskosten von einer Teilnahme absehen. Im Extremfall könnte dies dazu führen, dass eine Anlage ohne Gebotskosten, aber mit sehr hohen Stromgestehungskosten risikolos teilnehmen kann und einen Zuschlag bekommt, gerade weil günstigere Anlagen wegen des Gebotskostenrisikos nicht teilnehmen. Führt eine solche Zurückhaltung zu einer absehbaren Unterzeichnung der Auktion, werden alle Teilnehmenden einen Zuschlag in Höhe des Höchstpreises erhalten. Dies führt zu einer ineffizient hohen Vergabe von Fördermitteln.

Anpassung im Ausschreibungsdesign dringend nötig

Letztlich erhöht das Vorliegen von „versunkenen“ Gebotskosten die Gefahr einer Unterzeichnung der Auktion und kann zu Ineffizienzen im Auktionsmechanismus führen. Diese Gefahr verschärft sich, wenn durch Anwendung des Referenzertragsmodells ein Großteil der inframarginalen Rente von Bieter:innen mit niedrigen Stromgestehungskosten reduziert wird und somit für diese das Risiko steigt, die Gebotskosten nicht refinanzieren zu können. Angesichts des Gebotskostenrisikos ergibt sich die Behebung von überflüssigen Hürden für die Teilnahme an der Auktion als direkte politische Implikation. „No-regret“-Maßnahmen, wie z.B. der Abbau administrativer oder formaler Hindernisse, um die Kosten für die Gebotsvorbereitung zu senken, ohne aber die Präqualifikationsanforderungen zu schwächen, müssen zügig umgesetzt werden. Dabei ist die besondere Dringlichkeit der Umsetzung zu beachten: Maßnahmen, z. B. zur Flächenbereitstellung oder der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren, können langfristig mehr Dynamik in den Ausbau der Windenergie bringen, erhöhen das Angebot jedoch erst zeitverzögert (Lehmann et al., 2022). Ferner bleibt das hohe Risiko versunkener Kosten als Kernproblem bestehen. Vor allem kleinere Akteur:innen müssen erhebliche Erfahrungen oder einen hohen Grad an Risikobereitschaft aufweisen, um trotz des Zuschlagsrisikos an der Auktion teilzunehmen. Um die Ausbauziele tatsächlich zu erreichen, können daher zusätzliche Maßnahmen sinnvoll sein.

Realisierungsrisiko bei früheren Auktionen

Eine Option zur Senkung der Gebotskosten könnte eine frühere Auktion sein. Vorschläge reichen von einer Auktion vor der privatrechtlichen Flächensicherung bis hin zu Ausschreibungen vor Erhalt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (Agora Energiewende et al., 2014; Degenhart und Nestle, 2014; Amazo et al., 2020). Findet die Auktion in früheren Stadien der Projektentwicklung statt, sinkt das Risiko der versunkenen Kosten, da Bieter:innen bereits früher wissen, ob sie einen Zuschlag in der Auktion erhalten und höhere Anteile der Stromgestehungskosten in ihr Gebot einbeziehen werden. Derartige Vorschläge erhöhen jedoch das Realisierungsrisiko für die beteiligten Akteur:innen. Zum einen besitzen Projektentwickler:innen zu diesem Zeitpunkt deutlich weniger Informationen zu Genehmigungschancen und den Projektkosten, sodass die Gebote unter einem hohen Grad an Unsicherheit abgegeben werden müssen. Zum anderen steigt das Risiko für den Regulierer, da schwer abzusehen ist, wie viele Projekte tatsächlich realisiert werden (Effektivitätsproblem). Aufgrund des Zeitverzugs zwischen Auktion und Inbetriebnahme können etwaige Fehlsteuerungen erst spät festgestellt und korrigiert werden.

Anhebung des Höchstpreises nur bedingt hilfreich

Zudem könnte auch der Höchstpreis in der Ausschreibung angehoben werden, um das Unterzeichnungsproblem zu reduzieren. Eine Anhebung des Höchstpreises könnte dabei eine höhere Teilnahme über einen höheren erwarteten Bruttogewinn induzieren. Ende 2022 hatten sich die Regierungsparteien im Zuge der Verhandlungen zur Strompreisbremse auf eine Anhebung des Höchstwertes um bis zu 25 % geeinigt (BNetzA, 2022b). Die Erhöhung ist dabei primär als eine Reaktion auf Kostenentwicklungen bei Rohstoffen, durch den Anstieg der Leitzinsen erschwerte Finanzierungsbedingungen und Preissteigerungen durch Lieferengpässe zu verstehen. Um das Problem der Unterzeichnung zu reduzieren, wäre somit eine weitere Anhebung des Höchstpreises notwendig.

Auch wenn durch eine weitere Anhebung des Höchstpreises grundsätzlich ausreichende Teilnahmeanreize geschaffen werden könnten, erscheint unsicher, ob diese Maßnahme im aktuellen Kontext politökonomisch durchsetzbar ist. So führt ein steigender Höchstpreis möglicherweise zumindest temporär zu höheren Zuschlags- und Strompreisen und senkt die Förderkosteneffizienz der Auktion, gerade wenn effektiver Wettbewerb in den Ausschreibungen nicht sichergestellt ist. Hohe Strompreise erscheinen dabei insbesondere in Anbetracht der aktuellen Energiepreiskrise und Inflation problematisch. Sie bergen zwar Anreize, in Energieeffizienz zu investieren und Strom zu sparen, führen jedoch zu einer finanziellen Belastung, speziell bei einkommensschwächeren Haushalten. Ferner können hohe Strompreise die Akzeptanz der Energiewende schwächen sowie Anreize zur Elektrifizierung (z. B. Elektromobilität) reduzieren. Die politische Durchsetzbarkeit einer weiteren Erhöhung dürfte daher fraglich sein.

Einheitliche und anteilige Gebotskostenerstattung als Lösungsvorschlag

Eine bisher im Kontext von Windenergie-an-Land-Auktionen wenig diskutierte Alternative, um zusätzliche Anreize zur Teilnahme zu schaffen, könnte stattdessen in einer Teil­erstattung der Gebotskosten der Bieter:innen liegen. Diese Maßnahme wird in der auktionstheoretischen Literatur diskutiert, um den Wettbewerb in Auktionen zu erhöhen (Gal et al., 2007; Fan und Wolfstetter, 2008). Dabei werden zwei mögliche Ausgestaltungsmöglichkeiten unterschieden. Eine Erstattung der Gebotskosten zu einem einheitlichen Betrag (X Euro/MW; Abbildung 3, Szenario II) sowie eine anteilige Erstattung der Gebotskosten (z. B. 30 % der Gebotskosten; Abbildung 3, Szenario III). Die Erstattung sollte in beiden Fällen grundsätzlich nur einen Teil der Gebotskosten decken, um Anreize zur Senkung von Gebotskosten der Bieter:innen zu erhalten (Tiedemann et al., 2015) und die Entwicklung ineffizienter Projekte mit sehr hohen Realisierungskosten nicht anzureizen. Potenzielle Bieter:innen berücksichtigen die gesetzten finanziellen Anreize im Rahmen ihrer Teilnahmeentscheidung und nehmen daher bereits dann an der Auktion teil, wenn der erwartete Bruttogewinn den nicht-erstatteten Teil der Gebotskosten deckt. Abhängig vom ursprünglichen Wettbewerbsniveau und der Höhe der Fördersumme führt die Erstattung zu einer höheren Beteiligung an der Auktion. So reicht die einheitliche Erstattung in dem vereinfachenden Beispiel in Abbildung 3 aus, damit Bieter:in B zusätzlich an der Auktion teilnimmt. Bei einer Ausschreibungsmenge von 2 MW wäre die Auktion nun nicht mehr unterzeichnet. Die anteilige Förderung in Abhängigkeit der Höhe der Gebotskosten würde bei gleichem Gesamt-Förderumfang durch eine stärkere Förderung für Bieter:in A, auch A einen ausreichenden Anreiz zur Teilnahme bieten, sodass bei einer Ausschreibungsmenge von 2 MW, eine effizientere Reihung der Bezuschlagung bewirkt werden kann. Nur die Bieter:innen A und B erhielten dann den Zuschlag.

Aus auktionstheoretischer Perspektive ist es dabei für die Effektivität der Auktion und die Reduzierung des Gebotskostenrisikos unerheblich, ob die Erstattung nach erfolgtem Zuschlag in der Auktion zurückgezahlt werden muss oder nicht. Eine Rückzahlung im Zuschlagsfall wäre zum Zeitpunkt der Gebotsabgabe nicht versunken und würde von rationalen Bieter:innen in das Gebot eingepreist. In diesem Fall verschöbe sich ein Teil der Gebotskosten zu den Realisierungskosten. Insofern stiegen die Gebote entsprechend, sodass die Gebotskosten für Gebote mit Zuschlag nun über die reguläre Vergütung (und letztlich die Strompreise) refinanziert würden. Eine Erstattung ohne Rückzahlungspflicht resultiert jedoch in niedrigeren nominalen Fördersätzen und könnte daher aus politökonomischen Gründen bevorzugt werden.

Bei dem Vergleich zwischen einer einheitlichen oder individuellen Erstattung zeigt sich ein möglicher Trade-off zwischen dem Ziel einer ausreichenden Teilnahme an Ausschreibungen und damit letztlich eine Erreichung der Ausschreibungsziele einerseits und der Förderkosteneffizienz des Ausschreibungssystems andererseits. Um eine möglichst hohe Förderkosteneffizienz zu erreichen, wäre eine individuelle Kalkulation der Erstattungen notwendig. So zeigen auktionstheoretische Analysen (z. B. Gal et al., 2007; Fan und Wolfstetter, 2008), dass nur eine individuelle, anteilige Erstattung durch die Teilnahme von Bieter:innen mit den niedrigsten Stromgestehungskosten auch die Gesamtförderkosten des Staates senken kann. Dieser Ansatz bringt jedoch auch Schwierigkeiten mit sich: So müssten die möglichen Effizienzgewinne mit dem deutlich höheren, möglicherweise die Praktikabilität des Ansatzes generell infrage stellenden Verwaltungsaufwand für die individuelle Erfassung der Gebotskosten verrechnet werden. Angesichts der Dringlichkeit des Ausbaus der erneuerbaren Energien und der hohen gesamtwirtschaftlichen Kosten durch eine Zielverfehlung kann daher auch die Erstattung eines einheitlichen Beitrags, zulasten nicht vollständig realisierter Effizienzgewinne, die Effektivität der Auktion stärken und einen wichtigen Beitrag zur Transformation des Energiesystems leisten.

Fazit

Angesichts des Realisierungsrisikos bei Auktionen in früheren Stadien der Projektentwicklung sowie den politökonomischen Hindernissen einer weiteren Höchstpreisanpassung bietet sich vor allem die Gebotskostenerstattung als eine begleitende Maßnahme für Auktionen für Windenergieanlagen an Land an. Sie kann helfen, die „Herkulesaufgabe“ der Verdoppelung der installierten Leistung aus Windenergieanlagen zu bewältigen und das Risiko zukünftiger Unterzeichnungen zu verringern. Für die im EEG 2023 verankerten Ausschreibungsmengen 2023 bis 2028 (insgesamt rund 62,8 GW) würde sich die Fördersumme einer einheitlichen Erstattung bei einem angenommenen Wert von z. B. 30 % der durchschnittlichen Gebotskosten (39.000 Euro/MW) auf rund 2,45 Mrd. Euro belaufen. Dies entspräche rund 1,9 % bis 2,8 % der spezifischen Anlagekosten der Onshore-Windenergie für diese Ausschreibungsmenge (88 Mrd. Euro bis 126 Mrd. Euro) (Fraunhofer ISE, 2021). Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich nicht um zusätzliche volkswirtschaftliche Kosten handelt, da die Gebotskosten Teil der Stromgestehungskosten der Anlagen sind. Durch die Erstattung kann allerdings der Teilnahmeanreiz an den EE-Ausschreibungen erhöht und das angesichts der seit langer Zeit andauernden Unterzeichnung sehr relevante Risiko einer Zielverfehlung verringert werden. Zusätzliche volkswirtschaftliche Kosten entstünden lediglich durch die Erstattung der Gebotskosten nicht bezuschlagter Leistung bzw. nicht realisierter Projekte. Diese dürfte im Kontext von Flächenknappheit und wiederholter Teilnahmemöglichkeiten an Auktionen jedoch vergleichsweise gering ausfallen. Die Förderkosten würden weiter sinken, wenn aufgrund von positiven Skaleneffekten größerer Anlagen eine Degression der Fördersumme mit der Windparkleistung eingebaut wird und Maßnahmen zur Vereinfachung des Planungs- und Genehmigungsverfahren Wirkung zeigen. Eine mögliche Finanzierungsquelle für die Maßnahme wäre dabei das EEG-Konto mit einem Kontostand (November 2022) in Höhe von 15,7 Mrd. Euro (Netztransparenz, 2023). Eine Gebotskostenerstattung müsste dabei EU-Beihilfevorschriften berücksichtigen. Sie könnte als beihilfekonform interpretiert werden, da die Maßnahme eine effizientere Vergabe von Fördermitteln unterstützt. Ferner könnte die Gebotskostenerstattung auch über Windenergie-an-Land-Auktionen hinaus an Relevanz gewinnen. Das könnte z. B. der Fall sein, wenn auch bei Auktionen für zukünftige Kapazitätsmärkte hohe Gebotskosten eine relevante Teilnahmehürde darstellen. Seit dem 1.1.2023 werden Gebotskosten bis zu maximal 200.000 Euro bereits für Bürger­energiegesellschaften erstattet (BWMK, 2022). Allerdings erscheint es zweifelhaft, ob die Förderhöhe ausreicht, um einen signifikanten zusätzlichen Anreiz zur Teilnahme darzustellen. Bei durchschnittlichen Gebotskosten von 1,17 Mio. Euro für einen 10 MW-Windpark dürfte die Förderung nur 17 % der Gebotskosten decken. Rund 390.000 Euro wären hingegen erforderlich, um im Durchschnitt 30 % der Gebotskosten eines 10 MW-Windparks zu decken.

Letztlich muss die Anpassung des Ausschreibungsdesigns jedoch immer als Teil eines Maßnahmenpakets verstanden werden. Weitere Maßnahmen für die Bereitstellung von mehr Flächen und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sowie zur finanziellen Beteiligung zur Erhöhung der Akzeptanz müssen zügig beschlossen werden, um die Ausbauziele tatsächlich erreichen zu können – zumal ein Großteil der Gebotskosten auch durch langwierige und unsichere Genehmigungsverfahren entsteht.

  • 1 Die Begriffe Auktion und Ausschreibung werden hier als Synonym verwendet. Erneuerbare-Energien-Ausschreibungen sind Beschaffungsauktionen (auch umgekehrte Auktionen), da es sich um den Einkauf und nicht um den Verkauf von Gütern handelt.
  • 2 Grundsätzlich wird in Erneuerbare-Energien-Auktionen das Gebotspreisverfahren (pay-as-bid) angewandt. Zur Vereinfachung der Analyse wird hier jedoch auf eine idealisierte Auktionsform zurückgegriffen.

Literatur

Agora Energiewende, Fraunhofer ISI, Consentec, TU Wien (2014), Ausschreibungen für Erneuerbare Energien – Welche Fragen sind zu prüfen?

Amazo, A., F. von Blücher, B. Lotz und M. Jakob (2020), Auctions and renewable energy communities – Measures to support RES communities in auctions – Country experiences and lessons learnt, AURES Project, D4.2, Februar.

BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2022), Bekanntmachung der Richtlinie zum Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ bei Windenergie an Land, vom 13. Dezember.

BNetzA – Bundesnetzagentur (2022a), Ausschreibungen für EE- und KWK-Anlagen, https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Fachthemen/ElektrizitaetundGas/Ausschreibungen/start.html (5. Januar 2023).

BNetzA – Bundesnetzagentur (2022b), Festlegung der Höchstwerte für Ausschreibungen für Wind an Land und Aufdach-Solaranlagen für 2023, https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/20221227_Hoechstwerte.html (27. Dezember 2022).

Degenhart, H. und U. Nestle (2014), Marktrealität von Bürgerenergie und mögliche Auswirkungen von regulatorischen Eingriffen, Studie für Bündnis Bürgerenergie (BBEn) und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Deutsche WindGuard (2019), Vorbereitung und Begleitung bei der Erstellung eines Erfahrungsberichts gemäß § 97 Erneuerbare-Energien-Gesetz – Teilvorhaben II e): Wind an Land.

Ehrhart, K.-M., A.-K. Hanke und M. Ott (2020), A Small Volume Reduction that Melts Down the Market: Auctions with Endogenous Rationing, ZEW Discussion Papers, 14.

Fan, C. und E., Wolfstetter (2008), Procurement with costly bidding, optimal shortlisting, and rebates, Economics Letters, 98, 2008, 327-334.

FA Wind – Fachagentur Windenergie an Land (2015), Dauer und Kosten des Planungs- und Genehmigungsprozesses von Windenergieanlagen an Land.

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Reutter, F., C. Geiger, P. Lehmann, J.-N. Meier und P. Tafarte (2022), Flächenziele für die Windenergie: Wie zielführend ist das neue Wind-an-Land-Gesetz?, Wirtschaftsdienst, 102(9), 703-708.

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Tiedemann, S., F. Wiegand und C. Klessmann (2015), Akteursvielfalt Windenergie an Land – Herausforderungen, Akteursdefinition und mögliche Sonderregelungen, ECOFYS Germany.

Title:Bid Cost Support in Wind Energy Auctions

Abstract:Germany faces the challenge of rapidly breaking free from its dependence on fossil fuels. This requires a comprehensive transformation of the energy system. Onshore wind energy is one of the most important generation sources that must be developed on a large scale in order to decarbonise the energy sector. While the expansion targets were raised significantly with the Renewable Energy Law (Erneuerbare-Energien-Gesetz) 2023, the actual deployment of onshore wind energy remains in crisis. To accelerate the expansion, much has been discussed about providing land and simplifying the approval process. However, this article emphasises that reimbursing bid preparation costs can also contribute to driving the expansion of onshore wind energy.

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© Der/die Autor:in 2023

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DOI: 10.2478/wd-2023-0033