Aufgrund der Wetterabhängigkeit ist die Erzeugung von erneuerbaren Energien volatil. Daraus resultieren stark schwankende Preise am Spotmarkt der Strombörse. Die Situation wird dadurch verschärft, dass die Speichertechnologie noch nicht genug ausgereift ist, um große Strommengen aufzunehmen. Sie müssen in dem Moment verbraucht werden, in dem sie produziert werden. Ein Abschalten der Erzeugungsanlagen wird aufgrund regulatorischer, aber auch aufgrund technischer und wirtschaftlicher Vorgaben zumeist vermieden. Der Hintergrund ist, dass in Deutschland eine bevorzugte Einspeisung für staatlich geförderten Strom aus erneuerbaren Energien besteht. Folglich bleiben der Regelenergiemarkt, der Verkauf an das Ausland und als Anreizinstrument der börsennotierte Spotmarktpreis, um Stromspitzen abzufangen. Flexible Ladepreismodelle für E-Fahrzeuge können als „Hidden Champion“ ein Hebel für das Gelingen einer erfolgreichen Integration erneuerbarer Energien sein. Sie steigern die Attraktivität von E-Autos und motivieren Nutzer, ihre Ladegewohnheiten an das Wetter anzupassen.
Preise sind bekanntlich ein Indikator der Knappheit eines Gutes. Ein Überangebot von Strom führt zu negativen Strompreisen – wie am 12. Mai 2024 -13,545 ct/kWh an der European Power Exchange (EPEX). So wird aus einem knappen zeitweise ein überschüssiges Gut, dessen Abnehmer bezahlt werden – eine paradoxe Situation. Diesem Dilemma kann von zwei Seiten begegnet werden: Entweder von der Erzeugungsseite, was aus regulatorischen Gründen, wie oben beschrieben, nur bedingt möglich ist oder von der Abnahmeseite der Nachfrager. Letztere können auf die negativen Preissignale durch einen zusätzlichen, ungeplanten Verbrauch reagieren. Als Beispiele sind im industriellen Kontext verlängerte Produktionszeiten durch weitere Schichten, Heizen mit Strom statt Erdgas oder Erhöhung der Intensität der laufenden Prozesse zu nennen, sofern dies technisch möglich ist.
Ein weiterer Ansatzpunkt sind die zahlreichen flexiblen und dezentralen Klein-Verbraucher. Dazu zählen insbesondere intelligente Steuereinheiten für den Haushalt, wie Wärmepumpen und Batterien von E-Fahrzeugen. Deren Ladevorgang kann grundsätzlich an die Angebots- bzw. Verfügbarkeitssituation von Strom angepasst werden. Deutschlandweit verteilte Ladestationen sowie Wallboxen tragen bei intelligenter Nutzung zu einer Entlastung der Stromnetze bei.
Die Kosten für Strom an der Ladesäule setzen sich aus dem Preis für den Strom und sonstigen Steuern sowie Abgaben zusammen. Der Preis für das Stromprodukt als Teil des Ladepreises ist das zentrale Element der Flexibilität. Die hoheitlichen Abgaben bleiben in ihren Bestandteilen entweder absolut oder prozentual gleich, jedoch kann der Strompreis schwanken. In den meisten Fällen sehen E-Autofahrer den Preis in ihrer Lade-App. Dieser ist weitestgehend konstant. Durch die Nutzung von variablen Spotmarktpreisen könnte der Preis für Ladestrom allerdings stundenweise angepasst werden. Flexible Ladestrompreise für E-Fahrzeuge wirken als effizientes direktes Preissignal und bieten Nutzern dadurch einen Anreiz, ihre Fahrzeuge in Zeiten hoher Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom zu laden. Umgekehrt wirkt ein hoher Strompreis als Signal, das E-Auto nur teilweise oder gar nicht zu laden, wenn Knappheit am Markt herrscht. Die stündlichen Strompreise eines aktuellen Tages werden an den Handelsplattformen bis zum Vortag gehandelt, sodass genug Zeit besteht den Elektrofahrzeugladern attraktive Zeitfenster zu nennen, an denen der Ladestrompreis günstig ist. Damit sind die Preissignale kundenfreundlich, da jeder Nutzer sich rechtzeitig darauf einstellen kann.
Laut Verivox lagen die Ladepreise im November 2024 zwischen 39 und 89 Cent pro Kilowattstunde. Der reine Energiekostenanteil kann nicht genau beziffert werden, da dies vom Beschaffungsverfahren abhängt. Als geeigneter Kalkulationspunkt eignet sich daher der durchschnittliche EPEX-Spotmarktpreis. Dieser beläuft sich auf 7,492 ct/kWh (Stand 30.11.2024). Demnach besteht eine Spanne zwischen dem durchschnittlichen Spotmarktpreis und dem geringsten Strommarktpreis (-13,545 ct/kWh) von 20,942 ct/kWh. Unter sonst gleichen Bedingungen könnte der Strompreis an der Ladesäule in Zeiten hoher Stromverfügbarkeit von 39 bis 89 auf ca. 18 bis 68 ct/kWh sinken. Dies motiviert E-Autofahrer, ihre Ladezeiten flexibel zu gestalten und Kosten zu sparen. Das entlastet auch das Stromnetz. Die dezentrale Verteilung der Ladevorgänge reduziert die weiten Transportstrecken zu den Stromsenken im Ausland oder den Industrieunternehmen. Demzufolge werden weniger Aufwendungen für den Ausbau und die Ertüchtigung der Netze benötigt.
Flexible Preise können somit zu einer breiteren Akzeptanz erneuerbarer Energien maßgeblich beitragen und sind ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaziele.