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Nur zwei Wochen vor seinem zweiten Amtsantritt als US-Präsident zog Donald Trump bei einer Pressekonferenz in Erwägung, dass sich die USA, aus Gründen der nationalen Sicherheit, Grönland und den Panamakanal aneignen – durch wirtschaftlichen Druck, aber auch militärische Gewalt schloss Trump nicht aus. Zudem schlug er vor, der souveräne Staat und enge amerikanische Verbündete Kanada könnte zum 51. Bundesstaat werden. Während Trump dafür bekannt ist, willkürliche und zusammenhangslose Vorschläge in den Raum zu stellen, die seine Anhänger unterhalten und die restliche Öffentlichkeit und Presse alarmieren, bleibt die internationale Gemeinschaft häufig ratlos und verunsichert zurück.

Vielleicht ist genau das der Sinn solcher Äußerungen. Auch wenn niemand sicher sein kann, wie ernst Trump es meint und welche Absichten er mit seinen öffentlichen Äußerungen verfolgt, so ist doch klar, dass er seine Unberechenbarkeit nutzt, um Freunde und Feinde gleichermaßen auf Trab zu halten. Während des Vietnamkriegs soll US-Präsident Richard Nixon den Begriff der „Madman-Theorie“ geprägt haben, die besagt, dass ein Staatsoberhaupt, das sich so verhält, als ob es zu allem fähig wäre, bessere Chancen hat, andere globale Akteure zu Zugeständnissen zu bewegen. Auch zu solchen, die sie sonst nicht gemacht hätten. Trumps langjähriger Berater Steve Bannon hat eine weitere Trump-Strategie beschrieben: „Den Raum mit Müll zu fluten“. Diese Strategie besagt, dass es egal ist, was man sagt, man muss nur mehrere kontroverse Aussagen gleichzeitig veröffentlichen, und schon sorgt man nicht nur für Schlagzeilen, sondern lenkt die Öffentlichkeit von den wirklichen Problemen ab, verwirrt seine Feinde und kontrolliert so das Narrativ.

Amerikas europäische Verbündete sprechen schon seit Jahren über die Möglichkeit einer zweiten Amtszeit Trumps und bereiten sich, so gut es geht, darauf vor. Aber wie kann man sich auf etwas vorbereiten, wenn es so viele unbekannte Variablen gibt? Während des Wahlkampfs versprach Trump, das Abtreibungsrecht in den USA abzuschaffen, während er gleichzeitig die strikten Abtreibungsverbote auf bundesstaatlicher Ebene kritisierte; er versprach, die Verbraucherpreise zu senken und gleichzeitig die Zölle zu erhöhen; er versprach, die Verschwendung öffentlicher Mittel zu reduzieren und gleichzeitig das Defizit zu erhöhen. Es heißt, dass Journalisten Trump wörtlich, aber nicht ernst nehmen, während seine Anhänger ihn ernst, aber nicht wörtlich nehmen. Im Jahr 2025 muss Europa Trump sowohl wörtlich als auch ernst nehmen. Und zwar bei folgenden wirtschaftspolitischen Themen:

Handel: Die EU und die USA unterhalten die weltweit umfangreichsten bilateralen Handels- und Investitionsbeziehungen, die gemessen an der Kaufkraft ein Drittel des globalen BIP ausmachen. Diese Wirtschaftsbeziehungen sind eine Grundlage für den gemeinsamen Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks. Trotzdem hat Trump nationale Sicherheitsbedenken als Grund für die Rückkehr zu einer protektionistischeren und konfrontativen Wirtschaftspolitik angeführt. Trump hat angedeutet, bestehende Zölle beizubehalten und neue einzuführen – auch die EU wäre von dieser Politik nicht ausgenommen. Dies würde wahrscheinlich die Wiedereinführung der Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium (nach section 232 des Trade Expansion Act von 1962) bedeuten – ursprünglich von Trump im Jahr 2018 eingeführt mit Sätzen von 25 % auf Stahl und 10 % auf Aluminium. Darüber hinaus hat Trump die Idee von Basiszöllen von 10–20 % (und bis zu 60 % auf Waren aus China) auf alle US-Importe ins Spiel gebracht. Insbesondere Deutschland war Gegenstand von Trumps Zorn, weshalb er erneut mit der Idee der Einführung von Autozöllen spielte. Trumps „America First“-Handelspolitik konzentriert sich mehr auf die Reduzierung des beträchtlichen US-Handelsdefizits als auf die Erschließung neuer Marktchancen.

Energie und Klima: Trump hat versprochen, die heimische Öl- und Gasförderung auszubauen und mehr fossile Brennstoffe zu exportieren, was zu weiterer Verunsicherung auf den europäischen Märkten führen könnte. Gleichzeitig sind die Brände in Los Angeles und die zerstörerische Hurrikan-Saison an der Golfküste und im Südosten der USA Beispiele dafür, dass die durch die globale Erwärmung verursachten Wetterextreme in vielen Teilen der USA immer und höhere Kosten verursachen. Dennoch plant Trump, aus dem Pariser Abkommen auszusteigen und auf fossile Brennstoffe zu setzen, was das Tempo der grünen Transformation in einem Land verlangsamt, das für ein Zehntel der weltweiten Emissionen steht. Die fehlenden finanziellen Beiträge und CO2-Einsparungen der USA müssen teilweise von der EU kompensiert werden. Einige von Trumps Beratern haben auch die Abschaffung des Inflationsbekämpfungsgesetzes (Inflation Reduction Act, IRA) gefordert, was Brüssel begrüßen würde, da es Arbeitsplätze nach Europa zurückbringen könnte. Für die Eindämmung des Klimawandels wäre es jedoch ein weiterer Rückschlag, da die Biden-Administration mit dem IRA auch zahlreiche und weitreichende Schritte zur Dekarbonisierung vorangetrieben hatte.

Sicherheit: Trump hat wiederholt die unzureichenden europäischen Beiträge zur NATO beklagt. Doch seine Drohungen, sich aus dem Bündnis zurückzuziehen und Putin machen zu lassen, „was er wolle“, haben seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Jahr 2022 eine neue Bedeutung bekommen. Die militärische Sicherheit Europas ist heute weitgehend von den USA abhängig. Trump kann die USA ohne eine qualifizierte (2/3) Mehrheit (in beiden Kammern des Kongresses) nicht vollständig aus der NATO zurückziehen, doch könnte seine Regierung den Beitrag der USA zum Bündnis erheblich verringern. Trump könnte die Zahl der US-Streitkräfte in Europa reduzieren, die Zusammenarbeit in den Bereichen Geheimdienste, Überwachung und Aufklärung einschränken oder sogar den nuklearen Schutzschirm über Europa beenden. Darüber hinaus wird der Schwerpunkt von Trumps Sicherheitsinteressen weiterhin auf China und dem asiatisch-pazifischen Raum liegen, sodass Europa mehr Verantwortung für seine eigenen auch militärischen Interessen übernehmen muss. Dafür bedarf es einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben der europäischen NATO-Verbündeten.

Technologie: Unter Biden war der Dialog zwischen der EU und den USA in Sachen Technologie auf Augenhöhe. Trump könnte das ändern, indem er den EU-US-Handels- und Technologierat auflöst, das 2021 gegründete, halbjährliche transatlantische politische Treffen um die Technologiepolitik abzustimmen. Trump wird wahrscheinlich weiterhin den Zugang Chinas zu Hightech-Sektoren beschränken, um Innovationen in den USA zu schützen. Die EU könnte mit den USA zusammenarbeiten, um die Haltung gegenüber China im Austausch für Informationen und Zusammenarbeit zu koordinieren.

Die Ära von US-Präsidenten wie Joe Biden, überzeugten Transatlantikern „alter Schule“, die Europa als eine wichtige Säule amerikanischer Sicherheits- und Außenpolitik sahen, ist zu Ende gegangen. Trump hat deutlich gemacht, dass seine „America First“-Agenda bedeutet, dass mit einem Amerika zu rechnen ist, das weniger bereit ist, Europas physische Sicherheit zu garantieren und sogar dessen wirtschaftliche Sicherheit in Frage stellt.

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© Der/die Autor:in 2025

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DOI: 10.2478/wd-2025-0001

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