Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren äußerst ungünstig entwickelt. Während das Bruttoinlandsprodukt im Euroraum insgesamt und in den USA mittlerweile wieder die vor der COVID-Pandemie erwarteten Trends erreicht hat, liegt es in Deutschland deutlich darunter. Zum einen ist das Produktionspotenzial in Deutschland deutlich niedriger als noch vor fünf Jahren erwartet und zum anderen ist die Wirtschaft konjunkturell unterausgelastet. Insbesondere die Produktivitätsentwicklung gibt Anlass zur Sorge. Die Arbeitsproduktivität (Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen) liegt sogar unter dem Vorkrisenniveau.
Diese Entwicklung gibt einen Vorgeschmack auf das, was vor uns liegt. Der gesamtwirtschaftliche Verteilungsspielraum in Form von Produktionszuwächsen wird künftig demografiebedingt deutlich zurückgehen. Die durchschnittliche Potenzialwachstumsrate dürfte nach Schätzungen des IWH im Zeitraum 2023 bis 2029 nur noch 0,3 % betragen, nachdem sie zwischen 1996 und 2023 bei 1,2 % gelegen hat (Drygalla et al., 2024). Maßgeblich dafür wird ein negativer Wachstumsbeitrag des Arbeitsvolumens sein. Aber auch die Kapitalakkumulation und der Produktivitätsfortschritt sind schwach.
Hinzu kommt ein nun schon mehrere Jahre dauernder konjunktureller Abschwung, zu dem der Energiepreisanstieg im Jahr 2022 beigetragen hat, der aber auch von einer erheblichen wirtschaftspolitischen Unsicherheit getrieben wird, welche ihren Teil zur Kaufzurückhaltung der privaten Haushalte und zu sinkenden Unternehmensinvestitionen beiträgt. Eine neue Bundesregierung sollte zunächst die immense ökonomische Verunsicherung dämpfen, indem sie ein verlässliches wirtschaftspolitisches Konzept vorlegt, das mindestens die ganze Legislaturperiode über trägt, und nicht wiederholtes Nachsteuern in Grundsatzfragen erfordert. Die wichtigsten Bereiche sind diesbezüglich Demografie, Dekarbonisierung und Digitalisierung. Im Folgenden gehe ich vor allem auf die langfristigen Aspekte ein.
Stress im Staatshaushalt
Für die Staatsfinanzen bedeutet die Wachstumsverlangsamung Stress. Die Steuereinnahmen dürften nur in etwa in dem Umfang steigen, wie das Bruttoinlandsprodukt wächst, während die Ausgabenwünsche deutlich stärker zunehmen. So wird der Steuerzuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung spürbar steigen, weil Leistungsanpassungen trotz eines sich verschlechternden zahlenmäßigen Verhältnisses von Beitragszahlern zu Rentenempfängern allseits abgelehnt werden. Auch im Gesundheits- und Pflegewesen steigen die öffentlichen Ausgaben überproportional. Hinzu kommt, dass die nach Auslaufen des Bundeswehr-Sondervermögens für die Landesverteidigung zur Verfügung stehenden Mittel wohl zu gering sein dürften, um den neuen geopolitischen Verhältnissen angemessen Rechnung zu tragen. Außerdem steigen die staatlichen Zinsausgaben im Zuge der Zinsnormalisierung; es müssen bereits mehr als 1 % des Bruttoinlandsprodukts für die Zinszahlungen des Staates aufgewendet werden, Tendenz steigend, wenngleich dies im internationalen Vergleich noch wenig ist. Insgesamt ist damit zu rechnen, dass das strukturelle staatliche Finanzierungsdefizit, also die Differenz zwischen Staatsausgaben und Staatseinnahmen nach Herausrechnung von Konjunktureinflüssen und Einmaleffekten, ohne Konsolidierungsmaßnahmen steigen wird. Das IWH erwartet in seiner Prognose vom Dezember 2024 ein strukturelles Staatsdefizit von 1,3 % in Relation zum Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2025 und von 1,9 % im Jahr 2026. Damit würde Deutschland in Konflikt mit den neuen Fiskalregeln der Europäischen Union geraten, die Konsolidierungsmaßnahmen vorsehen, wenn das strukturelle Defizit über 1,5 % in Relation zum Bruttoinlandsprodukt liegt. So hat die gescheiterte Ampelregierung gar nicht erst die Finanzplanung an die Europäische Kommission übermittelt, wie eigentlich in den europäischen Überwachungsregeln für die öffentlichen Haushalte vorgesehen.
Reform der Schuldenbremse?
Größere Probleme als die europäischen Fiskalregeln scheint der Ampelkoalition allerdings die deutsche Schuldenbremse bereitet zu haben. Es besteht wohl ein breiter Konsens in Deutschland darüber, dass die nationale Schuldenbremse für eine Regel von Verfassungsrang zu restriktiv ist. Es liegen seriöse Reformvorschläge vor, etwa von der Deutschen Bundesbank, um den finanzpolitischen Spielraum im Rahmen der nationalen Schuldenbremse zu erweitern. Das scheint sinnvoll. Aber ist davon eine Verbesserung der strukturellen Probleme zu erwarten? Ließe sich der demografische Wandel mit mehr Schulden aufhalten? Ließe sich mit mehr Schulden die Energiewende besser meistern? Ließen sich mit mehr Schulden mehr Beschäftigte für die Bereiche Bildung und Gesundheit finden? Befürworter höherer Staatsschulden blenden häufig die reale Ressourcenbeschränkung aus. Höhere Staatsschulden ermöglichen dem Staat zunächst einmal, ein größeres Stück des gesamtwirtschaftlichen Kuchens für sich zu beanspruchen. Wenn dieser Anteil von der Privatwirtschaft konsumtiv, vom Staat aber investiv verwendet würde, dann könnte dadurch tatsächlich der zukünftige Kuchen größer werden. Aber ist das das derzeit relevante Szenario?
Nehmen wir an, die maximal zulässige strukturelle Neuverschuldung im Rahmen der nationalen Schuldenregel würde von 0,35 % auf die auf europäischer Ebene maximal zulässigen 1,5 % in Relation zum Bruttoinlandsprodukt ausgeweitet werden, wobei dann auch Nebenhaushalte wie das Sondervermögen Bundeswehr mitgerechnet würden. Die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen würde das nicht ruinieren. Aber es ergäbe sich auch damit erstens kein zusätzlicher finanzieller Spielraum gegenüber der Status-quo-Prognose für das strukturelle Defizit. Und zweitens bliebe zumindest kurzfristig das Produktionspotenzial davon unberührt; selbst wenn der Staat die zusätzlichen Finanzmittel investiv verwenden würde, bräuchte der Aufbau eines höheren öffentlichen Kapitalstocks, beispielsweise im Bereich der Verkehrsinfrastruktur, Zeit, bei Mehrausgaben für Bildung, Forschung und Entwicklung, von denen die größte volkswirtschaftliche Rendite zu erwarten ist, sogar sehr viel Zeit. Auch bei Steuererleichterungen mit dem Ziel, die private Investitionstätigkeit anzuregen, sind die kurzfristigen Fiskalmultiplikatoren klein und wohl niedriger als eins. Wie man das Blatt auch wendet, für die neue Bundesregierung wird kein Weg daran vorbeigehen, über Prioritäten bei den öffentlichen Ausgaben nachzudenken. Das Beharren darauf, dass man Verteidigung, innere Sicherheit und Sozialstaat nicht gegeneinander ausspielen möchte, vernachlässigt die ökonomische Grunderkenntnis, dass reale Ressourcen knapp sind. Auch mit höheren Staatsschulden gibt es nicht von heute auf morgen mehr Erwerbstätige, mehr physisches Sachkapital oder eine höhere Produktivität. Das Vorhaben, gleichzeitig mehr Rüstungsgüter herzustellen, mehr Menschen für Gesundheit und Pflege einzustellen und mehr Konsumgüter für Rentner zu produzieren, scheitert an realer Ressourcenknappheit, wenn nicht andere Dinge aufgegeben werden.
Produktivität ist der Schlüssel
Welche Optionen bleiben einer neuen Bundesregierung, wenn sie die finanzielle und die reale Budgetbeschränkung zur Kenntnis genommen hat? Mit den vorhandenen Ressourcen könnte mehr erreicht werden, wenn die Produktivität wieder zunimmt. Das wird gesamtwirtschaftlich allerdings nicht einfach, denn der Produktivitätszuwachs in der Vergangenheit kam vor allem aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Vor der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 betrug der Beitrag der Industrie zum jährlichen Wachstum der Arbeitsproduktivität um 1,5 % knapp 1 Prozentpunkt. Bereits in der Zeit zwischen Finanzkrise und Pandemie ging der Beitrag der Industrie zum Produktivitätswachstum deutlich zurück. Seit mehreren Jahren kommt nun aber noch erschwerend hinzu, dass der Anteil der Industrie an der gesamten Wertschöpfung rückläufig ist. Da die Arbeitsproduktivität in der Industrie über derjenigen in vielen Dienstleistungsbereichen liegt, bedeutet ein höherer Anteil dieser Dienstleistungsbereiche rechnerisch eine Verringerung der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität. Nun könnte man daraus ableiten, dass der Industrieanteil wieder erhöht werden sollte. Aber das ist kein realistisches Ziel. Dem Verbrauch materieller Ressourcen für die Herstellung von Industriegütern sind sowohl aus Umweltgründen als auch aufgrund von Nachfrageverschiebungen in alternden und wohlhabender werdenden Gesellschaften Grenzen gesetzt. Immer mehr Stahl, Chemie und Kraftfahrzeuge je Einwohner funktioniert auf Dauer nicht. Vielmehr ist es durchaus sinnvoll, dass der Anteil der Dienstleistungen, z.B. in den Bereichen Erziehung, Gesundheit, Pflege oder Sicherheit, zunimmt. Umso mehr kommt es darauf an, die sich bietenden Möglichkeiten für Produktivitätssteigerung auch in den Dienstleistungsbereichen zu nutzen. Dass Deutschland und ebenso andere Länder in der EU von den USA bei der Zunahme der Arbeitsproduktivität seit den frühen 2000er Jahren drastisch abgehängt wurden, liegt vor allem an den Dienstleistungsbereichen, z. B. im Zusammenhang mit der Digitalisierung.
Unternehmenssubventionen produzieren keine neuen Ideen
Wie kann die Politik die Produktivität fördern? Langfristig sind Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung die wichtigsten Produktivitätstreiber. Die Bildungspolitik liegt überwiegend in der Verantwortung der Länder; hier ist die nächste Bundesregierung nicht zuvorderst in der Pflicht. Bei der Förderung von Forschung und Entwicklung hat sie aber einiges an Möglichkeiten, und zwar nicht nur über Förderprogramme für Drittmittelprojekte an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, sondern insbesondere im Kontext der Energiewende auch über Anreize für private Forschung und Entwicklung.
Vor den Ölpreisschocks der 1970er Jahre hat es kaum einen nennenswerten energiesparenden technischen Fortschritt gegeben. Erst die Ölpreisexplosion hat die Privatwirtschaft dazu veranlasst, verstärkt über ölsparende Technologien nachzudenken. Seitdem gelingt es, einen Euro Bruttoinlandsprodukt mit jährlich etwa 2,5 % weniger Energie zu erwirtschaften. Bei der Dekarbonisierung der Wirtschaft könnte es ähnlich laufen: Der beste Weg, Treibhausgasemissionen zu reduzieren, ist der europäische Emissionshandel mit voraussehbar abnehmenden Emissionsberechtigungen. Dadurch würden Emissionen nicht nur zunächst dort reduziert, wo die Grenzvermeidungskosten am niedrigsten sind, sondern über den steigenden CO2-Preis gäbe es – ähnlich wie beim steigenden Ölpreis in den 1970er Jahren – einen erheblichen Anreiz, verstärkt in den energiesparenden technischen Forstschritt zu investieren. Dies kann allerdings nur gelingen, wenn der steigende CO2-Preis mit funktionierenden Klimazöllen auf EU-Ebene einhergeht, weil sonst einfach emissionsintensive Produktion ins Ausland verlagert würde. Freilich ist eine sozialpolitische Flankierung erforderlich; dies geschieht am besten über das aktuelle soziale Sicherungssystem inklusive Bedürftigkeitsprüfung. Ein Klimageld für alle scheint hingegen nicht sinnvoll; unter dem Strich hat der Staat keinen finanziellen Spielraum dafür, und die Mitnahmeeffekte wären sehr hoch. Insgesamt gehört die Klimaschutzpolitik auf die europäische Ebene, nationale Alleingänge haben kaum eine Wirkung auf die Treibhausgasemissionen in der EU insgesamt, und sie verteuern die Energiewende in Deutschland unnötig.
Grundsätzlich ist die Strategie, wirtschaftspolitische Ziele mit Finanzhilfen für private Unternehmen und Haushalte zu verfolgen, in den meisten Fällen nicht zielführend. Insbesondere dann nicht, wenn sie durch diskretionäre politische Entscheidungen an einzelne Unternehmen oder Branchen gerichtet sind. Hier ist die Gefahr groß, dass damit der Strukturwandel behindert wird, weil ältere und größere Unternehmen mehr politische Einflussmöglichkeiten haben als jüngere und kleinere. Eine Ursache des geringen Produktivitätsfortschritts in Deutschland ist die niedrige Unternehmensdynamik. Durch die politisch gestützte Bewahrung des Alten fehlen jungen und wachsenden Unternehmen die Ressourcen für die Expansion. Mangelnde Finanzierungsmöglichkeiten für expandierende junge Firmen nach der anfänglichen Gründungsphase werden oft als Engpassfaktor genannt. Und es sind vor allem junge, wachsende Firmen, in denen entscheidende Innovationen mit entsprechenden Effekten auf den Produktivitätsfortschritt gelingen. Insgesamt ist die Schumpetersche schöpferische Zerstörung in Deutschland (und in der EU) unterentwickelt. Die neue Bundesregierung sollte der Förderung von Kreativität und Wandel – verbunden mit einem starken Sozialstaat zur Abfederung individueller Härten – den Vorzug gegenüber der Subvention bestehender Unternehmen geben, deren Geschäftsmodell nicht mehr zu tragen scheint.
Was ist mit den Leistungsbilanzüberschüssen?
Die exportorientierte Industrie hat in der Vergangenheit maßgeblich zum Wohlstand in Deutschland beigetragen; das wird sie auch in Zukunft. Aber Überschüsse im internationalen Güterhandel und mit ihnen einhergehende Leistungsbilanzüberschüsse sind für sich genommen kein sinnvolles wirtschaftspolitisches Ziel. Der Wohlstand hängt nicht davon ab, ob ein Land einen Leistungsbilanzüberschuss oder ein Leistungsbilanzdefizit hat. Beides kann bei unterschiedlichen makroökonomischen Rahmenbedingungen Ausdruck optimaler Ressourcenallokation sein. So kann es in einer alternden Gesellschaft wie Deutschland durchaus sinnvoll sein, zunächst Leistungsbilanzüberschüsse zu erwirtschaften, um das Nettoauslandsvermögen zu erhöhen und damit künftige Konsummöglichkeiten zu erweitern. Das wird aber nur dann zu einer rationalen Strategie, wenn in der Zeit des demografiebedingten Rückgangs der inländischen Produktionskapazitäten vermehrt Kapital ins Inland zurückfließt und zur Finanzierung des Konsums der Inländer herangezogen wird. Eine Wirtschaftspolitik, die sich per se den Exportweltmeistertitel als Ziel setzt, macht hingegen keinen Sinn. Ein dauerhafter Nettoabfluss von Gütern und Kapital ins Ausland ist gesamtwirtschaftlich nicht wünschenswert.
In dieser Hinsicht war die Idee des Generationenkapitals der Ampelregierung interessant. Nimmt man an, dass der Aufbau eines öffentlichen Finanzkapitalstocks durch den Erwerb ausländischer Wertpapiere und die Finanzierung durch Staatsverschuldung im Ausland erfolgt, dann bleibt in der Aufbauphase das Nettoauslandsvermögen zunächst konstant. Mit der Schuldenbremse wäre ein solches Vorgehen vereinbar; es stiegen zwar die Bruttoschulden, aber es handelt sich um finanzielle Transaktionen, die nicht in das strukturelle Staatsdefizit eingehen. Wenn die Nettorendite nach Abzug der Transaktions- und Verwaltungskosten die Zinskosten aus der zusätzlichen Verschuldung übersteigt, dann kommt es mit der Zeit zu entsprechenden inländischen Kapitaleinkünften aus dem Ausland. Die Chancen stehen gut, dass die Konsumquote bezüglich dieser Einkünfte, zumal wenn sie für Rentenzahlungen verwendet werden, höher ist als die durchschnittliche Konsumquote der privaten Haushalte, die in Deutschland im internationalen Vergleich hoch ausfällt. Das Konzept des Generationenkapitals könnte somit dazu führen, dass die inländische gesamtwirtschaftliche Sparquote in Zukunft fällt und der Export- und Leistungsbilanzüberschuss sinkt. Mit exportfördernder Wirtschaftspolitik dagegen anzuarbeiten, wäre widersinnig. Problematisch in Deutschland ist die niedrige inländische Investitionsquote, nicht etwa eine Sparquote, die zu niedrig ist, um die Investitionen zu finanzieren. Geringere Exportüberschüsse und damit weniger Kapitalabfluss könnten gesamtwirtschaftlich mehr inländische Investitionen ermöglichen, ohne dass es zu einem politisch schwer vermittelbaren Verzicht auf inländischen Konsum käme. Insgesamt wäre also eine Ergänzung der immer mehr unter Druck geratenden umlagebasierten gesetzlichen Rente durch eine kapitalgedeckte Komponente in mehrerlei Hinsicht sinnvoll.
Fazit
Zusammenfassend sehe ich vier Kernpunkte für eine wirtschaftspolitische Agenda zur Verbesserung der langfristigen Perspektiven der deutschen Wirtschaft. Erstens wäre es gut, die Diskussion der nominalen Budgetrestriktion des Staates, also der Schuldenbremse, um die Diskussion der realen gesamtwirtschaftlichen Ressourcenbeschränkung zu ergänzen. Eine Reform der nationalen Schuldenbremse mag sinnvoll sein; aber dies ist weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für die Sicherung oder Steigerung des Wohlstands in Deutschland. Zweitens scheint eine komplette Neuausrichtung der Emissionsreduktionspolitik erforderlich. Ansätze, die auf staatlichen Verboten und Geboten basieren, sind gesamtwirtschaftlich teuer und nationale Alleingänge schaden der Wirtschaft, ohne europaweit zu niedrigeren Emissionen zu führen. Ein einheitlicher EU-Emissionshandel mit sinkenden Emissionsberechtigungen, ein entsprechender CO2-Preis und Klimazölle sind notwendig und hinreichend, um die Dekarbonisierung der Wirtschaft zu bewerkstelligen. Drittens sollte der Produktivitätsfortschritt gefördert werden, z. B. durch mehr Unternehmensdynamik; dafür müsste die Politik weniger auf diskretionäre Maßnahmen setzen, die auf die Bewahrung bestehender Strukturen ausgerichtet sind. Viertens ist eine Fixierung auf eine bestimmte Industriequote und Exportüberschüsse kontraproduktiv. Im Gegenteil, im Zuge der Verringerung der Relation von Erwerbstätigen zu Nicht-mehr-Erwerbstätigen wäre eine sinkende gesamtwirtschaftliche Sparquote nützlich, was mit einer Reduktion des Leistungsbilanzüberschusses einherginge.
Literatur
Drygalla, A., Exß, F., Heinisch, K., Holtemöller, O., Kämpfe, M., Lindner, A., Mukherjee, S., Sardone, A., Schultz, B. & Zeddies, G. (2024). Frostige Aussichten für die deutsche Wirtschaft. Konjunktur aktuell, 12(4), 127–169.
Title: New Elections in Germany: Recommendations to the New Federal Government
Abstract: Short- and medium-term growth perspectives in Germany are bleak. This is putting the public budget under stress. A reform of the debt brake could increase public financial leeway, but would not in itself solve the fundamental economic problems. Even with a higher permissible level of government debt, pension system expenditure will rise sharply, and real shortages, for example in the labour market, cannot be resolved in the short term with more debt either. The new federal government should therefore focus more on promoting productivity. A change in policy towards more market-based solutions and fewer national unilateral actions, for example, could unlock potential in the energy transition.