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Bei der Abgabenbelastung der Arbeitnehmereinkommen erreicht Deutschland im OECD-Vergleich eine Spitzenposition. Der Autor referiert die Ergebnisse einer aktuellen OECD-Studie und stellt die Problematik aus Sicht der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) dar.

Kaum ein anderes Land belastet Löhne und Gehälter so sehr mit Abgaben wie Deutschland. Das geht aus Berechnungen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, in denen die Steuer- und Sozialbeitragsbelastung des Faktors Arbeit in 34 Staaten untersucht wurde. Die Höhe des Abgabenkeils zwischen Arbeitskosten und Nettolöhnen beträgt in Deutschland für einen alleinstehenden Durchschnittsverdiener ohne Kinder 49,1% (OECD-Durchschnitt: 34,9%) und für einen verheirateten Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern 41,4% (OECD-Durchschnitt: 29,7%).1

Verantwortlich für den sehr breiten Abgabenkeil in Deutschland sind vor allem die hohen Sozialversicherungsbeiträge, die beim ledigen Durchschnittsverdiener über zwei Drittel des Abstands zwischen Brutto-Arbeitskosten und Netto-Arbeitsentgelt ausmachen. Die Lohnsteuer trägt hingegen nur knapp ein Drittel zur Gesamtbelastung bei.2 Wer Arbeit von Abgaben entlasten will, muss deshalb die lohnbezogenen Sozialbeiträge senken. Anders als bei Steuersenkungen wird durch Beitragssenkungen sowohl eine Entlastung der Arbeitskosten als auch eine Erhöhung des Nettoverdienstes erreicht. Zudem profitieren von Beitragssenkungen deutlich mehr Beschäftigte als von Steuersenkungen.

Arbeitsnachfrage hängt von Arbeitskosten ab

Angebot und Nachfrage nach Arbeit hängen entscheidend vom Preis des Faktors Arbeit ab. Dieser wird maßgeblich durch die Höhe des Arbeitsentgelts bestimmt, das für die Betriebe den größten Kostenfaktor und für die Belegschaften die wichtigste Einkommensquelle darstellt. Die Bruttolöhne und -gehälter sind jedoch für beide Marktseiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – nicht die eigentlich entscheidungsrelevante Größe: Für die Unternehmen ist von Interesse, welche Arbeitskosten mit dem Einsatz des Faktors Arbeit insgesamt verbunden sind. Sie müssen deshalb vor allem auch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung mit in ihr Entscheidungskalkül einbeziehen. Aus Sicht der Arbeitnehmer ist wichtig, welcher Nettolohn ihnen nach Abzug von Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Sozialversicherungsbeiträgen verbleibt. Je höher der Staat den Faktor Arbeit mit Abgaben belastet, desto breiter wird der Keil, der sich zwischen Arbeitskosten der Betriebe und Nettolohn der Beschäftigten schiebt. Ein breiter Abgabenkeil führt nicht zuletzt aufgrund seiner angebots- und nachfragehemmenden Wirkung zu einer Verfestigung der Arbeitslosigkeit.

Um die Abgabenbelastung des Faktors Arbeit in ihren Mitgliedstaaten zu vergleichen, lässt sich die OECD von den zuständigen nationalen Statistikämtern das durchschnittliche Arbeitsentgelt eines Vollzeitbeschäftigten in der Industrie melden. Nach der verbindlich vorgegebenen Methodik zählen zum Durchschnittsentgelt alle monatlichen Gehaltszahlungen inklusive Überstundenvergütungen und Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Freiwillige betriebliche Zahlungen, wie etwa arbeitgeberfinanzierte Aufwendungen für die betriebliche Altersvorsorge, gehen nicht in das Durchschnittsentgelt ein. Das Durchschnittsentgelt bildet das Referenzeinkommen, anhand dessen die Abgabenkeile der Mitgliedstaaten ermittelt und miteinander verglichen werden. 2010 reichte die Spannbreite des durchschnittlichen Arbeitsentgelts von rund 11 000 US-$ in Mexiko bis zu etwa 53 600 US-$ in Luxemburg und Großbritannien.3

Deutschland belastet den Faktor Arbeit überdurchschnittlich stark

Laut OECD hat das Statistische Bundesamt das Durchschnittsentgelt für das Jahr 2008 mit 41 400 Euro festgestellt. Diese letzte verfügbare amtliche Zahl hat die OECD für ihren jüngsten Bericht „Taxing Wages 2009-2010“ fortgeschrieben. Sie schätzt, dass das deutsche Durchschnittsentgelt im Zuge der Wirtschaftskrise 2009 auf 40 929 Euro gesunken (-1,1%) und 2010 auf 41 750 Euro wiederangestiegen ist (+2,0%), dies entspricht ca. 51 900 US-$.4

Im vergangenen Jahr galt in der Kranken- und Pflegeversicherung eine bundeseinheitliche Beitragsbemessungsgrenze von 45 000 Euro. In der Renten- und Arbeitslosenversicherung mussten Arbeitsentgelte bis zu 66 000 Euro (alte Bundesländer) bzw. 55 800 Euro (neue Bundesländer) verbeitragt werden. Dementsprechend unterlag das Arbeitsentgelt des Durchschnittsverdieners immer der vollen Sozialabgabenpflicht. Die Beitragssätze in der Sozialversicherung addierten sich im Berechnungsjahr für Kinderlose auf durchschnittlich 39,8% (Rentenversicherung: 19,9%, Krankenversicherung: 14,9%, Arbeitslosenversicherung: 2,8%, Pflegeversicherung: 2,2%). Davon hatte der Arbeitgeber 19,3% bzw. 8068 Euro an die Sozialkassen zu überweisen. Die arbeitnehmerseitige Belastung mit Sozialbeiträgen betrug insgesamt 20,5% bzw. 8548 Euro.5

Das steuerpflichtige Einkommen des alleinstehenden Durchschnittsverdieners erreichte 35 454 Euro. Steuermindernd in Ansatz gebracht wurden die 2010 zu 70% absetzbaren Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (1662 Euro), die erstmals in nahezu voller Höhe abzugsfähigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge (3678 Euro) sowie die Werbungskostenpauschale (920 Euro) und die weitere Kostenpauschale (36 Euro). In der Lohnsteuerklasse I resultierte daraus eine rechnerische Steuerlast von 7821 Euro, von der 7414 Euro auf die Lohnsteuer und 408 Euro auf den Solidaritätszuschlag entfielen.6

Für die Höhe des deutschen Abgabenkeils errechnet sich daraus ein Wert von 49,1%: Von den Arbeitskosten des Arbeitgebers in Höhe von 49 818 Euro kommen nur 25 381 Euro im Portemonnaie des Arbeitnehmers an, weil der Staat über Sozialversicherungsbeiträge und Steuern unmittelbar 24 437 Euro für sich beansprucht. Umgekehrt bleiben ihm von den Arbeitskosten – bzw. dem nach Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung von ihm erwirtschafteten Arbeitnehmerentgelt – nur 50,9% übrig.7

Grenzbelastungen fallen noch höher aus

Das Einkommen, der Familienstand und die Kinderzahl haben erheblichen Einfluss auf Umfang und Zusammensetzung des Abgabenkeils. Das machen die ergänzenden Modellrechnungen der OECD für fünf weitere Haushaltstypen deutlich (vgl. Tabelle 1). Neben dem alleinstehenden Durchschnittsverdiener (Haushaltstyp II) wird auch die Situation von Alleinstehenden mit 67% (Haushaltstyp I) bzw. 167% (Haushaltstyp III) des durchschnittlichen Arbeitsentgelts betrachtet. Ferner werden Abgabenkeile für Verheiratete mit zwei Kindern berechnet, bei denen der Hauptverdiener den Durchschnittslohn erzielt und der Partner keiner (Haushaltstyp V) bzw. einer Erwerbstätigkeit mit 67% (Haushaltstyp VI) des Durchschnittslohns nachgeht. Schließlich wird auch der Fall eines Alleinstehenden mit zwei Kindern und 67% des OECD-Durchschnittsentgelts analysiert (Haushaltstyp IV).

Tabelle 1
Abgabenkeile für unterschiedliche Haushaltstypen im Jahr 20101
in Euro
  Alleinstehende Verheiratete
Haushaltstyp I II III IV V VI
Lohnniveau (in %)2 67 100 167 67 100/0 100/67
Zahl der Kinder (absolut) 0 0 0 2 2 2
Arbeitskosten 33 212 49 818 80 663 33 212 49 818 83 030
Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers3 5 379 8 068 11 080 5 379 8 068 13 447
Bruttolohn 27 833 41 750 69 583 27 833 41 750 69 583
Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitnehmers4 5 699 8 548 11 597 5 629 8 444 14 073
Lohnsteuer5 3 819 7 821 18 867 -1 145 -258 6 874
Nettolohn 18 315 25 381 39 119 23 349 33 564 48 636
Abgabenkeil (in %)6 44,9 49,1 51,5 29,7 32,6 41,4
Grenzbelastung (in Cent)7 55,3 59,6 44,3 53,6 54,0 57,2

1 Gerundete und vorläufige Werte.

2 In Relation zum Jahresdurchschnittslohn von Arbeitnehmern in der Industrie (100% = 41 750 Euro). Bei Verheirateten wird das Partnereinkommen mit in die Berechnungen einbezogen.

3 Zur Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung.

4 Zur Renten-, Kranken-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Bei Kinderlosen inklusive Sonderbeitrag zur Pflegeversicherung (0,25%).

5 Inklusive Solidaritätszuschlag, ohne Kirchensteuer einschließlich Kirchengeld.

6 Abgabenkeil = Summe der Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers und Arbeitnehmers zuzüglich der Lohnsteuer des Arbeitnehmers in Relation zu den Arbeitskosten des Arbeitgebers.

7 Grenzbelastung = Eine Zunahme der Arbeitskosten um 1 Euro bewirkt, dass die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers zuzüglich der Lohnsteuer des Arbeitnehmers in der Summe um den angegebenen Cent-Betrag steigen. Ihr Umfang wird insbesondere von den Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung beeinflusst (Kranken- und Pflegeversicherung: bundeseinheitlich 45 000 Euro, Renten- und Arbeitslosenversicherung: 66 000 Euro in West- und 55 800 Euro in Ostdeutschland).

Quelle: OECD: Taxing Wages 2009-2010, Paris 2011, S. 298 f.; eigene Zusammenstellung und Darstellung.

Bei den untersuchten Fallkonstellationen bewegt sich die Gesamtabgabenlast in Deutschland zwischen 29,7% für einen ledigen Alleinverdiener mit zwei Kindern und 67% des Durchschnittslohnes (Haushaltstyp IV) und 51,5% bei einem Single ohne Kinder mit 167% des Durchschnittslohnes (Haushaltstyp III). Ganz allgemein zeigt sich, dass die Höhe des Abgabenkeils mit zunehmendem Arbeitsentgelt grundsätzlich ansteigt. Das liegt an der progressiven Ausgestaltung des deutschen Steuersystems. Sind Kinder vorhanden, ergibt sich eine geringfügige Entlastung bei den Sozialversicherungsbeiträgen, weil der Sonderbeitrag in der Pflegeversicherung (0,25%) nicht zu entrichten ist. Sehr viel stärker wiegen jedoch die steuerlichen Entlastungen in Form der Kinderfreibeträge. Beim Vergleich der Haushaltstypen II und V ist zu beobachten, dass das Vorhandensein von zwei Kindern den Abgabenkeil um 16,5 Prozentpunkte reduziert. In den Fallkonstellationen I und IV sind es 15,2 Prozentpunkte.8

Die leistungshemmende Wirkung des deutschen Steuer- und Beitragssystems wird noch deutlicher, wenn ergänzend zur durchschnittlichen Belastung des Faktors Arbeit mit Abgaben die marginale Abgabenlast betrachtet wird. Sie gibt an, wieviel Eurocent der Staat abzieht, wenn das Arbeitnehmerentgelt – also Bruttolohn plus Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung – um einen Euro angehoben wird. Selbst bei Alleinstehenden, die nur 67% des Durchschnittsentgelts erzielen und zwei Kinder zu versorgen haben (Haushaltstyp IV), ermittelt die OECD eine Grenzbelastung von 53,6%. Das bedeutet, dass diese Alleinstehenden ihren Wertschöpfungsbeitrag um etwa 2,15 Euro erhöhen müssen, damit ihnen davon netto 1 Euro verbleibt. Bemerkenswert ist, dass für den ledigen Arbeitnehmer mit 167% des Durchschnittsverdienstes (Haushaltstyp III) die Grenzbelastung mit 44,3% am niedrigsten ausfällt. Darin spiegeln sich die bereits überstiegenen Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung wider, so dass die zusätzliche Abgabenlast auf Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag begrenzt ist.9

Deutschland im Ländervergleich durchweg mit Spitzenbelastung

Dass sowohl die durchschnittliche als auch die marginale Abgabenbelastung des Faktors Arbeit in Deutschland hoch ist, macht auch ein Blick über die Landesgrenzen deutlich (vgl. Tabelle 2):

  • Bei der durchschnittlichen Belastung eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners (Haushaltstyp II) belegt Deutschland (49,1%) unter den 34 OECD-Staaten den dritten Platz hinter Belgien (55,4%) und Frankreich (49,3%). Der Mittelwert in der Europäischen Union betrug 41,1%, der OECD-Durchschnitt sogar nur 34,9%. Beim verheirateten Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern, dessen Frau ebenfalls erwerbstätig ist und zwei Drittel seines Einkommens erzielt (Haushaltstyp VI), erreicht Deutschland (41,4%) Rang vier. Höhere Abgabenkeile wurden von der OECD erneut für Belgien (47,8%) und Frankreich (44,3%), aber auch für Italien (42,1%) ermittelt. Für diesen Haushaltstyp betrug der europäische Durchschnittswert 35,1%, der aller Vergleichsländer 29,7%.10
  • Auch bei der Grenzabgabenbelastung rangiert Deutschland beim alleinstehenden Durchschnittsverdiener auf Rang drei (59,6%) und beim verheirateten Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern auf Rang vier (57,2%). In den übrigen führenden Industrieländern verbleibt Arbeitnehmern von Erhöhungen ihres Arbeitnehmerentgelts deutlich mehr. Das gilt gerade für die angelsächsischen Staaten und Japan.11
Tabelle 2
Abgabenkeile und Grenzbelastungen im internationalen Vergleich1
Land Allein­stehender Durchschnitts­verdiener (II) Verheirateter Durchschnitts­verdiener mit zwei Kindern (VI) Arbeitskosten alleinstehender Durchschnitts­verdiener (II)2
Abgabenkeil Grenzbelastung Abgabenkeil Grenzbelastung
  in % in % in US-$
Belgien 55,4 (1) 66,3 (1) 47,8 (1) 66,3 (2) 61 810 (2)
Frankreich 49,3 (2) 52,0 (9) 44,3 (2) 52,0 (10) 55 252 (8)
Deutschland 49,1 (3) 59,6 (3) 41,4 (4) 57,2 (4) 61 971 (1)
Österreich 47,9 (4) 59,9 (2) 40,0 (5) 59,9 (3) 60 576 (3)
Italien 46,9 (5) 53,6 (6) 42,1 (3) 54,1 (5) 47 347 (14)
Ungarn 46,4 (6) 52,2 (8) 39,2 (6) 52,2 (9) 24 372 (29)
Schweden 42,7 (7) 47,9 (13) 38,5 (7) 47,9 (13) 53 754 (9)
Slowenien 42,4 (8) 51,0 (10) 33,8 (14) 43,6 (19) 30 694 (26)
Tschechische Republik 42,2 (9) 48,6 (11) 34,4 (13) 54,0 (6) 28 876 (27)
Finnland 42,0 (10) 54,0 (5) 36,5 (10) 54,0 (6) 51 263 (11)
Estland 40,0 (11) 42,9 (20) 35,5 (12) 42,9 (21) 24 784 (28)
Spanien 39,6 (12) 48,1 (12) 36,6 (9) 48,1 (12) 44 875 (18)
Niederlande 38,4 (13) 47,9 (13) 32,1 (18) 47,9 (13) 58 102 (6)
Dänemark 38,3 (14) 42,3 (21) 33,7 (15) 42,3 (22) 46 235 (17)
Slowakische Republik 37,8 (15) 44,4 (17) 31,2 (19) 44,4 (18) 22 896 (32)
Portugal 37,7 (16) 47,5 (15) 33,1 (16) 47,5 (16) 34 307 (22)
Türkei 37,4 (17) 42,2 (22) 37,6 (8) 42,2 (23) 23 047 (30)
Norwegen 36,8 (18) 43,1 (19) 32,9 (17) 43,1 (20) 56 390 (7)
Griechenland 36,6 (19) 46,2 (16) 35,7 (11) 50,1 (11) 30 877 (25)
Polen 34,3 (20) 36,1 (27) 30,8 (20) 36,1 (28) 23 014 (31)
Luxemburg 34,0 (21) 52,5 (7) 20,9 (28) 46,0 (17) 59 726 (4)
Großbritannien 32,7 (22) 38,8 (25) 28,8 (21) 38,8 (25) 59 372 (5)
Island 31,3 (23) 43,4 (18) 26,7 (22) 47,8 (15) 35 272 (21)
Japan 30,5 (24) 35,5 (28) 25,2 (24) 32,5 (30) 49 690 (13)
Kanada 30,3 (25) 40,8 (23) 26,2 (23) 52,5 (8) 40 020 (20)
USA 29,7 (26) 34,4 (29) 24,9 (25) 34,4 (29) 47 207 (16)
Irland 29,3 (27) 55,8 (4) 21,1 (26) 36,8 (27) 49 830 (12)
Australien 26,2 (28) 39,3 (24) 21,0 (27) 67,5 (1) 43 793 (19)
Schweiz 20,8 (29) 27,5 (32) 14,3 (30) 28,4 (31) 53 205 (10)
Israel 20,2 (30) 38,3 (26) 14,0 (32) 38,3 (26) 33 226 (23)
Korea 19,8 (31) 28,4 (31) 17,6 (29) 24,7 (32) 47 284 (15)
Neuseeland 16,9 (32) 32,3 (30) 13,6 (33) 39,2 (24) 31 152 (24)
Mexiko 15,5 (33) 18,7 (33) 14,2 (31) 18,7 (33) 12 287 (33)
Chile 7,0 (34) 7,0 (34) 5,5 (34) 7,0 (34) 11 552 (34)
OECD-Durchschnitt3 34,9 43,5 29,7 44,1 41 590
EU-21-Durchschnitt3 41,1 49,9 35,1 48,7 44 282

1 Vorläufige Werte. Alle Angaben beziehen sich auf das Jahr 2010. Rangziffern in Klammern. Zu weiteren Details vgl. die Erläuterungen zu Tabelle 1.

2 Die Umrechnung erfolgte mit Hilfe von Kaufkraftparitäten.

3 Ungewichteter Durchschnitt der jeweiligen Ländergruppe.

Quelle: OECD: Taxing Wages 2009-2010, Paris 2011, S. 86, S. 96 und S. 15; eigene Zusammenstellung und Darstellung.

Der breite deutsche Abgabenkeil ist insbesondere das Ergebnis einer langfristig stark gestiegenen Belastung durch Sozialversicherungsbeiträge. Erreichte die Beitragssatzsumme aus Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung 1960 noch den Wert von 24,4%, stieg sie bis 1980 bereits auf 32,4%, blieb nach Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 noch knapp unter der 40%-Marke und erreichte 1999 bei 42,1% ihren bisherigen Höchststand. Deshalb bleibt es auch in Zukunft ein zentrales Ziel der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), den Gesamtsozialversicherungsbeitragssatz dauerhaft unter 40% vom Lohn zu bringen. Seit dem 1. Januar 2011 liegt er bei 40,4%.12 Um den beschäftigungsfeindlichen Abgabenkeil zu reduzieren, sollte der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung in den Jahren 2012 und 2013 schrittweise abgesenkt werden. Dank der besser als erwartet verlaufenden Konjunkturentwicklung ist eine solche Entlastung der Versicherten und Betriebe möglich, ohne die Nachhaltigkeitsrücklage der Deutschen Rentenversicherung antasten zu müssen.

Die OECD hat zudem ermittelt, wie Lohnniveau und Abgabenbelastung zusammenspielen, d.h. welche absoluten Arbeitskosten Arbeitgeber in den Vergleichsländern pro Arbeitsplatz zu tragen haben. Gemeinsame Vergleichswährung ist dabei der US-Dollar. Das Ergebnis: Die Beschäftigung eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners kostete 2010 in Deutschland 61 971 US-$ und damit mehr als in allen anderen OECD-Mitgliedstaaten. Die durchschnittliche Kostenbelastung betrug 44 282 US-$ in der Europäischen Union und 41 590 US-$ OECD-weit.13

Hohe Arbeitskosten müssen zwar nicht zwangsläufig zu einer Beeinträchtigung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit führen, denn sie können – zumindest theoretisch – durch vorhandene Produktivitätsvorteile kompensiert bzw. sogar überkompensiert werden. Im Falle Deutschlands zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aber immer wieder, dass das hiesige Produktivitätsniveau im Verarbeitenden Gewerbe zwar überdurchschnittlich hoch, aber keineswegs Weltspitze ist. In einer Dokumentation für das Jahr 2009, in der 28 Industrienationen miteinander verglichen werden, hat das deutsche Verarbeitende Gewerbe die weltweit zweithöchsten Lohnstückkosten zu verkraften. Nur Großbritannien weist ein noch ungünstigeres Lohnstückkostenniveau auf. Insofern bleibt Deutschland der Wettbewerbsnachteil hoher Arbeitskosten – auch bei Berücksichtigung seines relativen Produktivitätsvorsprungs – erhalten.14

  • 1 Vgl. OECD: Taxing Wages 2009-2010, Paris 2011, S. 86.
  • 2 Ebenda, S. 15.
  • 3 Vgl. OECD, a.a.O., S. 551 ff. und S. 189.
  • 4 Vgl. ebenda, S. 23 und S. 190.
  • 5 Vgl. M. Kröger: Sozialversicherung – Stärkster Beitragssatzsprung seit 1997, in: Soziale Selbstverwaltung, 59. Jg. (2011), H. 3, S. 21 ff.
  • 6 Vgl. OECD, a.a.O., S. 300 ff.
  • 7 Vgl. ebenda, S. 298.
  • 8 Vgl. ebenda, S. 298 f.
  • 9 Vgl. OECD, a.a.O., S. 298 f.
  • 10 Vgl. ebenda, S. 86.
  • 11 Vgl. ebenda, S. 96.
  • 12 Vgl. M. Kröger: Sozialbeiträge – Erfolg steht auf tönernen Füßen, in: Soziale Selbstverwaltung, 56. Jg. (2008), H. 5, S. 35 ff.
  • 13 Vgl. OECD, a.a.O., S. 15.
  • 14 Vgl. C. Schröder: Produktivität und Lohnstückkosten der Industrie im internationalen Vergleich, in: IW-Trends, 37. Jg. (2010), H. 4, S. 5 und S. 7.


DOI: 10.1007/s10273-011-1287-6