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Während die Eurozone insgesamt auf dem Weg in die Rezession ist, sind die Perspektiven für die deutsche Konjunktur vergleichsweise positiv. Die deutsche Wirtschaft kann sich angesichts der engen Außenhandelsbeziehungen mit den Euroländern dem Negativtrend in vielen dieser Länder zwar nicht gänzlich entziehen. Die stabile Binnenwirtschaft, ausgebaute Handelsbeziehungen nach Übersee und nicht zuletzt die bereits in der Vergangenheit durchgeführten Reformen machen sie aber gegen die von den europäischen Krisenländern ausgehenden kontraktiven Effekte robust. So hat die deutsche Wirtschaft nach dem kräftigen Aufholprozess im Gefolge der vergangenen Finanzkrise im Winterhalbjahr 2011/2012 zwar eine Wachstumsdelle bekommen. Die stabile Binnennachfrage kompensiert aber weitgehend die schwächere Auslandsnachfrage und nach der Verabschiedung der jüngsten EU-Beschlüsse und mit dem Abklingen der dämpfenden Einflüsse von dieser Seite dürfte die deutsche Konjunktur schon bald wieder auf einen moderaten Expansionspfad zurückkehren.

Tabelle 1
Eckdaten für Deutschland
Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr
  2008 2009 2010 2011 2012 2013
Bruttoinlandsprodukt1 1,1 -5,1 3,7 3,0 0,5 1,5
   Private Konsumausgaben 0,6 -0,1 0,6 1,5 1,0 1,2
   Staatl. Konsumausgaben 3,1 3,3 1,7 1,4 1,0 1,0
   Anlageinvestitionen 1,7 -11,4 5,5 6,4 0,9 2,2
      Ausrüstungen 3,6 -22,8 10,5 7,6 0,0 3,9
      Bauten -0,7 -3,0 2,2 5,8 1,3 0,5
     Sonstige Anlagen 7,0 0,6 4,7 4,8 4,0 4,1
Inlandsnachfrage 1,3 -2,6 2,4 2,3 0,8 1,5
   Ausfuhr 2,7 -13,6 13,7 8,2 2,3 5,5
   Einfuhr 3,3 -9,2 11,7 7,4 3,2 5,9
Arbeitsmarkt            
   Erwerbstätige 1,2 0,0 0,5 1,3 0,9 0,3
   Arbeitslose (in Mio.) 3,26 3,41 3,24 2,98 2,85 2,70
   Arbeitslosenquote2 (in %) 7,5 7,8 7,4 6,8 6,4 6,1
Verbraucherpreise 2,6 0,4 1,1 2,3 1,9 1,7
Finanzierungssaldo des Staates (in % des BIP) -0,1 -3,2 -4,3 -1,0 -0,8 -0,5
Leistungsbilanzsaldo3 (in % des BIP) 6,3 5,6 5,7 5,3 5,1 5,0

1 Preisbereinigt.

2 Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept).

3 In der Abgrenzung der Zahlungsbilanzstatistik.

Quellen: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; Bundesagentur für Arbeit; ab 2012: Prognose des HWWI.

Nach dem kräftigen Aufschwung bis zum Herbst vergangenen Jahres hat sich die deutsche Konjunktur im Winterhalbjahr merklich abgeschwächt. Wahrscheinlich ist das reale Bruttoinlandsprodukt infolge der stark zurückgegangenen Nachfrage aus den EU-Mitgliedsländern wie schon Ende letzten Jahres auch zu Beginn dieses Jahres geringfügig gesunken. Gleichwohl wurde die Beschäftigung noch ausgeweitet. Die saisonbereinigte Arbeitslosenquote ist unter 7% gesunken. Dadurch verbessert sich die Einkommenssituation weiter, was zum einen den privaten Konsum stützt und zum anderen bei historisch niedrigen Zinsen die Wohnungsbaunachfrage ankurbelt. Die Verunsicherung durch die Eurokrise belastet allerdings die Neigung der Unternehmen zu Investitionen; diese stagnierten zuletzt. Die Preisentwicklung hat durch die neuerliche Energieverteuerung wieder Auftrieb erhalten.

Abbildung 1
Preisbereinigtes BIP in Deutschland
Saison- und arbeitstäglich bereinigt mit Census-Verfahren X-12-Arima
Abb1.ai

1 Veränderung in % gegenüber dem Vorquartal, auf Jahresrate hochgerechnet, rechte Skala.

2 Zahlenangaben: Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %.

Quellen: Statistisches Bundesamt; 2012 und 2013: Prognose des HWWI.

Die guten binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen stützen die deutsche Konjunktur. Und mit Beruhigung der Eurokrise nach den jüngsten Hilfsmaßnahmen für Griechenland dürften auch die kontraktiven Effekte aus dieser Richtung nachlassen. Das bedeutet, die Auslandsnachfrage aus der EU wird sich stabilisieren und die Unternehmen werden ihre Investitionen wieder erhöhen. Die Konjunktur in den USA scheint sich ohnehin etwas günstiger als noch vor einiger Zeit erwartet zu entwickeln, und China hat bereits Maßnahmen zur Festigung seiner Expansion ergriffen. Deshalb sind von der Auslandsnachfrage insgesamt auch bald wieder positive Impulse zu erwarten. Die deutsche Wirtschaft würde dann auf ihren, wenn auch nicht mehr so steilen Wachstumspfad zurückkehren. Unter diesen Bedingungen wäre für die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr mit einem Wachstum von einem ½ % zu rechnen. Die Beschäftigung würde weiter leicht ausgeweitet, zumal viele Unternehmen auch bei schwächerer Produktionsentwicklung ihre Fachbelegschaft zu halten versuchen. Der Preisauftrieb bliebe gering und würde knapp unter der Stabilitätsschwelle von 2% bleiben.

Die Perspektiven für 2013 werden mehr noch als für dieses Jahr durch die weitere Entwicklung der Euro-Schuldenkrise bestimmt. Für diese Prognose wurde unterstellt, dass bei den Problemländern die Einsicht eingekehrt ist, dass nur nachhaltige Reform- und Konsolidierungsmaßnahmen Vertrauen und Stabilität zurückgewinnen und die Basis für eine mittel- bis längerfristig wieder bessere Entwicklung legen können und diese entsprechend umsetzen. Das würde die Konjunktur im Euroraum zwar 2012 spürbar dämpfen, für die Mehrzahl der Länder im nächsten Jahr aber von dem abgesenkten Niveau wieder Erholungspotenzial bieten. Und es würde die für Deutschland im weiteren Jahresverlauf erwartete Aufwärtstendenz festigen. Sicherlich werden die erforderlichen Anpassungsprozesse auch im kommenden Jahr die Konjunkturdynamik eindämmen. Alles in allem ist unter solchen Bedingungen für 2013 wieder ein Wirtschaftswachstum in der Größenordnung von 1½ % zu erwarten. Bei erneuter Eskalation der Euro-Schuldenkrise oder der Situation um den Iran würden die Risiken für eine ungünstigere Entwicklung allerdings deutlich zunehmen.

HWWI-Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe

Abb. Index.ai

2010 = 100, auf US-Dollar-Basis.

HWWI-Index mit Untergruppena 2011 Aug. 11 Sep. 11 Okt. 11 Nov. 11 Dez. 11 Jan. 12 Feb. 12
Gesamtindex 128,6 125,9 126,2 122,7 126,6 124,8 128,0 134,1
  (28,6) (29,6) (28,6) (17,5) (17,5) (9,2) (7,8) (8,1)
Gesamtindex, ohne Energie 118,1 121,2 117,4 108,1 103,8 101,6 104,8 107,4
  (18,1) (19,1) (11,6) (-1,3) (-6,5) (-11,3) (-13,1) (-14,1)
Nahrungs- und Genussmittel 129,0 131,9 129,8 119,4 116,7 112,8 116,0 117,5
  (29,0) (31,2) (22,1) (6,6) (-0,9) (-9,7) (-12,4) (-14,9)
Industrierohstoffe 114,3 117,3 113,1 104,0 99,2 97,6 100,9 103,8
  (14,3) (14,9) (7,8) (-4,2) (-8,6) (-12,0) (-13,4) (-13,7)
Agrarische Rohstoffe 110,5 113,5 110,0 105,1 97,7 94,0 93,8 96,5
  (10,5) (13,0) (7,8) (-1,8) (-9,7) (-13,4) (-16,9) (-17,1)
NE-Metalle 111,8 112,1 105,4 97,0 95,2 94,1 99,8 103,9
  (11,8) (15,4) (4,1) (-11,3) (-12,8) (-16,7) (-15,6) (-15,6)
Eisenerz, Stahlschrott 125,5 135,7 136,2 120,0 111,3 111,0 113,0 113,2
  (25,5) (16,2) (15,8) (10,8) (3,3) (2,1) (-3,5) (-4,3)
Energierohstoffe 131,3 127,1 128,5 126,6 132,6 130,9 134,1 141,1
  (31,3) (32,5) (33,5) (22,8) (24,0) (14,6) (13,4) (13,9)

a 2010 = 100, auf US-Dollar-Basis, Periodendurchschnitte; in Klammern: prozentuale Änderung gegenüber Vorjahr.

Weitere Informationen: http://hwwi-rohindex.org/

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DOI: 10.1007/s10273-012-1364-5

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