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Deutschlands hohe Leistungsbilanzüberschüsse werden sowohl im Inland als auch auf internationaler Ebene kontrovers diskutiert. Befürworter von Überschüssen betonen die Notwendigkeit, Auslandsvermögen zu kumulieren, um Investitions- und Konsumausgaben einer alternden Bevölkerung zu ermöglichen. Der vorliegende Beitrag untersucht die Rentabilität des deutschen Auslandsvermögens und identifiziert massive Bewertungsverluste in den letzten Jahren sowie einen durchgängig adversen Trend in früheren Jahrzehnten. Diese ungünstige Entwicklung sowie historisch niedrige Refinanzierungskosten sprechen für eine inländische Investitionsoffensive zur Bewältigung zentraler struktureller Herausforderungen.

Die deutsche Volkswirtschaft verzeichnet seit einem Jahrzehnt ununterbrochen Leistungsbilanzüberschüsse. Ihr Löwenanteil speist sich aus der Handelsbilanz. In den Jahren 2002 bis 2011 lag der Leistungsbilanzüberschuss durchschnittlich bei 5,1% des Bruttoinlandsprodukts (BIP), der bisherige Höchstwert wurde 2007 mit 7,4% erreicht. Im Jahr 2012 stieg der Überschuss gegenüber dem Vorjahr nach ersten Angaben wieder auf 6,3% der Wirtschaftsleistung an, und auch für die kommenden Jahre zeichnet sich keine nennenswerte Passivierung der Leistungsbilanz ab. Die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse der jüngeren Vergangenheit sind historisch einmalig. Die westdeutsche Volkswirtschaft erzielte zwar bereits in den 1970er und 1980er Jahren fast durchgängig Überschüsse, allerdings niemals in der heutigen Größenordnung. So lag der durchschnittliche Überschuss im Zeitraum von 1970 bis 1990 bei lediglich 1½% des BIP.

In Politik und Wirtschaftswissenschaft wird intensiv darüber gestritten, wie die hohen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse zu bewerten sind. Für manche Beobachter sind sie Ausdruck der Schwäche einer übermäßig exportfixierten deutschen Wirtschaftsstruktur. Andere sehen die Überschüsse als Beweis der fundamentalen Stärke und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.1 Vielfach wird auch argumentiert, Leistungsbi­lanzüberschüsse und der damit einhergehende Erwerb höherer Nettoforderungen gegenüber dem Ausland seien notwendig, um in der Zukunft Importüberschüsse zu finanzieren, die einer gealterten deutschen Bevölkerung dann eine über die inländische Produktionsleistung hinausgehende Güternachfrage ermöglichen würden.2

Allerdings ist bis jetzt selten untersucht worden, wie sich das deutsche Auslandsvermögen – die den Leistungsbilanzüberschüssen gegenüberstehende Bestandsgröße – tatsächlich entwickelt hat. Insbesondere die Krisen der vergangenen Jahre haben deutlich gemacht, dass Auslandsforderungen starken Bewertungsänderungen unterliegen können. In der Finanzkrise ab 2007 waren deutsche Finanzinstitute zu massiven Abschreibungen gezwungen. Staatliche Stützungsmaßnahmen haben den öffentlichen Schuldenstand deutlich erhöht. In der Eurokrise stehen seit 2010 die Forderungen deutscher Banken und anderer Anleger gegenüber den Krisenländern im Mittelpunkt. Werden Verbindlichkeiten der Krisenländer garantiert, so auch immer die entsprechenden Vermögen deutscher und anderer Anleger.

Vor diesem Hintergrund wird im vorliegenden Beitrag untersucht, wie sich Bewertungsänderungen im Zeitverlauf auf den Auslandsvermögensstatus ausgewirkt haben und wie hoch das deutsche Auslandsvermögen relativ zu den deutschen Verbindlichkeiten verzinst ist. Dabei wird schwerpunktmäßig auf die Entwicklung seit Ausbruch der Finanzkrise eingegangen, aber auch die Trends der vorangegangenen Jahrzehnte werden beleuchtet. Die Ergebnisse sollten für die gesamtwirtschaftliche Bewertung der anhaltenden deutschen Leistungsbilanzüberschüsse von erheblicher Bedeutung sein.

Leistungsbilanzüberschüsse und Veränderungen des Nettoauslandsvermögens

Methodisch wird im Folgenden analog zu den Arbeiten von Lane und Milesi-Ferretti verfahren, die in einer Reihe von Beiträgen seit 2001 die Entwicklung von Auslandsvermögen im internationalen Vergleich untersucht haben.3 Grundsätzlich gilt, dass sich Leistungsbilanzsalden in einer Veränderung des Nettoauslandsvermögens niederschlagen. Das Nettoauslandsvermögen ist dabei definiert als Differenz zwischen den Forderungen der Inländer gegenüber dem Ausland und den Forderungen der Ausländer gegenüber dem Inland. Verzeichnet die deutsche Volkswirtschaft in einem gegebenen Jahr einen Leistungsbilanzüberschuss, sollte sich damit das Nettoauslandsvermögen um denselben Betrag erhöhen:

Nettoauslandsvermögen zum Ende einer Periode (Bestandsgröße) + Leistungsbilanzüberschuss der Folgeperiode (Stromgröße) = hypothetisches Nettoauslandsvermögen zum Ende der Folgeperiode

Das so abgeleitete Nettoauslandsvermögen ergibt sich aber unter Annahme eines unveränderten Wertes der bestehenden Auslandsforderungen und -verbindlichkeiten. In der Realität sind beide Posten fortlaufend Wertänderungen unterworfen, so dass das tatsächliche Nettoauslandsvermögen mehr oder weniger stark von den rein transaktionsbedingten Veränderungen abweichen kann. Wertänderungen werden zwar von der Bundesbank nicht gesondert ausgewiesen, sie können jedoch berechnet werden. So lässt sich der Nettoeffekt der Bewertungsänderungen einer Periode als Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem allein aus Leistungsbilanztransaktionen ermittelten Nettoauslandsvermögen ermitteln:4

Tatsächliches Nettoauslandsvermögen zum Ende einer Periode – hypothetisches Nettoauslandsvermögen zum Ende einer Periode = Wertgewinn bzw. Wertverlust des Nettoauslandsvermögens in der abgelaufenen Periode

Wertgewinne bzw. -verluste einer Periode können auf zwei Ursachen zurückgeführt werden: Marktpreisänderungen und Wechselkursschwankungen. Entwickeln sich beispielsweise die Kurse der von Inländern gehaltenen ausländischen Wertpapiere während einer Periode günstiger als die Kurse der von Ausländern gehaltenen inländischen Wertpapiere, kommt es unabhängig von Leistungsbilanztransaktionen zu einem Zuwachs des Nettoauslandsvermögens. Der Effekt einer Auf- bzw. Abwertung der Inlandswährung hängt von den relativen Anteilen der in Fremdwährung gehaltenen Auslandsaktiva und -passiva ab: Bei einem höheren Gewicht der Forderungen im Vergleich zu den Verbindlichkeiten in Fremdwährung führt eine Aufwertung der Inlandswährung zu einer Höherbewertung des Nettoauslandsvermögens – und umgekehrt. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass durch eine Aufwertung die Kaufkraft der Inlandswährung im Ausland und bei Importwaren zunimmt.

Wertentwicklung des deutschen Nettoauslandsvermögens

Im Folgenden wird die beschriebene Methode zur Berechnung der kumulierten Bewertungsänderungen des deutschen Nettoauslandsvermögens seit der Euroeinführung verwendet. Das Nettoauslandsvermögen Deutschlands war 1998 mit rund 7 Mrd. Euro bzw. 0,4% des damaligen BIP gering. Der enorme Anstieg auf 1013 Mrd. Euro bzw. 38% des BIP bis zum dritten Quartal 2012 – dem letzten vorliegenden und seit Beginn der Auslandsvermögensrechnung höchsten jemals ermittelten Wert – fällt komplett in die Zeit der Europäischen Währungsunion.5

Das hohe Nettoauslandsvermögen spiegelt vor allem die Leistungsbilanzüberschüsse ab 2002 wider. Zwischen 1999 und dem dritten Quartal 2012 belief sich der kumulierte Überschuss aus dem grenzüberschreitenden Handel mit Waren und Dienstleistungen (inklusive Ergänzungen zum Warenhandel) auf 1405 Mrd. Euro. Der kumulierte Überschuss der Leistungsbilanz insgesamt war im selben Zeitraum mit 1275 Mrd. Euro etwas geringer, was primär auf den negativen Saldo der Übertragungsbilanz zurückgeht, die unter anderem die Beiträge Deutschlands an internationale Institutionen sowie unentgeltliche private Übertragungen ins Ausland erfasst.

Abbildung 1
Hypothetisches und tatsächliches Nettoauslandsvermögen
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Quelle: Deutsche Bundesbank, Zahlungsbilanzstatistik und Auslandsvermögensstatus; eigene Berechnungen.

Nach der erläuterten Berechnungsmethode ergibt sich zum Ende des dritten Quartals 2012 ein hypothetisches Nettoauslandsvermögen bei Wertstabilität der Auslandsforderungen und -verbindlichkeiten von 1282 Mrd. Euro. Die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich ausgewiesenen Nettoauslandsvermögen beträgt 269 Mrd. Euro (vgl. Abbildung 1). Damit sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt Bewertungsverluste in Höhe von 21% des deutschen Nettoauslandsvermögens zu konstatieren – das entspricht rund 10% der deutschen Wirtschaftsleistung im Jahr 2012.

Das starke Ausmaß der Verluste ist vor allem auf die internationale Finanzkrise ab 2007 zurückzuführen. Zwischen 1999 und 2006 legte das tatsächliche Nettoauslandsvermögen noch um gut 250 Mrd. Euro stärker zu als die realisierten Leistungsbilanzüberschüsse implizieren würden. Kumulierte Bewertungsverluste von 575 Mrd. Euro zwischen 2007 und 2011 machten diesen Gewinn jedoch weit mehr als zunichte, was durch positive Bewertungseffekte in den ersten drei Quartalen des Jahres 2012 nur in geringem Umfang korrigiert wurde. Dabei dürften adverse Wechselkurseffekte in diesem Zeitraum keine dominante Rolle gespielt haben. So entsprach der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar zum Jahresende 2011 praktisch demjenigen zum Jahresbeginn 2007, und gleiches gilt für den nominalen effektiven Wechselkurs des Euro in gängigen Abgrenzungen.

Abbildung 2
Bewertungsänderungen des deutschen Nettoauslandsvermögens
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Quelle: Deutsche Bundesbank, Zahlungsbilanzstatistik und Auslandsvermögensstatus; eigene Berechnungen.

Ungeachtet der historischen Größenordnung der Einbußen war das deutsche Nettoauslandsvermögen nicht erst in jüngerer Vergangenheit von Bewertungsverlusten betroffen. Abbildung 2 zeigt die jährlichen Bewertungsänderungen in Prozent des BIP seit 1971. In jedem Jahrzehnt war der durchschnittliche Bewertungseffekt negativ: Über den Gesamtzeitraum 1971 bis 2012 gemittelt lag der Wertverlust bei gut 0,5% der Wirtschaftsleistung – pro Jahr. Es zeigt sich zudem, dass die verzeichneten Wertschwankungen offenbar mit dem wachsenden Umfang der finanziellen Forderungen und Verbindlichkeiten – insbesondere seit der Euroeinführung – in ihrer Größenordnung deutlich zugenommen haben.

Bei einer Analyse der Wertänderungen der Nettoauslandsposition ist zu prüfen, ob sie durch den Fall des Wertes der Forderungen, einen Anstieg des Wertes der Verbindlichkeiten oder eine Kombination beider hervorgerufen wurden. Wertstabile Forderungen bei steigendem Wert der Verbindlichkeiten beispielsweise würden rechnerisch auch zur Verringerung des Nettoauslandsvermögens führen.

In Abbildung 3 sind die jährlichen Wertänderungen für beide Bilanzseiten dargestellt. Es zeigt sich, dass die Wertänderung des Nettoauslandsvermögens durch Wertänderungen der berichteten Forderungsbestände dominiert wird, die in der Mehrzahl der Jahre ab 1971 hinter den aus den Kapitalbilanztransaktionen ermittelten erwarteten Beständen zurückblieben.6 Nur in den 1990er Jahren nahm der Wert der Auslandsforderungsbestände deutlich stärker zu als durch Leistungsbilanztransaktionen erklärbar, was wesentlich auf den weltweiten Aktienboom Ende der 1990er Jahre zurückzuführen ist, der 1999 seinen Höhepunkt fand.7 Der darauffolgende Fall der Aktienkurse machte diese Gewinne allerdings wieder zunichte; darüber hinaus fielen insbesondere Kurse von im Ausland gehaltenen Wertpapieren auch in der Finanzkrise 2007/2008 drastisch.

Die Verbindlichkeiten Deutschlands gegenüber dem Ausland sind geringeren Wertänderungen unterworfen: Zwischen 1971 und 1990 ist die ermittelte Differenz mit -0,1% pro Jahr sehr gering, um dann in den 1990er Jahren ebenfalls aktienkursbedingt deutlich in den positiven Bereich zu schwenken. Der Wertverlust nach der Jahrtausendwende fällt bei den Verbindlichkeiten kumuliert ähnlich hoch aus wie bei den deutschen Forderungen, der Einbruch 2007/2008 dagegen erheblich weniger stark. Die Wertgewinne ab 2009 dürften maßgeblich auf die kurs­treibende Nachfrage nach deutschen Anleihen im Zuge der Eurokrise zurückzuführen sein.

Abbildung 3
Bewertungsänderungen im Auslandsvermögen nach Aktiva und Passiva
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Quelle: Deutsche Bundesbank, Zahlungsbilanzstatistik und Auslandsvermögensstatus; eigene Berechnungen.

Verzinsung des deutschen Auslandsvermögens

Bei der Bewertung der Entwicklung des Auslandsvermögens spielen auch Zins- und Dividendeneinnahmen und -ausgaben eine wichtige Rolle. Die Verzinsung aller Auslandsforderungen und -verbindlichkeiten wurde berechnet, indem die Zahlungseingänge aus deutschen Vermögenswerten im Ausland sowie die Auszahlungen an Ausländer im Besitz inländischer Vermögenswerte ins Verhältnis zu den jeweiligen Beständen gesetzt wurden.8 Abbildung 4 weist aus, dass die Gesamtheit der deutschen Auslandsaktiva im Zeitverlauf eine nahezu durchgängig geringere Verzinsung generiert hat als die deutschen Verbindlichkeiten.9

Dies hat sich erst ab 2003 umgekehrt. Die höhere Verzinsung von Auslandsaktiva bis 2007 dürfte Ergebnis der zeitweilig überdurchschnittlich hohen Renditen an den boomenden Finanzmärkten der späteren Krisenländer (USA, Irland, Spanien etc.) sein. Der Unterschied in der Verzinsung seit dem Platzen der globalen Finanzblase dagegen dürfte wesentlich der Rolle Deutschlands als „sicherer Hafen“ für Kapitalanleger geschuldet sein, aufgrund derer deutsche Renditen bei Wertpapier- und Kreditverbindlichkeiten überdurchschnittlich zurückgehen.

Abbildung 4
Verzinsung deutscher Auslandsaktiva und -passiva
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Quelle: Deutsche Bundesbank; eigene Berechnungen.

Auslandsforderungen, -verbindlichkeiten und Nettopositionen nach Sektoren

Der Blick auf die Struktur der deutschen Auslandsforderungen und -verbindlichkeiten im Zeitverlauf nach Instrumenten, Sektoren und Währung (vgl. Tabelle 1) offenbart eine Vielzahl von Entwicklungen. Bemerkenswert sind der deutliche Anstieg der gesamten Auslandsaktiva und -passiva von rund 50% (37%) 1970 auf 270% (230%) der jährlichen Wirtschaftsleistung 2012 sowie die kräftige Zunahme grenzüberschreitender Wertpapieranlagen (mit Höhepunkt 2007), der eine rückläufige relative Bedeutung der grenzüberschreitenden Kreditvergabe gegenübersteht. Die Zunahme des Wertpapieranteils an den Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland erklärt auch die größere Volatilität des gesamten Auslandsvermögens: Wertpapiere wie Aktien und Anleihen sind stärker Bewertungsänderungen unterworfen als etwa Kredite.

Tabelle 1
Struktur der deutschen Auslandsforderungen und -verbindlichkeiten
  1970 1980 1990 2000 2007 2012
Auslandsaktiva insgesamt (in Mrd. Euro) 184,9 501,4 1633,4 2840,7 5018,1 7100,0
davon in %            
Direktinvestitionen 9 12 12 18 18 15
Wertpapieranlagen 12 8 17 38 35 28
Kredite (einschließlich Handelskredite) 49 61 62 39 42 29
Finanzderivate1 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 13
Sonstige Anlagen2 31 19 9 5 4 15
Auslandsaktiva in Fremdwährung n.v. n.v. 48 44 32 26
nachrichtlich Auslandsaktiva in % des BIP 51 64 125 139 207 268
Auslandspassiva insgesamt (in Mrd. Euro) 133,4 444,0 1108,3 2773,7 4374,6 6087,0
davon in %            
Direktinvestitionen 24 14 10 18 16 10
Wertpapieranlagen 8 11 28 40 51 37
Kredite (einschließlich Handelskredite) 65 71 57 41 33 28
Finanzderivate1 n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. 23
Sonstige Anlagen 4 4 5 0 0 2
Auslandspassiva in Fremdwährung n.v. n.v. 18 21 16 13
nachrichtlich Auslandspassiva in % des BIP 37 56 85 135 180 230
Anteile der Auslandsaktiva … in %            
… der monetären Finanzinstitute 28 36 38 37 49 41
… der Unternehmen und Privatpersonen 38 46 53 57 47 42
… des Staates 5 2 3 2 1 4
… der Deutschen Bundesbank 28 17 7 4 4 14
Anteile der Auslandspassiva … in %            
… der monetären Finanzinstitute 28 36 35 48 46 47
… der Unternehmen und Privatpersonen 68 51 43 36 37 29
… des Staates 2 10 18 16 17 22
… der Deutschen Bundesbank 2 4 5 0 0 2

1 Finanzderivate der monetären Finanzinstitute werden im Auslandsvermögensstatus erst ab 2010 ausgewiesen, was die Vergleichbarkeit mit Angaben für die Vorjahre beeinträchtigt.
2
Einschließlich Währungsreserven und Target2-Forderungen der Deutschen Bundesbank; Bestände jeweils zum Jahresende (2012: Ende des dritten Quartals); Angaben durchgängig in Mrd. Euro, auf eine Nachkommastelle gerundet; Anteilswerte jeweils in % aller Aktiva/Passiva; Abweichungen der Summen von 100 rundungsbedingt.

Quelle: Deutsche Bundesbank, Auslandsvermögensstatus, Stand Januar 2013; eigene Berechnungen.

Bei der sektoralen Verteilung haben sich vor allem seit der Finanzkrise deutliche Verschiebungen ergeben. Primär auf der Forderungsseite gingen die Anteile des Privatsektors und der Banken in dem Maße zurück, in dem die öffentliche Hand und vor allem die Bundesbank Zunahmen zu verzeichnen hatten. Der Anteil der privaten Unternehmen und Haushalte an den gesamten Forderungen sank zwischen 2007 und 2012 um 5 Prozentpunkte, der der Banken um 8 Prozentpunkte; umgekehrt erhöhte sich der Anteil des Staates um 3 Prozentpunkte und der der Bundesbank um 10 Prozentpunkte. Der Anstieg der staatlichen Anteile dürfte wesentlich auf die Übernahme von Auslandsforderungen deutscher Banken im Rahmen der Abwicklungsanstalten zurückgehen („Bad Banks“), während die Zunahme der Forderungen der Bundesbank vornehmlich die Target2-Forderungen gegenüber dem Europäischen Zentralbankensystem widerspiegelt, die entstehen, wenn Geschäftsbanken ihnen zufließende Liquidität nicht mehr an Banken der Euroraum-Peripherie verleihen.10 Die Verschiebung zeigt sich auch klar in der Nettoauslandsposition nach Sektoren (vgl. Abbildung 5).

Abbildung 5
Nettoauslandsvermögen nach Sektoren
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Quelle: Deutsche Bundesbank, Auslandsvermögensstatus, Stand Januar 2013; Nettoauslandsposition der monetären Finanzinstitute ohne Finanzderivate.

Während vor allem in der öffentlichen Debatte weithin die Überzeugung vorherrscht, die Target2-Salden dienten primär der Finanzierung anhaltender Leistungsbilanzdefizite der Krisenländer, deuten die Zahlungsbilanzstatistiken eher darauf hin, dass der Abzug von Finanzanlagen aus den Krisenländern die treibende Kraft ist.11 So ist die Absenkung der Nettoposition der Banken primär auf die Rückführung ihrer Forderungen zurückzuführen, die ihre Ursache neben Abschreibungen vor allem in der Nichtverlängerung von Interbankenkrediten und dem aktiven Verkauf eigener Positionen im Rahmen einer Repatriierung deutscher Vermögenswerte hat. Deren Ausmaß lässt sich am Abbau der Auslandsforderungen der Banken gegenüber den Krisenländern illustrieren: Seit dem Jahresende 2008 haben deutsche Banken ihre Aktivposition in Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Italien von insgesamt rund 570 Mrd. auf zuletzt knapp 260 Mrd. Euro mehr als halbiert.12

Burgold und Voll bringen es wie folgt auf den Punkt: „Nutznießer des Target2-Mechanismus [sind] primär alle Wirtschafter, die Geldvermögen aus den Krisenstaaten abgezogen haben, ohne Abwertungsverluste erleiden zu müssen. Darunter fallen auch vermögende Anleger der Krisenstaaten selbst. Vor allem aber betrifft das die ausländischen Gläubiger in den Exportländern, die die Leistungsbilanzdefizite der jetzigen Krisenstaaten jahrelang finanziert haben.“13 Hätten die Forderungen in den Euro-Krisenländern nicht (unter massiver Liquiditätszufuhr der Notenbanken) aufgelöst werden können, wäre es zu flächendeckenden Bankenpleiten gekommen, so dass Großteile der deutschen Auslandsvermögen – die deutschen Ersparnisse – hätten abgeschrieben oder über erneute massive Kapitalspritzen für den Finanzsektor auf Kosten der öffentlichen Hand gerettet werden müssen. Auf diese Weise wäre allerdings endgültig und unmissverständlich klar geworden, dass es auch in der Eurokrise – wie bereits in der Finanzkrise – um die Rettung von Guthaben geht, und nicht etwa um die Rettung von „Griechenland“ oder „Spanien“.

Kasten 1
Diskrepanzen zwischen Leistungs- und Kapitalbilanz – Auswirkungen auf die Bewertung des Nettoauslandsvermögens

Die auf der Herleitung des hypothetischen Nettoauslandsvermögens aus kumulierten Leistungsbilanzsalden beruhenden Zahlen sind als konservative Schätzung der Bewertungsverluste im deutschen Nettoauslandsvermögen zu verstehen. Eine alternative Herangehensweise besteht über die Kapitalbilanz. Einem Überschuss in der Leistungsbilanz steht auf der Kapitalbilanzseite buchungstechnisch zwingend ein wertmäßig identisch hohes Defizit gegenüber.1 In der Praxis dagegen stimmen Leistungs- und Kapitalbilanzsaldo aufgrund von Unzulänglichkeiten bei der Erfassung selten exakt überein. Damit die Einzelsalden der Zahlungsbilanz sich dennoch zu Null addieren, ist ein Ausgleichsposten notwendig, den die Deutsche Bundesbank als „Saldo nicht-aufgliederbarer Transaktionen“ oder schlicht als „Restposten“, der Internationale Währungsfonds als „net errors and omissions“ bezeichnet.2

Empirisch ist ferner zu beobachten, dass die unter diesem Posten verbuchten Differenzen zwischen Leistungs- und Kapitalbilanz für eine Vielzahl von Ländern im Zeitverlauf systematisch in die eine oder andere Richtung tendieren. Grundsätzlich können die Diskrepanzen auf statistisch untererfasste Leistungsbilanz- ebenso wie auf untererfasste Kapitalbilanztransaktionen zurückgehen, und das jeweils sowohl auf der Aktiv- wie auf der Passivseite der Bilanz. Die Analysen von Lane und Milesi-Ferretti3 deuten darauf hin, dass vor allem nicht-erfasste Finanztransaktionen zu den teils beträchtlichen Diskrepanzen zwischen Leistungs- und Kapitalbilanz führen. Während vor allem Schwellen- und Entwicklungsländer typischerweise systematisch negative Diskrepanzen aufweisen, was mit nicht registrierten Kapitalabflüssen kompatibel ist, geht die positive Abweichung in einer Reihe von industrialisierten Ländern vermutlich primär auf nicht-erfasste Kapitalzuflüsse zurück. So steht nach Berechnungen von Lane und Milesi-Ferretti4 die Schweiz hier gemessen an der Wirtschaftsleistung international mit großem Abstand an der Spitze.

Neben Großbritannien und den USA zählt aber auch Deutschland zu den Volkswirtschaften, in denen der Saldo der Kapitalbilanz wertmäßig den der Leistungsbilanz regelmäßig deutlich übersteigt. Diese Beobachtung trifft für den gesamten Zeitraum ab 1971 zu, wobei seit Beginn der Europäischen Währungsunion eine erhebliche Zunahme zu verzeichnen ist. Für die Jahre 1999 bis 2012 (3. Quartal) addieren sich die im Restposten der Zahlungsbilanz verbuchten Werte auf nicht weniger als 253 Mrd. Euro.

Dass diese Diskrepanzen in nennenswertem Umfang auf eine systematisch in eine Richtung verzerrte Erfassung von Leistungsbilanzströmen zurückgehen, scheint eher unwahrscheinlich. Würden tatsächlich in erheblicher Größenordnung Leistungsbilanztransaktionen untererfasst, wären die hier berichteten kumulierten Wertverluste beim deutschen Nettoauslandsvermögen um den entsprechenden Betrag aufzustocken.5

In diesem Sinne handelt es sich bei den genannten Zahlen auf Basis der Leistungsbilanz um eine konservative Schätzung. Auf Basis der Kapitalbilanz errechnet sich für den Zeitraum 1971 bis 2012 ein durchschnittlicher Bewertungsverlust von 0,9% (statt 0,5%) des BIP pro Jahr.

1 Das mit einem Leistungsbilanzüberschuss einhergehende Kapitalbilanzdefizit wird auch als „Nettokapitalexport“ bezeichnet. Dieser Begriff sorgt oft für Verwirrung, denn er beschreibt faktisch nichts anderes als die Erhöhung der Nettoforderungen der Inländer gegenüber dem Ausland und hat mit dem Export von Kapital im Sinne von Investitionsgütern nicht unmittelbar etwas zu tun. Der Internationale Währungsfonds bezeichnet die Kapitalbilanz auch deshalb seit geraumer Zeit als „financial account“. Der „capital account“ hingegen entspricht dem „Saldo der Vermögensübertragungen und des Kaufs/Verkaufs immaterieller nichtproduzierter Vermögensgüter“, der ebenfalls einen – für Deutschland vernachlässigbaren – Teil der Diskrepanz zwischen Leistungs- und Kapitalbilanz ausmacht, vgl. Internationaler Währungsfonds: Balance of Payments and International Investment Position Manual, 6. Aufl., Washington DC 2009, S. 9.

2 Ebenda, S. 11.

3 P. Lane, G. Milesi-Ferretti: The External Wealth of Nations: Measures of Foreign Assets and Liabilities for Industrial and Developing Countries, in: Journal of International Economics, 55. Jg. (2001), S. 263-294; sowie dies.: The External Wealth of Nations Mark II: Revised and Extended Estimates of Foreign Assets and Liabilities, 1970–2004, in: Journal of International Economics, 73. Jg. (2007), S. 223-250.

4 Vgl. P. Lane, G. Milesi-Ferretti: The External Wealth of Nations Mark II …, a.a.O.

5 Die Europäische Kommission zieht in einer aktuellen Publikation zur Ermittlung von Nettowertgewinnen bzw. -verlusten in Ländern der Europäischen Union die Kapitalbilanzstatistik heran und kommt so zu Bewertungsverlusten des deutschen Nettoauslandsvermögens von 566 Mrd. Euro im Zeitraum zwischen Mitte 2007 und Ende 2011, vgl. Europäische Kommission: Current Account Surpluses in the EU, in: European Economy, H. 9, 2012, S. 39.

Zusammenfassung und Ausblick: Was wollen wir finanzieren?

Seit Beginn der Europäischen Währungsunion hat die deutsche Volkswirtschaft im dritten Quartal 2012 ihr Nettoauslandsvermögen auf über 1 Billion Euro ausgeweitet. Dieser Vermögenszuwachs bleibt gleichwohl in der Summe deutlich hinter den kumulierten Leistungsbilanzüberschüssen im selben Zeitraum zurück: Trotz einer Erholung im Jahr 2012 belaufen sich die Buchungsverluste aktuell nach konservativer Schätzung auf rund 270 Mrd. Euro bzw. 10% des BIP. Hinzu kommt, dass die durchschnittliche Verzinsung deutscher Vermögenswerte im Ausland langfristig nicht über, sondern unter der inländischer Finanzanlagen im Besitz von Ausländern lag. Die Anhäufung finanzieller Forderungen gegenüber dem Rest der Welt im Zuge von Leistungsbilanzüberschüssen stellt somit im Rückblick auf die vergangenen vier Jahrzehnte – vor allem aber auf das letzte – aus gesamtwirtschaftlicher Sicht eine beträchtliche Fehlallokation dar. Insgesamt spricht Vieles dafür, dass Deutschland eine deutliche Reduktion seiner Leistungsbilanzüberschüsse anstreben sollte – dies aus wohlverstandenem Eigeninteresse.

Zwar sind die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse nicht das Resultat strategischer wirtschaftspolitischer Planung, sondern gesamtwirtschaftliches Ergebnis einer Vielzahl autonomer, einzelwirtschaftlicher Entscheidungen von Marktteilnehmern im In- und Ausland. Bewertungsverluste sind deshalb auch aus ordnungspolitischer Sicht grundsätzlich unproblematisch. Das Problem besteht darin, dass seit der Finanzkrise 2007 drastische Abschreibungen privater Forderungen in einer Weise durch öffentliche Rettungsmaßnahmen vermieden worden sind, die die Verlustrisiken in enormem Umfang in die Bilanzen der Staaten und des Zentralbanksystems verschoben haben.

Für die Finanz- und Wirtschaftspolitik stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob und wie die angezeigte Passivierung der Leistungsbilanz durch eine Stärkung gesamtgesellschaftlich produktiver Inlandsinvestitionen in die Zukunftsfähigkeit der deutschen Volkswirtschaft erreicht werden können. Auch wenn große Teile dieser Investitionen privatwirtschaftlich organisiert werden müssen, kann die öffentliche Hand – unter Wahrung der Vorgaben durch die Schuldenbremse – an vielen Stellen wichtige Beiträge leisten.

So stellt die ressourceneffiziente Gestaltung der wirtschaftlichen Prozesse eine ganz zentrale Zielvorgabe dieses Jahrhunderts dar. Sollen erhebliche Wohlfahrtsverluste aufgrund von Klimaveränderungen und Ressourcenmangel vermieden werden, sind umfangreiche Investitionen in einem engen Zeitfenster zu realisieren. Zu nennen wären insbesondere die Maßnahmen, die unter dem Stichwort „Energiewende“ zusammengefasst werden: Der Ausbau und die Modernisierung des Energieübertragungsnetzes, die Förderung der Energieeffizienz, die Bereitstellung von Speicherkapazitäten, die Etablierung der Elektromobilität und als Langfristziel die Komplettumstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien.

Investitionen in Forschung und Bildung sind ihrerseits anerkannte Grundvoraussetzung für fortgesetzte Produktivitätssteigerungen, um hohe Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstandszuwächse auch in Zukunft zu gewährleisten. Deswegen sollten Forschungsaktivitäten sowie ihr Transfer in Form von Innovationen in Unternehmen umfassend gefördert werden und parallel auf allen Ebenen die Anstrengungen im Bildungsbereich – von der Bereitstellung qualitativ hochwertiger frühkindlicher Bildungs- und Betreuungsangebote bis zur Ausstattung der Hochschulen – intensiviert werden.

Über diesen auch von der Politik längst als grundlegend identifizierten Bereichen darf schließlich die allgemeine Infrastruktur insgesamt nicht vernachlässigt werden. In jedem Jahr seit 2003 sind die staatlichen Nettoanlageinvestitionen Deutschlands rückläufig gewesen. Mit anderen Worten: Der öffentliche Kapitalstock verfällt. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau bezifferte unlängst den Investitionsstau in den Kommunen Deutschlands auf 100 Mrd. Euro.14 Auch vor diesem Hintergrund erscheint der Bedarf an öffentlichen Investitionen immens.

Gleichzeitig sind die öffentlichen Finanzierungsbedingungen in Deutschland aktuell und auf absehbare Zeit historisch günstig: Aufgrund der geldpolitischen Lockerung und da deutsche Staatsschuldtitel für Anleger weltweit als sicher angesehen werden, nehmen Investoren niedrige, am kurzfristigen Ende des Zinsspektrums sogar negative Renditen in Kauf. Auch die Renditen für lang laufende Staatsanleihen liegen aktuell im Bereich der mittelfristigen Preissteigerungsrate: Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren rentieren derzeit bei 1,6% pro Jahr, und selbst auf 30 Jahre sind es lediglich 2,4%.

Eine langfristig angelegte Investitionsoffensive ist somit nachhaltig finanzierbar, würde tendenziell über die Stärkung der binnenorientierten Wirtschaft zum weiteren Abbau der Ungleichgewichte im Euroraum beitragen und vor allen Dingen helfen, Deutschland zukunftsfester zu machen: eine Chance, die genutzt werden sollte.

Der Beitrag gibt die persönliche Meinung der Autoren wieder.

  • 1 Für eine detailliertere Darstellung der Argumentationslinien vgl. G. Horn, S. Sturn, T. van Treeck: Die Debatte um die deutsche Export­orientierung, in: Wirtschaftsdienst, 90. Jg. (2010), H. 1, S. 22-28; sowie aktuell die Kontroverse zwischen G. Erber und J. Priewe, insbesondere J. Priewe: Anmerkungen zu „Irrungen und Wirrungen mit der Leistungsbilanzstatistik“ von Georg Erber, in: Wirtschaftsdienst, 93. Jg. (2013), H. 1, S. 52-57; sowie die anschließende Replik von G. Erber.
  • 2 Vgl. etwa B. Busch, M. Grömling, J. Matthes: Lebt Deutschland auf Kosten südeuropäischer Länder?, in: Wirtschaftsdienst, 91. Jg. (2011), H. 8, S. 537-542. Eine aktuelle Modellrechnung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) für das Bundesministerium der Finanzen kommt zu dem Ergebnis, dass der deutsche Leistungsbilanzüberschuss sich ab dem Jahr 2033 demografisch bedingt in ein Defizit umkehren wird. Vgl. für eine Zusammenfassung Bundesministerium der Finanzen: Sparen und Investieren vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, in: Monatsbericht des BMF, September 2012, S. 17-25.
  • 3 Vgl. insbesondere P. Lane, G. Milesi-Ferretti: The External Wealth of Nations: Measures of Foreign Assets and Liabilities for Industrial and Developing Countries, in: Journal of International Economics, 55. Jg. (2001), S. 263-294; sowie dies.: The External Wealth of Nations Mark II: Revised and Extended Estimates of Foreign Assets and Liabilities, 1970–2004, in: Journal of International Economics, 73. Jg. (2007), S. 223-250.
  • 4 Die Bundesbank berechnet Einzelkomponenten der Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland je nach Instrument aus Bestands- oder Flussgrößen. Bei der Berechnung aus Flussgrößen werden die Bewertungsänderungen mit Hilfe von Marktkursen bestimmt, vgl. Deutsche Bundesbank: Das deutsche Auslandsvermögen seit Beginn der Währungsunion: Entwicklung und Struktur, in: Monatsbericht, Oktober 2008, S. 15-33.
  • 5 Die Berechnungen basieren auf den Statistiken der Deutschen Bundesbank (Stand Januar 2013) zur Zahlungsbilanz und zum deutschen Auslandsvermögensstatus, die in der Internet-Zeitreihendatenbank der Bundesbank abrufbar sind: http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/Zeitreihen_Datenbanken/Makrooekonomische_Zeitreihen/makrooekonomische_zeitreihen_node.html. Ausführliche Analysen zur Entwicklung wichtiger Größen innerhalb der Zahlungsbilanz veröffentlicht die Deutsche Bundesbank in unregelmäßigen Abständen, vgl. zuletzt Deutsche Bundesbank: Die deutsche Zahlungsbilanz für das Jahr 2011, in: Monatsbericht, März 2012, S. 15-34. Die aktuellste Darstellung zum Auslandsvermögensstatus für das Gesamtjahr 2011 ist als Pressemitteilung der Bundesbank abrufbar: http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/BBK/2012/2012_09_28_auslandsvermoegen_ende_2011.html.
  • 6 Dabei ist das Verfahren zur Berechnung der Wertänderungen der Forderungen und Verbindlichkeiten analog zum Verfahren zur Ermittlung von Wertänderungen der Nettoposition. Hier wird die Differenz der Forderungs- bzw. Verbindlichkeitsbestände zwischen zwei Zeitpunkten berechnet und davon der in der Kapitalbilanz ausgewiesene transaktionsbedingte Aufbau von Forderungen bzw. Verbindlichkeiten abgezogen. Um Konsistenz mit den auf Basis der Leistungsbilanz ermittelten Wertänderungen zu erzielen, sind die statistischen Diskrepanzen auf die in der Kapitalbilanz erfasste Zunahme der Verbindlichkeiten addiert aufgeschlagen worden. Das heißt, es wurde angenommen, dass die Diskrepanzen untererfasste Kapitalzuflüsse widerspiegeln (vgl. die Erläuterungen in Kasten 1).
  • 7 Die getrennte Betrachtung nach Anlagearten zeigt, dass seit den 1990er Jahren ermittelte Wertänderungen von Aktienkursschwankungen dominiert werden. Die hier errechneten Wertgewinne bzw. -verluste sind dabei ihrerseits mit Wertschwankungen internationaler Aktienindizes (MSCI Europe und MSCI World) hoch korreliert.
  • 8 Mittelwerte der Vermögensbestände zu Jahresbeginn und -ende für 1970 bis 2003 bzw. Mittelwerte der Quartalsendbestände des jeweiligen Jahres ab 2004. Alle Berechnungen in Euro, also einschließlich Wechselkurseffekten bei Vermögenseinkommen in Fremdwährung.
  • 9 Ein differenzierter Blick auf die Verzinsung von Direktinvestitionen, Wertpapieranlagen und Krediten liefert ein heterogeneres Bild: Während ausländische Direktinvestitionen in Deutschland fast durchgängig und im Schnitt deutlich höher rentieren als deutsche Direktinvestitionen im Ausland, ging die Differenz bei Wertpapieren im Zeitverlauf in beide Richtungen. Deutsche Kreditverbindlichkeiten schließlich brachten fast über den gesamten Zeitraum niedrigere (1999 bis 2007 gleich hohe) Zinsaufwendungen mit sich als deutsche Kreditforderungen gegenüber dem Ausland.
  • 10 Vgl. Deutsche Bundesbank: Die Entwicklung des TARGET2-Saldos der Bundesbank, in: Monatsbericht, März 2011, S. 34-35.
  • 11 Vgl. unter anderem W. Buiter, E. Rahbari, J. Michels: The implications of intra-euro area imbalances in credit flows, CEPR Policy Brief, Nr. 57, August 2011, S. 4 ff.; sowie P. De Grauwe, Y. Ji: What Germany should fear most is its own fear – An analysis of Target2 and current account imbalances, CEPS Working Document, Nr. 368, September 2012, für eine systematische Auseinandersetzung mit der These leistungsbilanzgetriebener Target-2-Salden. Für eine Replik auf De Grauwe und Ji vgl. H.-W. Sinn: Die Target-Verluste im Fall des Auseinanderbrechens des Euro, in: ifo Schnelldienst, 66. Jg. (2013), H. 1, S. 14-24.
  • 12 Statistik der Deutschen Bundesbank zum Auslandsvermögensstatus der inländischen Banken, Stand Februar 2013, letzter Wert für Dezember 2012.
  • 13 P. Burgold, S. Voll: Begrenzung von TARGET2-Risiken – ein kritischer Überblick, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 13. Jg. (2012), S. 106. Die EU-Kommission formuliert etwas diplomatischer: „Eurosystem refinancing allowed the surplus countries to partly substitute their exposure to some fragile foreign financial markets with a claim on the ECB; the exposure of the large-surplus economies to the vulnerable euro area economies has, therefore, been to some extent mutualized among all euro area countries.“, Europäische Kommission, a.a.O., S. 35.
  • 14 Kreditanstalt für Wiederaufbau: KfW-Kommunalpanel 2011, Frankfurt a.M., April 2012, http://www.kfw.de/kfw/de/I/II/Download_Center/Fachthemen/Research/PDF-Dokumente_KfW_Kommunalpanel/KfW-Kommunalpanel_2011_LF.pdf.

Title:Investing in the Future? Tracking Trends in Germany’s Foreign Wealth

Abstract:Germany’s substantial current account surpluses are an ongoing subject of debate, both at the domestic and the European/global level. Advocates of high surpluses emphasise the need to accumulate foreign wealth in order to finance future investment and consumption expenditures of an ageing population. This contribution gauges the profitability of Germany’s foreign wealth. It identifies large valuation losses to the tune of half a trillion euros in recent years as well as a persistently adverse trend in previous decades. This unfavourable development as well as historically low refinancing costs point to the comparatively greater benefits of a domestic investment offensive aiming to equip Germany for central long-term challenges.


DOI: 10.1007/s10273-013-1507-3