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Die Debatte über Offshore-Leaks und die sehr geringen Steuerzahlungen großer multinationaler Konzerne haben das öffentliche Interesse auf das Problem „Steueroasen“ gelenkt. Wenn Konzerne Steuersatzunterschiede zwischen verschiedenen Ländern ausnutzen, kann Steuergestaltung durchaus legal sein. Werden aber steuerpflichtige Einkommen von Privatpersonen nicht deklariert, ist das illegal. Maßnahmen dagegen können neben der Aufdeckung von Straftaten an verschiedenen Stellen ansetzen: bei den Steuersätzen, der Regulierungsintensität, der Bemessungsgrundlage und den Informationspflichten. Werden die bestehenden Steueroasen ausgetrocknet, kann dies allerdings dazu führen, dass sich in großen Staaten neue Steueroasen herausbilden.

Lässt sich der Kampf gegen die Steueroasen gewinnen?

Der Kampf gegen Steueroasen macht Fortschritte. Das jedenfalls ist der Eindruck, den der Leser der Wirtschaftspresse derzeit gewinnen könnte. Bollwerke brechen ein. Die USA „knackt“ das Schweizer Bankgeheimnis, jedenfalls für amerikanische Steuerbürger. Mit dem „Agreement between the United States of America and Switzerland for Cooperation to Facilitate the Implementation of FATCA“ scheint man jedenfalls auf dem Wege zu sein. Luxemburg hat sich jüngst bewegt und signalisiert, das Bankgeheimnis bis 2015 zu lockern. Österreich knickt ein. Eine Einigung über den Informationsaustausch innerhalb der gesamten EU scheint gar für 2014 im Rahmen des Möglichen.1 Man liest, dass die britische Regierung auf ihre Überseegebiete und Kronbesitzungen einwirken möchte. Die Transparenz der Steuerdaten soll verbessert und die Besitzverhältnisse von Unternehmen oder Stiftungen offengelegt werden.2 CDs mit den Daten von Steuerflüchtlingen oder große Datenpakete mit brisanten Dossiers werden von Finanzämtern erworben oder kursieren unter investigativen Journalisten. Nachdem die OECD eine Reihe von Staaten auf eine „schwarze Liste“ gesetzt hat, bemühen sich viele dieser Staaten durch entsprechende Abkommen, von diesen Listen zu verschwinden. Große Unternehmen, die Milliardengewinne aus Hochsteuerländern ganz legal in Steueroasen verlagern und dort erst einmal parken, statt sie unmittelbar dem Zugriff des Fiskus in ihren Hauptsitzländern auszusetzen, stehen am öffentlichen Pranger.

Indes, ein Blick zurück macht weniger zuversichtlich. Steuerflüchtlinge gibt es nicht erst seit gestern, und der „Kampf gegen die Steuerflucht“ ist alt. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs beispielsweise war für Vermögende die Versuchung noch größer als heute, aus Deutschland abzuwandern. Die Politik hat damals mit dem „Gesetz gegen die Steuerflucht“ reagiert.3 Steuerskandale stehen seit Jahrzehnten im Fokus der öffentlichen Debatte. Nur die Methoden, die zur Anwendung kommen, verändern sich. Die sogenannte Flick-Affäre hatte ihren Ausgangspunkt in einer drohenden Steuerschuld für den Konzern, die aus einem Aktienverkauf im Jahre 1975 resultierte. Presseberichten zufolge gelang es der Konzernführung, die Steuerschuld durch politische Einflussnahme abzuwenden.4 Der Kaufhauskönig Helmut Horten verkaufte vor vielen Jahrzehnten seinen Konzern, wanderte in die Schweiz aus, und – Dank einer Lücke in der Steuergesetzgebung – blieb der 1,2 Mrd. DM schwere Erlös steuerfrei.5

Was wir heute beobachten, ist so gesehen nicht so einmalig. Es ist vielmehr eine neue Runde in einem Wettstreit, der seit vielen Jahrzehnten andauert. Die moderne Informationsgesellschaft schafft bekanntlich eine neue Situation. Der moderne internationale Zahlungsverkehr, Veränderungen in den internationalen Waren- und Dienstleistungsbeziehungen, die internationale Handelsverflechtung, aber auch Finanzmarktinnovationen und die digitale Revolution in der Kommunikationstechnologie verändern die Spielregeln. Das Informationsmanagement steht vor neuen Möglichkeiten und Herausforderungen. „Privacy“ wird schwieriger, und das gilt auch im Bereich der Kapitalanlagen und Finanzmarkttransaktionen. Beide Seiten, also die Steuervermeider wie auch die Steuerbehörden, werden auf die neue Situation reagieren. Auf Dauer wird wohl keine Seite gewinnen, weder die Hochsteuerstaaten, deren Regierungen großen Finanzhunger haben, noch die internationalen Unternehmen oder die Reichen oder Superreichen unter den Steuerbürgern.

Die Natur des Phänomens

„Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen“, so legt es § 3 der Abgabenordnung in Deutschland fest. Insgesamt mag der Staat mit den Steuereinnahmen mehr oder weniger nützliche Dinge anstellen. Wir besteuern uns doch letztlich selbst – wie Joel Slemrod und Jon Bakija mit ihrem Buchtitel „Taxing Ourselves“ den Sachverhalt zutreffend beschreiben.6 Aber für den einzelnen Bürger steht seinen Steuern nun einmal keine konkret messbare Gegenleistung gegenüber, die direkt und erkennbar mit seiner eigenen Steuerzahlung korrespondiert und die ihm ein direktes Gefühl der Kompensation für das Zahlen von Steuern geben könnte. Er empfindet seine Steuerzahlung deshalb als Last. Kein Wunder, dass er Phantasie entwickelt und versucht, Steuern zu vermeiden. Für Kapitalgesellschaften ist das Steuern-Sparen als Teilaspekt der Gewinnmaximierung sogar geradezu eine Komponente des primären Unternehmensziels.

Hilfestellung erhalten Steuerzahler wie Unternehmen von vielen Seiten. Ratgeberbücher offenbaren dem einfachen Steuerbürger „Steuertricks“. Steuerberater helfen dem Steuerzahler ebenfalls. Sie können z.B. auf Korrespondenzlücken im Steuerrecht aufmerksam machen und auf steuerlich besonders günstige Gestaltungsformen der Unternehmensfinanzierung oder der juristischen Unternehmensstruktur hinweisen.

Auf den Plan treten aber auch andere Helfer: die „Steueroasen“. Es handelt sich dabei zumeist um kleine Staaten oder Territorien, die ihre Souveränität oder ihren regulativen Sonderstatus nutzen, um Steuerpflichtigen weitere Möglichkeiten der Steuergestaltung zu eröffnen.7 Sie können beispielsweise die Besitzverhältnisse von Kapitalanlagen von Privatpersonen gegenüber deren Wohnsitzländern verschleiern. So bleiben Kapitaleinkünfte dem Finanzamt im Wohnsitzland verborgen.

Fantasievollere und zudem lukrative und legale Geschäfte eröffnen sich in Steueroasen für Unternehmen. Ein Unternehmen beispielsweise, das in einem Hochsteuerland mit einem patentrechtlich geschützten Produkt seine Umsätze erzielt, kann in einer Steueroase eine Tochter gründen und dieser Tochter die Rechte an dem Patent übertragen. Das Unternehmen kann dann in gewissem Umfang darüber entscheiden, welche Gebühren dieses Tochterunternehmen dem im Hochsteuerland tätigen Unternehmen für die Nutzung dieses Patents in Rechnung stellt. So kann das Unternehmen seine Gewinne aus dem Hochsteuerland in die Steueroase verlagern. Dort fallen erst einmal keine oder fast keine Körperschaftsteuern an. Erst wenn die Gewinne in ferner Zukunft einmal an die Anteilseigner ausgeschüttet werden sollten, müssten diese Gewinne versteuert werden.

Für die Verlagerung von steuerlichen Gewinnen gibt es eine Reihe von Methoden. Nicht nur Patente und Markenrechte, auch die Finanzierungsstruktur von Konzernen lässt sich zur Gewinnverlagerung in Steueroasen nutzen. Für diese Steuersparmodelle benötigt man Steueroasen, also Orte, in denen die Unternehmen ihre Gewinne unter sehr günstigen steuerlichen Bedingungen viele Jahre thesaurieren können.

Anders als das Hinterziehen von Kapitaleinkommensteuern sind viele Formen der Gewinnverlagerung ganz legal. Die Finanzminister von Hochsteuerländern versuchen seit Jahren, durch ein immer dichteres Netz an Vorschriften und Beschränkungen die legalen Möglichkeiten einzudämmen. Gewinnverlagerung durch interne Verrechnungspreise, bei denen Konzernteile sich bestimmte Zwischenprodukte zu Fantasiepreisen in Rechnung gestellt haben, war früher beliebt. Dem „Kampf“ gegen solche Machenschaften verdankt man heute ein dichtes Regelwerk, dessen Einhaltung viel Fachwissen erfordert, das Unternehmen aber Rechtssicherheit verschafft und vor Doppelbesteuerung schützt. Für die Gewinnverlagerung spielen Transferpreise heute vermutlich eine geringere Rolle: Die Gewinnverlagerung erfolgt durch andere Methoden.

Die Steueroase lässt sich ihre Dienste bezahlen. Die Staatspräsidenten von Steueroasen oder deren Behörden sind selten die direkten Dienstleistenden. Vielmehr siedeln sich in den Steueroasen privatwirtschaftlich organisierte Helfer an. Banken öffnen den Steuerhinterziehern mit ihren Geldkoffern ihre Türen. Notare, Anwälte und andere Dienstleister helfen bei der Gründung und Verwaltung von Tochterunternehmen oder Konzernholdings, zu denen die Gewinne aus Hochsteuerländern verlagert werden sollen, oder sie bieten Konstruktionen an, mit denen sich steuerlich relevante Sachverhalte in der vom Auftraggeber gewünschten Weise verschleiern lassen. Die gesamte Branche schafft viele gute Arbeitsplätze in der Steueroase. So profitiert die Steueroase direkt in Form von Gehältern, Provisionen und Büromieten sowie in Form von Verwaltungsgebühren und geringfügigen Steuern.

Die Rolle der Marktstruktur

Steueroasen stehen in Konkurrenz zueinander.8 Wenn es verschiedene Anbieter gibt, die letztlich ähnliche Produkte offerieren, drückt das die Preise. Das gilt auch für Steueroasen. Gibt es viele Steueroasen, dann hat jede Steueroase einen kleinen Anteil am Gesamtgeschäft. Zudem sind dann die Margen klein, die sich im Preiskampf mit anderen Anbietern herausbilden. Im Extremfall sind einzelne Steueroasen perfekte Substitute füreinander, haben keine Kapazitätsgrenzen und stehen im Bertrandwettbewerb zueinander. Die Gewinne, die aus ihrem Geschäft resultieren, sind dann fast null. In der Diskussion um die Abschaffung des Bankgeheimnisses in Europa wird gelegentlich auf den Wettbewerbsaspekt im Verhältnis zwischen der Schweiz, Österreich und Luxemburg verwiesen.9

Steueroasen versuchen, dieses Wettbewerbsproblem zu umschiffen. So ist zu beobachten, dass sich Steueroasen herausbilden, die mit besonderen Geschäftsmodellen werben, auf bestimmte Aktivitäten spezialisiert sind, oder die sich auf Kunden aus bestimmten Ländern oder Ländergruppen konzentrieren. Dem Wettbewerb zu entkommen, ist ein schönes Ziel, aber schwierig zu erreichen. Angesichts der Vielzahl der Anbieter gibt es trotz solcher Versuche der Produktdifferenzierung Überlappungen in den Produkten oder Produktbereichen, so dass Konkurrenz entsteht. Diese Konkurrenz drückt die Margen der Steueroasen.

In dieser Welt treten die OECD und andere multilaterale oder internationale Organisationen als Interessengruppen im Kampf gegen Steueroasen auf. Sie üben politischen oder wirtschaftlichen Druck auf die Steueroasen aus und wirken darauf hin, dass die Steueroasen ihr Geschäftsmodell aufgeben oder anpassen. In einer Situation, in der sich das Geschäft auf viele Steueroasen aufteilt und die Konkurrenz zudem die Margen verdirbt, geben einzelne Steueroasen diesem Druck schnell nach. Das Geschäft wirft angesichts der Konkurrenz ohnehin nicht viel ab. Wenig Druck genügt deshalb, einige Steueroasen zur Geschäftsaufgabe zu bewegen, oder zumindest solche Geschäftsmodelle einzustellen, auf denen der öffentliche Druck besonders lastet. Für die verbleibenden Steueroasen verändert sich erst einmal nur wenig, und so schreitet der Prozess der Austrocknung zunächst zügig und erfolgversprechend voran. Vielleicht ist das die Phase, die wir momentan gerade beobachten.

Schreitet der Prozess aber hinreichend weit voran, wird für die Oasen, die noch übrig sind, das Geschäft mit der Steuerflucht immer lukrativer. Sie gewinnen nicht nur die Marktanteile der Oasen, die ausgestiegen sind. Wichtiger noch: Die Wettbewerbssituation zwischen den Oasen entschärft sich. Die Margen, die sie in der neuen Situation durchsetzen können, werden höher. Jede verbleibende Steueroase hat mehr Kunden, und jeder muss höhere Verwaltungsgebühren und Steuern in Kauf nehmen. Steigt der Druck auf die Oasen nicht immer weiter an, so kommt der Prozess des Marktaustritts deshalb irgendwann zum Halten. Dies ist eine Situation, in der die Zahl der Steueroasen kleiner ist als heute. Die Möglichkeiten, die Steueroasen bieten, bleiben aber im Kern erhalten. Ob diese Situation für alle Beteiligten eine Verbesserung bringt, ist nicht klar. Die Steuervermeidung bzw. Steuerflucht wird kostspieliger, denn die Steueroasen können für ihre Leistungen höhere Gebühren durchsetzen. Das mag auch das Ausmaß reduzieren, in dem die Dienste von Steueroasen in Anspruch genommen werden. Die verbleibenden Steueroasen jedenfalls erzielen höhere Profite, und für diese höheren Profite zahlen letztlich die Ansässigen in den Hochsteuerländern.

Wenn die Dienstleistungen von Steueroasen im Zuge des Konsolidierungsprozesses immer lukrativer werden, könnte man sich auch vorstellen, dass sich neue Steueroasen herausbilden, die mitverdienen möchten. Zur Steueroase zu werden, ist indes nicht ganz einfach. Eine Steueroase benötigt ein geschäftsfreundliches und gut funktionierendes Rechtssystem. Und sie muss vor allem über die nötige Reputation verfügen, dass sie den Informationsschutz, den sie den Flüchtlingen gewährt, nicht wenig später aufgibt. Der Einstieg ins Geschäft der Steueroasen ist deshalb schwierig. So ist es eher die Frage, welche Steueroasen letztlich übrig bleiben werden. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um die Geschäftsplätze handelt, die dem Druck gut standhalten können.

Natürliche Kandidaten sind deshalb Steueroasen, die eine große souveräne Staatsmacht hinter sich wissen, und die sich mit ihrem Geschäft auf Kunden konzentrieren, die nicht in dem Gebiet der betreffenden Staatsmacht ansässig sind. Hongkong beispielsweise ist so betrachtet ein guter Kandidat, als Steueroase für die nicht-chinesische Welt zu dienen und den derzeitigen Sturm gut zu überstehen. Ähnliche Gebietskörperschaften könnte es unter der Schirmherrschaft der USA oder Russlands geben, oder sie könnten sich dort herausbilden. Wer heute das Ende der Steueroasen ausruft, ist deshalb zu optimistisch.

Maßnahmen gegen Steuervermeidung: Steuerhinterziehung versus aggressive Steuerplanung

Die Bekämpfung von Steuervermeidung ist derzeit ein zentraler Aspekt der nationalen und internationalen Steuerpolitik. So treten neben der EU die OECD sowie die G20-Staaten mit Nachdruck für entsprechende Schritte ein. Bei der Steuervermeidung ist zwischen Steuerhinterziehung und sogenannter aggressiver Steuerplanung zu unterscheiden.

Steuerhinterziehung umfasst die Nichtdeklaration steuerpflichtiger Einkünfte, die durch im Ausland gehaltenes Vermögen erzielt werden. Bei diesen eindeutig illegalen Praktiken kommen die Steuerpflichtigen ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur Steuerentrichtung nicht dem eigentlichen Tatbestand entsprechend nach, indem sie Einkünfte vor den zuständigen Behörden des Wohnsitzstaates verbergen. In Deutschland und anderen Ländern haben die Behörden den Fahndungsdruck auf ausländisches Schwarzgeld mittels aufsehenerregender Ankäufe geheimer Datenbestände aus Ländern wie der Schweiz oder Liechtenstein zuletzt deutlich erhöht.

Aggressive Steuerplanung wird im Gegensatz zur Steuerhinterziehung nicht von Privatpersonen, sondern von großen multinationalen Unternehmen betrieben. Diese können das bestehende Recht nutzen, um ihre Steuerschuld in bestimmten Regionen auf nahezu null zu reduzieren. Im Gegensatz zur Steuerhinterziehung geht sogenannte aggressive Steuerplanung also in der Regel nicht mit Gesetzesverstößen einher. Darüber hinaus gibt es keine stringente Definition, wo genau die Grenze zwischen einer üblichen und einer aggressiven Steuerplanung verläuft. So kann die Ausnutzung des internationalen Steuergefälles bei der Finanzierung von Auslandsinvestitionen nicht per se als aggressiv bezeichnet werden. Sie ist über Strukturierungen zu erreichen, die wirtschaftlich motiviert und nicht künstlich sind.1

Generell ist das Interesse an einer soliden Steuerbasis und der Eindämmung vor allem der illegalen Steuerhinterziehung nachvollziehbar und richtig. Zu klären bleibt indes, wie dies zu erreichen ist. Recht klar ist das geeignete Gegenmittel bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Wo Informationen rechtswidrig kaschiert werden, muss Transparenz hergestellt werden. Dies kollidiert allerdings mit einem strikten Bankgeheimnis, das von vielen Finanzplätzen herangezogen wird, um sich dem Informationsaustausch mit dem Wohnsitzstaat zu entziehen. Eine Alternative ist die anonyme Besteuerung der Vermögenserträge unmittelbar an der Quelle mit anschließendem Transfer des Aufkommens an den Wohnsitzstaat.

Die Politik auf der Ebene der Europäischen Union

Diese Lösung wurde so auch bei der Implementierung der EU-Zinsrichtlinie im Jahr 2005 mit Belgien, Luxemburg und Österreich sowie den Nicht-EU-Staaten Schweiz, Andorra, Liechtenstein, Monaco und San Marino übergangsweise vereinbart.2 Für alle anderen Staaten der EU bedeutete die Zinsrichtlinie hingegen unmittelbar den Einstieg in einen automatisierten Informationsaustausch über Zinserträge. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Zinsrichtlinie unter anderem auf Stiftungen und Treuhandfonds wartet seit Jahren auf ihre Annahme. Die Blockadehaltung insbesondere Luxemburgs und Österreichs gegenüber einem (erweiterten) automatisierten Informationsaustausch scheint sich nun jedoch zu lockern.3 Zudem hat die EU mit einer weiteren Richtlinie den automatisierten Informationsaustausch mit Wirkung ab 2015 auf weitere Bereiche der direkten Besteuerung ausgedehnt.4 Darüber hinaus arbeitet die EU-Kommission an einem Vorschlag zur Aufnahme von Dividenden und Veräußerungsgewinnen in den automatisierten Informationsaustausch.5

Die Politik auf globaler Ebene

Die auf globaler Ebene agilste Kraft ist die OECD. Sie erstellte Standards, die im Kern einen Informationsaustausch auf Anfrage vorsehen. Dieser wird durch bilaterale Vereinbarungen implementiert, entweder im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen oder, wenn ein solches nicht besteht, durch sogenannte Tax Information Exchange Agreements (TIEA).6 Seitdem sich die G20-Staaten in London 2009 vehement für den Informationsaustausch ausgesprochen haben,7 ist die Zahl dieser Abkommen von etwa 100 auf über 900 gestiegen.8

Auch auf globaler Ebene besteht ein Trend zum automatisierten Informationsaustausch. Voran schreiten die USA, die den umfassenden Informationszugang durch bilaterale Abkommen im Rahmen des Foreign Account Tax Compliance Act (FACTA) implementieren. Selbst mit Staaten, die sich bisher widersetzt haben, z.B. der Schweiz, werden FACTA-Abkommen geschlossen.9 Die OECD, ermutigt und angetrieben durch die G8- und G20-Staaten, arbeitet ebenfalls an der Etablierung des automatisierten Informationsaustausches.10 Letztlich stellt sich aus heutiger Sicht somit nicht die Frage, ob es diesen Standard geben wird, sondern nur in welcher Form er umgesetzt wird.

Implementierung und Umsetzung des automatisierten Informationsaustausches

Vergleicht man die Durchsetzung des Informationsaustausches auf globaler Ebene mit der Vorgehensweise innerhalb der EU, so besteht ein wesentlicher Unterschied darin, dass die EU grundsätzlich einen multilateralen Ansatz verfolgt, während auf weltweiter Ebene bilaterales Vorgehen dominiert. Eine interessante Überlegung hierzu findet sich bei Elsayyad und Konrad.11 Letztlich, so die theoretische Analyse, sei ein sequentielles, bilaterales Vorgehen gegenüber multilateralen Abkommen mit erhöhten Kosten verbunden. Da der „Markt“ der Steueroasen bei einer schrittweisen Strategie nur langsam austrocknet, wird es nach anfänglichen Erfolgen im Kampf gegen die Intransparenz für die verbleibenden nicht-kooperierenden Staaten immer rentabler, sich einer Kooperation auch in Zukunft zu widersetzen. Zwar erscheint es in der Tat unrealistisch, eine simultane multilaterale Lösung zur Einführung des automatisierten Informationsaustausches auf globaler Ebene zu erwarten. Dennoch ist der Hinweis auf die potenziellen Kosten des sequentiellen bilateralen Ansatzes wertvoll.

Über den Implementierungsprozess hinaus stellt sich die Frage, wie der Informationsaustausch effektiv und effizient organisiert wird. Während in der EU die Institutionen zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts vorhanden sind, muss eine Kontrollinstanz vor allem auf globaler Ebene noch etabliert werden. Zentraler Mechanismus zur Überwachung der Verpflichtungen aus den TIEA-Abkommen ist ein bei der OECD angesiedelter Review-Prozess, der zunächst die rechtliche Implementierung der Abkommen, in einem zweiten Schritt aber auch die praktische Umsetzung der eingegangenen Verpflichtungen bewertet. Noch sind jedoch nicht alle Reviews abgeschlossen.12 Daher lässt sich derzeit wenig über ihre disziplinierende Wirkung sagen.

Die Effektivität des Informationsaustausches hängt zudem von den zur Verfügung stehenden Daten ab. So sind die wirtschaftlich Berechtigten von Offshore-Firmen und -Stiftungen oftmals anonym und daher selbst nach nationalem Recht unbekannt. Dies gilt auch für Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien. Zur Behebung derartiger Datenlücken erscheinen Reformen auch des nationalen Gesellschaftsrechts notwendig. Inwieweit dies realistisch und durchsetzbar ist, bleibt zumindest fraglich.

Schließlich gilt es, für einen effizienten Informationsaustausch die EDV-technischen Standards zu etablieren. Bei der derzeitigen Dynamik und Geschwindigkeit der Entwicklungen, die nicht zuletzt durch einzelne große Akteure wie die USA und die EU vorangetrieben werden, ist dies eine nicht unwesentliche Herausforderung. Derzeit zumindest existieren diverse Auskunftsformate, deren parallele Anwendung für die Finanzbranche mit erheblichen Kosten verbunden ist. Auch hier plant die OECD die notwendigen globalen Standards zu etablieren.13

Eindämmung aggressiver Steuerplanung: Keine einfachen Lösungen

Während der Informationsaustausch und die damit verbundene Herstellung von Transparenz als konsequente Maßnahmen gegen rechtswidrige Steuerhinterziehung erscheinen, lässt sich aggressive Steuerplanung hierdurch nicht eindämmen. Steuerplanung erfolgt regelmäßig unter Ausnutzung geltenden Rechts, sodass Gestaltungen nicht per se im Verborgenen liegen, sondern Fachleuten bekannt sind und auch publiziert werden.14

Wenn also keine Informationsdefizite bestehen und aggressive Steuerplanung legal ist, bleibt zu fragen, welche Maßnahmen gegen unerwünschte Modelle zu ergreifen sind. Hier sind deswegen die Gesetzgeber aufgefordert, den Rechtsrahmen zu ändern.

Führt man sich die Funktionsweise der einzudämmenden Strukturen vor Augen, so zeigt sich, dass einige Staaten offenkundig auf ihre Besteuerungsrechte verzichten. Prominentestes Beispiel sind hier die USA. US-Konzerne greifen regelmäßig auf Gestaltungen zurück, bei denen im Ausland generierte Erträge nicht in die USA transferiert, sondern in steuergünstige Standorte, häufig in der Karibik, umgeleitet werden. Die Repatriierung der Gewinne wird auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben, um die in diesem Fall ausgelöste Besteuerung der Dividenden mit dem US-Steuersatz von 35% zu vermeiden. Um einem solchen „Lock out“ von Gewinnen zu entgegnen, kennt das US-Steuersystem, wie viele andere Länder auch, Regeln zur sogenannten Hinzurechnungsbesteuerung, die unter bestimmten Voraussetzungen dazu führen, dass die in ausländischen Tochtergesellschaften auflaufenden Erträge nicht mehr von der US-Besteuerung abgeschirmt sind, sondern unmittelbar beim US-Gesellschafter besteuert werden. Die Voraussetzungen für das Greifen der Hinzurechnungsbesteuerung sind jedoch dergestalt, dass sie durch steuerplanerische Maßnahmen billigend außer Kraft gesetzt werden können. Die USA könnten den Zugriff auf die in Steueroasen verlagerten Gewinne durch eine Reform ihrer Hinzurechnungsbesteuerung relativ leicht wiederherstellen. Warum dies bisher nicht geschehen ist, lässt sich damit erklären, dass die US-Regierung ihren Konzernen mit einer De-Facto-Nullbesteuerung ihrer Auslandsgewinne einen Wettbewerbsvorteil verschaffen will.

Am Bestimmungsland anknüpfende Steuer?

Man könnte grundlegende Maßnahmen vorsehen. Am weitreichendsten wäre eine international koordinierte Systemumstellung auf eine am Bestimmungsland anknüpfende Steuer. Steuerbemessungsgrundlage wären nicht mehr die ausgewiesenen Gewinne der Unternehmen, sondern ihre Umsätze als ein – eventuell geeigneteres – Maß für ihre ökonomische Aktivität. Damit würde auch das entsprechende Steueraufkommen durch Inlandsumsätze getrieben. Hier wird bereits eine Kernproblematik offenbar: Regeln der internationalen Besteuerung koordinieren die zwischenstaatliche Aufteilung von Besteuerungsbefugnissen und des sich hieraus ergebenden Steueraufkommens. Damit stellt sich in letzter Instanz immer die Verteilungsfrage. Eine an den Umsätzen anknüpfende Besteuerung würde kleine Volkswirtschaften mit stark internationalisierten Unternehmen, z.B. die Niederlande, im Vergleich zum Status quo schlechter stellen. Aber auch deutlich größere Länder wie Deutschland würden mit Blick auf Auslandsinvestitionen verzichten.

Aus heutiger Sicht erscheint eine koordinierte, tiefgreifende Reform der internationalen Besteuerung wenig wahrscheinlich. Zudem herrscht kein Konsens darüber, welches der denkbaren idealtypischen Besteuerungsprinzipien – Wohnsitz,- Quellen- oder sogar Bestimmungslandprinzip – denn zur internationalen Wohlfahrtsmaximierung führt und damit etwaige Reformüberlegungen leiten sollte.

Daher macht es Sinn, die tradierte Ausgestaltung der internationalen Besteuerung zunächst zu akzeptieren und als Ausgangspunkt zur Verhinderung von Null- und Doppelbesteuerung heranzuziehen. In diese Logik wird sich wohl auch der für Juli 2013 angekündigte „Aktionsplan“ der OECD einordnen.15 Er umfasst voraussichtlich zahlreiche Einzelvorschläge. So ist der OECD die Möglichkeit eines doppelten Zinsabzugs im Rahmen hybrider Gestaltungen ein Dorn im Auge. Darüber hinaus werden unter anderem auch Fragen der Quellenbesteuerung, aber auch der Betriebsstättenabgrenzung eine Rolle spielen.16 Dies alles erscheint insgesamt ebenfalls sehr ambitioniert.

Ein Blick auf die Quellenbesteuerung lohnt

Einfache Lösungen gibt es also in keinem Fall. Worauf aber sollte der Fokus liegen? Interessant erscheint hier ein Blick auf die Quellenbesteuerung. In nahezu sämtlichen internationalen Steuergestaltungen fließen grenzüberschreitende Zahlungsströme in Form von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen den involvierten Konzern­einheiten. Innerhalb der EU geschieht dies aufgrund der Zins-Lizenzgebühren-Richtlinie17 in nahezu allen relevanten Fällen quellensteuerfrei. Für Zahlungen aus der EU heraus gilt dies zwar zumeist nicht. Es gibt jedoch Ausnahmen: So haben insbesondere die Niederlande äußerst günstige, d.h. keine oder niedrige Quellensteuern vorsehende Doppelbesteuerungsabkommen mit zahlreichen Nicht-EU-Staaten, durchaus auch einigen sogenannten Steueroasen, abgeschlossen. Nach nationalem Recht wird auf Lizenzzahlungen überhaupt keine Quellensteuer erhoben. Entsprechend bedeutsam ist ihre Rolle in den Steuergestaltungen zur Verlagerung von Gewinnen aus Europa heraus. Nahezu alle Zahlungsabflüsse ins nichteuropäische Ausland erfolgen deshalb über Konzerneinheiten in den Niederlanden. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion ist die Quellensteuerbefreiung von Zinsen und Lizenzgebühren zu hinterfragen. Denn die internationale Verschachtelung und das Verschieben von Gewinnen über Grenzen hinweg ist der Kern internationaler Steuergestaltung. Sobald die Besteuerung hier ansetzt, dürften die meisten Strukturierungen obsolet werden.

Die Quellenbesteuerung ist somit ein mächtiger Hebel, an dem angesetzt werden kann. Im Gegensatz zu den in einigen Staaten in nationalen Alleingängen eingeführten Zinsabzugsbeschränkungen, wie z.B. der deutschen Zinsschranke oder etwaigen angedachten „Lizenzschranken“, ist die Gefahr einer Doppelbesteuerung bei Wiedereinführung von Quellensteuern unmittelbar gebannt: Die internationalen Doppelbesteuerungsabkommen sehen vor, dass im Ausland abgeführte Quellensteuern auf eine etwaige Steuerschuld des Empfängers angerechnet werden. Steueroasen lassen sich somit wirksam austrocknen.

Im Vergleich zu einem weniger fokussierten „OECD-Aktionsplan“ oder auch einer auf EU-Ebene derzeit diskutierten „allgemeinen Missbrauchsnorm“,18 die diffus an aus steuerplanerischer Sicht oftmals wenig kritischen, einfach zu entsprechenden Substanzmerkmalen anknüpfen, erscheint eine Forcierung der Quellenbesteuerung der konkreteste, konzentrierteste und wirksamste Schritt zur Eindämmung komplexer internationaler Steuergestaltungen. Hierzu bedarf es allerdings eines internationalen Konsenses, der den Willen der EU-Mitgliedstaaten zur Änderung der Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie einschließt.

  • 1 Grundlegend zur Legitimation internationaler Steuerplanung O. H. Jacobs, D. Endres, C. Spengel: Internationale Unternehmensbesteuerung, 7. Aufl., München 2011, S. 911 ff.
  • 2 Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3.6.2003 sowie entsprechende Zinsabkommen der EU mit den fünf genannten Nicht-EU-Staaten.
  • 3 So hat Luxemburg im April 2013 konkret angekündigt, ab 2015 am automatisierten Informationsaustausch über Zinserträge teilzunehmen.
  • 4 Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.2.2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung.
  • 5 Europäische Kommission: Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, Beitrag der Kommission zur Tagung des Europäischen Rates am 22.5.2013, S. 7.
  • 6 R. T. Kuderle: The OECD’s harmful tax competition initiative and the tax havens: from bombshell to damp squip, in: Global Economy Journal, 8. Jg. (2008), S. 1-23.
  • 7 G20 declaration on strengthening the financial system, London 2.4.2013.
  • 8 A. Gurría: Kampf gegen Steuerhinterziehung ist globale Aufgabe, Gastbeitrag in: Süddeutsche Zeitung vom 20.4.2013. Gurría ist Generalsekretär der OECD.
  • 9 Die Schweiz und die USA unterzeichneten das bilaterale FACTA-Abkommen am 14.2.2013.
  • 10 P. Saint-Amans: Der automatische Datenaustausch ist in einigen Monaten Standard, Interview geführt von S. Israel, A. Valda, in: Tages-Anzeiger vom 10.5.2013. Saint-Amans ist Direktor der Anti-Steuerflucht-Abteilung der OECD.
  • 11 M. Elsayyad, K. Konrad: Fighting multiple tax havens, in: Journal of International Economics, 86. Jg. (2012), S. 295-305.
  • 12 A. Gurría, a.a.O.
  • 13 Siehe zu den aufgeführten Herausforderungen auf dem Weg zu einem effektiven Informationsaustausch auch P. Saint-Amans, a.a.O.
  • 14 R. Pinkernell: Ein Musterfall zur internationalen Steuerminimierung durch US-Konzerne, in: Steuer und Wirtschaft, 2012, S. 369-374.
  • 15 A. Gurría, a.a.O.
  • 16 Finanzausschuss: Protokoll der 132. Sitzung des Finanzausschusses am 20.3.2013 (Protokoll 17/132). Mündliche Stellungnahme von A. Pross, dem Leiter der Abteilung für internationale Zusammenarbeit und Steuerverwaltung am Zentrum für Steuerpolitik und Steuerverwaltung der OECD.
  • 17 Richtlinie 2003/49/EG des Rates vom 3.6.2003.
  • 18 Europäische Kommission: Empfehlung betreffend aggressive Steuerplanung, C(2012) 8806, Brüssel, 6.12.2012.

Steuerflucht in Krisenzeiten: Gestaltung, Volumen und Maßnahmen

Wettbewerb zwischen in der Steuerpolitik weitgehend souveränen Staaten um mobiles Kapital ist als Begleiterscheinung der Globalisierung der Weltwirtschaft nicht neu. Steuerwettbewerb muss aus normativer Perspektive nicht unbedingt volkswirtschaftlich schädlich sein. Sind aber Steueroasen mit im Spiel, dann fällt die Klassifizierung des Steuerwettbewerbs um mobiles Kapital auch durch supra- und internationale Organisationen als „schädlich“ eindeutiger aus.1 Steueroasen sind Hoheitsgebiete, die mit niedriger oder Null-Besteuerung mobiles Kapital anlocken und dabei nicht mit ausländischen Steuerbehörden kooperieren, intransparente Besteuerungsregeln aufweisen oder die niedrige Besteuerung auch dann gewähren, wenn keine reale Aktivität von der ausländischen juristischen oder natürlichen Person vorliegt.2 Sie bieten also starke Anreize und Möglichkeiten zu Gewinnverschiebung und Nicht-Deklaration von Einkünften, was als schädlich eingestuft werden kann.3

Aus mehreren Gründen ist die inzwischen jahrzehntealte Problematik von Steuerflucht und Steueroasen jüngst auf der politischen Agenda wieder ganz nach oben gerückt. Unmittelbar lassen die knappen öffentlichen Haushalte und die Konsolidierungsmaßnahmen, die vielfach breite Bevölkerungsschichten belasten, die Frage nach dem Beitrag der Vermögenden und der international tätigen Konzerne laut werden. Die Offshore-Leaks-Daten zu den in Steueroasen angelegten Vermögen von Privatpersonen und die jüngst bekannt gewordenen Beispielfälle zu äußerst geringen Steuerzahlungen großer multinationaler Konzerne (Amazon, Google IKEA, etc.) erhärten die Vermutung, dass vielfältige Möglichkeiten der Steuerflucht die effektive Durchsetzung der Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen sowie von Gewinnen multinationaler Unternehmen erheblich erschweren. Damit entziehen sich die beteiligten Steuerpflichtigen einem adäquaten Finanzierungsbeitrag für von ihnen genutzte öffentliche Leistungen. Gleichzeitig zeigen einige neuere akademische Studien4 sowie Analysen der OECD und jüngst der Household Finance and Consumption Survey der Europäischen Zentralbank die längerfristig steigende Konzentration von Einkommen und Vermögen in der OECD bzw. Eurozone. Auch mehren sich die empirischen Hinweise, dass die erschwerte Besteuerung von Kapital und dessen Erträgen auch zu der vielfach zu beobachtenden, wachstums- und beschäftigungspolitisch problematischen Verschiebung der gesamten Abgabenlast hin zum wesentlich weniger mobilen und steuerlich besser erfassbaren Faktor Arbeit beiträgt.5 Zudem impliziert die mangelhafte Durchsetzung der Besteuerung multinationaler Unternehmen die Diskriminierung binnenorientierter kleiner und mittlerer Unternehmen und entsprechende Wettbewerbsnachteile. Nicht zuletzt kann die Verfügbarkeit vielfältiger Möglichkeiten zur legalen Steuervermeidung für multinationale Unternehmen die Steuermoral sämtlicher Steuerzahler unterminieren.

Viele Facetten der Gestaltung

Eine differenzierte Debatte über Ausmaß und Konsequenzen der Steuerflucht und geeignete Gegenmaßnahmen muss die vielen Facetten der Steuerflucht hinsichtlich der beteiligten Akteure, Erscheinungsformen und Instrumente berücksichtigen. Zunächst ist zwischen natürlichen Personen und deren Vermögen(serträgen) einerseits sowie juristischen Personen (Unternehmen, aber auch Stiftungen und sonstige Vermögensmassen) und deren Gewinnen andererseits zu unterscheiden. Sie können Steuerflucht in Form von legaler Steuervermeidung, illegaler und daher strafbarer Steuerhinterziehung oder rechtswidriger Steuerumgehung durch rechtsmissbräuchliche Gestaltungen begehen.6

Dabei sind die einzelnen Formen der Steuerflucht für die unterschiedlichen Akteure nicht gleichermaßen relevant. Für natürliche Personen ist Steuervermeidung insofern von eher geringerer Bedeutung, als sie in der Regel eine Wohnsitzverlagerung erfordert. Jedoch ist auch hier via Zwischenschaltung von Stiftungen und der geschickten Ausnutzung internationaler Besteuerungsregeln legale Steuervermeidung ohne Wohnsitzverlagerung möglich. Im Privatbereich nimmt Steuerflucht oft die Form illegaler Steuerhinterziehung an. Der Existenz von Steueroasen kommt daher für die Möglichkeiten der Steuerhinterziehung durch natürliche Personen eine besondere Bedeutung zu.

Im betrieblichen Bereich dürfte Steuerhinterziehung aufgrund der hohen Entdeckungswahrscheinlichkeit kaum eine Rolle spielen, zumal multinationale Unternehmen sich Steuerhinterziehungsskandale kaum leisten können. Hier dominiert wohl die Steuervermeidung: durch die Verlagerung von Unternehmens- bzw. Investitions­standorten, mehr aber noch durch die Verschiebung von steuerpflichtigen Gewinnen. Dabei geht es im Prinzip immer darum, möglichst große Teile des steuerpflichtigen Gewinns in niedrig oder nicht besteuernden Ländern anfallen zu lassen, um so die konzernweite Steuerlast zu minimieren. Instrumente sind Transferpreise für konzerninterne Warenlieferungen, Zinszahlungen für konzerninterne Darlehensgewährungen, Leasing- oder Lizenzzahlungen.7 Die Grenze zur Steuerumgehung ist dann überschritten, wenn etwa Transferpreise unangemessen hoch angesetzt oder Briefkastengesellschaften in Steueroasenländern eingeschaltet werden, zu denen Leistungsbeziehungen (etwa in Form von Provisionszahlungen) dargestellt werden, hinter denen aber keine realen Aktivitäten stehen.

Da Anreize zur Gewinnverschiebung insbesondere von nominellen Steuersatzunterschieden ausgehen, ist Steuerflucht durch Gewinnverlagerungen nicht unbedingt von der Existenz von Steueroasen abhängig. Die Vermeidung von Gewinnverlagerungen bedarf daher einer breiter angelegten Vorgehensweise als die Vermeidung von Steuerhinterziehung durch natürliche Personen via Steueroasen.

Volumen

Es liegt in der Natur des Phänomens der Steuerflucht, dass das Ausmaß der betroffenen steuerlichen Bemessungsgrundlage und der resultierende Steuerentgang nicht exakt quantifizierbar sind. Entsprechend groß sind die Bandbreiten der vorliegenden Schätzungen, die sich durch Schätzansatz, verwendete Daten, analysierte Zeitpunkte bzw. -räume sowie Abgrenzung von Steuerflucht- und Steuerzufluchtländern unterscheiden. Auch wenn die existierenden Schätzungen mit erheblichen Unsicherheiten behaftet und die ermittelten konkreten Zahlen mit entsprechender Vorsicht zu behandeln sind,8 steht jedenfalls fest, dass die Volumina privater Vermögenserträge und Gewinne von multinationalen Konzernen, die durch Steuerflucht nicht oder unterbesteuert werden, beachtlich sind und sich sowohl für Industrie- als auch Entwicklungsländer erhebliche Steuerausfälle ergeben.

Für Deutschland ermittelte jüngst das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung eine Besteuerungslücke zwischen den gesamtwirtschaftlichen und den steuerlich erfassten Unternehmensgewinnen von knapp 92 Mrd. Euro für das Jahr 2008, die zum Teil auch durch Gewinnverlagerung durch international tätige Unternehmen in niedriger oder nicht besteuernde Länder zu erklären sei.9 Frühere Schätzungen kommen auf Gewinnverschiebungsvolumina zwischen gut 2 Mrd. US-$ und 65 Mrd. Euro.10 Für 25 EU-Länder schätzen Dharmapala und Riedel für den Zeitraum 1995 bis 2005, dass durchschnittlich 2% der zusätzlichen Gewinne von Konzernmüttern zu Töchtern in niedriger besteuernden Ländern innerhalb der EU verlagert werden.11 Die gewinnverschiebungsbedingten Mindereinnahmen an Unternehmensteuer für 1999 erreichen laut Huizinga und Laeven für Deutschland knapp 3,2 Mrd. US-$, für die EU insgesamt knapp 2,8 Mrd. US-$.12 Nach Clausing entgehen dem US-amerikanischen Fiskus durch Gewinnverlagerung US-amerikanischer Konzerne Steuereinnahmen von 90 Mrd. US-$.13

Unabhängig von den konkreten Werten wird die Schlussfolgerung, dass die grenzüberschreitende Gewinnverlagerung der international aktiven Unternehmen ein signifikantes Ausmaß haben dürfte, durch empirische Studien gestützt, die zeigen, dass multinationale Unternehmen eine unterdurchschnittliche oder sinkende effektive Steuerbelastung aufweisen und dass internationale Steuersatzdifferentiale ihre ausgewiesenen Gewinne stark beeinflussen.14

Der Schätzung des offshore, also außerhalb des Wohnsitzes, angelegten privaten (Finanz-)Vermögens widmen sich schon seit eineinhalb Jahrzehnten vorwiegend Unternehmens- und Investmentberatungsgesellschaften sowie Nichtregierungsorganisationen. Die in den prominentesten Studien ermittelten Volumina beziehen sich auf einzelne Jahre zwischen 1997 und 2008 und rangieren zwischen 1,7 Mrd. und 11,5 Mrd. US-$.15 In einer vor einem Jahr veröffentlichten Studie im Auftrag der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Network nimmt der frühere McKinsey-Chefökonom James S. Henry ausgehend von einer gründlichen methodischen Kritik an diesen früheren Schätzungen eigene Schätzungen für das Volumen der an Offshore-Plätzen weitestgehend steuerfrei gehaltenen privaten Finanzvermögen vor: Dieses beläuft sich seinen Berechnungen nach auf 21 Billionen bis 32 Billionen US-$, woraus ein Steuerausfall von bis zu 280 Mrd. US-$ resultiert, davon bis zu 160 Mrd. US-$ für Entwicklungsländer (Stand 2010).16

Maßnahmen

Angesichts der skizzierten beträchtlichen fiskalischen und nicht-fiskalischen Effekte von Steuerflucht stellt sich die Frage, wer anhand welcher Instrumente auf welcher Ebene dagegen vorgehen sollte. Maßnahmen können unilateraler, bilateraler oder multilateraler Natur sein. Die geeigneten Maßnahmen unterscheiden sich teilweise auch nach den unterschiedlichen Akteuren (natürliche versus juristische Personen) und dem Ansatzpunkt (bei den Akteuren selbst, bei Finanzintermediären oder bei Staaten).

Einzelne Staaten können unilaterale steuerrechtliche Maßnahmen gepaart mit strengen Kontrollen und Prüfungen umsetzen, um Anreize und Möglichkeiten zur Steuerflucht zu senken bzw. zu reduzieren. Beispiele für solche Maßnahmen, die bei den Akteuren selbst ansetzen, sind die Definition einer erweiterten beschränkten Steuerpflicht für natürliche Personen oder die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes und der Hinzurechnungsbesteuerung im Rahmen eines „Außensteuergesetzes“, die Senkung der nominellen Steuersätze auf Kapitaleinkommen oder die Einführung einer Zinsschranke (wie sie in Deutschland seit 2008 praktiziert wird). Mit Blick auf Steueroasen kann Druck auf heimische Finanzinstitute und Großkonzerne ausgeübt werden, die mit Steueroasen Geschäfte machen. Oder die Steueroasen selbst können durch politischen und wirtschaftlichen Druck zu Abschluss und Einhaltung von bilateralen Abkommen mit nationalen Finanzbehörden bewogen werden. Mögliche Maßnahmen dabei sind die Kappung der Geschäftsbeziehungen mit Steueroasen (Import- und Exportverbote), die Genehmigung des Marktzutritts für ausländische Unternehmen nur unter der Auflage steuerlicher Kooperation durch deren Sitzländer oder die Auferlegung von erhöhten Mitwirkungs- und Nachweispflichten für Finanzinstitute und Großunternehmen, die Geschäftsbeziehung mit gelisteten Steueroasen pflegen. Auch die generelle Offenlegungspflicht von Gewinnen und Steuerleistungen nach Ländern (Country-to-Country-Reporting) ist eine mögliche unilaterale Vorgehensweise, die die Transparenz in der Unternehmensbesteuerung erhöht.

Auf bilateraler Ebene sind etwa Steuerabkommen möglich, die Steuerflucht, insbesondere Steuerhinterziehung, erschweren bzw. Anreize dazu verringern. Zu nennen sind hier zwischenstaatliche Vereinbarungen, die unter Mitwirkung der betroffenen Finanzintermediäre einen automatischen Informationsaustausch (AIA) bezüglich der Kapitaleinkommen natürlicher Personen vorsehen (wie die US-amerikanischen FATCA-Abkommen oder die EU-Zinssteuerrichtlinie). Der AIA hat den Vorteil, dass das Wohnsitzlandprinzip der internationalen Besteuerung auch dann verwirklicht werden kann, wenn das Wohnsitzland ausländische Kapitalerträge progressiv besteuert. Mit bilateralen Abkommen, die eine anonyme Quellensteuer vorsehen, gegebenenfalls gepaart mit einer einmaligen Abschlagszahlung auf den Vermögensbestand und einer Steueramnestie zur Legalisierung von Schwarzgeld, ist das nicht möglich.17 Ein wesentlicher Nachteil einer Quellensteuer gegenüber dem AIA im Kampf gegen Steuerhinterziehung ist die Aufrechterhaltung der Anonymität, während beim AIA das Wohnsitzland Informationen über den Vermögensbestand des Anlegers im Anlageland erhält, die gegebenenfalls Rückschlüsse auf Steuerhinterziehung in der Vergangenheit oder eine dubiose Herkunft des betreffenden Vermögens erlauben. Bei Vorliegen von Steuerunehrlichkeit ist ein umfassender AIA wohl das effektivste Mittel, um Steuerhinterziehung zu vermeiden.18

 

Die Rolle der EU

Da Steuerflucht meist multilateraler Natur ist, erscheinen koordinierte Vorgehensweisen von Ländergruppen als besonders Erfolg versprechend. Schon länger verfolgte Initiativen der OECD zur Aufnahme eines Informationsaustauschs auf Nachfrage bzw. eines AIA in zwischenstaatliche Abkommen19 sind Beispiele dafür.

Jedenfalls sollte die Europäische Union eine zentrale Rolle in der Bekämpfung von Steuerflucht einnehmen. Sie kann durch eine aktive Vorreiterrolle Signale setzen, die einen Stillstand im Kampf gegen Steuerflucht verhindern. Dies ist deshalb besonders wichtig, weil bedeutende Steueroasen und Niedrigsteuerländer mitten in Europa liegen und/oder im direkten Einflussbereich von EU-Ländern stehen. Die wirtschaftlichen und politischen Verflechtungen mit diesen Ländern bzw. Hoheitsgebieten sollten daher genutzt werden, um sie zur steuerlichen Kooperation zu bewegen. Innerhalb der EU existiert mit dem Europäischen Gerichtshof eine Instanz, die die Einhaltung des supranationalen Rechtsbestandes überwacht und deren Entscheidungen bindend sind. Dies ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber internationalen Koordinierungsmaßnahmen, bei denen eine solche Instanz fehlt und wohl auch in naher Zukunft nicht errichtet werden wird. Zudem kann die EU auf schon vorhandene Vorarbeiten im Bereich der Steuerkoordinierung zurückgreifen. Insbesondere sind mit dem Konzept einer Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage, das die Gewinnverlagerungen zumindest innerhalb der EU erschweren würde, mit der Zinsertragsrichtlinie einschließlich AIA sowie mit der Richtlinie über die Verwaltungszusammenarbeit im Bereich direkter Steuern, die ebenfalls einen AIA bei bestimmten Einkunftsarten vorsieht,20 wichtige Instrumente für eine Eindämmung von Steuerflucht schon vorhanden oder zumindest als Konzepte ausgearbeitet. Die Vereinbarung supranationaler Abkommen impliziert auch, dass weniger weitreichende und daher weniger effektive bilaterale Abkommen zwischen einzelnen EU-Ländern und Steueroasen ihre Gültigkeit verlieren. Schließlich hat die EU selbst steuerliche Maßnahmen (wie etwa die Zinsen-Lizenzgebührenrichtlinie) umgesetzt, die Anreize zu Gewinnverlagerungen erhöhten. Die EU ist daher auch die geeignete Ebene, um diese Maßnahmen zu entschärfen.

Die steigenden Schulden öffentlicher Haushalte aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise haben dem Engagement gegen schädliche Formen des Steuerwettbewerbs auch auf politischer Ebene wieder neues Leben eingehaucht. Die EU muss dabei eine Vorreiterrolle einnehmen, nicht zuletzt um zu verhindern, dass nach Normalisierung der budgetären Lage wieder Normalität im Kampf gegen die Steuerflucht eintritt.

  • 1 OECD: Harmful Tax Competition – an Emerging Global Issue, Paris 1998; Primarolo Group: Report of the Code of Conduct Group on Business Taxation, Press Release, Nr. 4901/99, Brüssel 2000.
  • 2 Vgl. ebenda.
  • 3 Vgl. J. R. Hines: Tax Havens, Office of Tax Policy Research, Working Paper, Nr. WP 2007-3.
  • 4 Vgl. z.B. T. Atkinson, T. Piketty, E. Saez: Top Incomes in the Long Run of History, in: Journal of Economic Literature, 49. Jg. (2011), H. 1, S. 3-71.
  • 5 Vgl. P. Genschel, P. Schwarz: Tax Competition and Fiscal Democracy, TranState Working Paper, Nr. 161, 2012, und die hier zitierte Literatur.
  • 6 Diese im einschlägigen Schrifttum nicht einheitlich gehandhabte Abgrenzung orientiert sich an K. Tipke, J. Lang: Steuerrecht, 21. Aufl., Köln 2013.
  • 7 Vgl. für einen einführenden Überblick etwa OECD: Addressing Base Erosion and Profit Shifting, Paris 2013.
  • 8 Vgl. für eine ausführliche Kritik an Methodik und Datengrundlagen etwa C. Fuest, N. Riedel: Tax Evasion and Tax Avoidance in Developing Countries: the Role of International Profit Shifting, Oxford University, Centre for Business Taxation, Working Paper, Nr. 10/12, 2010.
  • 9 S. Bach: Unternehmensbesteuerung: Hohe Gewinne – mäßige Steuereinnahmen, in: DIW Wochenbericht, 80. Jg. (2013), Nr. 22/23, S. 3-12.
  • 10 J. H. Heckemeyer, C. Spengel: Ausmaß der Gewinnverlagerung multinationaler Unternehmen – empirische Evidenz und Implikationen für die deutsche Steuerpolitik, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 9. Jg. (2008), H. 1, S. 37-61. Aufgrund von unterschiedlichen regionalen Abgrenzungen und/oder verwendeten Datenquellen geben die Autoren der einzelnen Studien die geschätzten Volumina jeweils in unterschiedlichen Währungen an.
  • 11 D. Dharmapala, N. Riedel: Earnings Shocks and Tax-Motivated Income Shifting: Evidence from European Multinationals, in: Journal of Public Economics, 97. Jg. (2013), H. 1, S. 95-107.
  • 12 H. Huizinga, L. Laeven: International Profit Shifting within European Multinationals, CEPR Discussion Paper, Nr. 6048, 2007.
  • 13 K. A. Clausing: The Revenue Effects of Multinational Firm Income Shifting, Tax Notes, 28.3.2011, S. 1580-1586.
  • 14 Vgl. für einen ausführlichen Überblick über aktuelle Studien OECD: Addressing Base Erosion ..., a.a.O.
  • 15 OECD: The OECD’s Current Tax Agenda 2009, Paris 2009.
  • 16 J. S. Henry: The Price of Offshore Revisited, London 2012.
  • 17 Siehe etwa die Abkommen der Schweiz und Liechtenstein mit Österreich. Diese Abkommen sollen Österreich einmalig 1,5 Mrd. Euro bringen (Abschlagszahlung) und jährlich dann rund 75 Mio. Euro an Quellensteuer auf die künftig anfallenden Kapitalerträge.
  • 18 Vgl. auch T. Rixen: Der Kampf gegen Steuerwettbewerb und Steuerflucht: Entwicklungslinien der internationalen Steuerpolitik, in: Viertelsjahrshefte für Wirtschaftsforschung, 82. Jg. (2013), H. 1, S. 61-75.
  • 19 Vgl. OECD: Automatic Exchange of Information. What It Is, How It Works, Benefits, What Remains To Be Done, Paris 2012.
  • 20 Vgl. Amtsblatt der Europäischen Union, Richtlinie 2011/16/EU des EU-Rates, L 64/1, 11.3.2011.

Das Ende der Steueroasen?

Auf einem langen Weg von der Steinzeit in die Gegenwart sind große Teile der Menschheit zur Einsicht gelangt, dass es zu ihren selbstverständlichen Aufgaben gehört, den auf die Schattenseite des Lebens geratenen Mitmenschen und Ländern unter die Arme zu greifen. Dies geschieht einerseits durch die Bereitstellung öffentlicher Angebote, etwa im Bildungsbereich, die sich die Betroffenen selbst nicht in vergleichbarer Qualität leisten könnten, zum anderen durch Transfers von den Einkommensstarken zu den Schwächeren.

Illegale Steueroasen müssen sich dafür verantworten, dass sie beides sabotieren: Indem sie von anderen Ländern Steuereinnahmen absaugen, was auf die angebotenen öffentlichen Leistungen drückt. Und indem sie die Umverteilungsanstrengungen dieser Länder massiv behindern. Diese Verantwortung tragen aber andere Länder mit, weil sie das Treiben der Steueroasen über Jahrzehnte mit unverständlicher Nachsicht toleriert haben.

Von den Aktivitäten und Verlockungen der Steueroasen sind hauptsächlich die Einkommensteuer und die Unternehmensteuer betroffen, die in Deutschland ein Drittel respektive ein Fünftel des Steueraufkommens ausmachen. Ein wichtiger Unterschied, der auch eine unterschiedliche Aufarbeitung verlangt, liegt darin, dass es bei den Unternehmensteuern oft „nur“ um vielleicht als anrüchig empfundene, aber letztlich legale Steuervermeidung geht. Bei den Einkommensteuern geht es dagegen meist um Steuerhinterziehung, also einen Straftatbestand.

Schäden durch Steueroasen

Die Verschwiegenheit der Branche erlaubt es selbstredend nicht, verlässliche Aussagen über die entstandenen Schäden zu machen. Immerhin signalisieren aber einige nach persönlichen Einschätzungen abänderbare Zahlenspiele doch die Größenordnungen und die Relevanz des Problems: Eine vom Tax Justice Network in Auftrag gegebene Studie kommt zu dem Schluss, dass sich in den über 80 Steueroasen der Welt, konservativ geschätzt, ausländische Privatvermögen im Wert von 25 bis 38 Billionen Euro verstecken.1 Die Boston Consulting Group kommt zu einem deutlich tieferen Wert von annähernd 7 Billionen Euro. Unterstellt man nun eine jährliche Rendite von 7%,2 so resultieren aus diesen Vermögen jährliche Kapitaleinkommen in Höhe von 420 Mrd. bis 2660 Mrd. Euro. Diese würden bei einem Grenzsteuersatz von 50% zu einem Steueraufkommen von 210 Mrd. bis 1330 Mrd. Euro führen, das den Heimatländern der Anleger entgeht. Bei einem Anteil von etwa 8%3 an den versteckten Vermögen erleidet Deutschland damit jedes Jahr Ausfälle in Höhe von 10% bis 60% seiner tatsächlich eingenommenen Einkommensteuern.

Und die Steueroasen scheinen weiter zu boomen. Während Luxemburg und die Schweiz von einer gewissen Beruhigung dieses „Geschäftsfelds“ berichten, geht die Boston Consulting Group von einem globalen Wachstum dieser Branche von 6,5% im letzten Jahr aus.

Eine Einschätzung des durch die Steueroptimierung globaler Unternehmen entstehenden „Schadens“ ist noch schwieriger, weil hier weniger eindeutig ist als bei der Einkommensteuer, an welcher Referenzgröße die Einbußen gemessen werden sollen. Das Problem für die Finanzminister besteht hier darin, dass es gerade großen Konzernen regelmäßig gelingt, ihre Gewinne dorthin zu verschieben, wo die Steuersätze am tiefsten sind; also z.B. im Falle von Apple nach Irland. Und zusätzlich besitzen diese Konzerne offensichtlich die Macht, noch Sonderkonditionen auszuhandeln. Von Apple wird berichtet, dass es seine internationalen Gewinne nicht nach dem in Irland offiziell geltenden Satz von 12,5% versteuert, sondern zu einem Satz von 2%. Dafür, wo und zu welchen Sätzen Apple seine Gewinne bei einem Verzicht auf Steuertricks hätte versteuern sollen, gibt es aber noch keinen konsensfähigen Schlüssel. Die errechneten Steuereinbußen werden deshalb immer szenarienabhängig sein.

Immerhin klafft gemäß einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Jahr für Jahr eine Lücke von 100 Mrd. Euro zwischen den in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung aufgeführten Gewinnen deutscher Unternehmen und den in der Steuerrechnung aufgeführten Gewinnen.4 Legal oder nicht, damit entgehen dem Fiskus fast 30 Mrd. Euro Steuereinnahmen.

Die durch Steueroasen in anderen Ländern verursachten Schäden gehen natürlich weit über die angesprochenen Primäreffekte auf staatliche Budgets und öffentliche Leistungen hinaus. Wenn die Steuern auf Kapitaleinkommen ausfallen und man öffentliche Leistungen nicht einfach proportional kürzen will, müssen andere Steuern, wie die Lohnsteuer, erhöht werden. Dies treibt die Löhne nach oben, macht Arbeit am Standort Deutschland teurer. Parallel schrumpfen aber die Nettolöhne, mit negativen Auswirkungen auf die Einkommens- und Vermögensverteilung und neuen Anforderungen an den Sozialstaat. Darüber hinaus bastelt Deutschland im Kampf gegen den Sog der Steueroasen am Steuersystem, nutzte ein Verfassungsgerichtsurteil, um die Vermögensteuer auszusetzen, und gab 2009 die synthetische Besteuerung unterschiedlicher Einkommen zu Gunsten einer Privilegierung der Kapitaleinkommen durch die Einführung der Abgeltungsteuer auf.5 Steueroasen haben also in anderen Volkswirtschaften Spuren hinterlassen, die weit über reine Budgetwirkungen hinausgehen, und die es nach Abschaffung der Steueroasen aufzuarbeiten und neu zu diskutieren gilt.

Was ist zu tun?

Maßnahmen zur Beendigung der durch Steueroasen möglich gemachten und oft aktiv geförderten Steuerhinterziehung und Steueroptimierung sollten auf der Basis international konsensfähiger Grundsätze eingeleitet werden, in deren Zentrum vorbehaltslose Transparenz stehen muss.

Bezüglich der Einkommensteuern besteht ein solcher Konsens in Form des Wohnsitzprinzips.6 Aus diesem Prinzip folgt, dass die Einkommensteuer dem Land zusteht, in dem die betroffene Person ihren Wohnsitz hat und öffentliche Leistungen bezieht. Es folgt weiter, dass dieses Land in der Art der Besteuerung privater Einkommen völlig frei sein muss. Es muss die Steuersätze frei festlegen können, die Progression, ob es eine synthetische, Arbeits- und Kapitaleinkommen gleich behandelnde Steuer einführt oder einen dualen Ansatz vorzieht, der beide Einkommensarten unterschiedlich besteuert.

Eine Quellensteuer oder Abgeltungsteuer, wie sie etwa die Schweiz bisher in bilateralen Verträgen anbietet, kann dies nicht leisten:

  • Zum einen deckelt sie den Steuersatz, den andere Länder auf Kapitaleinkünfte erheben können.
  • Zum anderen, und dies ist ein angesichts einer in vielen Ländern zunehmenden Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung zentraler Punkt, bleiben Kapitaleinkommen weiterhin anonym und können nicht getrennt oder kombiniert mit den Arbeitseinkommen progressiven Steuertarifen unterworfen werden. Vertragspartnern würde es paradoxerweise unmöglich gemacht, eine synthetische Besteuerung von Arbeits- und Kapitaleinkommen einzuführen, obwohl sich die Schweiz selbst konsequent dazu bekennt.
  • Ein dritter Vorbehalt gegen eine Quellensteuer lautet, dass man damit die Steuererhebung an diejenigen delegiert, die bisher Steuerhinterziehung aktiv gefördert und dies gar in vielen Fällen als gute Tat gerechtfertigt hatten.

Die Aufgaben bei den Gewinnsteuern der Unternehmen sind völlig anderer Natur. Hier geht es darum, zum Teil historisch gewachsene Schlupflöcher zu schließen, die es Unternehmen durch geschickte Konstruktionen erlauben, quasi nirgends steuerpflichtig zu sein oder Gewinne in Länder zu verschieben, in denen sie zwar nicht wirklich operieren, in denen aber die Steuersätze am attraktivsten sind.

Ein Ansatz wäre das, was man heute unter einer „unitary tax“ versteht. Von multinationalen Unternehmen verlangt dieses Modell zwei Dinge:

  1. Die Konsolidierung ihrer Gewinne. Steuertechnisch interessant wäre dann nur der gesamte Gewinn von Apple. Es geht nicht mehr darum, welcher Tochter in welchem Land Gewinne durch interne Verrechnungen zugeschoben wurden.
  2. Die Offenlegung ihrer Aktivitäten an ihren verschiedenen Standorten. Denkbare Messgrößen wären etwa die Lohnsumme, der Wert der Infrastruktur und der getätigte Umsatz.

Aus einem all diese Faktoren gewichtenden Schlüssel ergibt sich dann der im jeweiligen Land zu versteuernde Anteil des Gewinns.7 Dies würde Scheinwettbewerb zwischen Staaten dämpfen und global das Unternehmensteueraufkommen erhöhen, nicht zuletzt auch in den unter den Steueroasen speziell leidenden Entwicklungsländern. Der Vorschlag der EU-Kommission, eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage einzurichten, geht in die richtige Richtung, bleibt zunächst nur auf die EU beschränkt und stößt bei der OECD bisher auf taube Ohren.

Steuerwettbewerb und Steuerdumping

Eine wichtige und durchaus komplexe Frage in diesem Zusammenhang ist der Steuerwettbewerb, also die Simulation eines Marktes auch im öffentlichen Bereich. Manche sehen darin die einzige Möglichkeit, Leviathan im Zaum zu halten und erkennen in diesem Zusammenhang sogar einen positiven Beitrag der Steueroasen.8

Märkte funktionieren aber in der Regel nur dort gut, wo es Konkurrenz auf der Angebots- und der Nachfrageseite gibt. Sie setzen Transparenz voraus, in dem Sinne dass nur derjenige das Gut erhält, der bezahlt hat. Dieses Ausschlussprinzip fehlt im öffentlichen Bereich oftmals. Deshalb ist viel von dem, was unter der Flagge des Steuerwettbewerbs fährt, irreführend und ein Schutzmantel für Steuerdumping.

Wenn man den Medien glauben darf, haben Michael Schumacher und Apple gemeinsam, dass sie auf ihr Einkommen bzw. ihren Gewinn nur etwa 2% Steuern abführen. Das ist in beiden Fällen legal, deutet aber auf das eben genannte Problem des Steuerdumpings und das Rosinenpicken hin, Themen, die im Zuge einer möglichen Schließung der Steueroasen ebenfalls aufgearbeitet werden sollten. Im Falle von Michael Schumacher resultiert sein Steuersatz aus der in weiten Teilen der Schweiz nach wie vor üblichen Praxis der Pauschalbesteuerung reicher Ausländer.9 Ist man reich genug, bieten die meisten Kantone in der Schweiz nicht erwerbstätigen Ausländern die Möglichkeit, sich „nach Aufwand“ besteuern zu lassen und nicht nach ihrem Einkommen. Der Aufwand berechnet sich dann als das Fünffache des Mietwerts der vom Steuerpflichtigen bewohnten Liegenschaft. Dieser Betrag tritt dann an die Stelle des tatsächlichen Einkommens.

Dieses Arrangement ist aus zwei Gründen problematisch: Reiche Ausländer werden massiv anders besteuert als Inländer, weshalb wir es mit einem Angebot zu tun haben, dass man im Handel als Dumping bezeichnen würde.10 Außerdem gilt das Angebot nur für reiche Ausländer. Die Schweiz hätte Schumacher mit Sicherheit keinen Steuerdeal angeboten, ihn vermutlich 1996 nicht einmal in der Schweiz Wohnsitz nehmen lassen, wenn er nicht als bereits zweimaliger Weltmeister angeklopft hätte, sondern als stellensuchender Kraftfahrzeugmechaniker. Und wenn Schumacher auf dem Weg vom Kart-Fahrer zur Formel 1 verunfallt und arbeitsunfähig geworden wäre, wäre er natürlich dem deutschen Staat und nicht der Schweiz zur Last gefallen.

Nach dem gleichen Prinzip lebten im letzten Jahr 5634 pauschalbesteuerte Ausländer in der Schweiz und spülten dort 695 Mio. Schweizer Franken (550 Mio. Euro) in die Steuerkassen. Für diesen Dumpingpreis ersparten sie sich Einkommensteuern in Höhe 10 Mrd. bis 20 Mrd. Euro in ihren Heimatländern, deren Schulen, öffentliche Leistungen und soziale Absicherung sie in Anspruch genommen hatten, bis sie auf Gold stießen.

Ausblick

Die durch Steuer-CDs, Offshore-Leaks und prominente Einzelfälle ausgelöste Dynamik lässt hoffen, dass die lange Jahre sehr nonchalante Haltung vieler Länder gegenüber dem Treiben der Steueroasen ein Ende hat. Innerhalb der EU scheint der Damm gebrochen und ist der automatische Informationsaustausch wohl nicht mehr aufzuhalten. Den fordern nun innerhalb der Schweiz auch viele Kantone, was die mit Deutschland paraphierten, mit Österreich und Großbritannien gerade abgeschlossenen bilateralen Verträge schon jetzt zum Anachronismus macht. Jede Lösung, die hinter einem automatischen Informationsaustausch zurückbleibt, ist letztlich auch in hohem Maße undemokratisch, weil sie die Umsetzung der Umverteilungswünsche des Wählers, die Revision von durch Steueroasen provozierte Strukturen, blockiert. Die Lösung im Bereich der Unternehmensteuern wird komplizierter sein und länger dauern, weil Vorhandenes zwar moralisch zweifelhaft aber letztlich legal ist. Wichtig ist hier ein radikaler Neuanfang und der Verzicht auf Flickwerk an den gegenwärtigen, ganz offensichtlich versagenden Strukturen.

  • 1 Siehe J. S. Henry: The price of offshore revisited: New estimates for „missing“ global private wealth, income, inequality, and lost taxes, Tax Justice Network, Juli 2012.
  • 2 Dies mag als Momentaufnahme abenteuerlich klingen, liegt aber zwischen der in den Jahrzehnten vor der Finanzkrise vom Standard & Poor’s-500-Index und von deutschen oder US-amerikanischen Staatsanleihen erwirtschafteten Rendite.
  • 3 Gemäß einer an der United Nations University durchgeführten Studie kommen 8% der Reichsten der Welt aus Deutschland. Siehe J. B. Davies et al.: The World Distribution of Household Wealth, UNI-WIDER, Discussion Paper, Nr. 2008/03.
  • 4 Vgl. S. Bach: Has German Business Income Taxation Raised Too Little Revenue Over the Last Decades?, DIW Diskussionspapier, Nr. 1303, 2013.
  • 5 Eine ausführliche Diskussion der volkswirtschaftlichen, über die Primäreffekte hinausgehenden Auswirkungen von Steueroasen findet sich in F. Brevik, M. Gärtner: Welfare and Distribution Effects of Bank Secrecy Laws, Universität St. Gallen, Volkswirtschaftliche Abteilung, Diskussionspapier, Nr. 2005-07.
  • 6 Versuche, den Steuerkonflikt zwischen EU-Ländern und der Schweiz als einen Systemkonflikt zwischen Territorialprinzip und Wohnsitzprinzip darzustellen, sind Augenwischerei. Die Schweiz hat das Wohnsitzprinzip nicht nur explizit anerkannt, wie sich in Verlautbarungen der Regierung nachlesen lässt. Sie praktiziert es auch ohne wenn und aber selbst. Blankart beugt die Wirklichkeit in schon abenteuerlicher Weise, wenn er in seiner Verteidigung des Bankgeheimnisses behauptet, die Schweiz verbleibe „nicht gänzlich, aber doch teilweise beim Territorialprinzip“ (S. 4). Deshalb hätten sich Länder wie Deutschland die durch das Bankgeheimnis entstandene Steuerhinterziehung selbst zuzuschreiben. Sie hätten ja durch den Übergang zum Wohnortprinzip den Status quo einseitig verlassen und es sei infolgedessen ihr Problem, wenn ihnen die anderen Staaten nicht oder nur teilweise folgen. Vgl. C. B. Blankart: Der Steuerstreit Deutschland – Schweiz aus ökonomischer Sicht, in: Ifo Schnelldienst, 65. Jg. (2012), H. 18, S. 3-6. Richtig ist stattdessen, dass die Schweiz zwar in der Tat eine von der Bank einbehaltene anonyme Verrechnungssteuer in Höhe von 35% auf bestimmte Kapitaleinkommen erhebt. Aber dies dient lediglich als Daumenschraube zur Förderung der Steuerehrlichkeit trotz Bankgeheimnis. Die Einbehaltung entbindet Betroffene explizit nicht von der Angabe ihrer Kapitalerträge in der Steuererklärung und deren Versteuerung am Wohnort. Kanton und Wohnort wiederum bestimmen den sich aus der Addition von Arbeits- und Kapitaleinkommen ergebenden Einkommensteuersatz.
  • 7 Erfahrungen mit diesem System sind durchaus vorhanden. So findet es beispielsweise in den meisten Bundesstaaten der USA Anwendung und hilft zu vermeiden, dass die meisten „State taxes“ der Steueroase Delaware zufließen.
  • 8 Wenn man dabei auch die Hinterziehung von Steuern einschließt, wie dies am 9.4.2013 eine Journalistin der Tageszeitung „Die Welt“ bei Günther Jauch tat, dann müsste man allerdings auch Ladendieben und Hehlern eine wichtige Funktion im Preiswettbewerb zusprechen.
  • 9 Allerdings wird die Pauschalbesteuerung und damit die Privilegierung reicher Ausländer inzwischen auch in der Schweiz sehr kritisch diskutiert. In sechs Kantonen wurde sie bereits abgeschafft, darunter Zürich und die beiden Basel. Im nächsten Jahr wird es voraussichtlich eine landesweite Abstimmung über die generelle Abschaffung der Pauschalbesteuerung geben.
  • 10 Welches Ausmaß diese Diskriminierung bzw. Bevorzugung erreichen kann, mit der Reiche und Superreiche in die Schweiz gelockt werden, illustriert das Beispiel Michael Schumachers. Er wohnt im Waadt, dem Kanton mit den höchsten Steuersätzen der Schweiz und müsste, wenn er Schweizer wäre, fast 50% seines Nettoeinkommens versteuern. In Wirklichkeit versteuert er etwa 2%. Eine Übersicht über die Grenzsteuersätze der Kantone der Schweiz findet sich in M. Gärtner: Bankgeheimnis und Verrechnungssteuer: Konsequenzen für die Steuerehrlichkeit in den Kantonen der Schweiz, in: Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 12. Jg. (2012), H. 3, S. 258-279.

Entwicklung und Determinanten des Engagements deutscher Unternehmen in Steueroasen

Steueroasen spielen im Kontext der Steuerhinterziehung eine wichtige Rolle, indem sie es ermöglichen, im Heimatland unversteuerte Einnahmen zu verschleiern und Zins- und Vermögenseinkommen unversteuert zu erzielen. Die günstigen steuerlichen Bedingungen der Steueroasen schaffen aber auch Möglichkeiten für die legale Steuergestaltung. Insbesondere multinationale Unternehmen sehen sich international einem komplexen Netz von steuerlichen Regelungen gegenüber, das nur in sehr begrenztem Umfang aufeinander abgestimmt ist, und so Situationen schafft, in denen Doppelbesteuerung ebenso wie Nichtbesteuerung von Gewinnen möglich wird. Ihre Steuerplanung hat das Ziel, ungünstige Effekte abzuwenden, die durch Inkonsistenzen in der internationalen Besteuerung entstehen können, und durch die Ausgestaltung der Geschäftstätigkeit die Steuerlast des Konzerns insgesamt zu senken.

Die Begrenzung der internationalen Steuerplanung multinationaler Unternehmen ist seit vielen Jahren Gegenstand einer regen gesetzgeberischen Aktivität sowie von Verhandlungen auf nationaler und supranationaler Ebene. So gibt es in den Industrieländern zahlreiche Regelungen, die steuerliche Gestaltungen, die aus internationalen Unterschieden in der Besteuerung Vorteile ziehen, unattraktiv machen oder unterbinden sollen. In Deutschland gibt es Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung, zu Funktionsverlagerungen, zur Fremdfinanzierung und zur Transferpreissetzung, um nur besonders prominente Beispiele anzusprechen.

Wie erfolgreich die Bestrebungen zur Eindämmung der Steuerplanung bislang gewesen sind, ist nicht einfach zu beurteilen. Fest steht, dass es trotz der gesetzgeberischen Anstrengungen seit vielen Jahren in den Industrieländern immer wieder spektakuläre Fälle gibt, in denen international operierende Großunternehmen, trotz hoher Gewinne, in den Sitzländern von Mutter- oder Tochtergesellschaften kaum Steuern zahlen. Auch in dem kürzlich durch den US-Kongress aufgegriffenen Fall des Unternehmens Apple wurde deutlich, dass durch eine Steueroasentochter, in diesem Fall in Irland, die Gesamtsteuerbelastung des Konzerns erheblich reduziert werden konnte.

Schwierige Datenlage

Neben der Auseinandersetzung mit spektakulären Fällen, die allerdings jeder für sich anders gelagert sind, bemüht sich die Forschung weltweit um ein umfassendes Bild der Steuerplanung multinationaler Unternehmen und ihrer Determinanten. Dies ist jedoch schon von der Datenlage her nicht einfach. Denn ebenso wie das Steuerrecht sind auch Statistiken über Konzernaktivitäten weitgehend national ausgerichtet und erfassen grenzüberschreitende Sachverhalte nur sehr eingeschränkt. Selbst wenn man feststellen kann, ob und in welchem Umfang Aktivitäten im Ausland durchgeführt werden, ist zu klären, welche Aktivitäten tatsächlich steuerplanerisch motiviert sind. Ein beobachtbares Indiz steuerlicher Gestaltungen ist die Gründung einer Tochtergesellschaft in einer Steueroase, verstanden als ein Land mit besonders günstigen steuerlichen Bedingungen. Dabei ist zunächst festzulegen, wann die steuerlichen Regelungen eines Landes als besonders günstig gelten, so dass das Land als Steueroase einzuordnen ist.

In der internationalen Literatur kursieren verschiedene Listen von Ländern, die als Steueroasen gelten können. Hier ist beispielsweise die Liste von Hines und Rice1 zu nennen. Sie ist aus deutscher Sicht insoweit unbefriedigend, als Karibikstaaten stark im Vordergrund stehen und die jüngeren steuerlichen Entwicklungen in Osteuropa nicht hinreichend berücksichtigt sind. Eine alternative Steueroasenklassifizierung wird von der OECD2 vorgenommen. Die Unterteilung der OECD in kooperierende und nicht kooperierende Länder basiert allerdings primär auf politischen Festlegungen, also darauf, international steuerliche Informationen auszutauschen und Transparenzstandards bei der Ausgestaltung des Steuersystems der Länder einzuhalten. Ohnehin sind diese Listen nicht spezifisch auf die Steuerplanung multinationaler Unternehmen ausgerichtet, sondern beinhalten auch Aspekte, die eher bei Steuerhinterziehung eine Rolle spielen.

Nutzung von Steueroasen

Aus deutscher Sicht ist die implizite Legaldefinition aus dem Außensteuerrecht (§ 8 (3) AStG) interessant, wonach eine niedrige Besteuerung vorliegt, wenn die Einkünfte einem Ertragsteuersatz von weniger als 30% bzw. 25% (seit 2001) unterliegen. Allerdings sind die Schwellenwerte recht restriktiv gesetzt. Im Vergleich zu dem fast völligen Verzicht auf eine Besteuerung in einigen der bekannten Steueroasen liegen sie relativ nah an der Steuerbelastung in Hochsteuerländern.

Für eine unvoreingenommene Analyse der Aktivitäten multinationaler Unternehmen in Steueroasen verwenden Büttner, Holzmann, Overesch und Schreiber3 demgegenüber die tatsächliche Verteilung der tariflichen Steuersätze weltweit. Steueroasen werden hier als Länder mit tariflichen Steuersätzen unterhalb eines bestimmten Perzentils der empirischen Verteilung definiert. Eine sinnvolle Unterscheidung ergibt sich anhand des 20%-Perzentils. Entsprechend gelten alle Länder als Steueroasen, deren Steuersatz so gering ist, dass vier Fünftel der berücksichtigten 189 Länder im Zeitraum von 1996 bis 2009 einen höheren Steuersatz veranschlagen. Konkret entspricht das einem Steuersatz von 20% als Schwellenwert. Es ist aber auch bekannt, dass der tarifliche Steuersatz aus der Unternehmensbesteuerung für bestimmte Einkunftsarten und Gesellschaften vielerorts gar nicht zur Anwendung kommt. So gibt es gerade in europäischen Standorten wie Belgien, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz besondere steuerliche Vergünstigungen für Holdings, die den Bedingungen in Steueroasen nahe kommen.

Deutsche Konzerne mit Tochterunternehmen

Unter Berücksichtigung von Holdings und Finanzierungsgesellschaften in Ländern mit besonderen Vergünstigungen listen Tabelle 1a und 1b die von deutschen Konzernen am häufigsten gewählten Steueroasen nach der Häufigkeit der dort gemeldeten Tochterunternehmen für vier Referenzjahre auf. Als Datenbasis dient die Microdatabase Direct Investment, die die Deutsche Bundesbank zu Forschungszwecken zugänglich macht. Die Datenbank enthält Informationen über die im Ausland gehaltenen Tochtergesellschaften deutscher Konzerne.4

Tabelle 1a
Nutzung von Steueroasen durch deutsche Konzerne 1996 und 2000
1996 Tochteranzahl 2000 Tochteranzahl
Niederlande 132 Niederlande 192
Singapur 99 Singapur 174
Hongkong 95 Ungarn 171
Ungarn 81 Hongkong 148
Irland 72 Irland 94
Schweiz 54 Schweiz 64
Belgien 17 Chile 37
Chile 17 Verein. Arabische Emirate 21
Luxemburg 12 Belgien 19
Bahamas k.A. Luxemburg 14
Bermuda k.A. Bahamas k.A.
Britische Jungferninseln k.A. Bahrain k.A.
Bulgarien k.A. Bermuda k.A.
Cayman Inseln k.A. Britische Jungferninseln k.A.
Libanon k.A. Bulgarien k.A.
Liechtenstein k.A. Cayman Inseln k.A.
Mazedonien k.A. Libanon k.A.
Verein. Arabische Emirate k.A.    

Anmerkungen zu Tabelle 1a und 1b: Als Steueroasen gelten Länder, deren tariflicher Steuersatz bei der Unternehmensbesteuerung so gering ist, dass 80% der 189 betrachteten Länder in dem Zeitraum einen höheren Steuersatz hatten. In Fällen, in denen keine Angabe (k.A.) in der Tabelle über die Tochterzahl gemacht wird, handelt es sich um statistische Einzelwerte, die aus Datenschutzgründen nicht veröffentlicht werden dürfen.

Quelle: eigene Berechnungen anhand der Microdatabase Direct Investment.

Tabelle 1b
Nutzung von Steueroasen durch deutsche Konzerne 2004 und 2008
2004 Tochteranzahl 2008 Tochteranzahl
Polen 336 Niederlande 827
Ungarn 236 Polen 543
Niederlande 219 Singapur 221
Singapur 153 Hongkong 202
Hongkong 141 Slowakei 180
Irland 116 Rumänien 166
Slowakei 105 Irland 141
Schweiz 65 Chile 70
Chile 37 Schweiz 70
Bulgarien 25 Bulgarien 67
Belgien 24 Verein. Arabische Emirate 44
Luxemburg 24 Litauen 28
Verein. Arabische Emirate 22 Luxemburg 27
Litauen 17 Belgien 24
Insel Man 14 Serbien 24
Zypern 11 Malta 24
Lettland 10 Lettland 20
Bahamas k.A. Bahrain k.A.
Bahrain k.A. Bahamas k.A.
Bermuda k.A. Bermuda k.A.
Britische Jungferninseln k.A. Britische Jungferninseln k.A.
Cayman Inseln k.A. Cayman Inseln k.A.
Island k.A. Insel Man k.A.
Libanon k.A. Island k.A.
Liechtenstein k.A. Libanon k.A.
Macao k.A. Liechtenstein k.A.
Mazedonien k.A. Macao k.A.
Oman k.A. Marshallinseln k.A.
    Mazedonien k.A.
  Moldawien k.A.
  Paraguay k.A.
  Zypern k.A.

Tabelle 1a und 1b zeigen, dass sich die Aktivitäten deutscher Konzerne vielfach auf Steueroasen und Niedrigsteuerländer erstrecken, die in den international üblichen Steueroasenlisten nicht vorkommen und oft gar nicht als Steueroasen angesehen werden. In den letzten Jahren waren es vor allem osteuropäische Staaten, die unter anderem durch eine Senkung ihrer Unternehmensteuersätze an Attraktivität als Standorte für Töchter deutscher Konzerne gewannen. Bemerkenswert ist, dass Länder, wie beispielsweise die Bahamas, Bermuda oder die Cayman Inseln, die international als wichtige Steueroasen angesehen werden, für die Steuerplanung deutscher Konzerne kaum eine Rolle spielen – die Anzahl der Gesellschaften ist in diesen Ländern so gering, dass sie aus Datenschutzgründen nicht angegeben werden darf.

Abbildung 1
Deutsche Konzerne mit und ohne Tochtergesellschaften in Steueroasen
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Quelle: eigene Berechnungen anhand der Microdatabase Direct Investment.

In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist eine stetige Internationalisierung der deutschen Unternehmen zu beobachten, die mit einer Ausweitung des Engagements deutscher Konzerne in Steueroasen einherging. Abbildung 1 zeigt, dass 1996 knapp 2300 deutsche Konzerne Tochterunternehmen mit Sitz im Ausland hatten. Bis 2009 stieg die Zahl der multinationalen Unternehmen um knapp 56% auf rund 3500 an. Im gleichen Zeitraum nahmen auch die Steueroasenaktivitäten der Unternehmen zu. Hatten 1996 rund 340 Konzerne Töchter mit Sitz in Steueroasen, waren es 2009 fast 1100 Konzerne (vgl. Abbildung 1). Dies entspricht einem Zuwachs von mehr als 325%. Demnach zeigt sich hier nicht nur der allgemeine Trend in Richtung Internationalisierung. Deutsche Unternehmen intensivierten ihre Oasenaktivitäten. Abbildung 2 zeigt, dass rund 30% der Unternehmen 2009 in Steueroasen aktiv sind, 1996 waren es nur etwa 15%.

Abbildung 2
Anteil deutscher Konzerne mit Tochtergesellschaften in Steueroasen
42275.png

Quelle: eigene Berechnungen anhand der Microdatabase Direct Investment.

Weitergehende Analysen zeigen, dass auch die Zahl von Tochtergesellschaften in Steueroasen innerhalb der Konzerne zugenommen hat. Hielten die in Steueroasen aktiven Konzerne 1996 durchschnittlich 1,8 Steueroasentöchter, stieg diese Zahl 2009 auf 2,5. Dies legt nahe, dass Steuerplanung zunehmend durch ein Geflecht von ausländischen (Steueroasen-)Töchtern erfolgt und nicht nur durch Nutzung einer einzigen Gesellschaft. Die Auswertung der Bundesbankdaten zeigt im Übrigen, dass Tochterunternehmen mit Sitz in Steueroasen im Durchschnitt eine geringere wirtschaftliche Aktivität aufweisen. Im Mittel beträgt das Sachanlagevermögen von Tochterunternehmen in Steueroasen etwas weniger als 9 Mio. Euro. Im Vergleich dazu ist das mittlere Sachanlagevermögen der Töchter an Nichtoasenstandorten mit fast 20 Mio. Euro mehr als doppelt so hoch. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl der Steueroasentöchter ist mit 151 Mitarbeitern, also rund 40% des gesamten Durchschnitts, deutlich geringer als in den anderen Gesellschaften. Die geringere wirtschaftliche Aktivität in diesen Konzerneinheiten weist darauf hin, dass Tochterunternehmen in Steueroasen nicht primär zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen genutzt werden, sondern vor allem Vehikel der konzerninternen Steuerplanung sind.

Der Trend in Richtung einer verstärkten Nutzung von Steueroasen steht in einem gewissen Widerspruch zu der steuerpolitischen Entwicklung, der sich die Unternehmen gegenübersehen. So sind in den letzten Jahren in vielen Ländern Europas, die für multinationale Unternehmen aus Deutschland besonders wichtige Standorte sind, die tariflichen Steuerbelastungen auf Unternehmensgewinne gesenkt worden. Dies sollte für sich genommen den Druck zur Steuerplanung reduzieren und auch die Volumina der Einsparungen senken, die aus den Steuerplanungsstrategien erzielt werden können. In der Tat zeigen Gumpert, Hines, und Schnitzer,5 dass die Neigung deutscher multinationaler Konzerne, Tochtergesellschaften in Steueroasenländern zu gründen und zu halten, mit der durchschnittlichen tariflichen Belastung ansteigt. Büttner et al.6 bestätigen diesen Befund, zeigen aber, dass sich ein anderes Bild ergibt, wenn man Regelungen in den Heimatländern der Auslands­töchter deutscher Konzerne berücksichtigt, die darauf abzielen, die Attraktivität einer internationalen Steuerplanung zu reduzieren. Demnach steigt die Neigung, sich in Steueroasen zu engagieren, wenn die Möglichkeiten zur Steuerplanung der Tochtergesellschaften stärker begrenzt werden. Insbesondere die weitverbreiteten Unterkapitalisierungsregeln, die Fremdfinanzierungen beschränken sollen, führen nach den Ergebnissen der empirischen Analyse dazu, dass sich die deutschen Konzerne eher in Steueroasen engagieren.

Eine mögliche Erklärung dieses empirischen Befunds ist, dass multinationale Unternehmen eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Gewinnverlagerung haben, die nicht notwendigerweise Gesellschaften in Steueroasen voraussetzen. So können Belastungsunterschiede durch Finanzierungsmodelle für die Steuerplanung genutzt werden, oder man kann durch die Verrechnung konzerninterner Lieferungen und Leistungen Gewinne in weniger stark besteuernde Länder verschieben. Infrage kommen auch komplexere Modelle, die ein Engagement in Steueroasen erforderlich machen. Wenn die Steuerplanung in all diesen Fällen mit direkten oder indirekten Kosten verbunden ist, und wenn die Kosten einer Steuerplanung unter Zuhilfenahme von Tochtergesellschaften in Steueroasen besonders hoch sind, werden Unternehmen den Schritt zu einem Engagement in Steueroasen erst unternehmen, wenn andere Steuerplanungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, bzw. der Gesetzgeber diese alternativen Möglichkeiten beschränkt.

Die Ergebnisse von Büttner et al.7 legen indessen auch nahe, dass international koordinierte Anstrengungen, Anreize zur Steuerplanung zu reduzieren, durchaus die Neigung senken können, in Steueroasen ansässig zu sein. Für die Steuerpolitik impliziert dies, dass sich die grundsätzliche Problematik der internationalen Steuerplanung allein durch gesetzgeberische Gegenmaßnahmen einzelner Länder nicht lösen lässt. Die Eindämmung von Steuergestaltungen unter Ausnutzung von Steueroasen erfordert demnach ein international koordiniertes Vorgehen.

  • 1 J. R. Hines, E. M Rice: Fiscal Paradise: Foreign Tax Havens and American Business, in: The Quarterly Journal of Economics, 109. Jg. (1994), H. 1, S. 149-182.
  • 2 OECD: Towards Global Tax Cooperation: Progress in Identifying and Eliminating Harmful Tax Practices, Paris 2000.
  • 3 T. Büttner, C. Holzmann, M. Overesch, U. Schreiber: Anti-tax avoidance rules and multinationals’ demand for tax havens, mimeo 2013.
  • 4 Die im Folgenden dargestellten empirischen Ergebnisse basieren auf Informationen zu ausländischen Tochterfirmen deutscher Konzerne, wobei nur Beteiligungen in Höhe von 100% berücksichtigt wurden. Aus der Stichprobe ausgenommen wurden die Finanzbranche, der Agrarsektor, der Bergbau, Regierungsorganisationen und sonstige private Gesellschaften.
  • 5 A. Gumpert, J. R. Hines, M. Schnitzer: The use of tax havens in exemp­tion regimes, Bundesbank Discussion Paper, Series 1, Nr. 30/2011.
  • 6 T. Büttner et al., a.a.O.
  • 7 Ebenda.

Title:Tax Evasion and Tax Havens

Abstract:The current debate on tax planning has to distinguish between tax evasion and aggressive tax planning. While tax evasion is illegal and requires the enhanced exchange of information, measures against aggressive tax planning seem to be very complex and complicated. Tax havens’ benefits from tax haven activities are inversely related to the intensity of competition among tax havens. Once the set of tax havens narrows, each havens’ share of the business increases and its margins go up. This competition aspect makes initial successes easy but final success very difficult. Nevertheless, some authors argue that action against tax flight is inevitable. As tax flight is a multilateral phenomenon, coordinated initiatives by country groups appear particularly promising. Here the EU should be in the vanguard. Only automatic information exchange generates the transparency and leeway needed to eliminate income tax evasion and to permit countries to devise tax codes at their own discretion. Despite the European trend towards lower corporate taxes, an empirical analysis shows that German multinationals have increased their tax haven activities. Recent research suggests that this development might be explained by the increased usage of anti-tax avoidance measures by high-tax countries. The substitutive nature of different tax-avoidance schemes indicates that only a coordinated closing of loopholes for profit shifting would reduce the demand for tax-haven operations significantly.

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DOI: 10.1007/s10273-013-1536-y

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