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Hans-Jürgen Krupp, der im April 2018 seinen 85. Geburtstag feierte, hat die Politikberatung von beiden Seiten erlebt: unter anderem als Professor an der Universität Frankfurt, als Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin, als Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und als Finanz- und Wirtschaftssenator in Hamburg. Hier stellt er Überlegungen an, wie die Politikberatung besser gelingen kann. Er beklagt die rückläufige Zahl an Lehrstühlen für Sozialpolitik, begrüßt aber die neuen Bemühungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die sozialpolitische Forschung zu fördern. Die Autonomie der Universitäten hält er für ein wichtiges Gut, gibt aber zu bedenken, dass deren Strategien anderen Zielen folgen als die Wahrung von Pluralität in der Forschung zur Unterstützung der Politikberatung.

Politikberatung wird als eine der Aufgaben der Wissenschaft angesehen. Zwar muss die letzte Entscheidung bei dem demokratisch legitimierten Politiker liegen. Aber er ist gut beraten, wenn er sich dabei wissenschaftlichen Sachverstandes bedient, sich also beraten lässt. Aus Sicht des Wissenschaftlers muss die direkte Beratung eines Politikers oder einer politischen Institution freilich nicht der einzige Weg sein, auf die Politik Einfluss zu nehmen. Er kann auch den Weg über die öffentliche Diskussion eines Sachverhaltes suchen. Er kann auch beide Wege kombinieren, was allerdings nicht immer akzeptiert wird, entweder nicht vom beratenen Politiker oder nicht von der Öffentlichkeit. In diesem Beitrag soll unter Politikberatung sowohl die direkte Beratung eines Politikers oder einer öffentlichen Institution, als auch die Beteiligung an der öffentlichen Diskussion verstanden werden. Dies klingt zunächst einfach, ist es aber keineswegs. Zu den Problemen wissenschaftlicher Politikberatung zählen zumindest die Fragen nach der Geltung unterschiedlicher theoretischer Ansätze und nach der Möglichkeit wissenschaftlicher Begründungen für Werturteile, aber auch nach der Qualität wissenschaftlicher Aussagen.

Im Gegensatz zur Politik gibt es in der Wissenschaft kein einfaches Kriterium zur Feststellung eines Ergebnisses. In der Politik ist die wie auch immer gestaltete Mehrheitsentscheidung der Weg, um festzustellen, was geschehen soll. In der Wissenschaft ist das nicht möglich. Die Geschichte der Ökonomie ist eine Geschichte unterschiedlicher Schulen mit unterschiedlichen theoretischen Ansätzen. Letztlich entsteht auch nur so wissenschaftlicher Fortschritt. Ein neuer Ansatz verdrängt das Althergebrachte. Aber auch der neue Ansatz wird überwunden werden. In der Regel ist es eine Minorität von Forschern, die den neuen Ansatz hervorbringt, weswegen Mehrheiten in der Wissenschaft nicht entscheidend sein können. Dessen ungeachtet bildet sich so etwas wie ein „Mainstream“ heraus, der zwar die Mehrheit der Wissenschaftler hinter sich hat, aber nicht notwendigerweise die „Wahrheit“ für sich in Anspruch nehmen kann.

Noch schwieriger wird es, wenn es um Werturteile geht. Weltanschauung und gesellschaftliche Grundanschauungen gehen legitimer Weise in wissenschaftliche Aussagen ein. Sie lassen sich aber nicht wissenschaftlich begründen. Wichtig ist, in der Politikberatung und in der öffentlichen Diskussion deutlich zu machen, wenn eine bestimmte Aussage wissenschaftlich nicht begründbare Werturteile enthält, die nicht für sich in Anspruch nehmen können, dass sie das Ergebnis unabhängiger Wissenschaft sind.

Dies alles sind keine neuen Probleme.1 Man kann deswegen zum Konzept der unabhängigen Beratung durchaus auf Distanz gehen, was man gut am Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR Wirtschaft) diskutieren kann.2 Inzwischen ist ein neues Problem hinzugekommen, das es rechtfertigt, das Thema noch einmal aufzugreifen. Einige Fächer, deren Politikrelevanz außer Frage steht, sind an vielen deutschen Universitäten nicht mehr vorhanden. Wenn ein Fach aber nicht mehr vorhanden ist, fehlen Forschung und Lehre, insbesondere die Grundlagenforschung. Damit fehlt auch die Grundlage, um die für eine verantwortungsvolle Politikberatung notwendige Qualität zu sichern.

Das Beispiel Sozialpolitik

In den letzten Jahren sind zahlreiche Lehrstühle für Sozialpolitik in den wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftlichen Fachbereichen entfallen oder umgewidmet worden. Dieser Prozess ist durch Hauser, Leibfried und Sesselmeier gut dokumentiert worden.3 Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW) hat das Thema aufgegriffen und einen Denkanstoß in die Öffentlichkeit gebracht.4 Zugleich wurden hier Vorschläge für eine Verbesserung gemacht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat darauf reagiert, zu einer Diskussion eingeladen und ein Förderprogramm vorgelegt.5 Insofern kann man also sagen, das Problem ist im politischen Raum und in der Verwaltung erkannt worden. Und im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD ist zu lesen: „Angesichts der Herausforderungen und Veränderungen durch die Digitalisierung und die Globalisierung in unserer Gesellschaft wollen wir eine neue Arbeitsweltberichterstattung entwickeln (und) die Sozialstaatsforschung wieder verstärken“ (Abschnitt IV.1: Gute Arbeit). Und im Abschnitt IV.3 wird ausgeführt „Wir wollen prüfen, wie wir die neuen Möglichkeiten des Art. 91b Grundgesetz (GG) nutzen können, um ausgewählte forschungsstarke und exzellente Institute an Hochschulen bundesseitig mitfördern zu können, ohne sie aus der Hochschule herauslösen zu müssen.“

Zunächst sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der wissenschaftlichen Sozialstaatsforschung nicht um ein ganz neues Problem handelt, wie man am Beispiel der Universität Frankfurt zeigen kann. Nach dem ersten Weltkrieg stiftete Wilhelm Merton (einer der Gründer der Universität in Frankfurt am Main) über das Institut für Gemeinwohl einen Lehrstuhl für Sozialpolitik, damals mit der Bezeichnung „Armenwesen und soziale Fürsorge“. 1935 wurde er umgewidmet. 1954 erhielt er dann eine Widmung für Wirtschafts- und Sozialpolitik. Mit Helmut Meinhold gelang es dann, 1962 diesen Lehrstuhl mit einem Wissenschaftler zu besetzen, der Wirtschafts- und Sozialpolitik hervorragend zu kombinieren wusste und als jahrelanger Vorsitzender des Sozialbeirats die deutsche Sozialpolitik über lange Zeit mit prägte. Damals hatte Richard Merton, der Sohn Wilhelm Mertons, entschieden, erneut einen Lehrstuhl für Sozialpolitik zu stiften,6 auf dem ich der Nachfolger des ersten Lehrstuhlinhabers, Hans Achinger, wurde. Man kann nun streiten, ob meine Berufung schon der Versuch war, eine zu enge Sozialpolitik zu verhindern. Mein Nachfolger war Richard Hauser. Inzwischen wurden beide Lehrstühle umgewidmet, die auf den Wunsch von Vater und Sohn Merton zurückgingen, an der Frankfurter Universität Sozialpolitik zu pflegen.

Dieses Beispiel macht zwar deutlich, dass auch schon in der Vergangenheit Vorbehalte gegen das Fach Sozialpolitik bestanden. Nach dem zweiten Weltkrieg existierten jedoch an vielen Universitäten Lehrstühle für Sozialpolitik, obwohl die Ausgaben für Sozialpolitik deutlich niedriger als nach der Jahrtausendwende waren, absolut und relativ. Die Sozialleistungsquote, die üblicherweise auf das Bruttosozialprodukt bezogen wird, betrug 1960 18,3 %. Inzwischen hat sie sich nahezu verdoppelt. Sie wird für 2015 auf 29,4 % geschätzt.7 Basiert man die Sozialleistungen insgesamt auf das Volkseinkommen, ergibt sich ein Wert von etwa 40 %. Konträr zu der Entwicklung der Sozialausgaben hat die Zahl der Lehrstühle für Sozialpolitik deutlich abgenommen. Überspitzt kann man sagen, dass die Frage, wie 40 % unseres Volkseinkommens aufgebracht und ausgegeben werden, die deutsche Wirtschaftswissenschaft nicht interessiert. Betrachtet man die Analysen der Transfer-Enquete-Kommission der Jahre 1977 bis 1981,8 sieht man, dass eine systematische Analyse des Transferbereichs auch unter Effizienz-Gesichtspunkten sinnvoll ist. Wenn man sich an der Zukunft orientiert, ist Forschung im Bereich der Sozialpolitik erst recht dringend. Strukturelle Probleme, die insbesondere in der demografischen Entwicklung liegen, verschärfen sich. Reform-Notwendigkeiten liegen heute in der Sozialpolitik. 2016 lief eine Rentendebatte, in der eine von sozialpolitischen Kenntnissen geprägte Stimme der Wissenschaft kaum zu hören war.

Wie alles im Leben hat auch Autonomie zwei Seiten

Die Entscheidungen, die zur Umwidmung von Sozialpolitik-Lehrstühlen führten, waren nicht das Ergebnis staatlicher Spardiktate, sondern wurden von autonomen Universitäten, Fakultäten oder Fachbereichen getroffen. Die Gründe dieser Entwicklung waren sicher vielfältig. Sie sind nicht systematisch erforscht. Es wird argumentiert, insbesondere die starke Nachfrage nach betriebswirtschaftlichen Studiengängen habe dazu geführt, dass man volkswirtschaftliche Lehrstühle reduzieren musste. Sicher ist richtig, dass es eine starke Nachfrage nach betriebswirtschaftlichen Studiengängen gibt. Interessanter ist aber die Frage, ob diese Nachfrage den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt entspricht, und ob insbesondere die Reduzierung wirtschaftswissenschaftlicher Ausbildung mit sozialpolitischer Kompetenz durch zu erwartende Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt gerechtfertigt ist. Viel spricht dafür, dass im sozialpolitischen Bereich angesichts der starken Zunahme sozialer Dienstleistungen und des zusätzlichen Bedarfs in den Verwaltungen des Sozialstaats ein erheblicher Bedarf an Arbeitskräften mit einer akademischen Ausbildung, auch auf der Master-Ebene, besteht. Mit der absehbaren Arbeitsmarktentwicklung ist die Umwidmung sozialpolitischer Lehrstühle also nicht zu begründen.

Gelegentlich werden als Begründung für die Streichung von Sozialpolitik-Professuren auch eher ideologische Gründe angeführt. Im Weltbild des „Neoliberalismus“ spiele Sozialpolitik keine wichtige Rolle. Gegner des Sozialstaats befürchteten durch das Fach Sozialpolitik ein weiteres Anwachsen desselben. Es mag Überlegungen dieser Art gegeben haben, sie waren wahrscheinlich aber nicht ausschlaggebend. Sachlich gehören sie eher zu den Überlegungen über Pluralität in den Wirtschaftswissenschaften. Gewichtiger sind sicher Überlegungen zu den Karrierechancen junger Wissenschaftler. Der Reiz des Fachs Sozialpolitik besteht gerade darin, dass es institutionelle und theoretische Gegebenheiten miteinander verknüpft. Viele Aussagen haben deswegen mit den institutionellen Gegebenheiten eines Landes zu tun. International sind sie deshalb höchstens bei Ländervergleichen von Interesse. Auch hochinteressante Publikationen auf diesem Gebiet werden es deswegen schwer haben, in die renommierten internationalen Journale zu kommen.9 Für eine wirklich autonome Universität sollte dies allerdings kein Problem sein. Schematische Berufungskriterien, wie sie heute weit verbreitet sind, sollten wieder flexibler werden, nicht nur für das Fach Sozialpolitik. Die Universitäten sollten ihre Autonomie entsprechend nutzen, um Sozialpolitik besser in Lehre und Forschung zu verankern.

Auch bei diesem Thema spielen freilich grundsätzliche Überlegungen zur Praxisnähe universitärer Ausbildung eine Rolle. Sollte sich die Universität auf eine eng spezialisierte theoretische Ausbildung beschränken oder auch durch Praxisbezüge in der Ausbildung auf einen späteren Beruf vorbereiten? Hält man den Praxisbezug für wichtig, ist das Fach Sozialpolitik ein gutes Beispiel für eine abgerundete Ausbildung, die gleichermaßen theoretisches Denken und seine Anwendung auf konkrete Fragen der Praxis vermittelt. Insbesondere die in der Sozialpolitik immer notwendige Verbindung von Problemen der Mikroebene mit denen der Makrobetrachtung führen zu einer guten ökonomischen Grundausbildung. Und wenn behauptet wird, die Ökonomie berücksichtige wieder mehr institutionelle Gesichtspunkte, passt die Umwidmung sozialpolitischer Lehrstühle nicht zu dieser These. Sie führt dazu, dass eine Ausbildung für dringend benötigte Qualifikationen in der sozialpolitischen Praxis nicht mehr stattfindet.

Fehlende Pluralität als begrenzender Faktor

Immer wieder wird beklagt, in den Wirtschaftswissenschaften habe sich eine Orthodoxie herausgebildet, die der Vielfalt wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht gerecht werde. In der Politikberatung sei es aber wichtig, unterschiedliche wissenschaftliche Ansätze heranzuziehen. Es spricht einiges für die These, dass die US-amerikanische Wirtschaftswissenschaft hier breiter aufgestellt ist. Immerhin hat sich dort in den letzten Jahren eine ganze Zahl von Wissenschaftlern zu Wort gemeldet, die gegen eine verengte Orthodoxie antreten. Die Frage, ob das Bild mangelnder Pluralität wirklich auf die deutsche Wirtschaftswissenschaft zutrifft, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Sicher gibt es einzelne Fachbereiche, die sich eher für eine paradigmatisch homogene Zusammensetzung ihrer Professorenschaft entschieden haben. Betrachtet man andererseits die Gesamtheit der Universitäten, findet man durchaus unterschiedliche Schwerpunkte. Seit der Jahrtausendwende ist zudem eine gewisse Öffnung festzustellen – in erster Linie trägt die Verhaltensökonomie zu mehr Pluralität bei.

Zunächst einmal ist es ein ganz normaler Vorgang, wenn im Zuge der wissenschaftlichen Entwicklung neue Ansätze entstehen, welche die bisherigen Paradigmen verdrängen. Während in den 1950er und Anfang der 1960er Jahre keynesianische Grundansätze in der deutschen Wirtschaftswissenschaft dominierten, folgten ihnen in den darauf folgenden Jahrzehnten monetaristische und angebotspolitische Überlegungen. Insbesondere in dieser Zeit hatten Keynesianer an deutschen Universitäten nur eine geringe Chance, auf einen Lehrstuhl berufen zu werden, am ehesten war dieses bei den Neugründungen möglich. So wurde zumindest über die Universitäten hinweg eine gewisse Pluralität erreicht. Zu diesem Prozess gehört freilich auch, dass nach einer gewissen Zeit die Schwächen der neuen Ansätze deutlich werden. Es kommt entweder zu ganz neuen Ansätzen oder zumindest zu der Einsicht, dass Erkenntnisse der Vergangenheit durchaus Geltung beanspruchen können. An dieser Stelle besteht dann die Gefahr, weitere Entwicklungen nicht mehr zuzulassen, was letztlich wissenschaftlichen Fortschritt behindert. Man kann solche Prozesse auch weniger freundlich, dafür etwas neutraler, als eine Abfolge von Moden beschreiben.

Nun sollte man das Problem einseitiger Ansätze nicht nur eindimensional betrachten. In Zeiten des Keynesianismus dominierten makroökonomische Ansätze, Mikrotheorie wurde in der Betriebswirtschaftslehre gepflegt. Mit angebotspolitischen Ansätzen war ein Aufschwung der Mikrotheorie verbunden, während die Makrotheorie nicht mehr als interessant angesehen wurde.10 Zugleich entstanden nun theoretische Konstrukte, in denen die makroökonomischen Probleme durch Annahmen ausgeklammert wurden. Als Beispiel sei an die Real-Business-Cycle-Theorie erinnert, bei der angenommen wurde, dass es unfreiwillige Arbeitslosigkeit nicht gebe.

Ein weiteres Problem der Volkswirtschaftslehre besteht in den tradierten Fächergrenzen. Will man ökonomische Prozesse nicht nur vom Konstrukt eines Homo Oeconomicus her verstehen, ist eine Einbeziehung sozialer und psychischer Prozesse, wie sie in Psychologie, Verhaltensforschung und Soziologie untersucht werden, notwendig. Die Fächergrenzen sind in der Struktur der klassischen Universität nur schwer zu überwinden. Aber eine Ökonomie, die den Blick über die Fachgrenzen nicht leistet, ist einseitig.

Relativ selten wird die Frage aufgeworfen, ob die Theoretische Ökonomie wirklich die rasante Entwicklung des methodischen Instrumentariums genutzt hat. In der Regel werden die Fortschritte der Informatik zunächst als Verbesserung der Rechenmöglichkeiten wahrgenommen. Es ist nun möglich, vor längerer Zeit entwickelte komplizierte statistische oder ökonometrische Verfahren ohne großen Aufwand anzuwenden. Demgegenüber spielen überraschenderweise Simulationen, wie sie gerade in der Politikberatung nützlich wären, eine eher untergeordnete Rolle. Häufig basieren sie auf der Anwendung traditioneller ökonometrischer Systeme. Die Frage, inwieweit Algorithmen, die heute z. B. auf den Finanzmärkten eine wichtige Rolle spielen, nicht auch eine andere Art der Theoriebildung zur Folge haben könnten, ist noch ungeklärt.

Die beschriebenen Defizite bei der Pluralität ökonomischer Ansätze sind für die Politikberatung durchaus relevant. Für die Wirtschaftspolitik sind Mikro- und Makroanalyse wichtig. Vernachlässigt man eine der beiden Seiten der Ökonomie, kann die Politikberatung zu Fehlentwicklungen führen. Fundiert man Politik auf Modelle, bei denen ein wesentliches Problem wie Arbeitslosigkeit durch Annahmen ausgeschlossen ist, wird man gerade dieses Problem nicht lösen. Und nutzt man die modernen methodischen Möglichkeiten nicht aus, besteht die Gefahr von sehr allgemeinen Aussagen oder von Fehlinterpretationen. In der Ökonomie ist es zu Fehlentwicklungen11 gekommen, die von unabhängigen Ökonomen und den von ihnen bestimmten Institutionen zu verantworten sind. Die Unabhängigkeit der Wissenschaft hat jedenfalls nicht vor solchen Defiziten geschützt, ja, sie vielleicht sogar gefördert. Die Autonomie der universitären Instanzen kann zu Einseitigkeit führen und damit zu einer Aushöhlung der wissenschaftlichen Basis von Politikberatung. Unabhängigkeit von Wissenschaft kann also Politikberatung nicht nur sichern, sondern auch behindern. Man muss sich daher mit der Frage auseinandersetzen, wie wünschbar die Unabhängigkeit von Wissenschaft ist.

Zur Rolle der universitären Autonomie

Wissenschaft braucht Unabhängigkeit und hat diese auch in der Regel eingefordert. Der wissenschaftliche Fortschritt erfordert, dass neue Ansätze entwickelt werden, was immer auch bestehende Ansätze infrage stellt. Damit werden häufig auch überkommene Weltbilder zur Diskussion gestellt oder partikulare wirtschaftliche Interessen gefährdet. Dies kann dazu führen, dass der Versuch gemacht wird, wissenschaftliche Forschung zu behindern und/oder Ergebnisse zu unterdrücken. Je praxisrelevanter Wissenschaft ist, desto wahrscheinlicher ist dieses. Deshalb brauchen Universitäten als institutionalisierte Stätten der Wissenschaft Autonomie. Sie sollten unabhängige Institutionen sein, um unbeeinflusst von politischen und wirtschaftlichen Pressionen ihre Position in der Gesellschaft wahrzunehmen. Universitäten brauchen Unabhängigkeit auch, um Grundlagenforschung, die nicht unmittelbar praxisrelevant ist, sicherzustellen. Damit stellt sich freilich häufig die Frage, wie man praxisrelevante Forschung an Universitäten sichern kann, wenn letztendlich eine praxisferne Grundlagenforschung dominiert und im Interesse des wissenschaftlichen Fortschritts dominieren muss.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Autonomie den Universitäten nicht von vorneherein in die Wiege gelegt wurde.12 Es gab durchaus auch Beispiele beschränkter Autonomie, die zu einer Blüte der Wissenschaft führten, wie die des ausgehenden 19. Jahrhunderts in Preußen. Noch heute träumt mancher Wissenschaftspolitiker von der Weisheit, aber auch der Macht preußischer Ministerial-Bürokratie. Und man kann auch nicht sagen, dass die deutsche Universität dabei schlecht gefahren ist. Noch heute wird die Universität Humboldts von vielen als Ideal angesehen, obwohl seine Reform vom Staat durchgesetzt wurde. Seit den 1960er Jahren ist es den Universitäten gelungen, ihre Autonomie auszubauen. Hierauf sind die Universitäten zu Recht stolz,13 auch wenn man nicht übersehen kann, dass sie nun Verantwortung für stark gestiegene Studentenzahlen tragen.

Die historische Betrachtung führt also zu keinem eindeutigen Ergebnis. Beschränkungen der Autonomie führen nicht notwendigerweise zu Beeinträchtigungen der wissenschaftlichen Entwicklung. Andererseits kann eine unbeschränkte Autonomie zu den dargestellten Fehlentwicklungen, nicht nur im Hinblick auf Praxisnähe, sondern auch bezüglich zu großer paradigmatischer Homogenität führen. Die wissenschaftliche Basis der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung wurde durch Verengung und Einseitigkeit in der Zusammensetzung der Fachbereiche ausgehöhlt. Nicht so sicher ist, ob man diese Entwicklung als Konsequenz der zunehmenden Autonomie der Universitäten in Deutschland ansehen kann. Auch bei eingeschränkter Autonomie, bei der stark von außen gesteuert wird, kann es selbstverständlich zu solchen Fehlentwicklungen kommen.

Eine Basis für wissenschaftsbasierte Politikberatung bereitzustellen, ist nur eine Aufgabe der Universität. Wichtiger sind die Sicherung des wissenschaftlichen Fortschritts und seine Tradierung in die Gesellschaft über die Lehre. Die aufgezeigten Fehlentwicklungen können zwar auch den wissenschaftlichen Fortschritt gefährden, eine Einschränkung der Unabhängigkeit der Universität würde dies aber auch bewirken, wahrscheinlich sogar in größerem Ausmaß.

Alternativen zur universitären Forschung

Die aufgezeigten Fehlentwicklungen können der Politik nicht gleichgültig sein, ist sie doch eigentlich auf eine wissenschaftsbasierte Politikberatung angewiesen. Insofern ist es nicht überraschend, dass die Politik immer wieder auf diese Probleme reagiert hat. Allerdings hat häufig auch die Wirtschaft, Unternehmen wie Gewerkschaften, zu einer praxisorientierten Erweiterung der wissenschaftlichen Basis beigetragen. Dies war übrigens auch in der Vergangenheit so. Auf die Stiftungslehrstühle für Sozialpolitik an der Universität Frankfurt wurde schon hingewiesen. Auch die Gründung der außeruniversitären Wirtschaftsforschungsinstitute ist so zu erklären. Als Beispiel sei die Errichtung des Instituts für Konjunkturforschung, das später in Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) umbenannt wurde, durch Ernst Wagemann erwähnt. Er war Präsident des Statistischen Reichsamts, einer staatlichen Behörde, und beabsichtigte mit der Errichtung des Instituts, unabhängige Konjunkturforschung auf Basis der im Reichsamt vorhandenen Daten zu betreiben. Die Finanzierung erfolgte durch öffentliche Institutionen, Spitzenorganisationen der Wirtschaft, Unternehmensverbände und Gewerkschaften,14 die mit Repräsentanten der Reichsregierung und der Länder im Kuratorium vertreten waren. Unabhängigkeit wurde hier insbesondere durch die plurale Zusammensetzung des Kuratoriums ermöglicht. Schon damals spielte die Verengung universitärer Forschung eine Rolle. So berichtet Krengel, dass eine ursprünglich geplante Zusammenarbeit mit Arthur Spiethoff, dem damaligen „Papst“ der Konjunkturforschung nicht zustande kam, weil Spiethoff darauf bestand, „die Forschung allein auf der Basis der von ihm erarbeiteten Theorien zu betreiben.“15 Den wissenschaftlichen Fortschritt hat diese nicht zustande gekommene Zusammenarbeit nicht behindert. Vom DIW gingen wichtige Anstöße aus, z. B. auf dem Gebiet der Kreislauftheorie und der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, es sei an Ferdinand Grünig erinnert, auf dem Gebiet der Input-Output-Analyse an Rolf Krengel und Reiner Stäglin.

Als deutlich wurde, dass mit dem Fortschritt der Informationstechnik eine datengestützte Mikroanalyse zu den Aufgaben moderner Sozialwissenschaft gehören würde, war es das DIW, das mit dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) Anregungen aufnahm, die zwar aus den Universitäten kamen, dort aber wegen der hohen Kosten nicht realisiert werden konnten. Neben der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) als Vertreterin der wissenschaftlichen Gemeinschaft ermöglichten staatliche Instanzen die Finanzierung eines solchen Projekts.16 Es führt nicht weiter, die Frage zu stellen, ob autonome Universitäten eine solche Aufgabe übernommen hätten, selbst wenn sie über entsprechende Mittel verfügt hätten. Wahrscheinlich lautet die Antwort: nein. Festzuhalten ist, dass der wissenschaftliche Fortschritt nur vorankam, weil staatliche Instanzen wesentliche Entscheidungen mittrugen, freilich ohne Inhalte zu bestimmen. Am Beispiel des SOEP lässt sich auch zeigen, dass in einer forschungs- und beratungsorentierten Umgebung fachliche Grenzen leichter übersprungen werden als in der autonomen Universität. Das DIW hat hier nur als ein Beispiel gedient. Man könnte ähnliche Berichte auch für die anderen Wirtschaftsforschungsinstitute geben – man denke z. B. an den ifo Konjunkturtest. Zum Erfolg gehörte in der Regel eine gewisse Distanz zur universitären Forschung, zugleich aber die Einsicht, dass Wissenschaft Unabhängigkeit braucht. Freilich gab es zugleich eine finanzielle Abhängigkeit von unterschiedlichen Institutionen. Solange die Zusammensetzung der Geldgeber plural war, sicherte dies wiederum Unabhängigkeit. Es war eine wissenschaftspolitische Entscheidung der letzten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, die Wirtschaftsforschungsinstitute wieder näher an die Universitäten heranzuführen. Man kann darüber streiten, wie klug diese Entscheidung angesichts der Fehlentwicklung in den autonomen Universitäten war. Ein deutlicher Unterschied besteht in jedem Fall zur Ressortforschung und zu Forschungsinstituten einzelner Verbände, die für sich nicht Unabhängigkeit in Anspruch nehmen konnten oder sollten.

Auch das BMAS hat die Herausforderung aufgenommen, die in der Umwidmung der sozialpolitischen Lehrstühle liegt. Es hat im Mai 2016 eine Förderrichtlinie zur „Förderung der Forschung und Lehre im Bereich der Sozialpolitik“ vorgelegt.17 Im Juli 2016 wurden dann konkretere Förderbekanntmachungen veröffentlicht, in denen zunächst zur Interessenbekundung aufgefordert wird. Bei positiver Beurteilung kann danach zur Antragstellung gebeten werden. Als Rahmen hat das BMAS ein „Fördernetzwerk Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung (FIS)“ ins Leben gerufen. Die drei Förderbekanntmachungen betreffen Stiftungsprofessuren, Nachwuchsgruppen sowie Forschungs- und Vernetzungsprojekte.18

Die Frage der Unabhängigkeit hat bei der Gestaltung der Regeln des FIS offensichtlich eine wichtige Rolle gespielt. Die Anträge werden durch Gutachter beurteilt, die fachliche Entscheidung trifft ein unabhängiger Fachbeirat, die Bewilligung erfolgt durch das Ministerium, wofür bei dieser Konstruktion auch haushaltsrechtliche Gründe sprechen. Offen bleibt die Frage, wie aus den Interessenbekundern diejenigen ausgewählt werden, die zur Antragstellung aufgefordert werden. Es werden zwar Kriterien für diese Auswahl genannt, sie sind allerdings eher allgemein. In der Förderrichtlinie vom Mai 2016 heißt es, dass vom BMAS oder einer von ihm betrauten Bewilligungsbehörde die vorgelegten Interessenbekundungen „auf Plausibilität und Geeignetheit geprüft“ werden. Diese Regelung ist ein Schönheitsfehler. Es bleibt abzuwarten, ob sich so eine von den inhaltlichen Interessen des Ministeriums unabhängige Forschung durchsetzen lässt. Das eigentliche Problem liegt aber im Kreis der zugelassenen Antragsteller. Er ist in den Förderbekanntmachungen vom Juli 2016 auf deutsche Hochschulen (Universitäten und Fachhochschulen) beschränkt. Universitäten, die in den letzten Jahren sozialpolitische Lehrstühle umgewidmet haben, sollen nun durch eine Anfangsförderung dazu gebracht werden, diese Lehrstühle, deren Existenz sie für fünf Jahre nach Ablauf der Förderung garantieren sollen, erneut einzurichten. Sie sollen, auch bevor diese Lehrstühle eingerichtet sind, ihr Interesse an Nachwuchsförderung sowie an Forschungs- und Vernetzungsprojekten anmelden können.

Man kann diese Regelung als Chance der autonomen Universität ansehen, noch einmal unter Beweis zu stellen, dass man bei entsprechender Förderung einer wichtigen gesellschaftspolitischen Anforderung gerecht wird. Auszuschließen ist aber auch nicht, dass die von den Sozialversicherungs-Institutionen betriebenen Fachhochschulen, die zum Kreis der Antragsberechtigten zählen, dann zum Zuge kämen. Dies alles sind zum jetzigen Zeitpunkt Spekulationen. Erfreulich ist, dass das BMAS die Initiative ergriffen hat. Wenn bei diesem Förderangebot die Universitäten nicht mitspielen, ist es sinnvoll, auch über die Beteiligung außeruniversitäre, unabhängige und praxisorientierte Forschungsinstitutionen nachzudenken. Die unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstitute der Leibniz-Gemeinschaft können hier durchaus als Vorbild dienen. Auch ein Ausbau der zur Max-Planck-Gesellschaft gehörenden Institute könnte infrage kommen. Die Probleme fehlender Lehrangebote an Universitäten werden so aber nicht gelöst werden.

Zur Zukunft der wirtschaftswissenschaftlichen Politikberatung

Die Ausgangsthese dieses Beitrags ist, dass die Basis von (wirtschafts-)wissenschaftlicher Politikberatung, insbesondere auf dem Gebiet der Sozialpolitik in den letzten Jahrzehnten ausgehöhlt wurde. Die Autonomie der Hochschulen hat dies nicht verhindert, sie hat eher dazu beigetragen. Sollte man deswegen die Autonomie von Hochschulen begrenzen? Diese Begrenzung wird vom Wissenschaftssystem vehement abgelehnt. Aber die angestellten Überlegungen zeigen, dass eine Einmischung von außen nicht zum Schaden des wissenschaftlichen Fortschritts sein muss, wobei Ausnahmen die Regel bestätigen. Die Fahne unabhängiger Wissenschaft wird höher getragen als dies von der historischen Entwicklung von der Wissenschaft her gerechtfertigt ist. Letztlich geht es darum, wie die Unabhängigkeit der Wissenschaft gesichert werden kann, wie aber gleichzeitig Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Pluralität und Praxisorientierung garantieren. Als Vergleich kann man unsere Vorstellung von Marktwirtschaft heranziehen. So wie auf der einen Seite der Markt im Regelfall für Effizienz sorgt, muss andererseits durch geeignete Rahmenbedingungen sichergestellt werden, dass dieses Ergebnis auch sozial akzeptabel ist.

Die Tatsache, dass die Autonomie der Wissenschaft auch zu Fehlentwicklungen führen kann, ist noch kein Grund, diese Autonomie infrage zu stellen. Wissenschaft braucht Autonomie. Eine Gesellschaft braucht Wissenschaftler und wissenschaftliche Institutionen, die unabhängig sind. Andererseits besteht auf der Grundlage der gemachten Erfahrungen kein Grund, die Autonomie von Wissenschaft zu idealisieren oder absolut zu setzen. Es gibt viele Beispiele von staatlicher Forschungs- und Wissenschaftspolitik, die den Fortschritt von Wissenschaft befördert haben und damit auch in der Regel zur Qualität von Politikberatung beitrugen. Es geht darum, eine vernünftige Balance zwischen der Autonomie von Wissenschaft und der Sicherung gesellschaftlicher Interessen zu finden. Eine solche Balancierung kann dazu führen, dass einerseits die Unabhängigkeit der Wissenschaft verteidigt wird, andererseits die Anforderungen der Gesellschaft an die Wissenschaft befriedigt werden. Nur wenn die Qualität der Wissenschaft in Breite und Tiefe sichergestellt ist, wird eine wissenschaftliche Politikberatung, an der auch die Institutionen unabhängiger Wissenschaft beteiligt sind, eine Zukunft haben.

Der vorliegende Beitrag ist eine gekürzte und überarbeitete Version von H.-J. Krupp: Zur wissenschaftlichen Basis von Politikberatung, in: M. Erlinghagen, K. Hank, M. Kreyenfeld (Hrsg.): Innovation und Wissenstransfer in der empirischen Sozial- und Verhaltensforschung – Festschrift für Gert G. Wagner, Frankfurt a. M. 2018, S. 189-205.

  • 1 Vgl. z. B. L. Hoffmann, G. G. Wagner: Zur Rolle der empirischen Wirtschaftsforschung für die Politikberatung, in: Wirtschaftsdienst, 78. Jg. (1998), H. 3, S. 185-192; G. G. Wagner, W. Wiegard: Volkswirtschaftliche Forschung und Politikberatung, in: I. Becker, N. Ott, G. Rolf (Hrsg.): Soziale Sicherung in einer dynamischen Gesellschaft – Festschrift für Richard Hauser zum 65. Geburtstag, Frankfurt, New York 2001, S. 770-788; M. Fratzscher, G. G. Wagner: Realistische Erwartungen und ein Blick über die Grenzen tun gut, Beitrag zum Zeitgespräch: Entwickeln sich wirtschaftswissenschaftliche Forschung und Politikberatung auseinander?, in: Wirtschaftsdienst, 93. Jg. (2013), H. 8, S. 520-522.
  • 2 H.-J. Krupp: Unabhängige Beratung und politische Verantwortung. Überlegungen zur Konzeption des deutschen Sachverständigenrats, in: B. Gahlen, B. Meyer, J. Schumann (Hrsg.): Wirtschaftswachstum, Strukturwandel und dynamischer Wettbewerb. Ernst Helmstädter zum 65. Geburtstag, Berlin u. a. O. 1989, S. 421-428; H.-J. Krupp: Schwierigkeit neutraler Begutachtung, in: O. Schlecht, U. van Suntum (Hrsg.): 30 Jahre Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Krefeld 1995, S. 31-34.
  • 3 Beiträge zur Situation in den verschiedenen Fächern finden sich in H. 1/2015 der „Deutsche Rentenversicherung“. R. Hauser: Die institutionelle Verankerung von Lehre und Forschung zur Sozialpolitik in den Wirtschaftswissenschaften an deutschen staatlichen Universitäten, in: Deutsche Rentenversicherung, H. 1/2015, S. 62-76; S. Leibfried: Zentrale Ergebnisse des Memorandums „Förderinitiative Stiftungsprofessuren Sozialpolitik“, in: Deutsche Rentenversicherung, H. 1/2015, S. 119-127; S. Leibfried: Sozialpolitik – Verschwindet ein zentrales wissenschaftliches Querschnittsthema aus den deutschen Universitäten?, in: M. Erlinghagen, K. Hank, M. Kreyenfeld (Hrsg.): Innovation und Wissenstransfer in der empirischen Sozial- und Verhaltensforschung – Festschrift für G. G. Wagner, Frankfurt a. M. 2018, S. 207-219; W. Sesselmeier: Wissenschaftliche Forschung zur Sozialpolitik in den Wirtschaftswissenschaften: Bilanz und Perspektiven, in: Deutsche Rentenversicherung, H. 1/2015, S. 77-83.
  • 4 F.-X. Kaufmann, H. G. Hockerts, S. Leibfried, M. Stolleis, M. Zürn: Zur Entwicklung von Forschung und Lehre zur Sozialpolitik an Universitäten in der Bundesrepublik Deutschland – Ein wissenschaftspolitischer Denkanstoß aus der Akademie, November 2015, in: Denkanstöße aus der Akademie, Nr. 1, November 2015, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Berlin 2016.
  • 5 Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Förderrichtlinie zur „Förderung der Forschung und Lehre im Bereich der Sozialpolitik“, Mai 2016, http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Meldungen/2016/foerderrichtlinie-forschung-sozialpolitik.html (7.5.2018); Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Förderbekanntmachung Stiftungsprofessuren, 15.7.2016, http://www.bmas.de/DE/Themen/Soziale-Sicherung/bekanntmachung-professuren.html (7.5.2018); Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Förderbekanntmachung Nachwuchsgruppen, 15.7.2016, http://www.bmas.de/DE/Themen/Soziale-Sicherung/bekanntmachung-nachwuchsgruppen.html (4.5.2018); Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Förderbekanntmachung Forschungs- und Vernetzungsprojekte, 15.7.2016, http://www.bmas.de/DE/Themen/Soziale-Sicherung/bekanntmachung-projekte.html (4.5.2018).
  • 6 Die hier skizzierte Entwicklung lässt sich bei Achinger und Schneider nachvollziehen. Vgl. H. Achinger: Die Entstehungsgeschichte der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, in: B. Schefold (Hrsg.): Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler in Frankfurt a. M., 2. erweiterte Aufl., Marburg 2004, S. 21-35; H. Achinger: Von der Praxis des privaten Fürsorgewesens über seine Liquidation im Nationalsozialismus bis zur Professur für Sozialpolitik, in: B. Schefold (Hrsg.), a. a. O., S. 123-128; H. Schneider, S. Köhler, P. Messerschmitt: Lehrstuhlgeschichte, in: B. Schefold (Hrsg.), a. a. O., S. 649-694.
  • 7 Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Sozialbudget 2015, Berlin 2016, Tabelle I-1.
  • 8 Transfer-Enquete-Kommission: Das Transfersystem in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1981.
  • 9 Kritische Bemerkungen zur Peer Review finden sich bei M. Spiewak: Nichts als Gutachten im Kopf, in: Die Zeit, Nr. 32, 2016, S. 31-32.
  • 10 Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass sich heute die Forderung nach Pluralität in der Wirtschaftswissenschaft mit einem makroökonomischen Schwerpunkt verbindet. Ein gutes Beispiel ist das „Research Network Macroeconomics and Macroeconomic Policies“ (FMM), das am Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in Düsseldorf angesiedelt ist.
  • 11 Ausführlicher zu solchen Fehlentwicklungen und ihren Konsequenzen vgl. H.-J. Krupp: Was kann die (National)Ökonomie zur Wirtschaftspolitik beitragen?, in: Wirtschaftsdienst, 84. Jg. (2004), H. 2, S. 84-90.
  • 12 Einen guten Überblick über die historische Entwicklung gibt R. Stichweh: Autonomie der Universitäten in Europa und Nordamerika: Historische und systematische Überlegungen, in: J. Kaube (Hrsg.): Die Illusion der Exzellenz. Lebenslügen der Wissenschaftspolitik, Berlin 2009, S. 38-49.
  • 13 Ein differenzierter Blick auf die Entwicklungen dieser Zeit findet sich bei W. Meißner: Das Selbstverständnis der Universität und ihre Rolle in der Bildungspolitik, in: I. Becker, N. Ott, G. Rolf (Hrsg.): Soziale Sicherung in einer dynamischen Gesellschaft – Festschrift für Richard Hauser zum 65. Geburtstag, Frankfurt, New York 2001, S. 789-806.
  • 14 R. Krengel: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (Institut für Konjunkturforschung) 1925-1979, Berlin 1986, S. 9.
  • 15 Ebenda, S. 13.
  • 16 H.-J. Krupp: Die Anfänge: Zur Entstehungsgeschichte des SOEP, in: Vierteljahreshefte zur Wirtschaftsforschung, 77. Jg. (2008), H. 3, S. 15-26.
  • 17 Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Förderrichtlinie zur „Förderung der Forschung und Lehre im Bereich der Sozialpolitik“, a. a. O.
  • 18 Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Förderbekanntmachung Stiftungsprofessuren, a. a. O.; Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Förderbekanntmachung Nachwuchsgruppen, a. a. O.; Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Förderbekanntmachung Forschungs- und Vernetzungsprojekte, a. a. O.

Title:On the Foundations of Research-Based Policy Advice

Abstract:The foundations of research-based economic policy advice – particularly in the realm of social policy – have been gradually eroded over the last few decades, as university professorships have been eliminated and the scope of academic teaching and research in economics has narrowed. University autonomy has not prevented but rather encouraged this development. Yet the possibility that research autonomy may lead to undesirable developments is no reason to fundamentally question this autonomy. Research requires autonomy. The experiences described in this article warn against idealising the autonomy of research. Numerous examples of state-funded research and science policy can be cited that have promoted progress in science and generally helped to improve the quality of policy advice. The common goal should be to strike a sensible balance between scientific autonomy and the safeguarding of societal interests.


DOI: 10.1007/s10273-018-2294-7