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Die mittlere Lohnlücke zwischen den Geschlechtern (Gender Pay Gap)1 liegt nach Angaben des Statistischen Bundesamtes2 2016 im öffentlichen Dienst mit 9 % deutlich unter dem Niveau der Privatwirtschaft (23 %). Dennoch stellt sich die Frage nach den Ursachen der Verdienstunterschiede im öffentlichen Dienst. Soll der öffentliche Dienst künftig beim Abbau von Entgeltungleichheit als Vorbild vorangehen, bedarf es einer genaueren Datenanalyse mit aktuellen Daten, um den Ursachen der Verdienstlücke auf die Spur zu kommen.

Untersuchungen für den öffentlichen Dienst umfassen in der Regel die beiden Wirtschaftsabschnitte O (Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung) und P (Erziehung und Unterricht). Die wohl bis dato aktuellste Studie zum Gender Pay Gap im öffentlichen versus privaten Bereich auf Basis amtlicher Daten basierte auf Daten der Jahre 2007 und 2008.3 Die Studie ermittelte – allerdings basierend auf der Personalstandstatistik für den öffentlichen Dienst sowie auf aggregierten Daten der Vierteljährlichen Verdiensterhebung – die unbereinigte Lohnlücke in den beiden genannten Bereichen des öffentlichen Dienstes im Vergleich zur Privatwirtschaft. Auf Basis dieser Daten konnte jedoch keine Zerlegung der Lücke durchgeführt werden. Demzufolge war es nicht möglich, Aussagen über die verbleibende Lücke beim Vergleich von Frauen und Männern mit vergleichbaren Merkmalen zu treffen.

Mit neuen Berechnungen der mittleren Verdienstlücke zwischen Frauen und Männern in den Wirtschaftsabschnitten O und P im Vergleich mit Wirtschaftsabschnitten der Privatwirtschaft auf Basis der Mikrodaten der Verdienststrukturerhebungen 2010 und 2014 lässt sich diese Forschungslücke schließen.4 Sowohl die Methodik der Oaxaca-Blinder-Zerlegung als auch die Liste der verwendeten erklärenden Variablen orientiert sich am Vorgehen des Statistischen Bundesamts.5

Ergebnisse zur unbereinigten geschlechtsspezifischen Lohnlücke

Der mittlere unbereinigte Gender Pay Gap im öffentlichen Dienst war 2014 mit 5,6 % gegenüber 2010 quasi unverändert (vgl. Abbildung 1). Die Lücke in der Privatwirtschaft war mit 24,0 % etwa viermal so hoch.6 In der Binnendifferenzierung des öffentlichen Dienstes geht ein höherer Frauenanteil an den Beschäftigten mit einem höheren Gender Pay Gap einher: Im Sektor Erziehung und Unterricht (P) mit einem Frauenanteil an den Beschäftigten von 67,5 % im Jahr 2014 lag die Verdienstlücke mit 8,0 % leicht höher als im Sektor Öffentliche Verwaltung (O) mit einem Frauenanteil von 53,8 % (6,9 %). Tabelle 1 verdeutlicht den in Abbildung 1 dargestellten Zusammenhang anhand der Stundenlöhne.

Tabelle 1
Durchschnittliche Stundenlöhne nach Sektoren, 2010 und 2014
in Euro
Sektor O Sektor P Sektoren O+P Privatwirtschaft
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung Erziehung und Unterricht Öffentlicher Dienst
2010
Männer 17,75 19,28 18,19 16,59
Frauen 16,64 17,87 17,23 12,95
2014
Männer 19,39 21,36 19,97 17,99
Frauen 18,11 19,72 18,88 14,15

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Verdienststrukturerhebung, 2010-2014; eigene Berechnungen.

Höhe der Lohnlücke und ihre Komponenten in unterschiedlichen Teilstichproben

In Teilzeitjobs verdienten Frauen 2014 wie in der Privatwirtschaft auch im öffentlichen Dienst mehr als Männer; dies dürfte vor allem an den in dieser Studie berücksichtigten geringfügig Beschäftigten liegen. In Vollzeitjobs ist es umgekehrt, hier verdienen Männer mehr als Frauen. Dabei ist der Verdienstabstand der Geschlechter im öffentlichen Dienst in Teilzeitjobs (Lohnlücke von -17,1 % im Jahr 2014) deutlich ausgeprägter als in Vollzeitjobs (Lohnlücke von +5,1 %).

Zudem sind zwischen 2010 und 2014 unterschiedliche Entwicklungen in den Sektoren O und P zu beobachten. Während sich der Verdienstvorsprung der teilzeitbeschäftigten Frauen im Sektor O zwischen 2010 und 2014 von 9,6 % auf 20,7 % sogar noch erhöht hat, ist er in Sektor P von 20,2 % auf 16,2 % zurückgegangen. Unter den Verbeamteten verdienten Frauen 2014 im öffentlichen Dienst etwas mehr als Männer (die Lohnlücke betrug -2,0 %), unter den Nichtverbeamteten fällt die Lohndiskrepanz mit 4,4 % dagegen zugunsten der Männer aus.

Abbildung 1
Mittlerer unbereinigter Gender Pay Gap der Gesamtbeschäftigten nach Sektoren, 2010 und 2014
Mittlerer unbereinigter Gender Pay Gap der Gesamtbeschäftigten nach Sektoren, 2010 und 2014

Quelle: Forschungsdatenzentren der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, Verdienststrukturerhebung, 2010-2014; eigene Berechnungen.

Die Lohnunterschiede sind im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft in Ostdeutschland weniger stark ausgeprägt als in Westdeutschland. Männliche und weibliche Beschäftigte von Sektor O erhalten im Osten in etwa gleich hohe Löhne und Gehälter, im Sektor P wandelte sich der Lohnvorsprung der Frauen 2010 (Lohnlücke von -4,3 %) in einen Lohnnachteil 2014 (Lohnlücke von +3,9 %). Dabei bietet der öffentliche Dienst den Frauen besonders in den ostdeutschen Bundesländern gegenüber der Privatwirtschaft attraktive Verdienstmöglichkeiten. Dies trägt, kombiniert mit einem höheren Anteil im öffentlichen Dienst Beschäftigter an den Gesamtbeschäftigten unter ostdeutschen im Vergleich mit westdeutschen Frauen, zu dem deutlich niedrigeren ostdeutschen Gender Pay Gap im Vergleich zum westdeutschen Wert bei.

Leitende Positionen im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft werden von Männern dominiert und weisen Lohnlücken zugunsten der Männer auf. Niedrigere Leistungsgruppen sind von höheren Frauenanteilen und geringeren Verdienstnachteilen bzw. (im öffentlichen Dienst) sogar leichten Verdienstvorteilen der Frauen gekennzeichnet. So stand 2014 einem Verdienstvorsprung der Frauen in Leistungsgruppe 5 (Beschäftigte in einfacher Tätigkeit) von 22,8 % ein Lohnnachteil in Leistungsgruppe 1 (leitende Beschäftigte) von 7,9 % gegenüber.

In Westdeutschland wird die unbereinigte Lohnlücke vom erklärten Teil dominiert

Der Gender Pay Gap wird insgesamt dominiert vom erklärten Teil, d. h. von den Unterschieden der Geschlechter in statistisch beobachtbaren Merkmalen. 3,75 Prozentpunkte der unbereinigten Lohnlücke im öffentlichen Dienst wurden 2014 statistisch durch unterschiedliche beobachtbare Merkmale der Männer und Frauen erklärt; 1,86 Prozentpunkte blieben auf Basis des verwendeten Datensatzes unerklärt. Auch hier weicht das ostdeutsche Ergebnis vom westdeutschen ab: Erklärte und unerklärte Lohnlücke hielten sich 2014 im Osten die Waage (resultierend in einer Gesamtlücke von -0,1 %), während die unbereinigte Lohnlücke im Westen von 6,6 % im selben Jahr im Umfang von 4,7 Prozentpunkten durch den erklärten Teil getrieben war. Die Bedeutung des erklärten und des unerklärten Teils an der Lohnlücke in den Beschäftigtengruppen differiert nicht nur nach Gebiet, sondern beispielsweise auch nach Wochenarbeitszeit.

Unter den Teilzeitbeschäftigten ist der Lohnvorsprung der Frauen gegenüber den Männern sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Privatwirtschaft auf den verhältnismäßig hohen Anteil von geringfügig Beschäftigten, von Arbeitnehmern mit befristeten Verträgen sowie auf die kürzere Betriebszugehörigkeit unter den Männern zurückzuführen. Unter Vollzeitbeschäftigten dominiert hingegen die Leistungsgruppe: Männer sind häufiger in hohen Leistungsgruppen beschäftigt als Frauen. Besonders im Sektor P ist der Anteil an leitenden Positionen unter Männern höher als unter Frauen.

Vorteilhaftere Verteilung der Männer auf Leistungsgruppen trägt zum Lohnvorsprung bei

Für die Gesamtbeschäftigten offenbart die Zerlegung der unbereinigten Lohnlücke für das Jahr 2014, dass die vorteilhafte Verteilung auf Leistungsgruppen und Bildungsniveaus sowie die geringere Teilzeitquote der Männer deren Lohnvorsprung im öffentlichen Dienst erklären. In der Privatwirtschaft kommt den Männern zudem ihre Beschäftigung in lohnattraktiven Sektoren zugute.

In allen Sektoren (und besonders im Sektor P) sticht das Merkmal der leitenden Beschäftigten heraus. Frauen sind deutlich seltener in Führungspositionen vertreten als Männer. Im Sektor O (P) steht unter den Männern ein auf die oberste Leistungsgruppe entfallender Anteil von 16 % (61 %) einem betreffenden Anteil von 6 % (27 %) bei den Frauen gegenüber. In der Privatwirtschaft sind es bei den Männern 11 %, bei den Frauen nur 5 %. Ebenso wirkt sich die geringere Teilzeitquote (Männer: 14 %; Frauen: 55 %) positiv für die Männer aus. In dieser Hinsicht bestehen über die Sektoren kaum Unterschiede.

Auch das Bildungsniveau ist im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft bei den Männern höher als bei den Frauen. Unter den Männern im Sektor O (P) verfügten 2014 mehr als die Hälfte (rund 80 %) über ein hohes Bildungsniveau; in der Privatwirtschaft waren es rund 23 %. Bei den Frauen hingegen wiesen im Sektor O (P) nur rund 42 % (55 %) einen hohen Bildungsabschluss auf, in der Privatwirtschaft waren es 15 %. In der Privatwirtschaft liefert außerdem der Wirtschaftszweig einen hohen Anteil zur Erklärung der Geschlechterlohnlücke. Männer sind wesentlich häufiger im lohnattraktiven Verarbeitenden Gewerbe beschäftigt, wohingegen Frauen eher im Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten. Unter der Voraussetzung, dass alle anderen Faktoren gegeben sind, ist der separate Beitrag der einzelnen Bundesländer unwesentlich. Dies zeigt, dass die regionale Zugehörigkeit mit anderen beobachteten Merkmalen verknüpft ist, sodass sobald diese Merkmale im Modell kontrolliert werden, für das Bundesland kein eigenständiger Effekt mehr verbleibt.

Fazit

Im Vergleich zur Privatwirtschaft ist die Lohnlücke der Geschlechter im öffentlichen Dienst wesentlich geringer. Allerdings gibt es auch hier in den letzten Jahren kaum Fortschritte zur Schließung dieser Lücke. Weiterhin gelten die aus der Diskussion zum Gender Pay Gap in der Privatwirtschaft bekannten Ost-West-Unterschiede auch für den öffentlichen Dienst. Vor allem aber unterstreichen die Befunde einmal mehr die Notwendigkeit, die Zugangschancen der Geschlechter zu leitenden Positionen im öffentlichen Dienst zu überprüfen. Eine zentrale Rolle spielt hierbei das Beurteilungswesen.7 So werden strukturelle Schwächen des öffentlichen Dienstrechts immer wieder mit dem Argument beklagt, dass sie Frauen systematisch benachteiligen, vor allem bei dienstlichen Beurteilungen.8

  • 1 Der Gender Pay Gap bezeichnet die Differenz zwischen den durchschnittlichen Bruttostundenlöhnen zwischen Männern und Frauen bezogen auf die durchschnittlichen Bruttostundenlöhne der Männer.
  • 2 Statistisches Bundesamt: Qualität der Arbeit, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/QualitaetArbeit/QualitaetDerArbeit.html?cms_gtp=318944_slot%253D1&https=1 (14.6.2018).
  • 3 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern im öffentlichen Bereich und in der Privatwirtschaft, Berlin, September 2009.
  • 4 Dieser Beitrag basiert auf folgender Studie, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wurde: C. Boll, A. Lagemann: Verdienstlücke zwischen Männern und Frauen im öffentlichen Bereich und in der Privatwirtschaft – Höhe, Entwicklung 2010-2014 und Haupteinflussfaktoren, HWWI Policy Paper, Nr. 107, Hamburg 2018, http://www.hwwi.org/publikationen/policy-paper/publikationen-einzelansicht/verdienstluecke-zwischen-maennern-und-frauen-im-oeffentlichen-bereich-und-in-der-privatwirtschaft-hoehe-entwicklung-2010-2014-und-haupteinflussfaktoren.html?no_cache=1 (14.6.2018). Trotz einer ähnlichen Vorgehensweise sind die Ergebnisse dieser Studie nur bedingt mit früheren Studien vergleichbar. Die Studie des BMFSFJ, a. a. O.; beruht zum einen auf Summendaten der Personalstandstatistik des öffentlichen Dienstes und der Vierteljährlichen Verdiensterhebung und schließt zum anderen geringfügig Beschäftigte aus. Das Statistische Bundesamt, a. a. O.; hingegen bezieht, anders als die vorliegende Studie, auch Arbeitnehmer in Altersteilzeit, Auszubildende und Praktikanten mit ein.
  • 5 Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Wiesbaden 2010.
  • 6 Der Wert für die Privatwirtschaft ist damit höher als der Wert von 22 %, den das Statistische Bundesamt für 2014 für die Gesamtwirtschaft (unter Ausschluss von lediglich Sektor O) ermittelt. Vgl. Statistisches Bundesamt: Qualität der Arbeit, a. a. O.; C. Finke, F. Dumpert, M. Beck: Verdienstunterschiede zwischen Männern und Frauen, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): WISTA 2 – Wirtschaft und Statistik, Wiesbaden 2017.
  • 7 Vgl. dbb – Deutscher Beamtenbund und Tarifunion – Bundesfrauenvertretung (Hrsg.): Frauen 4.0: Diskriminierungsfreies Fortkommen im öffentlichen Dienst – Jetzt umdenken!, Juli 2017, Berlin.
  • 8 U. Battis: Geschlechterbedingte Diskriminierung im öffentlichen Dienst: Ein Blick auf das Dienstrecht, in: dbb – Deutscher Beamtenbund und Tarifunion – Bundesfrauenvertretung (Hrsg.): a. a. O., S. 30.


DOI: 10.1007/s10273-018-2326-3