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Die Europäische Union strebt mit den Maßnahmen des Fit-for-55-Pakets eine Verringerung der CO2-Emissionen bis 2030 um 55 % an, verglichen mit dem Stand von 1990. Diese Reduktion soll durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden, die auch die kommerzielle Luftfahrt betreffen. Dies sind unter anderem eine Verschärfung des Emissionshandels, bei der insbesondere die frei zugeteilten Zertifikate zügig abgebaut werden sollen, eine verpflichtende Beimischungsquote für nachhaltige Flugtreibstoffe an europäischen Flughäfen sowie eine europaweite Mindesthöhe für Steuern auf Treibstoffe. Dadurch verteuern sich die Flüge in verschiedenen Gebieten unterschiedlich.

Die Analyse der in den nächsten Jahrzehnten zu erwartenden Mehrkosten durch die Fit-for-55-Maßnahmen erfordert Annahmen darüber, wie genau sich die einzelnen Regularien entwickeln werden. Die in diesem Artikel dargestellten Berechnungen gehen im Wesentlichen davon aus, dass die von der EU geplanten Regeln in der aktuell geplanten Form realisiert werden. Eine Übersicht über die inflationsbereinigten Kosten der einzelnen Instrumente ist in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1
Übersicht über die verwendeten Annahmen
Jahr SAF-Quote (%) SAF-Preis (Euro/l) EU-ETS (Euro/T) Corsia (Euro/T) EU-ETD (Euro)
2025 2 1,49 80 26,50 0,07
2030 5 1,66 100 33,00 0,20
2035 20 1,70 133 40,00 0,26
2040 32 1,49 166 60,00 0,23
2045 38 1,38 183 80,00 0,20
2050 63 1,26 200 100,00 0,18

Quelle: DLR.

Es ist geplant, an den großen europäischen Flughäfen eine Beimischung nachhaltiger Flugtreibstoffe (SAF) verpflichtend zu machen (Directorate-General for Mobility and Transportation, European Commision, 2021). Um der nur langsam ansteigenden Verfügbarkeit von SAF Rechnung zu tragen, beginnt die Verpflichtung 2025 mit einer Quote von 2 %, die sich dann auf 5 % im Jahr 2030, 20 % im Jahr 2035 und im späteren Zeitverlauf auf bis zu 63 % im Jahr 2050 steigert. Wir gehen hier davon aus, dass der Preis für SAF aufgrund der vermehrten Nachfrage bis 2035 ansteigt, um danach durch Skaleneffekte und die Lernkurve in der Produktion leicht wieder abzufallen. Bei der Abschätzung der durch die SAF-Beimischung entstehenden Kosten ist zu beachten, dass diese wesentlich von der Preisdifferenz zwischen SAF und konventionellem Treibstoff abhängen. Wir sind von einem Kerosinpreis von 0,50 Euro/l ausgegangen, was dem Mittel der vergangenen zehn Jahre entspricht, im Vergleich zum aktuellen Preis aber niedrig ist.

Die hier angenommenen Preise für SAF liegen im unteren Mittel anderer Annahmen (Perner et al., 2018; Gassmann et al., 2022) und beziehen sich auf einen Mix zwischen verschiedenen SAF-Typen (HEFA, PtL). Des Weiteren gehen wir in unseren Berechnungen davon aus, dass die Beimischungsquote ebenfalls in den Ländern des europäischen Wirtschaftsraums, in der Schweiz und Großbritannien gelten wird. Auf außereuropäischen Flügen, z. B. von Europa in die USA, betrifft die Beimischungsquote nur die Reiserichtung Europa – USA, nicht jedoch die Gegenrichtung. In diesem Fall wurden die Mehrkosten für einen einzelnen Flug in dem Marktsegment gemittelt.

Der internationale Airlineverband IATA (2021) prognostiziert in der Initiative „IATA Fly Net Zero“ eine ähnliche Entwicklung der Beimischungsquoten. Das würde bezogen auf dieses Instrument ein level playing field zwischen europäischen und außereuropäischen Airlines ermöglichen. Hierbei wird jedoch von der IATA gefordert, dass die neuen Kraftstoffe preislich kompetitiv zu bestehenden Treibstoffen sein müssten. Da diese Bedingung aus heutiger Sicht nicht realistisch erscheint und auch keine verbindliche Mindestbeimischungsquote festgelegt wird, wird die Initiative an dieser Stelle bei der Berechnung möglicher Mehrkosten nicht berücksichtigt.

Im europäischen Emissionshandel (EU-ETS) müssen Luftfahrzeugbetreiber Zertifikate für CO2-Emissionen einreichen, die durch Flüge innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums (EWR) verursacht wurden. Befreit hiervon sind aktuell Flüge in „outermost regions“ der EU (DEHST, 2022), wie z. B. Réunion oder die kanarischen Inseln. Aktuell erhalten die Fluggesellschaften einen signifikanten Anteil der Zertifikate gratis (free allowances). Der Anteil dieser free allowances soll bis 2027 auf 0 reduziert werden (European Commission, 2021c), wodurch die durch das ETS entstehenden Kosten in absehbarer Zeit deutlich steigen werden. Ähnliche Systeme existieren in Großbritannien und der Schweiz. Es ist beabsichtigt, diese Systeme miteinander zu koppeln (European Union, 2017). Die zu erwartende Preisentwicklung ist aufgrund der Interdependenz mit anderen Sektoren schwer zu prognostizieren. Die hier verwendeten Zahlen liegen im Mittel anderer Werte aus der Literatur (van der Sman et al., 2021).

Das dritte Instrument der Fit-for-55-Maßnahmen ist eine Untergrenze für die Steuern auf Energie in der EU (European Commission, 2021a). Diese würde 2033 auf einen Wert von 0,37 Euro/l herkömmlichen Flugtreibstoffs ansteigen, auf SAF werden – je nach Herstellungsart – ermäßigte Sätze fällig (European Commission, 2021b).

Auf außereuropäischen Flügen wurden in unseren Berechnungen Kosten für das Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) berücksichtigt. Dieses von der ICAO initiierte System soll ein CO2-neutrales Wachstum der Luftfahrt erreichen, indem für Emissionen, die über den Stand von 2019 hinausgehen, Zertifikate eingereicht werden müssen. Über diese soll nachgewiesen werden, dass das emittierte CO2 an anderer Stelle eingespart wurde.

Um die auf einer Flugreise entstehenden Mehrkosten zu schätzen, wurden zunächst die Kosten für einen einzelnen Flug bestimmt. Hierbei wurde vereinfachend davon ausgegangen, dass der Transport eines Passagiers im Mittel 3,4 l/100 km verbraucht. Um Ineffizienzen in der Flugführung sowie erhöhten Verbrauch bei Start und Landung abzubilden, wurde angenommen dass die zurückgelegte Flugstrecke um 95 km über der Großkreisentfernung zwischen Start und Ziel liegt (Directorate-General for Climate Action, European Commission, 2018). Die so ermittelten Verbräuche entsprechen durchschnittlichen Verbräuchen. Die von Fluggesellschaften angegebenen tatsächlichen Verbräuche weichen hiervon ab. So gibt z. B. RyanAir für 2019 einen durchschnittlichen Verbrauch von 2,6 l/Passagier und 100 Kilometer an (RyanAir Group, 2021), während die Lufthansa bei 3,67 l lag (Lufthansa Group, 2021). Gründe hierfür sind unter anderem unterschiedliche Bestuhlungen, höherer Pro-Kopf-Verbrauch in der Business Class, abweichender Flottenmix, unterschiedliches Flottenalter oder unterschiedliche Auslastungen der Flugzeuge.

Um weiteren technischen Entwicklungen in der Luftfahrt Rechnung zu tragen, wurde in unseren Berechnungen davon ausgegangen, dass der Pro-Kopf-Verbrauch mit 1,5 % p. a. sinkt. Ähnliche Effizienzsteigerungen wurden in der Vergangenheit erreicht. Neuartige Technologien wie etwa die Nutzung von Wasserstoff als Energieträger können langfristig zu abweichenden Kosten führen, da hier z. B. keine Emissionszertifikate eingereicht werden müssten. An einigen Stellen mussten Preise für 2019 zwischen Euro und US-Dollar umgerechnet werden. Wir haben dafür einen durchschnittlichen Wechselkurs von 1,1 US-Dollar/Euro angesetzt.

Ergebnisse

Wir gehen davon aus, dass die Airlines die entstehenden Mehrkosten vollständig an die Passagiere weitergeben. Auf Basis der bisherigen durchschnittlichen Ticketpreise im betrachteten Marktsegment und der errechneten absoluten Preissteigerung je Reiserichtung berechnen wir somit die prozentuale Preissteigerung infolge der Mehrkosten. Es sei angemerkt, dass hier der durchschnittliche Preisanstieg angegeben wird. Wie die Airlines diese Kosten weitergeben, z. B. differenziert nach Economy- und Business-Class, liegt im Gestaltungsspielraum der jeweiligen Airline.

Innerdeutsche Verbindungen

In Abbildung 1 sind die Mehrkosten auf innerdeutschen Flügen abgebildet. Beginnend mit 4,40 Euro im Jahr 2025 steigen die Gesamtkosten der betrachteten Regulierungsinstrumente auf 12,16 Euro im Jahr 2035 und sinken danach wieder. Unter der Annahme, dass die Airlines diese Kosten vollständig an die Passagiere weitergeben, entspricht dies einem maximalen Preisanstieg von 6,8 % im Jahr 2035. Um diesen Verlauf nachvollziehen zu können, wurden die einzelnen Bestandteile der Regulierungskosten mit angegeben. 2030 werden keine freien Zertifikate für den EU-Emissionshandel mehr vergeben werden. Zudem erreicht die Energiesteuer signifikante Höhen, daher ergeben sich hier deutliche Mehrkosten. Die Beimischungsquote für SAF steigt von 5 % (2030) auf 20 % (2035) und sorgt dann für einen weiteren Preisanstieg. Im weiteren Verlauf steigen die Kosten für die SAF-Beimischung weiter an, allerdings gehen wir in diesem Zeitraum von einem Nachlassen der Preise für nachhaltige Flugtreibstoffe aus. Da auf diese niedrigere Steuern fällig werden und diese nicht im Emissionshandel berücksichtigt werden, sinken die Gesamtkosten der Regulierungsinstrumente wieder ab. CORSIA spielt bei diesen Verkehren keine Rolle, da für die Emissionen bereits Zertifikate für das EU-ETS benötigt werden.

Abbildung 1
Mehrkosten auf innerdeutschen Flügen
Abbildung 1

Quelle: DLR.

Verkehre zwischen Deutschland und anderen EU-Staaten

Da die Reisewege länger sind als bei innerdeutschen Reisen, sind auch die Treibstoffverbräuche und folglich die durch die Fit-for-55-Maßnahmen anfallenden Kosten höher. Dies ist in Abbildung 2 dargestellt. Die Mehrkosten erreichen hier über 29,70 Euro im Jahr 2035, was einer Kostensteigerung von 21 % entspricht. Dieser – im Vergleich zu innerdeutschen Reisen – hohe relative Anstieg entsteht zum einen durch die höheren absoluten Mehrkosten, aber auch durch das niedrige Preisniveau auf den innereuropäischen Flügen. Dieses ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen wie z. B. die andere Marktstruktur – mehr Urlauber:innen und weniger Geschäftsreisende – aber auch auf die Mehrwertsteuer von 19 %, die nur auf die innerdeutschen Verkehre erhoben wird. Der zeitliche Verlauf der Verteilung der Kosten zwischen den verschiedenen Instrumenten ist sehr ähnlich zu der Verteilung auf innerdeutschen Verbindungen, da hier (bis auf Ausnahmen beim EU-ETS) überall die gleichen Instrumente wirken.

Abbildung 2
Mehrkosten auf Reisen zwischen Deutschland und anderen EU-Staaten
Abbildung 2

Quelle: DLR.

Deutschland und Spanien, Griechenland, Türkei

Bei der Analyse der Verkehre zwischen Deutschland und drei beliebten Urlaubsländern: Spanien, Griechenland und Türkei zeigen sich deutliche Unterschiede in den Anwendungsbereichen der einzelnen Instrumente und folglich auch der entstehenden Kosten (vgl. Abbildung 3). Die Energiesteuer und Mehrkosten für die Beimischung von SAF fallen sowohl bei Reisen zwischen Deutschland und Spanien sowie Deutschland und Griechenland an. Daher ergeben sich für diese beiden Instrumente ähnliche zeitliche Verläufe der Kosten und aufgrund der ähnlichen Distanzen auch ähnliche absolute Kosten. Deutliche Unterschiede ergeben sich bei den durch den EU-Emissionshandel verursachten Kosten, diese fallen bei Reisen zwischen Deutschland und Spanien deutlich geringer aus. Der Grund hierfür sind Ausnahmeregelungen, insbesondere für die kanarischen Inseln. Insgesamt steigen die Preise für Reisen von und nach Griechenland und Spanien 2035 um knapp 30 %, danach sinken die Mehrkosten leicht.

Abbildung 3
Mehrkosten bei Reisen zwischen Deutschland und Spanien/Griechenland/Türkei
Abbildung 3

Quelle: DLR.

Die Mehrkosten für Reisen zwischen Deutschland und der Türkei fallen deutlich geringer aus, da hier weder EU-ETS noch die Energiesteuer fällig werden. Zudem zeigt sich ein späteres Einsetzen der Instrumente: 2035 steigen die Preise um 6,7 %, und der Preisanstieg setzt sich bis 2050 auf 11,4 % fort. Die Beimischung von SAF führt nur in einer Reiserichtung zu erhöhten Kosten. Dies wird durch CORSIA nur zu einem kleinen Teil kompensiert. Die unterschiedliche Wirkung der Fit-for-55-Instrumente wird auch im zeitlichen Verlauf sichtbar: Da für Türkeireisen insbesondere die Mehrkosten durch die Beimischungsquote von SAF relevant sind, steigen die Kosten auch nach 2035 weiter an.

Deutschland – Asien, Süd- und Ostafrika

Im Gegensatz zu den zuvor diskutierten Beispielen reisen viele Passagiere zu diesen Zielen auf Umsteigeverbindungen. Da die Kosten der Fit-for-55-Instrumente an einzelnen Reisesegmenten anfallen, ergeben sich unterschiedliche Kosten je nach Reiseweg. So würden z. B. auf einer Reise Hamburg – Frankfurt – Bangkok (HAM-FRA-BKK) andere Kosten anfallen als auf dem Reiseweg Hamburg – Dubai – Bangkok (HAM-DXB-BKK). Dies ist exemplarisch für 2030 in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 2
Einzelne Kostenbestandteile für zwei verschiedene Reisewege von Hamburg nach Bangkok und zurück 2030
  Hamburg-Frankfurt-Bangkok und zurück (in Euro) Hamburg-Dubai-Bangkok und zurück (in Euro)
  HAM-FRA FRA-BKK BKK-FRA FRA-HAM HAM-DXB DXB-BKK BKK-DXB DXB-HAM
CORSIA - 3,65 3,65 - 2,00 2,51 2,51 2,50
ETD 3,66 - - 3,66 - - - -
ETS 3,56 - - 3,56 - - - -
SAF-Beimischung 0,86 15,23 - 0,86 8,36 - - -
Summe 8,08 18,88 3,65 8,08 10,36 2,51 2,51 2,50
Gesamtsumme 38,69 17,88

Quelle: DLR.

Auf dem Reiseweg über Frankfurt fallen auf den Zubringerflügen zwischen Hamburg und Frankfurt Kosten für die Energiesteuer (ETD), das EU-ETS sowie die SAF-Beimischung an. Auf dem Langstreckenflug FRA-BKK muss auf dem Hinweg in Frankfurt getankt werden, daher fallen hier Kosten für die Beimischung von SAF an. Bei Verbindungen über Dubai müssen auf allen Segmenten Zertifikate für CORSIA erworben werden. Hinzu kommen Kosten für eine SAF-Beimischung auf dem Hinflug von Hamburg nach Dubai. Insgesamt ergeben sich für die Verbindung über Frankfurt Mehrkosten von 38,69 Euro. Tickets für diesen Reiseweg kosteten 2019 im Durchschnitt 585 Euro, also entspricht dies einer Verteuerung um 6,6 %. Bei der Verbindung über Dubai betragen die Mehrkosten 17,88 Euro, was bei durchschnittlichen Ticketpreisen von 418 Euro einer Verteuerung um 4,3 % entspricht. Je nach Höhe können solche Preisunterschiede zu einer teilweisen Verlagerung von Passagierströmen führen. Solche Verlagerungseffekte (Carbon Leakage) können dazu führen, dass Emissionen nicht vermieden, sondern nur in Regionen außerhalb der EU verlagert werden.

In Abbildung 4 sind die preislichen Unterschiede für Reisen, differenziert nach Reiseweg, Instrument und Jahr, dargestellt. Die Reisewege wurden zu Direktverbindungen, Umsteigeverbindungen, bei denen der Umsteigeort innerhalb der EU liegt, und sonstigen Umsteigeverbindungen zusammengefasst. Bei Umsteigeverbindungen mit mehr als einem Umstieg wurde nur der erste Umstieg berücksichtigt. Im Gegensatz zu den bisherigen Betrachtungen spielen hier die Kosten für die SAF-Beimischung eine wesentlich größere Rolle. Dies liegt an zwei Gründen. Einerseits fallen die Kosten für die Energiesteuer (ETD) und den EU-Emissionshandel (ETS) nur auf den Zubringerflügen innerhalb der EU an, bei Direktverbindungen oder Umstiegen außerhalb der EU spielen sie keine Rolle. Zudem finden in der Regel die längeren Reisesegmente außerhalb der EU statt. Da für alle hier betrachteten Instrumente die entstehenden Kosten proportional zum Treibstoffverbrauch sind, wirken sich diese langen Segmente stärker auf die Gesamtkosten aus. Die unterschiedliche Zusammensetzung der Kosten je nach Reiseroute zeigt sich auch im zeitlichen Verlauf. 2030 betragen die durchschnittlichen Mehrkosten für einen Direktflug in diesem Marktsegment 10 Euro, bei Umstieg außerhalb der EU 9 Euro, bei Umstieg innerhalb der EU jedoch 21 Euro.

Abbildung 4
Mehrkosten auf Reisen zwischen Deutschland und Süd-/Ostafrika sowie Asien, differenziert nach Umsteigeort
Abbildung 4

Quelle: DLR.

2035 steigen die Kosten für Direktverbindungen auf 30 Euro. Umsteigeverbindungen außerhalb der EU werden im Schnitt um 25 Euro teurer, bei Umstieg innerhalb der EU um 48 Euro. Umsteigeverbindungen, bei denen der Umstieg in der EU stattfindet, werden in diesem Marktsegment also insgesamt stärker verteuert als andere Verbindungen. Zudem tritt diese Verteuerung bereits früher ein. Aufgrund des relativ hohen Preisniveaus in diesem Marktsegment sind die relativen Preisanstiege jedoch geringer als in anderen Marktsegmenten: Verbindungen mit Umstieg in der EU verteuern sich 2035 um 6,6 %, wohingegen der Preisanstieg für Verbindungen mit anderen Umsteigeorten 4,7 % beträgt. Direktflüge verteuern sich um 5,5 %.

Deutschland – Nordamerika

Reisen zwischen Deutschland und Nordamerika werden nach Direktverbindungen, Umstiegen in der EU, Umstiegen auf Island sowie sonstigen Umsteigeverbindungen unterteilt (vgl. Abbildung 5). Island als Umsteigeort wurde in die Analyse einbezogen, da insbesondere Icelandair Umsteigeverbindungen zwischen Europa und Nordamerika über den Flughafen Keflavik anbietet. Zudem verdeutlicht dieser Umsteigeort den Einfluss von langen Flugsegmenten innerhalb von EU/EWR auf die Zusammensetzung der zusätzlichen Kosten und die Höhe der durch das Fit-for-55-Paket anfallenden Gesamtkosten.

Abbildung 5
Mehrkosten auf Reisen zwischen Deutschland und Nordamerika, differenziert nach Umsteigeort
Abbildung 5

Quelle: DLR.

2025 steigen die Mehrkosten für Direktverbindungen um durchschnittlich 4 Euro (0,5 %), bei Umstieg in der EU um 9 Euro (1 %), für andere Umsteigeverbindungen um 5 Euro (0,7 %), jedoch für Umsteigeverbindungen über Island um knapp 17 Euro (3,5 %). Dieser Trend setzt sich 2030 fort, die Preisanstiege liegen zwischen 10 Euro (1,2 %) für Direktverbindungen und 28 Euro (6 %) für Umsteigeverbindungen über Island. Der Wettbewerbsnachteil Islands setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: Zum einen liegt ein großer Teil der Flugstrecke im Geltungsbereich des EU-Emissionshandels. Dies macht insbesondere 2025 einen Großteil des Kostenaufschlags aus. Zum anderen gilt die Beimischungsquote sowohl für innereuropäische Flüge als auch für Flüge von Island nach Nordamerika.

Analysen für ausgewählte Airlines

Die Analyse der Auswirkung der Fit-for-55-Instrumente auf verschiedene Airlines (vgl. Abbildung 6) wurden so gestaltet, dass verschiedene Airline-Geschäftsmodelle abgedeckt sind: Ryanair als LowCost-Airline, die einen großen Teil ihrer Flüge innerhalb des EWR durchführt und somit insbesondere von Instrumenten betroffen ist, die innerhalb dieser Region wirken; Condor als im touristischen Segment tätige Airline, die Verbindungen sowohl innerhalb Europas als auch Langstreckenverbindungen zu anderen Kontinenten anbietet; Lufthansa und Turkish Airlines, um die Auswirkungen auf Netzwerk-Airlines untersuchen zu können.

Abbildung 6
Mehrkosten für ausgewählte Airlines
Abbildung 6

Quelle: DLR.

In allen Fällen wurden nur Reisewege betrachtet, bei denen mindestens ein Flughafen im europäischen Wirtschaftsraum, Großbritannien oder der Schweiz lag. Die unterschiedlichen Netzstrukturen spiegeln sich in den Kostenstrukturen wider: Bei Ryanair sorgen EU-ETS und ETD schon ab 2025 für einen Preisanstieg von über 8 Euro, der 2030 auf knapp 16 Euro ansteigt. Dies entspricht einem Preisanstieg von 10 % bzw. 20 %. Bei den Airlines Condor und Lufthansa, die sowohl innereuropäisch als auch interkontinental fliegen, ist der Einfluss der Kosten durch die SAF-Beimischung höher. Bei der Lufthansa liegen die erwarteten Preisanstiege bei 8 Euro (2025), 17 Euro (2030) und 30 Euro (2035). Durch das höhere Preisniveau in diesem Marktsegment ist allerdings der prozentuale Anstieg der Preise deutlich geringer: 2 % (2025), 4 % (2030) und 7 % (2035). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Lufthansa auf Langstreckenverbindungen mit anderen Airlines wie z. B. Turkish Airlines konkurriert, die aufgrund ihrer außerhalb des EWR gelegenen Drehkreuze weniger von den Fit-for-55-Maßnahmen betroffen sind. So verteuern sich die Tickets bei Flügen mit Turkish Airlines um etwas über 1 Euro (2025, entspricht 0,4 %), 3 Euro (2030, entspricht 1,1 %) und 9 Euro (2035, entspricht 2,8 %).

Diskussion und Fazit

Die Fit-for-55-Maßnahmen werden für steigende Ticketpreise sorgen. Damit sollen zwei wirtschaftspolitische Ziele erreicht werden: Erstens, die Kosten der Klimaerwärmung als negativer externer Effekt der Luftfahrt (wie auch vieler anderer wirtschaftlicher Aktivitäten) sollen auch durch deren Nutzende getragen werden. Zweitens, die Kosten der Regulierungsinstrumente erhöhen den Anreiz, den CO2-Ausstoß und damit die Klimawirkung zu reduzieren.

Innereuropäische Flüge werden sich bis 2030 insbesondere durch den EU-Emissionshandel und die Besteuerung von Kerosin verteuern, wohingegen der Preisanstieg bei interkontinentalen Flügen erst 2035 durch den Anstieg der Beimischungsquoten für nachhaltige Flugtreibstoffe signifikant wird. Im Vergleich zu den durch die europäischen Instrumente entstehenden Mehrkosten sind die Kosten für CORSIA geringer, beispielsweise betragen sie 2035 auf Direktverbindungen zwischen Deutschland und Nordamerika 3,43 Euro, und somit 11 % der gesamten Mehrkosten.

Die Effekte dieser Preisanstiege werden vermutlich je nach Marktsegment unterschiedlich sein. Innereuropäisch können sie zu einer Dämpfung der Luftverkehrsnachfrage führen. Dies wird vermutlich Lowcost-Airlines stärker treffen als Netzwerkfluggesellschaften, da der prozentuale Preisanstieg deutlich höher ausfällt und Freizeitreisende sensitiver auf Preisschwankungen reagieren. Bei interkontinentalen Verbindungen besteht die Gefahr, dass Kundschaft auf günstigere Reisewege ausweicht, und z. B. in Istanbul oder Dubai statt in Frankfurt umsteigt. Dies würde dazu führen, dass Emissionen nicht vermieden, sondern lediglich verlagert werden (Carbon-Leakage-Effekt). In welchem Maße solche Effekte auftreten werden, ist noch Gegenstand der Forschung und hängt davon ab, wie stark im direkten Airline-Wettbewerb die Entscheidung der Passagiere von relativen und absoluten Preisunterschieden, Airline-Image und Verbindungsqualität abhängt. Hierbei ist jedoch auch zu beachten, dass die Preisanstiege ausgehend von dem Niveau von 2019 berechnet wurden. Sollte das Preisniveau von Flugtickets auch ohne die Fit-for-55-Regulierungen ansteigen, so würde dies zu geringeren relativen Preisanstiegen führen. Zudem sei angemerkt, dass eine Dämpfung der Nachfrage nicht unbedingt zu einer Verringerung der Passagierzahlen führen muss. Die meisten Szenarien gehen von steigenden Passagierzahlen aus, eine Kosten- und Ticketpreissteigerung könnte auch dazu führen, dass das Wachstum der Passagierzahlen gedämpft wird.

Literatur

DEHST (2022), Geographical scope: Which flights are subject to EU ETS?, https://www.dehst.de/SharedDocs/antworten/EN/Aviation/LV_005_scope.html (16. August 2022).

Directorate-General for Climate Action, European Commission (2018), Commission Implementing Regulation (EU), 2018/2066.

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European Commission (2021a), Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions Empty. ‚Fit for 55‘: delivering the EU‘s 2030 Climate Target on the way to climate neutrality, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:52021DC0550 (18. August 2022).

European Commission (2021b), Revision of the Energy Taxation Directive (ETD): Questions and Answers, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/qanda_21_3662 (18. August 2022).

European Commission (2021c), Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council amending Directive 2003/87/EC as regards aviation‘s contribution to the Union’s economy-wide emission reduction target and appropriately implementing a global market-based measure.

European Union (2017), L 322, Official Journal of the European Union, https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=OJ:L:2017:322:TOC (16. August 2022).

Gassmann, P., J. H. Wille, H.-J. Kutschera, D. Niemeier, J. Peterseim und A. Khurana (2022), The real cost of green aviation, Evaluation of SAF.

IATA (2021), Net-Zero Carbon Emissions by 2050.

Lufthansa Group (2021), Factsheet. Nachhaltigkeit 2021.

Perner, J., M. Unteutsch und A. Lövenich (2018), Die zukünftigen Kosten strombasierter synthetischer Brennstoffe, Agora Energiewende und Frontier Economics.

RyanAir Group (2021), Annual Report 2021.

van der Sman, E., B. Peerlings, J. Kos, R. Lieshout und T. Boonekamp (2021), Destination 2050.

Title:The Impact of the Fit for 55-Regulation on Airfares

Abstract:The European Union seeks to reduce carbon emissions 55 % compared to 1990 rates by 2030. The instruments that are intended to support this reduction are a tightened Emission Trading Scheme (EU-ETS), a mandatory blending of jet fuel with sustainable aviation fuel (SAF), and a minimum tax on energy carriers (Energy Taxation Directive, ETD). In this article, we analyse the impact of these instruments on airfares in different markets: within Germany, between Germany and other European countries, as well as international connections to Asia, Africa and North America. Furthermore, we compare the impact between different carrier types: network carriers, touristic carriers and low-cost carriers.

© Der/die Autor:in 2022

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DOI: 10.1007/s10273-022-3294-1