Mit dem Gesetz zur Entwicklung und Einführung einer Digitalen Rentenübersicht (kurz Rentenübersichtsgesetz RentÜG) vom 11. Februar 2021 wurden auch in Deutschland die Voraussetzungen dafür geschaffen, Betroffenen einen Überblick über die im Alter zu erwartenden Leistungen der unterschiedlichen Vorsorgeeinrichtungen zu geben. Die Ansprüche, die aus den Verträgen mit den Einrichtungen der drei Säulen der individuellen Altersvorsorge – gesetzlich, betrieblich, privat – abgeleitet werden können, unterscheiden sich unter anderem hinsichtlich Art und Umfang der Auszahlung und der Rentenanpassung in der Rentenbezugsphase. Auch sind die Leistungen bei Invaliditäts- und Hinterbliebenenabsicherung unterschiedlich oder es gibt sie gar nicht. Interessant sind zudem Angaben zu erreichten und erreichbaren Altersvorsorgeansprüchen, zu garantierten und prognostizierten Leistungen. Nicht zuletzt interessiert, in welcher Höhe Steuern und Sozialabgaben nach geltender Rechtslage auf die Leistungen zu entrichten sind.
Diese Angaben sollen in einer Gesamtübersicht zusammengestellt werden (§ 5 RentÜG). Die Informationen sollen von den einzelnen Vorsorgeeinrichtungen an die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht (ZfDR) übermittelt werden und über deren Portal online abgefragt werden können. Die Digitale Rentenübersicht ist am 30. Juni 2023 in die öffentliche Testphase gegangen. Ende 2023 sollte das Portal voraussichtlich in den Regelbetrieb überführt werden. Den Stichtag legt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fest. Alle Vorsorgeeinrichtungen, die ohnehin verpflichtet sind, jährlich eine Mitteilung zu erstellen, sollen dann die erforderlichen Daten auch automatisch an die ZfDR übermitteln. Dem Landesrecht unterliegende Vorsorgeeinrichtungen und berufsständische Versorgungswerke entscheiden selbständig über eine Anbindung an die ZfDR (§ 7 Abs. 1 S. 4 RentÜG).
Einen Einblick in die Nutzung der Digitalen Rentenübersicht konnte man schon in der Testphase gewinnen (www.rentenuebersicht.de). Für den Zugriff auf die persönlichen Daten sind hardwareseitig ein Computer mit USB-Kartenleser oder ein NFC-fähiges Mobilgerät (Smartphone, Tablet) erforderlich. Auf den Geräten muss die aktuelle Version der AusweisApp installiert sein. Um sich persönlich ausweisen zu können, wird der Personalausweis (ggf. Aufenthaltstitel oder Unionsbürgerkarte) mit aktivierter Online-Funktion benötigt. Diese muss möglicherweise nachträglich im Bürgeramt freigeschaltet werden. Außerdem muss die PIN für den Zugriff gesetzt sein. Dazu werden die Informationen aus dem sogenannten PIN-Brief benötigt. Für die Registrierung für Anfragen zum Stand der Altersvorsorgeansprüche wird neben Ausweis und AusweisApp noch die Steuer-ID benötigt. Nach der Registrierung können über ausgewählte Anbieter oder alle Anbieter von Altersvorsorgeprodukten, die gegenwärtig in das System eingebunden sind, Anfragen ausgelöst werden. Von der Deutschen Rentenversicherung werden sofort Werte für garantiert erreichte, prognostiziert erreichte, garantiert erreichbare und prognostiziert erreichbare Rente mitgeteilt. Informationen zu Verträgen mit weiteren Anbietern von Altersvorsorgeprodukten stehen ggf. spätestens nach fünf Tagen zur Verfügung.
Die Digitale Rentenübersicht ist sicher ein nützliches Instrument, wenn die im Gesetz geforderte Funktionalität umgesetzt ist. Inwieweit sie ein nützliches Instrument beim Erkennen der Versorgungslücke im Alter sein wird, hängt aber letztlich noch von weiteren Informationen ab. Wie auch bisher verfügbare Mitteilungen sagen die ausgewiesenen Bruttobeträge wenig über das verfügbare Netto nach Sozialabgaben und Steuern aus. Und auch die ausgewiesenen Nominalwerte machen es schwer, die damit verbundene Kaufkraft abzuschätzen. Sind alle diese Informationen verfügbar, stellt sich noch die Frage, ob Betroffene in der Lage sind, eine sich abzeichnende Versorgungslücke im Alter aus eigenem Vermögen zu schließen. Sie dabei zu unterstützen ist wünschenswert. Und eine Analyse auf Basis verfügbarer anonymisierter Daten der ZfDR ist eventuell auch für politische Entscheidungsträger sinnvoll.
Ein weiteres Problem soll nicht unerwähnt bleiben. Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens für die Digitale Rentenübersicht haben der Sozialverband Deutschland (SoVD) und der Sozialverband VdK Deutschland e. V. darauf hingewiesen, dass die nur digitale Bereitstellung der Informationen einige Kreise der Bevölkerung von der Nutzung praktisch ausschließt und angemahnt, auch andere und einfachere Zugangsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Dieses Problem bei der Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung besteht auch an anderen Stellen. Es geht auch darum, die Möglichkeiten digitaler Teilhabe zu erweitern. Können beispielsweise Serviceterminals in den Bürgerbüros zukünftig in diesem Zusammenhang eine größere Rolle spielen?