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Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prognostiziert für das Jahr 2045 ein Rentenniveau von 41,6% des Durchschnittslohns, zurzeit sind es 47,8%. Ein Halten auf gegenwärtigem Niveau wird als unfinanzierbar angesehen. Eine Abschaffung der Riester- und Rürup-Rente könnte das Rentenniveau jedoch wieder deutlich anheben.

Die Forderung der Gewerkschaften und zahlreicher Politiker, das Rentenniveau auf dem gegenwärtigen Stand von fast 48% zu stabilisieren oder gar das Vor-Reform-Niveau wiederherzustellen, wird als unfinanzierbar und die junge Generation zu stark belastend dargestellt. Häufig wird zudem argumentiert, dass es dringlicher sei, die Lage prekär Beschäftigter, Langzeitarbeitsloser, teilzeitbeschäftigter Frauen und armutsbedrohter Kinder zu verbessern.

Die im September 2016 vorgelegte Prognose des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zur langfristigen Entwicklung des Rentenniveaus bis 2045 und zu den Auswirkungen eines festgeschriebenen gegenwärtigen Niveaus wird als Bestätigung der Unfinanzierbarkeit angesehen.1 Die Prognose besagt, dass die Festschreibung des heutigen Sicherungsniveaus 2045 jährliche Mehrkosten von 40 Mrd. Euro verursachen und den Beitragssatz auf 26,4% (von aktuell 18,7%) steigen lassen würde. Die erschreckend hoch erscheinende Zahl sagt isoliert allerdings gar nichts über die Finanzierbarkeit aus. Denn der auf dieser Grundlage errechnete Beitragssatz weist doch aus, dass die Stabilisierung des Rentenniveaus finanzierbar ist. Gefragt werden könnte höchstens, ob ein solcher Beitragssatz tragbar sei.

Riester-Reform belastet Versicherte stärker als eine Anhebung des Rentenniveaus

Eine realistische Beurteilung der Forderungen nach einer spürbaren Wiederanhebung der 2000/2001 beschlossenen Rentenniveauabsenkung wird erstens durch den Vergleich mit der Belastung der Rentenversicherten möglich, die aus der Riester- und auch der Rürup-Reform resultiert. Zweitens muss die in der Rentendiskussion sachwidrig ausgesparte Produktivitätsentwicklung berücksichtigt werden.

Die Absenkung des Rentenniveaus durch die Riester- bzw. Rürup-Reform hatte unter anderem zum Ziel, den Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bis 2030 nicht über 22% steigen und die bewirkte Absenkung des Niveaus durch eine nicht paritätisch finanzierte, private kapitalgedeckte Rente ausgleichen zu lassen. Das sollte mit einem 4%igen Beitrag in ein kapitalgedecktes Sparprogramm erreicht werden. Für die Versicherten ergibt sich daraus – wenn die private Versicherung wirklich abgeschlossen wird – eine Beitragsbelastung von 15%, die sich aus dem 11%igen Arbeitnehmerbeitrag in die gesetzliche Rentenversicherung und dem 4%igen Beitrag zur privaten kapitalgedeckten Anlage zusammensetzt.

Die für 2045 prognostizierte Belastung der Arbeitnehmer beläuft sich auf die Hälfte von 26,4%, also auf 13,2%. Die den Versicherten infolge der Riester-Reform im Jahre 2030 zugemutete Beitragsbelastung von 15% liegt nun aber deutlich über dem erst für 2045 prognostizierten Beitragsanteil der Versicherten, der sich gemäß der Prognose des BMAS für den Fall ergibt, dass das gegenwärtige Rentenniveau beibehalten wird. Die Beitragsbelastung der Riester- bzw. Rürup-Reform sollte also, das folgt aus der jetzt vorgelegten Prognose, bereits 2030 um 1,8 Prozentpunkte höher liegen als die Belastung, die sich aus der Stabilisierung des gegenwärtigen Rentenniveaus für 2045 ergeben würde. Da die Stabilisierung des gegenwärtigen Rentenniveaus eine im Jahre 2045 gegenüber der Riester-Belastung im Jahre 2030 um 1,8 Prozentpunkte geringere Belastung bedeuten würde, kann sie die junge Generation nicht überfordern. Sie kann auch nicht als unfinanzierbar angesehen werden, wenn für das Jahr 2030 bereits 15% als tragbar und damit für finanzierbar gehalten wurden. Im Gegenteil, sie würde die Versicherten entlasten.

Das Ergebnis des Vergleichs der Belastungszahlen bestätigt die Aussage des Bremer Ökonomen und Rentenexperten Winfried Schmähl, der lange Jahre Mitglied und zum Zeitpunkt der Riester- bzw. Rürup-Reform Vorsitzender des Sozialbeirats der Bundesregierung war und die Reform von Anfang an kritisch beurteilte: „Viele jetzige und vor allem auch künftige Rentner (d.h. diejenigen, die heute noch zu den jüngeren Erwerbstätigen zählen) werden zu den Verlierern des politisch eingeschlagenen Weges gehören. … die Privathaushalte [müssen] insgesamt – als GRV-Beitrag sowie als zum Erhalt des Absicherungsniveaus erforderliche private Vorsorge – sofort und für lange Zeit mehr aufwenden, als dies bei gleichem Sicherungsniveau allein durch den Beitrag zur GRV der Fall wäre“2. Die Qualität der privaten Absicherung reicht zudem nicht an die gesetzliche Absicherung heran, weil sie nicht mit einer Anpassungsdynamik gemäß der Lohn- und Preisentwicklung verbunden ist, wie sie die gesetzliche Rente seit der Reform von 1957 aufweist. Die vom BMAS prognostizierte Belastungshöhe im Jahr 2045, die unterhalb der Riester-Belastung im Jahr 2030 liegt, zeigt auch an, dass es sehr wohl möglich ist, ein höheres Sicherungsniveau anzustreben als bloß eine Stabilisierung des Niveaus auf dem gegenwärtigen Stand.

Produktivitätsentwicklung kompensiert die demografische Entwicklung

Die herrschende Meinung, dass die junge Generation zu stark belastet und das ursprüngliche Rentenniveau nicht finanzierbar sei, ist noch aus weiteren, ganz entscheidenden Gründen nicht haltbar. Zum einen wurde und wird in der Rentendiskussion ausschließlich die demografische Entwicklung als Bestimmungsfaktor der als tragbar angesehenen Beitragszahlung benutzt. Die den Wohlstand steigernde Produktivitätsentwicklung wird bemerkenswerterweise von vielen Ökonomen einfach ignoriert. Zum anderen wird übersehen, dass eine höhere Beitragszahlung nicht nur ein höheres Rentenniveau für die Alten sichert, sondern auch ein auskömmliches Niveau für die junge Generation gewährleistet.

Die Fähigkeit, in Zukunft einen Rentenbeitrag zahlen zu können, der eine Orientierung der Rente an der individuellen Lohnentwicklung sichert, hängt von der Höhe des künftigen verfügbaren Realeinkommens ab. Das Realeinkommen ist jedoch nicht konstant, sondern steigt im Laufe der hier diskutierten 30 Jahre durch die wahrscheinlich realisierten Produktivitätssteigerungen deutlich an. Bei Produktivitätssteigerungen von im Durchschnitt jährlich nur 1% bis 1,5% würde es der Generation, die die höheren Beiträge zahlt, nicht nur möglich sein, einen Beitrag von 15% zu tragen. Das nach Abzug der Beiträge verfügbare Realeinkommen würde auch noch über dem verfügbaren Realeinkommen liegen, das der gegenwärtig aktiven Generation zur Verfügung steht. Von einer Ausbeutung der jungen Generation kann auch wegen der Realeinkommenssteigerung nicht die Rede sein, zumal diese Einkommenssteigerung der Spar- und Investitionstätigkeit der vorhergehenden Generation in nicht unwesentlichem Maße zu verdanken ist.

Heinz Lampert wies schon vor der Riester- bzw. Rürup-Reform darauf hin, dass die Behauptung nicht berechtigt sei, die demografisch verursachten Finanzierungsprobleme führen „zu einem ernsten Konflikt zwischen den Generationen und [laufen] auf eine ‚Ausbeutung‘ der jüngeren und der nachwachsenden Generationen“3 hinaus. Vielmehr würden „die Versicherten von morgen wegen des steigenden Wohlstands selbst bei im Vergleich zur Gegenwart höheren Rentenversicherungsbeiträgen keine niedrigeren Realeinkommen ... hinnehmen müssen“4. Lampert betont zudem, dass den nachwachsenden Generationen eine nie dagewesene umfassende, hochwertige wirtschaftliche und soziale Infrastruktur zur Verfügung steht und dass noch zu keiner Zeit ältere Generationen ein derart hohes privates Geldvermögen vererbt hätten.5

Nun wird allerdings darauf hingewiesen, dass sich die Produktivitätssteigerung im letzten Jahrzehnt (2005 bis 2014) in Deutschland im Durchschnitt auf nur 0,8% belaufen habe. Im vorhergehenden Jahrzehnt (1995 bis 2005) stieg die Arbeitsproduktivität um 1,9%.6 Allerdings ist die Produktivität trotz ungünstiger Bedingungen gestiegen. Im erstgenannten Zeitraum gab es eine Finanz- und Wirtschaftskrise, die immer noch nicht ganz überwunden ist und sich negativ auf die Produktivitätsentwicklung auswirken musste. Zudem entwickelte sich die Investitionstätigkeit, die auch durch die jahrelang systematisch betriebene prozyklische Fiskalpolitik bewirkt wurde, nur schleppend.7 Höhere Ausrüstungsinvestitionen sind in der Regel mit technischen Fortschritten und folglich mit Produktivitätssteigerungen verbunden. Schließlich kann auch wirtschaftspolitisch noch mehr getan werden, um wieder größere Produktivitätssteigerungen zu erreichen. Der Sachverständigenrat Wirtschaft weist darauf hin, dass zu diesem Zweck die Aus- und Weiterbildungspolitik von großer Bedeutung sei.8

Dass die Produktivitätsentwicklung, ein elementares Phänomen wirtschaftlicher Entwicklung, in der Diskussion über die Rentenentwicklung völlig außer Acht gelassen wurde und wird, ist unverständlich. Vielleicht erklärt sich diese Vernachlässigung durch die Absicht bestimmter Ökonomen, die Alterssicherung dem Kapitalmarkt überlassen zu wollen. Das Umlageverfahren wurde deshalb systematisch diffamiert, weil es angeblich „nach dem Vorsorgeprinzip primitiver Gesellschaften“9 funktioniere. Hingewiesen wird auch auf die enge Verbindung der Kritiker des Umlageverfahrens mit der Finanzwirtschaft. Tatsache aber ist, dass die Produktivitätsentwicklung nicht vernachlässigt werden darf und dass es sich ein reiches Land leisten kann, den Rentnern ein angemessenes Rentenniveau zu bieten, das als Lohnersatz dient und eine ungefähre Lebensstandardsicherung darstellt. In der Nachkriegszeit bis zur Jahrtausendwende ist die Wirkung einer Verdopplung des Altenquotienten schon einmal durch die Produktivitätssteigerungen nicht nur kompensiert, sondern überkompensiert worden. Auch wenn die Produktivitätssteigerungen in den Wirtschaftswunderjahren besonders hoch waren, ändert sich am Prinzip der kompensierenden Wirkung der Produktivitätssteigerungen nichts.

Die Deckelung des Arbeitgeberanteils bis 2030 auf 11% (die Hälfte von 22%) wurde in der Rechnung bis 2045 nicht vorgesehen, obwohl sie zuvor offenbar das primäre Ziel der Reform war. Der Verzicht auf die Deckelung belastet die Arbeitgeber – wenn man von der Prognose des BMAS ausgeht – im Laufe von 15 Jahren mit einem zusätzlichen Arbeitgeberbeitrag von nur 2,2 Prozentpunkten. Sie wird ferner dadurch abgemildert – wenn nicht vermieden –, dass auch sie durch Produktivitätssteigerungen kompensiert werden kann. Denn die Gewerkschaften haben solche Kostensteigerungen in den Lohnverhandlungen der Vergangenheit berücksichtigt und werden das auch in der Zukunft tun.

Umlageverfahren sichert auch das Rentenniveau der Jungen

Die Behauptung der übermäßigen Belastung der jungen Generation gründet sich – von der Vernachlässigung des Realeinkommensanstiegs abgesehen – auf eine sehr einseitige Betrachtung des Umlageverfahrens. Es wird nur beachtet, dass die junge Generation die Rente für die Alten zahlt. Dass ist richtig, aber es ist nur eine Seite der Medaille. Denn die Beitragszahler erwerben mit ihrem Beitrag auch einen Anspruch auf eine äquivalente Rente. Das deutsche gesetzliche Rentensystem basiert auf dem Äquivalenzprinzip, demzufolge die Höhe der späteren Rentenleistung von den eingezahlten Beiträgen abhängt. Weil die Beiträge eine besondere Form des Sparens für das Alter darstellen, wird ihre Erhebung – vorausgesetzt das Vertrauen in das Rentensystem wird politisch nicht systematisch erschüttert – anders gewertet als die Erhebung von Steuern, für die es keine konkrete Gegenleistung gibt. Die Bereitschaft, durch einen höheren Beitrag für das Alter vorzusorgen, kann normalerweise als gegeben angesehen werden. Die Sparfunktion der Rentenversicherungsbeiträge begründet auch die Zweckmäßigkeit und Akzeptanz des Äquivalenzprinzips. Soll die Finanzierung insbesondere der Alterssicherung – auch in einem staatlichen umlagefinanzierten System – als Form des Sparens für das Alter angesehen werden, so setzt dies eine klare und enge Beitrags-Leistungs-Beziehung voraus.10 Die Orientierung des Systems am Vorsorgekonzept reduziert auch die negativen Wirkungen, die der Abgabenschere zwischen Lohnkosten und Nettolohn zugesprochen werden.

Vermeidung von Altersarmut ist nur ein Nebeneffekt des Rentensystems

Mit der Lohnersatzfunktion wird die Hauptaufgabe der Rentenversicherung angesprochen, die viele Kritiker aus den Augen verloren haben. Die Rente soll es den nicht mehr berufstätigen Menschen ermöglichen, mit einem altersbedingt zu rechtfertigenden Abschlag vom gewohnten Einkommen den erreichten Lebensstandard zu halten. Die Aufgabe der Rentenversicherung besteht also darin, „ausgefallene Arbeitseinkommen durch die Gewährung von Renten“11 (auf der Basis von Beiträgen) zu ersetzen. Es geht um die „Absicherung im Alter, die am früheren Einkommen orientiert ist und eine Verstetigung der Einkommens- (bzw. Konsum-)Entwicklung im Lebenslauf anstrebt“12. Der Grundgedanke dieses Alterssicherungssystems, das 1957 eingeführt wurde, bestand darin, „dass die Älteren nach Ausscheiden aus dem Erwerbsleben an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung – genauer: der Lohnentwicklung – teilhaben sollen … Eigenvorsorge erfolgt also nicht nur durch private Versicherung oder durch privates Sparen, sondern auch durch Beiträge zu einem (umlagefinanzierten) Sozialversicherungssystem mit enger Verknüpfung zwischen Beitrag und Rente“13.

Die durch Riester und Rürup erfolgte „Demontage“ dieser umlagefinanzierten, lohnbezogenen und leistungsorientierten Rentenversicherung14 kann und muss rückgängig gemacht werden: „Das war und ist (jedoch) ökonomisch durchaus realisierbar, wurde bislang aber politisch nicht gewollt“15. Die Hauptaufgabe des Rentensystems besteht also nicht darin, Altersarmut zu vermeiden. Das aber unterstellen viele Kritiker, wenn sie argumentieren, dass wichtiger als die Wiederherstellung eines auskömmlichen Rentenniveaus die Lösung der Probleme der Kinderarmut, der Einkommensarmut teilzeitbeschäftigter Mütter, prekär Beschäftigter und Langzeitarbeitsloser sei. Sie übersehen, dass diese Probleme nicht in einem Rentensystem gelöst werden dürfen, das auf dem Äquivalenzprinzip beruht und also die Rentenleistungen von den eingezahlten Beiträgen abhängig macht. Das Versagen der Gesellschaft, Vollbeschäftigung und die Zahlung ausreichender Löhne sicherzustellen, verursacht den Hauptteil der Altersarmut. Deshalb ist es zwingend notwendig, diese durch gesellschaftliches Versagen verursachte Altersarmut mit Steuermitteln zu bekämpfen.

Das gilt auch für den Teil der Altersarmut, der durch das Erbringen einer gesellschaftlich wichtigen Leistung verursacht worden ist, die nicht entgolten wurde: der Betreuung kleiner Kinder. Dabei kann ein solches System in das Rentensystem integriert werden, aber die Beitragszahlungen müssen aus Steuermitteln erfolgen. Denn eine Rentenzahlung ohne vorhergehende Beitragszahlung würde bedeuten, dass das gesellschaftliche Versagen oder das Erbringen einer gesellschaftlich wichtigen Leistung nur von den Rentenversicherten, nicht aber – wie es notwendig ist – leistungfähigkeitsgerecht von allen Mitgliedern der Gesellschaft getragen werden würde. Dieses Altersarmutsproblem ist also ein ganz anderes als die durch die Rentenniveauabsenkung entstehende Altersarmut. Es bietet deshalb kein gültiges Argument gegen die Anhebung des Rentenniveaus.

Ausstieg aus der Riester- bzw. Rürup-Reform notwendig

Die von Gewerkschaftern und von manchen Politikern geforderte Kehrtwende in der Rentenpolitik und die geforderte Anhebung des Rentenniveaus sind dringend notwendig. Die Kritik, die von einer Überlastung der jungen Generation ausgeht und die Anhebung des Rentenniveaus als unfinanzierbar ansieht, ist nicht haltbar. Die Einwendungen, dass es wichtiger sei, die Armutsprobleme der genannten gesellschaftlichen Gruppen zu lösen, verfehlen die Probleme des auf dem Äquivalenzprinzip beruhenden Rentensystems. Damit sind auch Konzept und Begründungen der Bundessozialministerin Andrea Nahles obsolet, die zwei Haltelinien einführen möchte.16 Das Rentenniveau kann deutlich höher liegen als die „Haltelinie“ von 46%. Die sich ergebende Beitragshöhe, die für die Beschäftigten über der „Haltelinie“ von maximal 12,5% liegt und die im Riester- bzw. Rürup-System 2030 bereits 15% erreichen würde, ist tragbar. Tragbar ist der höhere Beitrag aber auch wegen des bis dahin gestiegenen Wohlstands. Die Diskussion darf ferner die emotionale Beziehung der jungen Generation zur Eltern- und Großelterngeneration nicht ganz außer Acht lassen. Es wäre für die junge Generation wohl schwer erträglich, Eltern und Großeltern darben zu sehen.

Allerdings dürfen versicherungsfremde Leistungen wie die Folgen der Übertragung des Rentensystems auf die ostdeutschen Rentner im Zuge der Wiedervereinigung Deutschlands oder die Angleichung des Ostsystems an das Westsystem oder die Mütterrente nicht aus dem Beitragsaufkommen finanziert, sondern müssen vollständig aus dem Steueraufkommen getragen werden. Die sachgerechte Finanzierung dieser Leistungen würde die Rentenkassen beträchtlich entlasten. Winfried Schmähl fasste bereits 2012 die Notwendigkeit der Rückabwicklung der Riester- bzw. Rürup-Reform durch die Wiederanhebung des Rentenniveaus in folgende Worte: „Es wäre keine Schande, würden die Politiker zugeben, dass die Wirkungen ihrer Entscheidungen anders sind, als sie erhofft und propagiert wurden. Dazu gehört aber Mut, der jedoch notwendig wäre, denn der in der deutschen Alterssicherungspolitik eingeschlagene Weg hat das Potential für eine gesellschaftliche Zeitbombe. Der zentrale Ansatzpunkt für ein Umsteuern in der Alterssicherungspolitik ist folglich das Leistungsniveau in der GRV.“17

  • 1 K. Doemens: Renten im freien Fall, in: Frankfurter Rundschau vom 29.9.2016.
  • 2 W. Schmähl: Von der Rente als Zuschuss zum Lebensunterhalt zur „Zuschussrente“, in: Wirtschaftsdienst, 92. Jg. (2012), H. 5, S. 309, http://archiv.wirtschaftsdienst.eu/jahr/2012/5/weichenstellungen-in-der-gesetzlichen-rentenversicherung/ (8.2.2017).
  • 3 H. Lampert: Lehrbuch der Sozialpolitik, 5. Aufl., Berlin u.a.O. 1998, S. 275.
  • 4 Ebenda; Lampert verwies auch auf ein Prognos-Gutachten, in dem es bereits hieß: „Als Fazit gilt, dass unter den getroffenen Annahmen … auf Arbeitnehmer und Arbeitgeber stark steigende Beiträgssätze zukommen … Trotz des ausgeprägten Rückgangs der Nettoquote, …, der den Arbeitnehmern letztlich für Konsum und Ersparnis verbleibt, liegt in beiden Szenarien das reale Nettoeinkommen je Beschäftigten im Jahre 2040 noch deutlich über dem Niveau von 1992. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass in Zukunft zwar der Nettoeinkommenszuwachs erheblich geschmälert, das Nettoeinkommensniveau selbst aber nicht angegriffen wird.“ Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (Hrsg.): Prognos-Gutachten 1995: Perspektiven der gesetzlichen Rentenversicherung für Gesamtdeutschland vor dem Hintergrund veränderter politischer und ökonomischer Rahmenbedingungen, Bd. 4 der DRV-Schriften, 1995, S. 164. Anzumerken ist zum Rentenversicherungsbeitrag, der zur Ermittlung des Nettoeinkommens vom Bruttoeinkommen abgezogen wird, dass er in Wirklichkeit eine Einkommensverwendung in Form des Sparens ist.
  • 5 H. Lampert, a.a.O.
  • 6 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Jahresgutachten 2015/16, S. 287, Tabelle Nr. 26, reale Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigenstunde.
  • 7 C. Wyplosz: Deutschland in der Währungsunion, in: R. Schettkat, J. Langkau (Hrsg.): Aufschwung für Deutschland, Bonn 2007, S. 92 ff.
  • 8 Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, a.a.O., S. 4, Rz. 19.
  • 9 M. J. M. Neumann: Ein Einstieg in die Kapitaldeckung der gesetzlichen Renten ist das Gebot der Stunde, in: Wirtschaftsdienst, 78. Jg. (1998), H. 5, S. 260, https://www.econstor.eu/handle/10419/40121/ (8.2.2017).
  • 10 Vgl. auch W. Schmähl: Von der Rente als Zuschuss ..., a.a.O., S. 307.
  • 11 H. Lampert, a.a.O., S. 256.
  • 12 W. Schmähl: Von der Rente als Zuschuss ..., a.a.O., S. 304.
  • 13 Ebenda, S. 307.
  • 14 W. Schmähl: Höchste Zeit für den Ausstieg aus dem Ausstieg, in: Wirtschaftsdienst, 96. Jg. (2016), H. 10, S. 717.
  • 15 Ebenda.
  • 16 Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Gesamtkonzept zur Alterssicherung, Berlin 2016.
  • 17 W. Schmähl: Von der Rente als Zuschuss ..., a.a.O., S. 313.

Title:Do Higher Levels of Pensions Overtax Younger Generations? Can These Pensions Possibly Be Financed?

Abstract:Higher pension payments can be borne because the effects of the demographic development, e.g. a higher share of pensioners, will be compensated by rising real incomes. Furthermore, the government projection of pension payments through 2045 shows that abolishing the Riester system will be cheaper than keeping it. The beneficial side effect will be the prevention of poverty.

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DOI: 10.1007/s10273-017-2097-2

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