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Ein Jahr ist es her, dass die WIN-Initiative (Wachstums- und Innovationskapital für Deutschland) eingeläutet wurde. Ziel der Initiative ist es, der deutschen Wirtschaft einen deutlichen Innovationsschub zu versetzen – eine wichtige Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit und damit langfristigen Wohlstand. Ambitionierte Investitionsziele sollen durch die Mobilisierung von öffentlichem und privatem Kapital und bessere regulatorische Rahmenbedingungen erreichbar werden. Von besseren finanziellen Rahmenbedingungen sollen besonders innovative Unternehmen und risikobereite Kapitalgeber profitieren.

Anlass für die Initiative sind das insgesamt schwächelnde Gründungsgeschehen und die Frustration in jungen Unternehmen über schwierige Start- und Wachstumsbedingungen. Gleichzeitig besteht ein enormer Transformationsbedarf in Deutschland. Dass es großes technologisches und gesellschaftliches Potenzial für neue Unternehmen gibt, zeigen die Erfolgsgeschichten einiger Gründungen, die es trotz aller Widrigkeiten geschafft haben. Auch ist das Hochschul- und Wissenschaftssystem gerade in Bereichen transformativer Technologien in Deutschland trotz finanzieller Vernachlässigung in jüngeren Jahren noch vergleichsweise gut. Angesichts dessen scheint das Potenzial an innovativen Ideen und Unternehmen, die diese umsetzen, lange nicht gehoben. Die Initiative setzt da an, wo es drückt. Innovationsfinanzierung in Form von Wagnis- und Wachstumskapital ist Grundvoraussetzung dafür, dass aus Ideen Produkte werden und Unternehmen im internationalen Wettbewerb bestehen können. Dieser Wettbewerb organisiert sich angesichts geo- und handelspolitischer Spannungen gerade neu. Die deutsche Wirtschaft könnte und sollte diese Chance nutzen, sich neu zu positionieren. Die Initiative kommt daher zur richtigen Zeit.

Unternehmen, die innovationsbereit und -fähig sind, gibt es nicht nur unter Startups. Dennoch liegt aus guten Gründen das Augenmerk der Initiative gerade auf Neugründungen. Im September 2024 hatten Unternehmen gemeinsam mit der Bundesregierung in Aussicht gestellt, bis 2030 12 Mrd. € in innovative Startups zu investieren. Ein ambitioniertes, aber nicht völlig unrealistisches Ziel. Neben Geld geht es bei der WIN-Initiative aber auch um einen Ökosystemaufbau und den Abbau von bürokratischen sowie steuerlichen Gründungs- und Wachstumshürden. Faktoren, die mindestens so wichtig sind wie die Finanzierung selbst. Umgesetzt wurde bisher die Einführung von zehn Startup-Factories, die in Kooperation mit Universitäten und der regionalen Wirtschaft wissensintensive Gründungen hervorbringen sollen. Mit einem Gesamtfördervolumen von ca. 300 Mrd. €, von denen zwei Drittel aus der Wirtschaft kommen, ist dieses Programm aus öffentlicher Investitionssicht eine eher kleinere, aber sehr sichtbare Maßnahme. Eher im Hintergrund wurden wichtige Schritte in Richtung Finanzmarktflexibilisierung umgesetzt. Die Anlageverordnung wurde so angepasst, dass Wachstums- und Innovationskapital nun als Anlageklasse für Privatpersonen eingeführt ist. Das soll Versicherern und Pensionskassen ermöglichen, mehr Geld als bisher in ertrag- und risikoreichere Anlageklassen zu investieren.

Die Initiative adressiert die richtigen Themen und einige Maßnahmen konnten schnell umgesetzt werden. Allerdings scheint der Elan der Anfangsphase nachzulassen und der Ini­tiative droht die Luft auszugehen. Angesichts anderer wichtiger Reformen wie beispielsweise im Rentensystem und in der sozialen Sicherung gerät das Thema Innovationsfähigkeit wieder in den Hintergrund. Dabei ist es essentiell für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands, dass die deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt und den Anschluss in wichtigen Schlüsselbranchen nicht vollkommen verpasst. Es stehen nicht nur die versprochenen Investitionen größtenteils noch aus, sondern auch die geplanten Verbesserungen der Rahmenbedingungen für Gründungen und Investoren, z. B. bei der Vereinfachung von Börsengängen. Ebenso würde eine schnelle Einführung eines organisierten Sekundärmarkts für Wagniskapital-Fondsanteile neue Investitionsmöglichkeiten eröffnen und zu einer höheren Marktliquidität beitragen. Diese und weitere Ideen liegen im Zweiten Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG II) bereits vor. Es ist daher nicht nachzuvollziehen, warum die Umsetzung nun nicht schneller erfolgt.

Aber selbst wenn die geplanten Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden, ist der Erfolg der Initiative kein Selbstläufer. Um wirklich ein international wettbewerbsfähiges Innovationssystem zu schaffen, braucht es mehr Nachdruck und mehr Grundsätzliches. Notarielle Prozesse bei Gründungen müssen digitalisiert und vereinfacht werden. Bundesweit einheitliche und digitale Abläufe nach dem One-Stop-Shop-Prinzip reduzieren nicht nur Gründungshürden, sondern vereinfachen dauerhaft Abläufe und reduzieren Bürokratiekosten. Grenzübergreifendes Unternehmenswachstum innerhalb des EU-Binnenmarktes sollte durch einheitliche Regeln und eine gemeinsame EU-Rechtsform für innovative Startups erleichtert werden. Ein langfristiger Erfolgsfaktor für Initiativen wie WIN wird aber auch ein leistungsfähiges Bildungssystem sein, das in Deutschlands wichtigsten Rohstoff investiert: gut ausgebildete und kreative Köpfe.

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© Der/die Autor:in 2025

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Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.

DOI: 10.2478/wd-2025-0178