Seit Jahren haben verschiedene Akteure und Institutionen, darunter die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), darauf gedrängt, ein Bundesministerium für Digitalisierung einzurichten. Zum einen, um diesem Thema die notwendige Priorität zu widmen, zum anderen, damit der Digitalminister oder die Digitalministerin dieses Thema auf Augenhöhe mit den Kolleg:innen anderer Ressorts vertreten kann. So schreibt die EFI in ihrem Policy Brief 02/2021: „Die Aufgabe eines Digitalministeriums wäre es, die großen Linien der digitalen Transformation und ihrer Chancen im Blick zu haben, Strategien zu entwickeln, diese koordinierend interministeriell voranzutreiben und deren Umsetzung zu verfolgen.“ Der Zuschnitt des neuen Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung (BMDS) wirkt dahingehend überzeugend. Als Themenfelder wurden identifiziert: Digitaler Staat, Staatsmodernisierung, Digitale Wirtschaft, Digitale Souveränität, Digitale Infrastruktur sowie Internationale Digitalpolitik.
Nach der jahrelang schleppend verlaufenden digitalen Transformation der öffentlichen Verwaltung ist es konsequent, dass deren Digitalisierung inklusive Onlinezugangsgesetz und Normenkontrollrat sowie die IT-Beschaffung des Bundes jetzt beim BMDS liegen. Zu begrüßen ist zudem der Zustimmungsvorbehalt des BMDS für alle wesentlichen IT-Ausgaben des Bundes. Hier bleibt abzuwarten, wie dieser konkret umgesetzt wird. Zudem sollte dem BMDS ein Digitalbudget zugeordnet werden. Die digitale Verwaltung wird sich nur durch eine konstruktive Abstimmung mit Ländern und Kommunen realisieren lassen. Hier sorgt die seit Kurzem bestehende Digital-Minister-Konferenz der Länder zumindest dafür, dass alle Ländervertreter an einem Tisch zusammenkommen und damit Entscheidungen schneller und im Sinne der Einheitlichkeit getroffen werden können. Für die Digitalpolitik, in der es darum geht, rechtliche Rahmenbedingungen auf EU-Ebene zu gestalten und dann auf nationaler Ebene umzusetzen, ist eine Bündelung der Zuständigkeiten in einem Ministerium ebenfalls angebracht. Dass die Datenpolitik beim Innenministerium verbleibt, mag im Sinne eines kohärenten regulatorischen Rahmens zum Nachteil werden. Hier wird es eine gute Koordination brauchen.
Auch wenn die großen Themenfelder klar identifiziert sind, verbirgt sich dahinter eine Vielzahl detaillierter Aufgaben. Allein die weitere Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes stellt eine Mammutaufgabe dar. Insofern ist die Aussage des Digitalministers richtig, es gelte nun „brutal zu priorisieren“. Vom Minister bereits angekündigt wurden der flächendeckende Ausbau von Glasfaser und 5G, eine einheitliche IT-Infrastruktur oder der „Deutschland-Stack“ mit Basiskomponenten wie Cloud- und IT-Diensten und klar definierten Schnittstellen mit Fokus auf Cybersicherheit. Ebenso auf der Agenda steht die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Digitalisierung der Wirtschaft, um die Chancen von künstlicher Intelligenz und digitaler Geschäftsmodelle besser nutzen zu können. Und das unter Wahrung von Datenschutz und Datensicherheit.
Erste Maßnahmen, die bereits umgesetzt oder eingeleitet wurden: Der Bundestag beschloss Ende Mai 2025, dass für Telekommunikationsnetze künftig überragendes öffentliches Interesse gelten soll, zunächst bis Ende 2030. Dies soll den Ausbau von Glasfaser und 5G beschleunigen, unter anderem durch schnellere Genehmigungsverfahren. Das wird aber nicht das Problem lösen, dass oft mangelnde Nachfrage nach Glasfaser den Ausbau hemmt. Des Weiteren wurde eine Rechtsgrundlage für die Bund und Länder übergreifende Zusammenarbeit bei der Verwaltungsmodernisierung beschlossen. Das National-Once-Only-Technical-System (NOOTS) soll künftig eine sichere und effiziente Vernetzung von Verwaltungsdaten ermöglichen. Für Bürger:innen würde dies bedeuten, dass persönliche Daten nur einmal in das IT-System eingegeben werden.
Auch für weitere Themenfelder gilt es natürlich konkrete Ziele und Maßnahmen zu definieren und umzusetzen, insbesondere für die digitale Souveränität. Jedoch sind die ersten Schritte wichtig, um zu zeigen, dass das BMDS bereits jetzt handlungsfähig ist. Es wurden große Bedenken geäußert, dass es zu lange dauern würde, bis ein Digitalministerium – aufgebaut „from scratch“ – auch handlungsfähig sein würde. Aber vielleicht liegt gerade hier ein bedeutender Vorteil: Der Aufbau einer gänzlich neuen Einheit, die sich losgelöst von etablierten Strukturen entwickeln kann und in der sich Fachexpert:innen aus Wirtschaft und Politik mit dem richtigen Spirit zusammentun, um die digitale Transformation voranzutreiben. In ihren Empfehlungen hat die EFI darauf hingewiesen, dass mit einem Digitalministerium „neuer Prägung“ die Chance genutzt werden sollte, „moderne Strukturen und Prozesse der Governance“ zu schaffen, die „auf ein projektbezogenes Arbeiten ausgerichtet“ sind. Hoffen wir, dass dem neuen Ministerium gelingt, woran vorherige Ressorts gescheitert sind.