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Deutschland gilt traditionell als wasserreiches Land. Tatsächlich werden derzeit im langjährigen Mittel kaum mehr als 12 % der insgesamt verfügbaren Wasserressourcen entnommen, weit unterhalb der gängigen 20 %-Schwelle, ab der man international von Wasserstress spricht. Die bundesweite Gesamtnutzung lag zuletzt 2004 knapp über dieser Marke (20,2 %). Doch entscheidend ist die Lage vor Ort: In den dürregeplagten Jahren 2018 bis 2022 kam es in einigen Regionen bereits zu lokalen Engpässen in der Wasserversorgung – trotz reichlicher Gesamtniederschläge im Bundesdurchschnitt. Unterschiedliche klimatische Bedingungen, eine räumlich und jahreszeitlich ungleiche Verteilung der Niederschläge sowie punktuell hohe Wasserentnahmen führen mancherorts zu Versorgungsproblemen. So gerieten in einigen Gemeinden während Hitzeperioden zeitweise die Leitungsnetze an ihre Kapazitätsgrenzen, wenn an heißen Tagen außergewöhnlich viel Wasser gleichzeitig nachgefragt wurde. Zudem konnte teils nicht auf lokale Grundwasservorräte zurückgegriffen werden, weil diese durch Nitratbelastung unbrauchbar waren – ein Folgeschaden intensiver Düngung, der die nutzbare Wassermenge weiter einschränkt. Darüber hinaus sind per Saldo noch ausreichende Niederschläge umso weniger nutzbar für Mensch und Natur, je mehr sie als Starkregen niedergehen, der kaum in der Fläche aufgenommen werden kann, sondern sogar noch zu Überschwemmungen und Überlastungen der Infrastruktur führt.

Spätestens die Dürrejahre 2018 bis 2022 haben das Thema Wasserknappheit auf die Agenda gebracht. Die mehrjährigen Niederschlagsdefizite führten regional zu deutlich sinkenden Grundwasserständen und ersten Problemen in der Wasserversorgung. Die Klimaerwärmung droht diese Unsicherheiten weiter zu verschärfen. So registrierte der Deutsche Wetterdienst im Frühjahr 2025 deutschlandweit ein historisches Niederschlagsminimum. Insbesondere Nord- und Ostdeutschland litten unter extremer Frühjahrstrockenheit, was die Böden stark austrocknen ließ, wie der UFZ-Dürremonitor ausweist. Künftige Klimaprojektionen sagen tendenziell niederschlagsärmere Sommer und häufigere Hitzeperioden voraus. Die Folge wären regional erhebliche Engpässe in der Wasserverfügbarkeit und verschärfte Nutzungskonflikte zwischen Landwirtschaft, Industrie, Energieerzeugung und Trinkwasserversorgung – zulasten auch der aquatischen Ökosysteme. Trockenperioden und veränderte Niederschlagsmuster könnten das Gleichgewicht von Wasserangebot und -nachfrage aus den Fugen bringen. Schon heute zeichnen sich vermehrte Konflikte um knapper werdendes Wasser ab. Mehrere trockene Sommer hintereinander beeinträchtigen nicht nur die Landwirtschaft und Forstwirtschaft, sondern auch die öffentliche Wasserversorgung, die Schifffahrt und den Zustand von Flüssen, Feuchtgebieten und Wäldern.

Eine im Juni 2025 veröffentlichte Studie des Instituts für sozial-ökologische Forschung zeigt auf, dass bereits die Hälfte aller Landkreise und kreisfreien Städte von akutem oder strukturellem Grundwasserstress betroffen ist. Besonders in Teilen Ost-, Nord- und Westdeutschlands beobachten die Forschenden nachhaltige Probleme bei der Grundwasserversorgung. Dabei unterscheiden sie zwei Dimensionen: strukturellen Stress, wenn seit Jahren mehr als 20 % des neu gebildeten Grundwassers entnommen werden, und akuten Stress, der sich in zuletzt deutlich fallenden Grundwasserspiegeln äußert. Interessanterweise entfällt in den gestressten Regionen der Großteil der Entnahmen auf die öffentliche Trinkwasserversorgung. Daneben spielen Industrie und Landwirtschaft eine Rolle. Die Ursachen für Wasserstress sind regional unterschiedlich; oft wirken langjährige Übernutzung, klimatische Trockenheit und überregionale Wassertransfers zusammen.

Die beschriebenen Befunde machen deutlich, dass Deutschland seine Wasserwirtschaft an die neuen klimatischen Realitäten anpassen muss. Bund und Länder haben begonnen zu reagieren. Die Bundesregierung hat 2023 eine Nationale Wasserstrategie vorgelegt, die angesichts des Klimawandels langfristige Leitlinien für ein nachhaltiges Wassermanagement setzt. Sie sieht unter anderem vor, im Fall anhaltender Dürre Nutzungsprioritäten gesetzlich festzulegen und damit die Grundbedürfnisse und Ökosysteme gegenüber nachrangigen Nutzungen zu schützen. Parallel dazu arbeiten das Umweltbundesamt und die Bundesländer an operativen Leitlinien für akute Wasserknappheitssituationen. Auch technische und naturnahe Maßnahmen wie die Rückhaltung von Wasser in der Fläche, der Ausbau von Verbundleitungen, die Regenwasserspeicherung oder die Nutzung aufbereiteten Brauchwassers sind zu stärken. Diese Aktivitäten markieren einen Paradigmenwechsel: weg von der reinen Sicherstellung hin zur aktiven Steuerung von Wasserangebot und -nachfrage. Solche Maßnahmen erhöhen die Resilienz gegen Trockenperioden. Sie sind jedoch oft kostspielig und komplex in der Umsetzung. Umso wichtiger ist eine vorausschauende Politik, die Anreize zum sparsamen Umgang mit Wasser setzt und zugleich finanzielle Mittel generiert, um die Wasserversorgung klimafest zu machen.

Ergänzt werden sollte dieser Instrumentenmix daher durch wirtschaftliche Steuerungsansätze. Eine prominente Rolle spielen dabei Wasserentnahmeentgelte. In 13 von 16 Bundesländern wird bereits eine solche Abgabe erhoben. Sie dienen nicht nur zur Refinanzierung von Wasserinfrastruktur, sondern sollen auch einen vorsorgenden Anreiz für einen effizienten Wassergebrauch setzen und Umweltkosten einpreisen. Im Sinne des Verursacherprinzips lässt sich damit eine faire Lastenteilung zwischen Haushalten, Industrie und Landwirtschaft organisieren. Doch Bayern, Hessen und Thüringen verzichten bislang auf dieses Instrument. Ihre Zurückhaltung schwächt die bundesweite Steuerungskraft und fördert Wettbewerbsverzerrungen. Angesichts knapper werdender Ressourcen sollten alle Länder rasch nachziehen, der Bund sollte dabei Harmonisierungsvorgaben zur Verfügung stellen. Umfangreiche Bereichsausnahmen (z. B. für Bergbau und Landwirtschaft) sind kontraproduktiv. Eingriffe in den Wasserhaushalt dürfen im Klimawandel kein unbezahltes Allgemeingut mehr bleiben. Dazu sollten auch konsequent vollkostendeckende Wasserpreise beitragen, die Art. 9 der Wasserrahmenrichtlinie schon lange fordert.

Deutschland droht trotz insgesamt guter Wasserbilanz zunehmend unter regionaler und saisonaler Wasserknappheit zu leiden. Dürrejahre, fallende Grundwasserstände und Nutzungskonflikte zeigen: Die Anpassung an den Klimawandel erfordert mehr als nur technische Vorsorge. Auch wirtschaftliche Anreize wie Wasserentnahmeentgelte und Vollkostenpreise können helfen, den Wert der Ressource sichtbar zu machen. Neben der Vorsorge für akute Mangellagen müssen auch langfristig vorsorgende Strukturmaßnahmen ergriffen werden. Neben Preisanreizen gehört dazu auch ein Flächenmanagement, das Flüssen und Auen ihren Raum gibt und Retention ermöglicht. Auch der Stadtumbau ist angesprochen, um eine „blau-grüne“ Infrastruktur mit „Schwammfunktion“ zu schaffen, die Wasser vor Ort hält, Überschwemmungen vorbeugt und zugleich zur Verdunstungskühlung und zu mehr Lebensqualität beiträgt. Politik und Gesellschaft müssen jetzt handeln, um die Wasserverfügbarkeit für Mensch und Ökosysteme in der Zukunft nachhaltig zu sichern. Nicht zuletzt zeigt das Beispiel des Sektors Wasserwirtschaft, dass Klima-, Umwelt- und Naturschutz, deren Defizite im Zusammenspiel die vorgenannten Folgekosten für fast alle Lebensbereiche produzieren, keine lästigen Nebenaufgaben sind, die man politisch beliebig hintanstellen könne. Vielmehr sind sie ganz offensichtlich ein integraler Bestandteil vorsorgender und rationaler Wirtschaftspolitik.

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© Der/die Autor:in 2025

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DOI: 10.2478/wd-2025-0137