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Die deutsche Wirtschaft befindet sich nun schon im fünften Jahr eines moderaten Aufschwungs, der sich 2018 fortsetzen wird. Auch global expandiert die Wirtschaft kräftig. Die gestiegenen politischen Unsicherheiten dämpfen die Weltwirtschaft derzeit offensichtlich kaum. Der wirtschaftspolitische Kurs der neuen US-Regierung birgt sowohl Chancen als auch Risiken für die Konjunktur in den USA und der Welt. Die Gemeinschaftsdiagnose prognostiziert für 2018 eine Inflationsrate von 1,9% für die fortgeschrittenen Volkswirtschaften und rechnet mit einem Kurswechsel der EZB.

In Deutschland nimmt die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung allmählich zu, die Wirtschaft ist mittlerweile leicht überausgelastet. Dabei bleibt die konjunkturelle Dynamik im Vergleich zu früheren Aufschwungphasen gering, auch weil der wenig schwankungsintensive Konsum die Hauptantriebskraft ist. Einer stärkeren Kapazitätsanspannung wirkt zudem entgegen, dass dweie Nettozuwanderung das Produktionspotenzial erhöht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte 2017 um 1,5% (kalenderbereinigt 1,8%) und 2018 um 1,8% zulegen (vgl. Tabelle 1). Die Unternehmensinvestitionen nehmen nach wie vor verhalten zu. Die inländischen Investitionen bleiben weit hinter der gesamtwirtschaftlichen Ersparnis zurück, sodass Kapital in großem Umfang ins Ausland fließt; dies spiegelt der hohe Leistungsbilanzsaldo wider. Die Wirtschaftspolitik sollte die Rahmenbedingungen für private Investitionen im Inland verbessern. Die Abgabenbelastung steigt trendmäßig und beträgt mittlerweile mehr als 40% in Relation zum BIP; auch aufgrund der progressiven Einkommensteuer wird sie weiter zunehmen. Mittelfristig wird die Alterung der Gesellschaft die Rentenversicherungsbeiträge in die Höhe treiben. Es ist höchste Zeit, dass die Wirtschaftspolitik stärker an der langen Frist ausgerichtet wird, den Anstieg der Abgabenbelastung begrenzt und durch Umschichtungen im Haushalt die investiven Ausgaben, vor allem im Bildungsbereich, stärkt.

Tabelle 1
Eckdaten der Prognose für Deutschland
  2013 2014 2015 2016 2017 2018
Reales BIP (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) 0,5 1,6 1,7 1,9 1,5 1,8
Erwerbstätige im Inland in 1000 Personen 42 328 42 662 43 057 43 593 44 176 44 564
Arbeitslose in 1000 Personen 2 950 2 898 2 795 2 691 2 521 2 424
Arbeitslosenquote der Bundesagentur für Arbeit1 in % 6,9 6,7 6,4 6,1 5,7 5,4
Verbraucherpreise2 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) 1,5 0,9 0,3 0,5 1,8 1,7
Lohnstückkosten3 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %) 1,7 1,7 1,5 1,6 2,5 1,8
Finanzierungssaldo des Staates4            
in Mrd. Euro -5,4 8,6 20,9 23,7 19,2 17,4
in % des nominalen BIP -0,2 0,3 0,7 0,8 0,6 0,5
Leistungsbilanzsaldo            
in Mrd. Euro 190 218 260 261 251 257
in % des nominalen BIP 6,7 7,5 8,6 8,3 7,8 7,7

1 Arbeitslose in % der zivilen Erwerbspersonen (Definition gemäß der Bundesagentur für Arbeit).

2 Verbraucherpreisindex (2010 = 100).

3 Im Inland entstandene Arbeitnehmerentgelte je Arbeitnehmerstunde bezogen auf das reale Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigenstunde.

4 In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG 95).

Quellen: Statistisches Bundesamt; Bundesagentur für Arbeit; Deutsche Bundesbank; 2016 und 2017: Prognose der Institute.

Weltwirtschaft expandiert recht kräftig

Im Frühjahr 2017 expandiert die Weltwirtschaft recht kräftig. Die Konjunktur in den USA hat seit dem Sommer 2016 an Schwung gewonnen, und sowohl der Euroraum als auch Japan sind schon länger in einem moderaten Aufschwung. Die gestiegenen politischen Unsicherheiten dämpfen die Weltwirtschaft derzeit offensichtlich kaum: Die Industrieproduktion expandierte um die Jahreswende deutlich, und die Frühindikatoren fielen zuletzt für fast alle Weltregionen günstig aus. Auch in den Schwellenländern hat die wirtschaftliche Dynamik ab dem Frühjahr 2016 Fahrt aufgenommen, in China nicht zuletzt als Folge staatlicher Stimulierungsmaßnahmen. Für die rohstoffexportierenden Schwellenländer haben sich die Rahmenbedingungen durch einen deutlichen Anstieg der Rohstoffpreise verbessert. Ins Bild einer spürbaren Aufhellung der Weltkonjunktur passt auch, dass der Welthandel gegen Jahresende kräftig zulegte, nachdem er über weite Strecken des Jahres 2016 kaum mehr als stagniert hatte.

Dass sich die Weltkonjunktur seit Jahresmitte 2016 robust entwickelt hat, ist durchaus bemerkenswert, haben sich doch die wirtschaftspolitischen Unwägbarkeiten erhöht. Hierzu haben die Entscheidung Großbritanniens, die EU zu verlassen, ebenso beigetragen wie der Wahlausgang in den USA und eine zunehmende Wahrscheinlichkeit, dass im Zuge anstehender Wahlen in Europa nationalistische Tendenzen weiter Auftrieb erhalten werden. Erhöht haben sich allerdings nur Unsicherheitsmaße, die das wirtschaftspolitische Risiko direkt erfassen sollen, etwa über die Auswertung von Printmedien nach bestimmten Schlüsselwörtern. Die aus Finanzmarktpreisen abgeleiteten Risikoindikatoren hingegen sind seit Mitte des vergangenen Jahres nicht gestiegen oder sogar gesunken. Offenbar hat der Ausgang der Wahl in den USA an den Finanzmärkten auch Hoffnungen auf kräftige wirtschaftspolitische Impulse geweckt.

Wirtschaftspolitik der USA vor einer Neuausrichtung

In den USA stehen nach der Präsidentschaftswahl gewichtige Änderungen in der Wirtschaftspolitik auf der Agenda. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen sollen die Wachstumskräfte der US-Wirtschaft gestärkt werden, wenn auch bei manchen Vorhaben zweifelhaft ist, ob sie diesem Ziel tatsächlich förderlich sind. So würden sich Maßnahmen, die die Offenheit und die Attraktivität der USA für Zuwanderer einschränken, langfristig negativ auf die wirtschaftlichen Perspektiven auswirken, insbesondere wenn davon Hochqualifizierte betroffen wären. Wie dem auch sei, wichtige Aspekte wie die Ausgestaltung der einzelnen Maßnahmen, die zeitliche Umsetzung, der realisierbare Umfang und damit letztlich auch die zu erwartenden Wirkungen sind unklar.

Mitte März 2017 legte die neue Regierung dem Kongress ihren Haushaltsentwurf für das im Oktober 2017 beginnende Fiskaljahr 2018 vor. Dessen wichtigstes Element ist eine Erhöhung der Ausgaben für den Bereich Sicherheit um etwa 10% oder knapp 60 Mrd. US-$ gegenüber dem laufenden Haushalt. Für alle anderen Ministerien oder Programme sind Kürzungen im Umfang von insgesamt 3 Mrd. US-$ geplant. Während der Umweltschutz erwartungsgemäß am stärksten von den Einsparungen betroffen ist, sind entgegen früheren Ankündigungen keine Mehrausgaben für die Infrastruktur vorgesehen. Für die großen Sozialprogramme wie Medicare und Medicaid sowie die Rentenversicherung liegen bislang keine konkreten Angaben vor. Eines der zentralen wirtschaftspolitischen Vorhaben der neuen Regierung ist die Reform der Einkommensteuer und der Besteuerung von Unternehmen. Generell ist geplant, die Steuersätze zu senken und die Freibeträge zu erhöhen. Die Unternehmensteuerreform könnte durch die Einführung einer Grenzausgleichsteuer auch die handelspolitischen Ziele der Regierung unterstützen. Mit der niedrigeren Besteuerung sollen Unternehmen veranlasst werden, ihre im Ausland erzielten Gewinne in den USA zu versteuern. Eine insgesamt niedrigere Steuerlast dürfte zwar die Wirtschaft auch stimulieren. Nach Schätzungen des Tax Policy Center entstünden daraus für sich genommen Einnahmenausfälle, die zu einer Zunahme der öffentlichen Verschuldung relativ zum BIP um mehr als 25 Prozentpunkte in den ersten zehn Jahre führen können.

Zudem wird die Handelspolitik neu ausgerichtet. So sind die USA aus dem Transpazifischen Handelsabkommen (TPP) ausgestiegen, und für das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) ist vorerst nicht mit weiteren Verhandlungen zu rechnen. Zudem soll das Abkommen mit Kanada und Mexiko (NAFTA) neu verhandelt werden. Des Weiteren steht im Raum, Staaten mit großen Exportüberschüssen, darunter auch Deutschland, mit hohen Strafzöllen zu belegen. US-Unternehmen, die im Ausland produzieren, könnten sogar mit firmenspezifischen Strafzöllen belegt werden. Protektionistische Maßnahmen und die zu erwartenden Reaktionen im Rest der Welt würden den internationalen Güteraustausch behindern, und die wirtschaftliche Aktivität könnte angesichts der inzwischen vielfach sehr engen internationalen Produktionsverflechtungen empfindlich gedämpft werden. In den USA würden sich importierte Güter verteuern, wodurch sich Verbraucherpreise und Produktionskosten (auch für den Export) erhöhen. Zugleich würde es aber für ausländische ebenso wie für US-Unternehmen attraktiver, für die USA bestimmte Güter im Land selbst zu produzieren. Allerdings wäre auch mit Preis- und Wechselkursanpassungen zu rechnen, die die handelspolitischen Effekte teils konterkarieren.

Im Bereich der Banken- und Finanzmarktregulierung hat der neue Präsident angeordnet, die als Reaktion auf die jüngste Finanzkrise eingeführten Dodd-Frank-Gesetze mit ihren strikten Bestimmungen zu überprüfen. Das Ziel der Gesetze war, die Finanzmarktstabilität der USA dadurch zu fördern, dass die Verantwortlichkeit und die Transparenz im Finanzsystem verbessert werden. Die Tragweite der geplanten Reformen kann zum aktuellen Zeitpunkt schwer abgeschätzt werden, da unklar ist, welche Bereiche dieses Gesetzespakets modifiziert werden. Äußerungen des Präsidenten lassen darauf schließen, dass in einem ersten Schritt restriktive Richtlinien zur Kreditvergabe gelockert werden. Eine weitere einschneidende Maßnahme könnte eine Aufweichung der sogenannten Volcker-Regel sein, die den Eigenhandel der Banken mit Wertpapieren weitgehend verhindert. Für die US-amerikanische Wirtschaft würden niedrige Hürden bei der Kreditvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen kurzfristig durchaus expansive Effekte haben. Die Aufweichung der regulatorischen Bestimmungen ist mittelfristig jedoch mit Risiken verbunden. Schließlich zielen die Dodd-Frank-Gesetzespakete gerade darauf ab, systemischen Risiken im Finanzsektor vorzubeugen. Aufgrund der hohen internationalen Verflechtung des US-Bankensektors würde der Aufbau systemischer Risiken in den Bilanzen von US-Banken auch die Stabilität ausländischer Finanzinstitute gefährden.

Die Aktienkurse sind seit den Präsidentschaftswahlen deutlich gestiegen, und die Stimmung im Unternehmenssektor hat sich verbessert, wohl nicht zuletzt aufgrund der auf die Stimulierung der US-Wirtschaft ausgerichteten Regierungs-Pläne. Allerdings haben sich gleichzeitig die wirtschaftspolitischen Unsicherheiten erhöht, wie das seit November gestiegene Niveau des Economic Policy Uncertainty Index zeigt. Ein Grund dafür dürfte sein, dass bei bedeutenden Vorhaben wie der Reform der Unternehmen- und Einkommensteuern die Finanzierung unklar ist, sodass die ökonomischen Wirkungen kaum zu überschauen sind. Darüber hinaus ist zu bezweifeln, ob diese Reformen – zumindest im Prognosezeitraum – umzusetzen sind. Zum einen ist die vorübergehende Aussetzung der Schuldenobergrenze am 16.3.2017 ausgelaufen, wodurch die Kreditfinanzierung von Reformen an Grenzen stößt. Zum anderen dürfte die Regierung bei der Umsetzung der Reformen wegen der unterschiedlichen Interessenlage betroffener Gruppen auf erhebliche Widerstände stoßen. Wie schwierig die Umsetzung von Reformen auch in der gegenwärtigen politischen Konstellation ist, hat das Scheitern der Gesundheitsreform im Kongress gezeigt.

Trotz dieser Umsetzungsprobleme überwiegt derzeit die Erwartung, dass die Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik die US-Konjunktur kräftig anstößt. Aufgrund der Größe der USA und ihrer engen internationalen Verflechtung würde davon wohl auch der Rest der Welt profitieren. Modellgestützte Analysen kommen jedoch zu teilweise sehr unterschiedlichen Einschätzungen darüber, wie stark und schnell sich diese Übertragungseffekte entfalten. Die Auswirkungen der wirtschaftspolitischen Maßnahmen der neuen US-Regierung auf die Weltwirtschaft sind allein schon schwer zu schätzen, die Unklarheit über die Ausgestaltung der Maßnahmen, aber auch die Modellunsicherheit erschweren dies noch.

Inflation in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften

Die Verbraucherpreise haben in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften zuletzt kräftig angezogen. Maßgeblich hierfür war, dass die Energiepreise deutlich höher liegen als 2016, als sie einen Tiefstand erreicht hatten. Die ohne Berücksichtigung der Energie- und Nahrungsmittelpreise berechneten Kerninflationsraten sind hingegen weiterhin moderat. Da die Ölpreise zuletzt nicht weiter stiegen, stellt sich die Frage, ob die Inflationsraten wieder auf ihr Niveau vor der Ölverteuerung zurückgehen, oder ob sie sich wegen der weltweit besseren Konjunktur wieder in der Höhe der geldpolitischen Zielraten einpendeln. Diese Frage ist für die zu erwartende Ausrichtung der Geldpolitik von erheblicher Bedeutung. Denn die Inflation blieb in fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit der Großen Rezession zumeist deutlich unter den Zielwerten. Die Zentralbanken haben nach Erreichen der Nullzinsgrenze zu unkonventionellen Maßnahmen gegriffen, insbesondere zu Wertpapierankaufprogrammen und zur Forward Guidance – einer gezielten Kommunikation über die längerfristige Ausrichtung der Geldpolitik. Eine nachhaltig höhere Preisdynamik würde eine Normalisierung der Geldpolitik unterstützen.

Dafür dass hinter der jüngst höheren inflationären Dynamik nicht nur ein Ölpreiseffekt steckt, spricht die seit Sommer 2016 deutlich anziehende Weltkonjunktur. Diese ist wohl eine wichtige Ursache für die Verteuerung von Rohöl und Industrierohstoffen, sie dürfte aber auch den Preisdruck in anderen Gütergruppen erhöhen. Gleichwohl sind die Kerninflationsraten bis zuletzt kaum gestiegen. Das ist ein durchaus überraschender Befund, denn zwei wichtige Bestimmungsgrößen sprächen für eine steigende Inflation:1 Die Auslastung der Produktionskapazitäten hat sich in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, und gemessen an den Arbeitslosenquoten dürfte vielerorts – etwa in den USA, in Großbritannien, Japan und Deutschland – zumindest Normalauslastung erreicht sein. Zudem sind im Herbst und im Winter 2016 die mittelfristigen Inflationserwartungen an den Finanzmärkten vielfach gestiegen, nicht zuletzt wegen der von vielen Marktteilnehmern erwarteten wirtschaftspolitischen Impulse in den USA. Auf der Erzeugerstufe scheint die Bereitschaft zu Preiserhöhungen bereits gestiegen zu sein. Wie Umfragen im Auftrag der Europäischen Kommission zeigen, hat ein zunehmender Teil der nichtfinanziellen Unternehmen im Euroraum (und der übrigen EU) vor, in naher Zukunft die Preise zu erhöhen. Dieser der Endverbraucherstufe vorgelagerte Preisdruck sollte sich mit gewisser Verzögerung auch in den Verbraucherpreisen widerspiegeln.

Um die aktuelle Inflationsdynamik besser zu verstehen, wurden in der Gemeinschaftsdiagnose am Beispiel des Euroraums ökonometrische Analysen zu den Erklärungsfaktoren der Inflationsentwicklung vorgenommen. Hierzu verwenden die Institute zwei verschiedene Ansätze, die sich an einer neukeynesianischen Phillipskurve orientieren und die eine Variation der geschätzten Modellparameter über die Zeit hinweg zulassen. Dadurch sind die Modelle in der Lage, strukturelle Änderungen in den Erklärungszusammenhängen zu erfassen. Die Analyse legt den Schluss nahe, dass die niedrigen Inflationsraten in den vergangenen Jahren vor allem eine Folge des Rückgangs der Ölpreise und der niedrigen Kapazitätsauslastungen waren. Der Ölpreis wirkte zum einen direkt über die Energiepreiskomponente, zum anderen indirekt über seinen Einfluss auf die Kerninflation, der sich zeitlich verzögert entfaltet. Der Einfluss der gesamtwirtschaftlichen Auslastung auf die Preisentwicklung scheint quantitativ eher von geringer Bedeutung gewesen zu sein. Eine weitere wichtige Erklärung für die schwache Inflationsdynamik waren rückläufige Inflationserwartungen. 2017 und 2018 dürfte sich die Inflationsrate wieder stärker im Einklang mit den längerfristigen Inflationserwartungen entwickeln; diese lagen zuletzt bei 1,8%. Dies gilt jedenfalls, sofern sich die Ölpreise – wie für die Prognose unterstellt – auf dem jetzigen, wieder etwas höheren Niveau stabilisieren und sich die konjunkturelle Erholung fortsetzt. Der jüngste Ölpreisanstieg wird freilich noch nachwirken, und auch die in den vergangenen Monaten gestiegenen Inflationserwartungen dürften den Preisauftrieb verstärken.

Vorerst weitere Differenzierung der Geldpolitik

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie lange unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen noch zu rechtfertigen sind, denn die Auslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten ist in den großen Volkswirtschaften zumeist in die Nähe des Normalniveaus gestiegen. Die US-Notenbank (Fed) hat deshalb ihre mehrfach verschobene zweite Zinsanhebung am 14.12.2016 vollzogen und am 15.3.2017 einen weiteren Schritt um 0,25 Prozentpunkte beschlossen, sodass sich das Zielband für die Federal Funds Rate nun zwischen 0,5% und 0,75% befindet. Zudem hat die Fed angekündigt, dass sie aus derzeitiger Sicht drei weitere Zinsschritte in diesem Jahr für angemessen hält. Hingegen haben die EZB und die Bank von Japan ihre auf Stimulation ausgerichtete Geldpolitik in der Substanz nicht verändert. Die Leitzinsen wurden jeweils bei Null belassen, und die Wertpapierkaufprogramme, mit denen noch für längere Zeit in großem Umfang Liquidität in die Märkte gepumpt werden soll, werden fortgesetzt.

An den Finanzmärkten haben nach der US-Präsidentschaftswahl zunehmende Inflationserwartungen und die Erwartung einer strafferen Geldpolitik die Renditen auf zehnjährige US-Staatsanleihen deutlich – von 1,8% auf 2,5% – steigen lassen. Bremsend auf die Inflation und damit auch die Zinsen in den USA wirkt derzeit aber die Stärke des US-Dollar. Die Institute rechnen deshalb damit, dass die US-Notenbankzinsen insgesamt nur moderat angehoben werden, sodass das Zielband für die Federal Funds Rate am Ende des kommenden Jahres bei 1,75% bis 2,0% liegen wird. Der Leitzins dürfte damit weiterhin unter der von den Instituten erwarteten Inflation liegen. Der Realzins bleibt also negativ, und die Geldpolitik dürfte in den kommenden beiden Jahren expansiv wirken.

Anders als in den USA dürfte die Inflation im Euroraum, abgesehen von den temporären Effekten der Ölpreisentwicklung, bis auf Weiteres deutlich unter dem Ziel der Notenbank liegen. In Japan ist es der Politik immer noch nicht gelungen, die Preisentwicklung nachhaltig auf einen aufwärtsgerichteten Pfad zu bringen. Vor dem Hintergrund einer weiter nur moderaten konjunkturellen Expansion rechnen die Institute für diese Regionen nicht mit Zinserhöhungen im Prognosezeitraum. Allerdings gibt die jüngste Kommunikation der EZB erste Hinweise auf einen allmählichen geldpolitischen Kurswechsel. In der vorliegenden Prognose wird unterstellt, dass die Anleihekäufe im kommenden Jahr nach und nach beendet werden.

Ausblick

Der Anstieg der Weltproduktion wird sich im Verlauf des Prognosezeitraums voraussichtlich in etwa mit dem zuletzt erreichten Tempo fortsetzen. Für den Jahresdurchschnitt ergibt sich damit für den in diesem Gutachten berücksichtigten Länderkreis eine Zuwachsrate der Produktion nach 2,6% (2016) von 3,0% (2017) und 2,9% im Jahr 2018 (vgl. Tabelle 2).2 Dabei ist die leichte Beschleunigung im laufenden Jahr zu etwa gleichen Teilen auf die konjunkturelle Entwicklung in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften und in den Schwellenländern zurückzuführen. Der Welthandel wird 2017 mit 3,3% voraussichtlich deutlich schneller zunehmen als im vergangenen Jahr (1,2%). Für 2018 erwarten wir eine Expansion in ähnlicher Größenordnung. Gegenüber der Gemeinschaftsdiagnose vom Herbst 2016 haben die Institute damit ihre Prognose für fast alle Regionen angehoben. Der Anstieg der Weltproduktion insgesamt fällt in diesem Jahr um 0,3 Prozentpunkte und im nächsten um 0,2 Prozentpunkte höher aus.

Tabelle 2
Reales Bruttoinlandsprodukt (BIP), Verbraucherpreise und Arbeitslosenquote in der Welt
  Gewicht (BIP) in % Bruttoinlandsprodukt Verbraucherpreise Arbeitslosenquote
Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in % in %
2016 2017 2018 2016 2017 2018 2016 2017 2018
Europa 29,8 1,7 1,8 1,8 1,1 2,2 2,0      
EU28 25,1 1,8 1,9 1,7 0,3 1,7 1,7 8,6 7,5 7,2
Schweiz 1,0 1,3 1,5 1,8 -0,4 0,3 0,4 4,6 4,6 4,7
Norwegen 0,6 0,9 1,3 1,6 3,6 2,4 2,2 4,7 4,4 4,2
Türkei 1,1 1,8 1,7 3,4 7,8 9,0 7,5      
Russland 2,0 -0,2 1,3 1,5 7,1 5,0 4,5      
Amerika 36,8 1,1 2,0 2,3            
USA 27,7 1,6 2,3 2,3 1,2 2,4 2,4 4,9 4,7 4,6
Kanada 2,4 1,4 2,0 2,0 1,4 1,8 1,8 7,0 6,9 6,8
Lateinamerika1 6,7 -0,9 1,0 1,9            
Asien 33,4 5,0 5,0 4,8            
Japan 6,3 1,0 1,2 1,0 -0,1 0,6 0,6 3,1 3,0 2,9
China ohne Hongkong 17,2 6,7 6,7 6,2            
Südkorea 2,1 2,7 2,6 2,8 1,0 1,7 1,8 3,7 3,6 3,5
Indien 3,2 7,5 7,2 7,5            
Ostasien ohne China2 4,6 3,6 3,7 3,8            
Insgesamt3 100,0 2,6 3,0 2,9            
Fortgeschrittene Volkswirtschaften4 67,0 1,7 2,0 1,9 0,8 1,9 1,9 6,3 5,7 5,5
Schwellenländer5 33,0 4,5 4,9 4,9            
Nachrichtlich:                    
Exportgewichtet6   2,1 2,4 2,3            
Kaufkraftgewichtet7   3,1 3,5 3,5            
Welthandel8   1,2 3,3 3,2            

1 Gewichteter Durchschnitt aus Brasilien, Mexiko, Argentinien, Venezuela, Kolumbien, Chile. Gewichtet mit dem BIP von 2015 in US-Dollar.

2 Gewichteter Durchschnitt aus Indonesien, Taiwan (Provinz Chinas), Thailand, Malaysia, Singapur, Philippinen, Hongkong (Sonderverwaltungszone Chinas). Gewichtet mit dem BIP von 2015 in US-Dollar.

3 Summe der aufgeführten Ländergruppen. Gewichtet mit dem BIP von 2015 in US-Dollar.

4 EU28, Schweiz, Norwegen, USA, Kanada, Japan, Südkorea, Taiwan, Singapur, Hongkong (Sonderverwaltungszone Chinas).

5 Russland, Türkei, China ohne Hongkong, Indien, Indonesien, Thailand, Malaysia, Philippinen, Lateinamerika.

6 Summe der aufgeführten Ländergruppen. Gewichtet mit den Anteilen an der deutschen Ausfuhr 2016.

7 Summe der aufgeführten Ländergruppen. Gewichtet mit dem BIP von 2015 zu Kaufkraftparitäten.

8 Warenhandel. Wert für 2016 von CPB.

Quellen: IWF; Eurostat; OECD; CPB: Netherlands Bureau of Economic Policy Analysis; Berechnungen der Institute; 2017 und 2018: Prognose der Institute.

  • 1 Vgl. dazu auch M. Cicarelli, C. Osbat: Low Inflation in the euro area: Causes and Consequences, ECB Occasional Paper Series, Nr. 181, 2017.
  • 2 Die Weltproduktion ergibt sich dabei durch Gewichtung der Produktion in den einzelnen Ländern mit ihrem BIP im Jahr 2015 in US-Dollar.

Title:Upturn in Germany Strengthens in Spite of Global Economic Risks

Abstract:The German economy is already in the fifth year of a moderate upturn, which will continue in 2018. Global economic activity is also expanding rapidly. The increase in economic policy uncertainty seems to have few adverse effects on the world economy. The economic policy agenda of the new US government carries both risks and opportunities for the economic outlook for the US and the world. The Joint Economic Forecast predicts consumer prices in advanced economies to increase by 1.9% in 2018 and expects a change in the ECB’s policy.


DOI: 10.1007/s10273-017-2126-1