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Die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit gehört zu den grundlegenden staatlichen Aufgaben. Diese öffentlichen Güter werden über die öffentlichen Haushalte und damit über das Steuersystem finanziert und haben damit in der Haushaltsplanung eine wichtige Stellung. Aktuell werden für Deutschland mögliche Mehrbelastungen durch höhere Verteidigungsausgaben diskutiert, gleichzeitig werden Ausrüstungsdefizite der Bundeswehr beklagt. Die Forderungen der USA nach höheren Beiträgen zum Bündnis sowie die neuen sicherheitspolitischen Bedrohungen insbesondere durch Russland erhöhen den Druck nach zusätzlichen Ausgaben.

Die Forderung nach einer Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf 2 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP), die insbesondere auch US-Präsident Trump immer wieder vorbringt, basiert auf einem entsprechenden Ziel des NATO-Verteidigungsbündnisses. Auch wenn die Marke keine oder zumindest eine umstrittene rechtliche Verbindlichkeit hat, ist sie doch politisch von hoher Bedeutung.1 Die Größe wird weltweit durchschnittlich übertroffen (vgl. Abbildung 1): Insgesamt werden 2,2 % des Weltinlandsprodukts für militärische Zwecke ausgegeben.2 Der größte Anteil unter den großen Ländern wird mit 5,4 % des BIP von Russland aufgebracht. In den USA sind es 3,3 %. Von den großen europäischen Ländern liegt Frankreich mit 2,3 % knapp darüber, Großbritannien mit 1,8 % des BIP knapp darunter. Die EU insgesamt liegt mit 1,5 % deutlich darunter, Deutschland kommt auf 1,2 %. In Asien zeigt sich das militärische Engagement Chinas in einem Anteil von 1,9 % des BIP, während Japan gerade einmal 0,9 % für militärische Zwecke ausgibt.

Abbildung 1
Militärausgaben 2016
Anteil am Bruttoinlandsprodukt, US-Dollar in Preisen von 2010
Militärausgaben 2016

Quellen: Weltbank; Institut der deutschen Wirtschaft.

Die Veränderung im Zeitablauf zeigt vor allem, wie sich das Ende des Kalten Krieges auf die jeweiligen Militärausgaben ausgewirkt hat (vgl. Abbildung 2). Die deutschen Verteidigungsausgaben sanken von 1990 bis 1994 schnell von rund 60 Mrd. US-$ auf rund 45 Mrd. US-$ in Preisen von 2010 und verblieben seitdem real auf diesem Niveau. Der Rückgang von rund einem Viertel des Budgets ist größer als in den anderen vergleichbaren Ländern, wobei für die früheren Ostblockstaaten keine ausreichenden Daten vorliegen. Insgesamt beläuft sich die deutsche Friedensdividende in Form von reduzierten Verteidigungsaufgaben gegenüber 1990 auf 419 Mrd. US-$. Ohne diesen Rückgang, wäre also das Verteidigungsbudget heute wieder auf dem absoluten Niveau von 1990, müsste der Verteidigungshaushalt um ein Drittel ansteigen und damit um fast 13 Mrd. Euro auf 50 Mrd. Euro erhöht werden. Dies würde dann einem Anstieg auf 1,5 % des BIP entsprechen, was immer noch deutlich unter der 2 %-Marke liegen würde.

Abbildung 2
Entwicklung der Militärausgaben
Entwicklung der Militärausgaben

Quellen: Weltbank; Institut der deutschen Wirtschaft.

Gegen Ende der 1980er Jahre hatten Großbritannien und Frankreich ähnlich hohe Militärbudgets wie Deutschland. Großbritannien hatte seine Ausgaben zunächst in vergleichbarem Umfang wie Deutschland reduziert, sie dann aber wieder auf rund 50 Mrd. US-$ (in Preisen von 2010) angehoben, wodurch sie derzeit gut 12 % über dem deutschen Niveau liegen. Zwischenzeitlich kam es jedoch zu erheblichen Mehrausgaben, sodass das Budget in den Jahren 2008 bis 2011 bei annähernd 60 Mrd. US-$ und damit praktisch wieder auf dem Niveau des Kalten Kriegs lag. Dieser zwischenzeitliche Anstieg ist im Wesentlichen auf die Einsätze in Afghanistan und im Irak zurückzuführen. Während Großbritannien zumindest zeitweise eine Friedensdividende in Form von niedrigeren Verteidigungsausgaben verzeichnen konnte, war das französische Budget vom Ende des Kalten Krieges praktisch nicht berührt. Die Verteidigungsausgaben liegen seit den 1980er Jahren etwa bei 60 Mrd. US-$, im Regelfall eher darüber.

Auch in der zeitlichen Entwicklung zeigt sich die anhaltende Dominanz der USA. Hier wurden in den späten 1980er Jahren bis zu annähernd 490 Mrd. US-$ für militärische Zwecke ausgegeben. Bis Ende der 1990er Jahre ging dieser Wert deutlich zurück und erreichte einen Tiefpunkt von gut 350 Mrd. US-$. Die Kriege in Afghanistan und dem Irak führten innerhalb einer Dekade zu einer Verdoppelung der realen Militärausgaben auf 700 Mrd. US-$, nominal war der Anstieg mit über 150 % noch höher. Inzwischen wurden die Ausgaben auf ein Niveau von rund 550 Mrd. US-$ etwas zurückgefahren. Gleichzeitig nahmen in Russland und vor allem in China die Militärbudgets deutlich zu. China steigerte sein Budget von 20 Mrd. US-$ 1990 auf inzwischen über 180 Mrd. US-$; in Russland beläuft es sich nach einem Tiefstand von unter 24 Mrd. US-$ 1998 zuletzt auf fast 90 Mrd. US-$. Der kontinuierliche Zuwachs in beiden Ländern korrespondiert mit ihren außenpolitischen Ansprüchen und Machtbestrebungen.

Gemessen am BIP sind die Militärausgaben seit den frühen 1980er Jahren deutlich zurückgegangen. Seit den frühen 2000er Jahren kam es in den meisten Ländern zu einer Verstetigung. So sank die Quote in Großbritannien von rund 4 % in den 1980er Jahren auf inzwischen rund 2 % ab. Am aktuellen Rand wurde der 2 %-Wert aber auch hier unterschritten. Frankreich zeichnete ein sehr ähnliches Bild. Hier war der Ausgangswert etwas niedriger, der heutige mit 2,3 % hingegen etwas höher, sodass der Rückgang insgesamt moderater war. Seit der Jahrtausendwende ist der Anteil der Militärausgaben am französischen BIP praktisch konstant.

Deutschland bewegte sich in die gleiche Richtung. Anfang der 1980er Jahre lagen die Verteidigungsausgaben noch bei knapp unter 3 % des BIP, 1992 wurde die 2 %-Marke unterschritten. Seit gut zehn Jahren bewegt sich die Quote in Deutschland nun zwischen 1,2 % und 1,3 %. Würde man in Deutschland Großbritannien oder Frankreich als Referenz für eine angemessene Quote der Militärausgaben am BIP heranziehen, müsste der Verteidigungshaushalt 50 % bis 90 % höher liegen als heute. Dies würde einem Zuwachs um 19 Mrd. Euro oder 33 Mrd. Euro auf 56 Mrd. Euro bzw. 70 Mrd. Euro entsprechen.

Der weitaus größte Teil der Militärausgaben ist im Verteidigungshaushalt, Einzelplan 14, zusammengefasst. Seit 2005 ist dabei ein deutlicher Zuwachs festzustellen. 2005 umfasste der Einzelplan 14 noch 23,9 Mrd. Euro, 2017 standen 37,0 Mrd. zur Verfügung. Auch für die Zukunft ist eine Ausweitung geplant. In der mittelfristigen Finanzplanung sind für 2022 42,7 Mrd. Euro vorgesehen. Deutliche Anstiege sind dabei vor allem zwischen 2016 und 2019 geplant, mit einem Gesamtanstieg von gut 8,6 Mrd. Euro in drei Jahren. Für die darauf folgenden Jahre ist jedoch wieder ein nominal weitgehend konstanter Verteidigungshaushalt bestimmt.

Problematisch ist auch die Struktur der Militärausgaben. Gemessen an der NATO/SIPRI-Abgrenzung fällt ein Rückgang in zwei Kategorien auf (vgl. Abbildung 3). 2010 wurden noch 52,7 % der Gesamtausgaben für Personal aufgebracht.3

Abbildung 3
Struktur der gesamten Militärausgaben in Deutschland
Anteile der Hauptkategorien nach NATO/SIPRI-Definition
Struktur der gesamten Militärausgaben in Deutschland

Anteile der Hauptkategorien nach NATO/SIPRI-Definition

Quelle: NATO, 2018.

Die Aussetzung der Wehrpflicht zum 1.1.2011 hat in den Personalausgaben keine sichtbaren Einschnitte mit sich gebracht. Der weitere Rückgang des Personals von 192 000 (2012) auf 180 000 (2017) – nach einem zwischenzeitlichen Minimum von 177 000 – korrespondiert mit den sinkenden Personalkostenanteilen, die 2017 auf 48,8 % der gesamten Militärausgaben gesunken sind.

Noch deutlicher war die Schrumpfung der Ausrüstung an den gesamten Militärausgaben. 2010 lagen sie bei 17,6 %, 2015 wurde ein Minimum von 11,9 % erreicht. Der Anteil der Ausrüstung war in diesem Zeitraum um rund ein Drittel zurückgegangen. Die zahlreichen beklagten Ausrüstungsmängel sprechen dafür, dass hier kritische Mindestgrößen unterschritten worden sind. Erst am aktuellen Rand kam es wieder zu einem gewissen Anstieg der Ausrüstung auf nunmehr 13,8 % der Militärausgaben. Deutlich angestiegen sind im Gegensatz dazu die sonstigen Ausgaben – von 27,2 % (2010) auf 33,6 % (2017). Darin enthalten sind auch Verwaltungsausgaben. Gemessen am Bundeshaushalt sind die Anteile der sachlichen Verwaltungsausgaben (die Personalausgaben für Verwaltungsaufgaben sind darin nicht berücksichtigt) von 3,1 % (2005) über 3,6 % (2010) auf 6,0 % (2017) angestiegen und haben sich in ihrer Bedeutung damit in zwölf Jahren praktisch verdoppelt.

Der geplante Anstieg der Verteidigungsausgaben wird an der Relation zur Wirtschaftsleistung nichts Wesentliches ändern (vgl. Abbildung 4).

Abbildung 4
Verteidigungshaushalt und Militärausgaben in Deutschland
Anteil am Bruttoinlandsprodukt
Verteidigungshaushalt und Militärausgaben in Deutschland

Anteil am Bruttoinlandsprodukt

Ab 2018: eigene Schätzung; nominales Wirtschaftswachstum 3 %, konstanter Wechselkurs von 2017, paralleles Wachstum der weiteren Militärausgaben nach NATO/SIPRI-Definition.

Quellen: Weltbank; NATO; Haushaltspläne; mittelfristige Finanzplanung; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen.

Die bisher geplante Fortsetzung der Ausgabensteigerung wird unter der Annahme eines nominalen BIP-Wachstums von 3 % im Jahr dazu führen, dass die Quote des Verteidigungshaushalts 2019 bei 1,24 % des BIP liegen wird. Anschließend ist mit einem erneuten Rückgang auf 1,13 % bis zum Ende der mittelfristigen Finanzplanung 2022 zu rechnen.

Die für die internationale Diskussion wichtigere Kennziffer ist der Anteil der Militärausgaben am BIP gemäß der von der NATO vorgenommenen Abgrenzung. Dieser Wert liegt systematisch etwas höher als der reine Verteidigungshaushalt, entwickelt sich typischerweise aber parallel. 2022 wird der Anteil der Militärausgaben am BIP nach der aktuellen mittelfristigen Finanzplanung des Verteidigungshaushalts auf 1,33 % schrumpfen. Darin ist bereits unterstellt, dass die anderen Teile der Militärausgaben genauso schnell wachsen wie der Haushalt des Verteidigungsministeriums.

Die Frage nach einer gerechten Lastenverteilung ist ein seit längerem schwelender Verteilungskonflikt innerhalb des nordatlantischen Verteidigungsbündnisses, der auch den Charakter des öffentlichen Gutes widerspiegelt. Zuletzt ist er durch die scharfen Forderungen von US-Präsident Trump an die Bündnispartner und insbesondere an Deutschland sehr viel akuter geworden. Bisher ist die Marke von 2 % des BIP für Militärausgaben das angestrebte Ziel, über dessen Verbindlichkeit es unterschiedliche Vorstellungen gibt. Eine alternative Bemessung der Militärausgaben als Wert pro Kopf der Bevölkerung wäre für Deutschland noch nachteiliger. Ob andere Formen der Lasttragung wie die Einbindung in internationale Einsätze helfen werden, die finanziellen Forderungen abzuwehren, bleibt abzuwarten. Klar ist aber, dass Deutschland seit vielen Jahren eine unterdurchschnittliche Entwicklung der Verteidigungsausgaben verzeichnet. Keines der großen Länder hat eine ähnlich hohe Friedensdividende im Sinne von sinkenden Militärausgaben nach dem Ende des Kalten Krieges realisiert und dauerhaft beibehalten. Schon vorher war die finanzielle Belastung Deutschlands nicht übermäßig groß. Ausstattungsmängel und eine sich verändernde Sicherheitslage mit einem militärisch expansiven Russland und den USA, die sich tendenziell aus ihrem europäischen Engagement zurückziehen, sprechen auch materiell dafür, dass es in Zukunft zu wieder zunehmenden Verteidigungsausgaben kommen wird. Die mittelfristige Finanzplanung des Bundes spiegelt das bisher nur sehr eingeschränkt wider.

*Dieser Aufsatz basiert auf H. Bardt: Verteidigungsausgaben in der (wirtschafts-)politischen Diskussion, IW policy paper 12/2018, Köln 2018.

  • 1 NATO: Wales Summit Declaration - Issued by the Heads of State and Government participating in the meeting of the North Atlantic Council in Wales, Brüssel 2014, https://www.nato.int/cps/ic/natohq/official_texts_112964.htm (28.06.2018); Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestags: Kurzinformation – Zur Entstehungsgeschichte und rechtlichen Bindungswirkung der Zwei-Prozent-Zielvorgabe der NATO für den Anteil der nationalen Verteidigungsausgaben am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt, Berlin 2017, https://www.bundestag.de/blob/505886/e86b5eecc480c0415bff0d131f99789f/wd-2-034-17-pdf-data.pdf (28.06.2018).
  • 2 SIPRI – Stockholm International Peace Research Institute: Armaments, Disarmament and International Security, SIPRI Yearbook 2017, Stockholm 2017.
  • 3 NATO: Defence Expenditure of NATO Countries (2010-2017), Brüssel 2018.

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DOI: 10.1007/s10273-018-2351-2

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