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Dieser Beitrag ist Teil von Die ökonomischen Bedingungen einer neuen Sicherheitsarchitektur für Deutschland und Europa

„Der Frieden ist nicht alles, aber alles ist ohne den Frieden nichts.“ Diese Worte des früheren deutschen Bundeskanzlers Willy Brandt von November 1981 haben seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, welcher Deutschland aus seiner verteidigungspolitischen Lethargie gerissen hat, wieder erschreckende Aktualität erlangt. Nach der Zeitenwende-Rede von Olaf Scholz im Februar 2022, in welcher auch er das Brandt-Zitat bemühte, folgte das 100 Mrd. Euro Sondervermögen „Bundeswehr“, mit welchem dem großen Investitionsstau bei den deutschen Streitkräften abgeholfen werden sollte. Der Soll-Ansatz des regulären Etats des Bundesministeriums der Verteidigung, der Einzelplan 14, lag jedoch 2024 mit knapp 52 Mrd. Euro nur 2,7 % über dem des Jahres 2022 (Bundeshaushaltsplan 2024, S. 5), während die Inflation im selben Zeitraum mehr als 13 % betrug. Kaufkraftbereinigt sank demnach das für die laufenden Ausgaben verfügbare Bundeswehrbudget. Die verkündete Zeitenwende entpuppte sich somit bei näherer Betrachtung als „Momentenblende“; Forderungen des Verteidigungsministers, der Wehrbeauftragten und vieler anderer nach einer signifikanten Erhöhung auch des regulären Wehretats liefen ins Leere.

Es bedurfte erst des medial viel rezipierten Eklats zwischen US-Präsident Trump und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj am 28. Februar 2025 im Weißen Haus, um den Europäern und damit auch Deutschland vor Augen zu führen, dass die bisherigen Anstrengungen zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit nicht ausreichen, um sich einer etwaigen militärischen Aggression Russlands auch ohne die bis dato als selbstverständlich angesehene US-Unterstützung erwehren zu können. Die seitdem geführte verteidigungspolitische Debatte ist facettenreich.

Truppenstärke und Wehrpflicht

Während die Jahresdurchschnittsstärke aktiver Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr im geteilten Deutschland der Jahre 1974 bis 1989 stabil bei knapp 500.000 lag, betrug sie 2024 nur 180.876 und lag damit sogar unterhalb des Niveaus von 2020 mit 183.969 Soldaten (Deutscher Bundestag, 2025, S. 156–157). Eine Aufstockung der Bundeswehr gilt angesichts der europäischen Sicherheitsbedrohungen als unerlässlich. Größere Verteidigungskapazitäten erhöhen die nationale Sicherheit und stärken Deutschlands Position in internationalen Bündnissen wie der NATO, der zunehmend wichtiger werdenden Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU (GSVP) oder auch der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (engl. Permanent Structured Cooperation, PESCO). Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang die deutsche Bevölkerung eine Truppensteigerung präferiert, liefert das diskrete Entscheidungsexperiment von Qari et al. (2024) interessante Einsichten. Befragt wurden rund 1.800 Personen in Deutschland, die in Bezug auf Alter, Geschlecht und Region bevölkerungsrepräsentativ waren, zu ihrer monetären Wertschätzung für Sicherheit und nationale Verteidigung. Im Vergleich mit dem Status quo oder einer Anhebung um 50 % wird demnach eine Steigerung der Truppenstärke um 25 % auf knapp 230.000 Soldat:innen favorisiert. Der Wert, den die Bevölkerung dieser Erhöhung der Sollstärke an zusätzlicher Verteidigungsfähigkeit beimisst, beträgt rund 3,4 Mrd. Euro.

Operativ gestaltet sich eine Anhebung der Truppenstärke jedoch problematisch, da schon die aktuelle Sollstärke der Bundeswehr nicht erreicht werden kann. Ende 2024 lag der Anteil unbesetzter Dienstposten bei fast 20 %, bei den Mannschaftsdienstgraden sogar bei 28 % (Deutscher Bundestag, 2025, S. 10). Neben Vakanzen durch Ausbildung und Elternzeit gilt vor allem der allgemeine Personalmangel als Ursache.

Vor diesem Hintergrund wird eine Wiedereinführung der Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes, sprich Wehrpflicht, diskutiert. Da diese seit Sommer 2011 nur ausgesetzt ist, aber de iure nicht abgeschafft wurde, wäre hierfür ein einfacher Parlamentsbeschluss ausreichend. Zaghafte Vorstöße zur Einführung einer Wehrpflicht nach schwedischem Vorbild hatte Boris Pistorius bereits 2024 unternommen, und die Union spricht sich mittlerweile für eine umfassende Wiedereinführung aus. Aktuelle Umfragen zeigen, dass dies von einer Mehrheit der Deutschen gestützt wird: 58 % sind für eine Wehrpflicht, 34 % dagegen (YouGov, 2025). Die Umsetzung einer Wiedereinführung erweist sich jedoch als kompliziert. Im Vergleich zu 2011 hat die Bundeswehr 130 Standorte weniger, könnte also neu einberufene Rekruten (bei denen es sich ohne Grundgesetzänderung ohnehin nur um Männer handeln kann) nur schwer unterbringen, zumal bereits jetzt in den Kasernen Raummangel herrscht. Dazu kommt, dass Kasernen und Liegenschaften teils in einem „desaströsen Zustand“ sind; die Bundeswehr schätzt den Gesamtinvestitionsbedarf im Bereich Infrastruktur 2024 auf etwa 67 Mrd. Euro – Kosten für Erwerb oder Bau neuer Liegenschaften kämen hinzu (Deutscher Bundestag, 2025, S. 11). Ein weiteres großes Hindernis ist die damalige Abschaffung aller Kreiswehrersatzämter. Diese Ämter waren für Erfassung und Musterung wehrfähiger Männer zuständig. In Ermangelung vergleichbarer Strukturen hat die Bundeswehr momentan weder Überblick noch Möglichkeiten, einen Wehrjahrgang zu mustern und in Teilen einzuziehen.

Neben all diesen administrativen Problemen gilt es auch eine Reihe ökonomischer Aspekte zu berücksichtigen, die allesamt eher gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht sprechen. So ist die mehrheitliche Zustimmung zur Wehrpflicht nicht mehr gegeben, wenn diese und andere verteidigungspolitische Maßnahmen mit einem „Preisschild“ versehen sind und den Befragten bei der Umsetzung dadurch direkte Kosten etwa in Form höherer individueller Steuerzahlungen entstehen würden. Unter den Befragten ihres Entscheidungsexperiments zur Steigerung von Deutschlands Verteidigungsfähigkeit identifizieren Qari et al. (2024) vier verschiedene Präferenzklassen: Die erste Klasse, die rund 35 % ausmacht, ist charakterisiert durch vergleichsweise hohe Grenzzahlungsbereitschaften für verschiedene verteidigungspolitische Maßnahmen. Für die Wiedereinführung der Wehrpflicht liegt diese bei 135 Euro, so dass diese entsprechend positiv gesehen wird. In der Tendenz sind die Befragten mit solch höherer Zahlungsbereitschaft politisch in der Mitte zu verorten, älter, männlich und Dank eines Hochschulabschlusses auch besser gebildet. Zwei weitere Präferenzklassen sind charakterisiert durch geringe Grenzzahlungsbereitschaften (16 % der Befragten) bzw. keine Grenzzahlungsbereitschaft (27 %). Die ökonomische Wertschätzung für die Wehrpflicht ist bei diesen Klassen, die 43 % aller Personen ausmachen, gleich Null. Bemerkenswert ist schließlich die vierte Klasse (22 %), die je nach zu bewertender verteidigungspolitischer Maßnahme sehr unterschiedliche Grenzzahlungsbereitschaften aufweist und im Falle der Wiedereinführung der Wehrpflicht einen drastischen individuellen monetären Wohlfahrtsverlust von 377 Euro je Jahr erleiden würde. Entsprechend lehnt sie die Wehrpflicht ab. Eine Analyse sozioökonomischer Charakteristika zeigt, dass es sich hierbei vor allem um jüngere Befragte sowie im Hinblick auf parteipolitische Präferenzen um Unterstützer:innen des Bündnis90/Die Grünen, der Linkspartei und der SPD handelt (Lohse et al., 2023). Die Gründe der Ablehnung können vielfältig sein. Für die potenziell Wehrpflichtigen selbst sind vor allem die individuellen Kosten entscheidend, wie der um mindestens die Dauer des Wehrdienstes verzögerte Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums, eine Unterbrechung der Berufslaufbahn sowie ein Wehrsold, der per Gesetz unter dem Marktlohn liegt.

In einem Modell überlappender Generationen vergleichen Adema et al. (2025) die volkswirtschaftlichen Kosten einer solchen Wehrpflichtarmee mit denen einer freiwilligen Armee. Letztere müsste zur Erreichung derselben Truppenstärke ein marktübliches Gehaltsniveau offerieren. Statt hoher individueller Kosten würden dann vor allem hohe fiskalische Kosten anfallen, die durch die gesamte Gesellschaft und somit gleichmäßiger getragen werden müssten. Je nach Zielgröße der angestrebten Truppenaufstockung prognostizieren Adema et al. (2025), dass durch eine Wiedereinführung der Wehrpflicht das Bruttonationaleinkommen (BNE) um bis zu 70 Mrd. Euro jährlich zurückgehen kann. Die mit einer freiwilligen Armee einhergehende Abnahme des BNE schätzen sie hingegen auf maximal 37,4 Mrd. Euro. Adema et al. (2025) stufen die Wehrpflicht daher als volkswirtschaftlich zu teuer ein. Konrad und Thum (2024) kommen zu einer ähnlichen Einschätzung.

Choulis et al. (2021) erweitern den Blickwinkel um eine staatspolitische Dimension: Durch eine Wehrpflicht werde zwar die gesellschaftliche Akzeptanz des Militärs erhöht, das Vertrauen in andere staatliche Institutionen würde jedoch sinken, während umgekehrt die Abschaffung einer Wehrpflicht das Vertrauen in andere Institutionen stärken würde (Bove et al., 2024). Hauptgrund für diese vor allem in postsozialistischen Ländern zu beobachtende Einstellung ist die mit der Wehrpflicht einhergehende Schaffung einer Militärkultur, die dazu führt, dass dem Militär ein höheres Vertrauen als anderen Institutionen entgegengebracht wird. Dennoch stellt sich die Frage, ob diese Ergebnisse internationaler Vergleiche auf Deutschland übertragbar sind, wo historisch der „Staatsbürger in Uniform“ Leitbild einer gesellschaftlich verankerten Bundeswehr war.

Externalisierung von Verteidigung

Qari et al. (2024) untersuchen weitere Maßnahmen zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit, die sich als deutlich populärer erweisen als die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Der Sicherheitsgewinn durch die Schaffung einer europäischen Armee, in die Teile bestehender nationaler Streitkräfte überführt würden, wird mit rund 3 Mrd. Euro bewertet. Noch größeren Zuspruch unter den vor dem aktuellen Bundestagsbeschluss Befragten findet die Schaffung eines Schutzschirms gegen Luftangriffe, welchem ein Wert von 6,8 Mrd. Euro beigemessen wird, sofern er nur für Deutschland geschaffen würde, und sogar 7,2 Mrd. Euro, wenn es sich um eine europäische Lösung handeln würde. Börger et al. (2025) analysieren die Determinanten dieser Bewertung. Eine stärkere Wahrnehmung von außenpolitischen Bedrohungen erhöht die Zahlungsbereitschaften für diese Maßnahmen, wohingegen Befragte, die sich durch innenpolitische Gefahren bedroht sehen, eine besonders geringe Wertschätzung angeben.

Außerdem belegen diese Ergebnisse einen Trend: Die Aufrüstung zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit wird von der Bevölkerung besonders dann hoch bewertet, wenn sie externalisiert werden kann, sei es technologisch durch (automatisierte) Verteidigungssysteme oder institutionell durch Kooperation mit anderen Staaten. Letzteres war über lange Zeit Deutschlands präferierte Verteidigungsstrategie, die jedoch spätestens mit der Amtsübernahme des neuen (und alten) US-Präsidenten Donald Trump ein Ende fand.

Angesichts der oben skizzierten Herausforderungen, welche die Wehrpflicht mit sich bringt, bleibt damit als weitere Option die Steigerung der Verteidigungsfähigkeit durch technologischen Fortschritt und automatisierte Systeme. Besonders dringlich ist der Ausbau der stationären und mobilen Luftverteidigung. Der maritime Schutz erlangt ebenfalls große Bedeutung, insbesondere aufgrund der wiederholten Beschädigungen kritischer Infrastruktur in der Ostsee, die Deutschlands Wehrlosigkeit offenbart haben. In diesem Zusammenhang sind sowohl Über- als auch Unterwasserüberwachungssysteme dringend erforderlich. Der Krieg in der Ukraine unterstreicht zudem die Bedeutung bewaffneter Drohnensysteme, sowohl in der Luft als auch unter Wasser. Diese Systeme sind insbesondere für Deutschland und andere westliche Staaten mit ungünstiger Demografie von Interesse, da sie weniger personalintensiv sind. Ein zentraler Aspekt ist jedoch, dass anders als bei klassischen Waffensystemen, die beschafft und dank intensiver Wartung dann über Jahrzehnte genutzt werden können, die reine Beschaffung von Drohnen nicht zielführend ist. Aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts besteht vielmehr die Notwendigkeit des Aufbaus von Just-in-Time-Produktionskapazitäten, die im Bedarfsfall aktuelle Modelle in ausreichender Anzahl bereitstellen können.

Zusätzlich zu diesen hardwareorientierten Maßnahmen zur Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit spielt auch die Software eine entscheidende Rolle. Die digitale Ertüchtigung und Vernetzung ist eine vordringliche Aufgabe für die Bundeswehr. „Software Defined Defence“ soll die Fähigkeit zur Zusammenarbeit der Systeme mit- und untereinander steigern und so die Leistungsfähigkeit der Truppe signifikant erhöhen (BMVg et al., 2023). Auch wird der Schutz vor Cyberangriffen immer wichtiger, wobei im Cyberraum die Grenzen zwischen staatlichen und privaten Maßnahmen verschwimmen, was weitere Herausforderungen mit sich bringt.

Die Frage der Finanzierung

Bei all diesen Herausforderungen stellt sich die Frage, wie eine ausreichende Mittelbereitstellung für die erforderlichen Maßnahmen gesichert werden kann. Der reguläre Haushaltsansatz reicht, wie oben erläutert, nicht aus. Grundsätzlich sind drei Finanzierungsstrategien (auch in Kombination) denkbar:

Erstens, eine Neupriorisierung von Ausgaben samt Budgetkonsolidierung, um bei gegebenem fiskalischen Rahmen Ausgabenspielräume zu schaffen. Zweitens, eine Vergrößerung des fiskalischen Rahmens durch höhere Abgaben oder, drittens, durch zusätzliche Staatsverschuldung.

In einer Analyse der 25 europäischen NATO-Staaten zeigen Dorn et al. (2024), dass die meisten Länder das 2 %-Ziel der NATO im Jahr 2023 erreicht hätten, wenn sie im Sinne der ersten Finanzierungsstrategie lediglich knapp 1 % ihrer Staatsausgaben aus anderen Politikbereichen in die Verteidigung verlagert hätten.

Deutschland hat sich hingegen für die dritte Strategie entschieden: Im Sommer 2022 wurde das Sondervermögen „Bundeswehr“ geschaffen, und in seiner allerletzten Sitzung am 18. März 2025 hat der 20. Deutsche Bundestag via Grundgesetzänderung eine Anpassung der Schuldenbremse und damit eine (potenziell grenzenlose) Schuldenfinanzierung derjenigen Ausgaben für Verteidigung beschlossen, die 1 % des BIP übersteigen. Eine solche Schuldenfinanzierung öffentlicher Güter gilt im Vergleich zu Haushaltskürzungen oder Steuererhöhungen gemeinhin als populärer.

Bolouri et al. (2025) untersuchen diesen (Irr-)Glauben mithilfe von Daten eines Entscheidungsexperiments zur Finanzierung gesteigerter Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Die Ergebnisse offenbaren eine starke Wechselwirkung zwischen Ausgaben- und Finanzierungspräferenzen: Befragte, die eine Steigerung der Verteidigungsbereitschaft sehr hoch bewerten, tendieren dazu, eine defizitneutrale Haushaltsführung zu unterstützen und Steuererhöhungen zur Finanzierung zu bevorzugen. Umgekehrt präferieren diejenigen, für die eine Steigerung der Verteidigungsfähigkeit zu geringen Wohlfahrtsgewinnen führt, eine Schuldenfinanzierung, um so eine sofortige Kostenübernahme zu vermeiden.

In Analogie zu Studien, die Präferenzen für Schuldenabbau untersuchen (Aspide et al., 2023), präferieren Ältere eher eine Schuldenfinanzierung, während Jüngere eher auf Budgetkonsolidierung und Steuererhöhungen setzen. Überhaupt sprechen sich 54 % aller repräsentativ Befragten zuvorderst für eine Budgetkonsolidierung aus; eine Budget­ausweitung bzw. eine Mischung aus Konsolidierung und Ausweitung sind mit 14 % bzw. 32 % deutlich unbeliebter.

Besonders interessant sind die Präferenzen für den Fall, dass es zu einer Ausweitung des Budgets zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit kommt: Dreiviertel sind für eine zumindest teilweise Steuerfinanzierung, wie z. B. einen Bundeswehr-Soli. Eine reine Schuldenfinanzierung stützen hingegen nur 23 % der Befragten. Vor diesem Hintergrund erscheint der aktuelle Beschluss des Bundestages zur Reform der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben andere Präferenzen widerzuspiegeln. Um die damit einhergehende zusätzliche Schuldenlast zu bewältigen, gilt es, mittelfristig Ausgaben zu priorisieren, Steuern zu erhöhen und Subventionen zu reduzieren sowie das Wachstum der Sozialausgaben zu begrenzen (Marzian & Trebesch, 2025).

Unerlässliche Effizienzsteigerungen

Die aktuell und zukünftig geführten inputorientierten Debatten um Verteidigungsausgaben und Anhebungen der NATO-Quote sind jedoch nur begrenzt sinnvoll. Ziel aller Anstrengungen sollte es vielmehr sein, den Output, d. h. die Verteidigungsfähigkeit zu verbessern.

Zum einen nützt die bestausgestattete Armee nichts, wenn die Streitkräfte nicht schnell genug an den richtigen Ort gebracht werden können. Der EU-Aktionsplan 2.0 zur militärischen Mobilität vom November 2022 zielt daher darauf ab, eine zügige und nahtlose Bewegung von Soldaten und Material innerhalb und außerhalb der EU sicherzustellen. Hiermit einher geht der dringende Appell zur Ertüchtigung der Transportinfrastruktur, was nach Auffassung des Europäischen Rechnungshofes (2025) viel zu schleppend erfolgt, erst recht in Deutschland, das logistisch als Drehscheibe fungieren würde.

Zum anderen scheint viel Geld alleine nicht immer zum Ziel zu führen. Der Umstand, dass für 2024 über 4,6 Mrd. Euro der aus dem Verteidigungsetat und dem Sondervermögen zur Verfügung stehenden ca. 71,8 Mrd. Euro gar nicht verausgabt worden sind (ZEIT, 2025), verdeutlicht, dass auch auf administrativer Seite Potenzial für Effizienzsteigerungen besteht.

Dies gilt für Deutschland, aber auch für die EU insgesamt, wo angesichts der angestrebten zusätzlichen Verteidigungsausgaben von 800 Mrd. Euro im Rahmen von „ReArm Europe“ Verschwendung droht. In vielen Mitgliedstaaten fehlen langfristige Strukturen und Planungsinstrumente, um die teils enormen Budgetzuwächse administrieren zu können. Einzig in Frankreich sorgt ein mehrjähriges Militärprogramm für Planungssicherheit, und der Anteil langfristiger Eigenentwicklungen ist vergleichsweise hoch (Maulny, 2023).

Durch Nutzung europäischer Skaleneffekte im Zuge verstärkter Zusammenarbeit bei gemeinsamer Beschaffung sowie stärkerer Standardisierung der europäischen Militärausrüstung ließen sich zudem jährliche Effizienzgewinne von geschätzt bis zu 57 Mrd. Euro realisieren (EPRS, 2024) – eine politische Aufgabe, die es anzugehen gilt.

Abschließend ist festzuhalten, dass das Ausgeben von Geld alleine nicht ausreicht. Um zu verhindern, dass nur hohe Schulden angehäuft werden, ohne eine nachhaltig bessere Sicherheitslage zu erreichen, ist es erforderlich, die benötigten Verteidigungsfähigkeiten zu definieren und Effizienzfallen zu vermeiden, um so letztlich Frieden zu schaffen und dauerhaft zu bewahren.

Literatur

Adema, J., Poutvaara, P., Schlepper, M. & Wochner, T. (2025). Die Wehrpflicht-Debatte: Warum ein Aufwuchs der Bundeswehr nach dem Prinzip der Freiwilligkeit günstiger und gerechter ist. ifo Schnelldienst, 78(2), 35–38.

Aspide, A., Brown, K. J., DiGiuseppe, M. & Slaski, A. (2023). Age and support for public debt reduction. European Journal of Political Research, 62(4), 1191–1211.

BMVg et al. – Bundesministerium der Verteidigung, Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie & Bundesverband Informationswirtschaft und Telekommunikation. (2023). Positionspapier Software Defined Defence.

Börger, T., Lohse, T., Meyerhoff, J. & Qari, S. (2025). Threat perceptions and the valuation of defence policy instruments. Mimeo.

Bolouri, A. A., Lohse, T. & Qari, S. (2025). Inter-dependent Preferences for Financing and Providing Public Goods – The Case of National Defense. Kyklos.

Bove, V., Di Leo, R. & Giani, M. (2024). Military culture and institutional trust: evidence from conscription reforms in Europe. American Journal of Political Science, 68(2), 714–729.

Bundeshaushaltsplan (2024). Einzelplan 14 - Bundesministerium der Verteidigung.

Choulis, I., Bakaki, Z. & Böhmelt, T. (2021). Public support for the armed forces: The role of conscription. Defence and Peace Economics, 32(2), 240–251.

Deutscher Bundestag (2025). Unterrichtung durch die Wehrbeauftragte Jahresbericht 2024 (66. Bericht). Drucksache 20/15060.

Dorn, F., Potrafke, N. & Schlepper, M. (2024). European defence spending in 2024 and beyond: How to provide security in an economically challenging environment. EconPol Policy Report, (45).

EPRS – European Parliamentary Research Service (2024). Improving the quality of European defence spending - Cost of non-Europe report.

Europäischer Rechnungshof. (2025). Sonderbericht 04/2025. Militärische Mobilität in der EU: Konzeptionsschwächen und Hindernisse stehen zügigeren Fortschritten im Weg.

Konrad, K. A. & Thum, M. (2024). Herausforderungen einer neuen Sicherheitslage für Deutschland – eine finanzwissenschaftliche Perspektive. Wirtschaftsdienst, 104(10), 666–671.

Lohse, T., Börger, T., Meyerhoff, J. & Qari, S. (2023). Der Wert von Sicherheit und nationaler Verteidigung. Wirtschaftsdienst, 103(6), 394–399.

Marzian, J. & Trebesch, C. (2025). How to Finance Euroope’s Military Build­up? Lessons from History. Kiel Policy Brief, (184).

Maulny, J.-P. (2023). The impact of the war in Ukraine on the European defence market. IRIS Policy Paper.

Qari, S., Börger, T., Lohse, T. & Meyerhoff, J. (2024). The value of national defense: Assessing public preferences for defense policy options. European Journal of Political Economy, 85(102595).

YouGov. (2025, 14. März). Wie steht Westeuropa zur Ukraine, zu Donald Trump und zu Fragen nationaler Verteidigung?

ZEIT. (2025, 21. März). Ausgaben für die Bundeswehr 2024 deutlich niedriger als geplant.

Title: Increasing Germany’s Defense Capability: Options, Financing and Efficiency Improvements

Abstract: Various options are being discussed to increase Germany’s defense capabilities. Increasing the size of the Bundeswehr is proving difficult, and compulsory military service hardly seems feasible for economic and socio-political reasons. A European army and technological alternatives such as missile defense and drones are more popular. In terms of financing, budget consolidation and tax increases are preferred over pure debt financing. However, the focus of the debate should be less on expenditure and more on its impact. Increasing efficiency is essential. At the European level, economies of scale and greater standardisation can help.

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DOI: 10.2478/wd-2025-0064

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