Das Teilen von Daten kann die Wohlfahrt einer Volkswirtschaft steigern – muss sie aber nicht. Jedenfalls nimmt Data Sharing bei deutschen Unternehmen zu. Diese Entwicklung wird nicht zuletzt von der europäischen Gesetzgebung beeinflusst. Mittels eines dreigeteilten Vorgehens – theoretische Grundlagen, Empirie für Deutschland, europäische Gesetzesperspektive – werden die jüngsten Entwicklungen beim Data Sharing beleuchtet.
Mit zunehmender Digitalisierung und weitverbreiteter Nutzung des Internets sind das Sammeln, Speichern, Verarbeiten sowie die Übertragung bzw. das Teilen von Daten heute zu beträchtlich geringeren Kosten möglich als noch vor wenigen Jahrzehnten. Da es sich bei Daten um sogenannte „kollektive Konsumgüter“ (Samuelson, 1954) handelt, bei denen keine Rivalität im Konsum besteht, d. h. bei denen die Nutzung durch eine Partei nicht die Nutzung durch andere Parteien ausschließt, scheint ein aus volkswirtschaftlicher Sicht effizienter Umgang mit Daten darin zu bestehen, dass ein freier Zugang zu Daten für alle Interessierten bzw. die allgemeine Verpflichtung besteht, Daten zu teilen (Data Sharing). Diese Vermutung ist allerdings in dreifacher Hinsicht zu qualifizieren (siehe auch Eger & Scheufen, 2024).
Erstens ist zu klären, ob die Beschaffung und Verarbeitung der relevanten Daten für den ursprünglichen Dateninhaber mit Kosten verbunden sind oder ob die entsprechenden Daten praktisch kostenlos als Nebenprodukt sonstiger Aktivitäten anfallen. Sind mit dem Sammeln und Verarbeiten von Daten spürbare Kosten verbunden, so würde ein freier Zugang bzw. die Verpflichtung zu Data Sharing den Anreiz reduzieren, derartige Daten bereitzustellen. Damit würden aber der Gesellschaft weniger Daten zur Verfügung stehen, als das bei verbesserten Anreizen der Fall wäre.
Zweitens lassen sich Daten danach unterscheiden, ob sie letztlich der Bereitstellung produktiver Informationen dienen oder ob sie lediglich rein redistributive Informationen erzeugen (Hirshleifer, 1971). Beispiele für produktive Informationen mit einem gesellschaftlichen Wert sind die Formel für ein neuartiges Krebsmedikament oder der bisher unbekannte Standort eines wertvollen Rohstoffs. Beispiel für eine rein redistributive Information ohne gesellschaftlichen Mehrwert ist das Insiderwissen über ein Ereignis, das den zukünftigen Preis eines Gutes oder Vermögensobjektes beeinflusst. Ist die Beschaffung derartiger Daten mit Kosten verbunden, so ist diese volkswirtschaftlich ineffizient, da den Kosten der Datenbeschaffung zwar private, aber keine gesellschaftlichen Erlöse gegenüberstehen – schließlich führen die durch die Insiderinformation ausgelösten Transaktionen nicht zur Schaffung neuer Werte, sondern lediglich zur Umverteilung bestehender Werte (zwischen Verkäufer und Käufer). Knappe Ressourcen werden dann zu reinen Umverteilungszwecken und nicht zur Schaffung neuer Werte eingesetzt.
Aus diesen ersten beiden Qualifikationen folgt, dass Beschränkungen des freien Zugangs zu Daten bzw. des Data Sharing aus ökonomischer Sicht insbesondere dann gerechtfertigt werden können, wenn kostspielig beschaffte Daten der Bereitstellung produktiver Informationen dienen.
Drittens sind personenbezogene Daten von nicht-personenbezogenen Daten zu unterscheiden. Bei personenbezogenen Daten handelt es sich laut Datenschutz-Grundverordnung (Art. 4 Abs. 1) um „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person … beziehen“. Dies betrifft beispielsweise körperliche oder sonstige Merkmale natürlicher Personen, bestimmte Verhaltensweisen, Inhalte von Emails und Patientenakten etc. Nicht-personenbezogene Daten bezeichnen demgegenüber solche Daten, die nicht mit einer bestimmten oder identifizierbaren Person in Verbindung gebracht werden können (z. B. Wetterdaten, Marktpreise), sowie Daten, die ursprünglich personenbezogen waren, später aber anonymisiert wurden und nicht mehr mit bestimmten Personen in Verbindung gebracht werden können (z. B. hochaggregierte Umfrageergebnisse). Bei personenbezogenen Daten gibt es ein zusätzliches Argument für die Beschränkung des freien Zugangs – den Schutz der Privatsphäre. In der Vergangenheit vertraten einige Autoren die Auffassung, dass mehr Transparenz auch bezüglich personenbezogener Daten letztlich zu einer Wohlfahrtssteigerung führe, beispielsweise indem mehr effiziente und weniger ineffiziente Verträge abgeschlossen würden, wenn man mehr über seinen jeweiligen Vertragspartner wisse (Stigler, 1980; Posner, 1981) – getreu dem Motto: Ehrliche Menschen, die nichts zu verbergen haben, benötigen keine Privatsphäre. Dabei wird allerdings übersehen, dass der freie Zugang zu personenbezogenen Daten ehrlicher Menschen bestimmte kriminelle oder allgemein opportunistische Handlungen begünstigen kann. So erleichtert beispielsweise der freie Zugang zu Informationen über das Vermögen, das Alter, die Lebensumstände und die Beeinflussbarkeit von Menschen deren finanzielle Ausbeutung durch sogenannte Schockanrufe seitens Krimineller. Heute scheint sich daher weitgehend die Meinung durchgesetzt zu haben, dass es von den spezifischen Umständen abhängt, ob ein stärkerer Schutz personenbezogener Informationen (der Privatsphäre) eher zu einem Zuwachs oder einer Verringerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt führt.1
Eine ökonomische Bewertung der Ermutigung zu bzw. der Beschränkung von Data Sharing sollte diese Zusammenhänge sowie die Fähigkeit der Akteure berücksichtigen, Daten effizient zu bewirtschaften („Data Economy Readiness“). Insbesondere ist zu beachten, dass eine Erleichterung der Übertragbarkeit und Weitergabe von Daten ex post, nachdem sich ein Konsument an einen bestimmten Anbieter gebunden hat, dessen Konsumentenrente erhöht. Ex ante hat deshalb der Anbieter der entsprechenden Leistung einen verminderten Anreiz, sich auf derartige Transaktionen einzulassen.2
Data Sharing in Deutschland
Grundlage für die empirischen Beobachtungen sind Befragungen von Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleistern in Deutschland in den Jahren 2021, 2022 und 2023. Durchgeführt wurden die Befragungen im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Incentives and Economics of Data Sharing“ (IEDS) durch die IW Consult GmbH, einer Tochter des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Die Befragungen in den Jahren 2020, 2021 und 2022 erfolgten auf der Basis von Telefoninterviews und ist jeweils repräsentativ. Die Ergebnisse erlauben Aussagen für die deutsche Wirtschaft insgesamt.3
Status Quo
Eine Grundvoraussetzung zur Hebung der wirtschaftlichen Potenziale der Data Economy ist die Fähigkeit der Unternehmen zur effizienten Bewirtschaftung von Daten – auch als Data Economy Readiness bezeichnet. Das Konzept der Data Economy Readiness schließt dabei an die Reifegraderhebungen von Demary et al. (2019) und Röhl et al. (2021) an und bildet in zwei Stufen ab, ob ein Unternehmen zur effizienten Datenbewirtschaftung fähig bzw. „data economy“ ready ist, oder nicht. Hierzu wird die Data Economy Readiness auf der Basis von drei Bereichen ermittelt: Datenspeicherung (z. B. die Speicherung von Personaldaten als einer von acht Aspekten), Datenmanagement (z. B. Data Governance als einer von sieben Aspekten) und Datennutzung (z. B. Prognose und Data Analytics als einer von sechs Aspekten). Ein Unternehmen gilt in diesem Zusammenhang als „data economy ready“, wenn es im gewichteten arithmetischen Mittel mindestens 50 % der Aspekte in den drei Bereichen abdeckt (weiterführend Büchel & Engels, 2022).
Abbildung 1
Data Economy Readiness
Anteil aller Unternehmen in Deutschland, die Daten effizient bewirtschaften können
Befragung von mehr als 1.000 Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleistern jeweils im Herbst 2021, 2022 und 2023. Einteilung anhand der Anzahl der Mitarbeiter (MA).
Quelle: in Anlehnung an Bakalis und Büchel (2024).
Abbildung 1 zeigt die Data Economy Readiness im Zeitverlauf der IW-Befragungen in den Jahren 2021, 2022 und 2023 als Anteil aller Unternehmen in Deutschland in % – für Gesamt-Deutschland sowie nach Unternehmensgröße. Es wird deutlich, dass 33 % der deutschen Unternehmen „data economy ready“ sind und damit eine wesentliche Voraussetzung zum Teilen von Daten erfüllen.4 Im Zeitverlauf ist die Data Economy Readiness dabei stetig gestiegen. Im Vergleich nach Unternehmensgrößen zeigt sich, dass die Fähigkeit der Unternehmen zur effizienten Bewirtschaftung mit zunehmender Unternehmensgröße steigt. So gelten im Jahr 2023 beispielsweise 73 % der großen Unternehmen (mit mehr als 250 Mitarbeiter) als „data economy ready“, während der Anteil unter den kleinen Unternehmen (mit höchstens 49 Mitarbeitern) bei 32 % liegt.
Trotz des in der Einleitung festgestellten günstigen Umstands, dass Daten durch Nicht-Rivalität im Konsum charakterisiert sind und damit kein knappes Gut darstellen, werden Daten zwischen Unternehmen noch wenig geteilt. So teilen 42 % aller deutschen Unternehmen ihre Daten (vgl. Abbildung 2). Während der Anteil der teilenden Unternehmen von 27 % im Jahr 2021 auf 42 % im Jahr 2022 deutlich anstieg, zeigt sich seither eine stagnierende Entwicklung. Abbildung 2 zeigt die Entwicklung beim Data Sharing in Deutschland, insgesamt und nach Unternehmensgröße. Das Data Sharing unterscheidet sich dabei signifikant nach Unternehmensgröße, wobei der Anteil der teilenden Unternehmen mit zunehmender Größe steigt.5
Abbildung 2
Data Sharing
Anteil aller Unternehmen in Deutschland, die Daten teilen (als Datenempfänger, -geber oder beides)
Befragung von mehr als 1.000 Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleistern jeweils im Herbst 2021, 2022 und 2023. Einteilung anhand der Anzahl der Mitarbeiter (MA).
Quelle: eigene Darstellung auf Basis der Befragungsdaten vom Institut der deutschen Wirtschaft.
Data Sharing: Hemmnisse
Die festzustellende Zurückhaltung deutscher Unternehmen beim Data Sharing ist auch nach Meinung dieser Unternehmen auch auf verschiedene Hemmnisse des Data Sharings zurückzuführen. Dabei sind es mit 67 % im Jahr 2023 vor allem rechtliche Hemmnisse, gefolgt von organisatorischen (32 %), technischen (28 %) und wirtschaftlichen (28 %) Hemmnissen (vgl. Abbildung 3). Vor allem datenschutzrechtliche Bedenken, unklare Haftungsfolgen und die Gefahr eines Zugriffs auf die Daten durch externe Dritte werden von den Unternehmen als rechtliches Hemmnis wahrgenommen (Röhl & Scheufen, 2023). Während gegenüber der Befragung im Jahr 2021 die rechtlichen Hemmnisse auf konstant hohem Niveau verharrten, stiegen organisatorische, technische und wirtschaftliche Hemmnisse sogar deutlich an (Scheufen, 2024).
Abbildung 3
Hemmnisse beim Data Sharing
Anteil aller Unternehmen in Deutschland, die das jeweilige Hemmnis bejahen
Mehrfachnennungen möglich. Befragung von mehr als 1.000 Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleistern im Herbst 2023.
Quelle: Scheufen (2024).
Auch bei den Hemmnissen zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Unternehmensgrößen. Dabei steigt der Anteil der Unternehmen, die das jeweilige Hemmnis sehen, mit zunehmender Unternehmensgröße an. In diesem Zusammenhang zeigt sich ein signifikanter Einfluss der Data Economy Readiness auf die Wahrnehmung der Hemmnisse (Scheufen, 2024). Aufgrund der Zunahme der Hemmnisse mit zunehmender Unternehmensgröße, Data Economy Readiness und Data Sharing Intensität ist davon auszugehen, dass das Überwinden dieser Hemmnisse nicht ohne politischen und vor allem rechtlichen Gestaltungs- und Unterstützungswillen zu erwarten ist (Scheufen, 2024).
Politische Implikationen
Handlungsbedarf zur Förderung von Data Sharing
Eine Förderung von Data Sharing sollte vor allem auf das Überwinden der zentralen Hemmnisse gerichtet sein. Zur Überwindung der primär rechtlichen Hemmnisse werden Datenlizenzverträge einen Schlüssel darstellen, zumal allen drei meistgenannten Ängsten (Datenschutz, Haftung und Zugriff durch externe Dritte) mit einer vertraglichen Regelung begegnet werden kann. Bei der Ausgestaltung solcher Datenlizenzverträge kann der politische Entscheidungsträger durch drei einfache Maßnahmen Unterstützung bieten:
Erstens, Musterverträge für einmaliges und Muster-AGB für wiederkehrendes Data Sharing können für idealtypische Situationen des Data Sharing eine einfache Lösung zur Orientierung und Ausgestaltung von Datenlizenzverträgen darstellen. In diesem Zusammenhang hat die Bundesregierung im Zuge der Umsetzung der deutschen Datenstrategie bereits die Relevanz der Erarbeitung solcher Musterverträge und -AGB erkannt (Deutscher Bundestag, 2023).
Zweitens, gerade für besondere, nicht idealtypische Situationen des Data Sharing können Beispiele für Datenlizenzverträge aus guter unternehmerischer Praxis und hieraus abgeleiteter Leitfäden eine sinnvolle Unterstützung bei der Ausgestaltung von Datenlizenzverträgen sein (Fries & Scheufen, 2023; Scheufen, 2023).
Drittens, während Leitfäden das Erarbeiten eines Datenlizenzvertrages und damit die Konsultation eines spezialisierten Rechtsanwalts erforderlich machen, können Vertragsgeneratoren, die automatisiert und individualisiert einen Datenlizenzvertrag generieren, die Transaktionskosten vor allem für kleine und mittlere Unternehmen erheblich senken (Rosenkranz & Scheufen, 2023).6
Data Sharing im Lichte der EU-Datenrechtsinitiative
Die Europäische Union hat in den letzten Jahren eine Reihe von Gesetzen erlassen, die die Rechtssicherheit bezüglich der Übertragung und des Teilens von Daten erhöhen sollen, ohne dabei den Schutz von Geschäftsgeheimnissen aus den Augen zu verlieren. Die im Mai 2018 in Kraft getretene Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)7 hat zum Ziel, Personen eine bessere Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten zu ermöglichen. Artikel 20 schafft ein neues Recht auf Datenübertragbarkeit für solche personenbezogenen Daten, die der Betroffene dem entsprechenden Anbieter auf Grundlage einer Einwilligung zur Verfügung gestellt hat oder deren Verarbeitung zur Erfüllung eines Vertrages erforderlich ist und deren Verarbeitung mithilfe automatisierter Verfahren erfolgt. Dadurch soll es dem Einzelnen erleichtert werden, bei einem Wechsel des Anbieters seine personenbezogenen Daten „in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format“ von dem alten auf den neuen Anbieter zu übertragen (Art. 20 Abs. 1 DSGVO).
Durch weitere europäische Gesetze wurde das Recht auf Übertragbarkeit von personenbezogenen auf nicht-personenbezogene Daten ausgedehnt. Das im Mai 2023 in Kraft getretene Gesetz über digitale Märkte8 richtet sich an große Online-Plattformen („Gatekeeper“) wie Alphabet (Google), Amazon, Apple, ByteDance, Meta (Facebook) und Microsoft und soll den Wettbewerb zwischen diesen Online-Plattformen durch eindeutige Pflichten und Verbote erhöhen. Zu diesem Zweck „sollten Endnutzer sowie von einem Endnutzer bevollmächtigte Dritte wirksam und unmittelbar Zugang zu den Daten erhalten, die sie bereitgestellt haben bzw. die durch ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit den relevanten zentralen Plattformdiensten des Torwächters generiert wurden“ (Erwägungsgrund 59).
Die im Januar 2024 in Kraft getretene und ab September 2025 gültige Datenverordnung (Data Act)9 richtet sich insbesondere an die Hersteller von vernetzten Produkten und die Anbieter verbundener Dienste und dient vor allem dem Zweck, durch mehr Datennutzung zu mehr Wertschöpfung beizutragen. Kern dieses Gesetzes sind der Art. 4, der die Rechte und Pflichten von Nutzern und Dateninhabern in Bezug auf den Zugang zu sowie die Nutzung und die Bereitstellung von Produktdaten und verbundenen Dienstdaten regelt, und Art. 5, bei dem es um das Recht des Nutzers auf Weitergabe von Daten an Dritte geht.
Fazit und Ausblick
Zur rechtsökonomischen Folgebewertung ist im April 2024 ein Sonderheft des „European Journal of Law and Economics“ erschienen, das eine Einschätzung zu verschiedenen Aspekten dieser Rechtsakte gibt. So zeigen beispielsweise Eckardt und Kerber (2024) unter Anwendung eines „Property Rights“-Ansatzes, dass der EU Data Act keinen Beitrag zu mehr Innovation, Wettbewerb und einer Stärkung der Nutzer erwarten lässt, weil er sich zu sehr auf die Exklusivität der Daten stützt und zu viele Hindernisse für das Data Sharing schafft. Ähnlich zeigen Jorzik et al. (2024), dass der Data Act aus wohlfahrtsökonomischer Sicht nur positive Wirkung zeigen kann, wenn er die Anreize der Unternehmen zur Erstellung und Aufbereitung der Daten nicht beeinträchtigt. Die Beiträge von Jeon und Menicucci (2024) und Rubinfeld (2024) verdeutlichen anhand verschiedener Beispiele aus der EU und den USA die Tendenz von Gesetzgebern, Ex-ante-Effekte einer Übertragbarkeit von Daten zu vernachlässigen. Es ist umstritten, inwiefern diese und andere Rechtsvorschriften zur Regulierung der Datenökonomie ein Vorbild für andere Länder außerhalb der EU darstellen („Brussels Effect“, Bradford, 2020) oder sich letztlich als typisch europäische Überregulierung erweisen werden, weil die Handhabbarkeit der Regelungen für die wirtschaftlichen Akteure eingeschränkt (Demary, 2022) und damit letztlich die Innovationsanreize und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft geschwächt werden könnten.
Die Autoren danken Vera Demary für wertvolle Hinweise. Die empirische Studie ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Incentives and Economics of Data Sharing – IEDS“. Für die Unterstützung bei der Datenerhebung danken wir Lennart Bolwin und Christian Kestermann.
- 1 Siehe z. B. den Überblicksartikel von Acquisti et al. (2016) sowie einige Argumente bei Eger und Scheufen (2024).
- 2 Zum Trade-off zwischen Ex-post- und Ex-ante-Effekten siehe etwa Jeon und Menicucci (2024), Jorzik et al. (2024) und Rubinfeld (2024).
- 3 Für die Auswahl der befragten Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleistern wurde auf die beDirect-Datenbank zurückgegriffen, die mit 4,8 Mio. Unternehmen und Einrichtungen die gesamte deutsche Wirtschaft abdeckt. Die Repräsentativität wird durch eine geschichtete Zufallsziehung der Befragungsteilnehmer erreicht, wodurch schwach besetzte Branchen und Größenklassen übergewichtet werden. Die Beobachtungen werden nachfolgend mit der tatsächlichen Verteilung in der Grundgesamtheit gewichtet. Vor diesem Hintergrund erlauben die jeweils über 1.000 Beobachtungen in den Jahren 2021 bis 2023 Aussagen für die gesamte deutsche Wirtschaft.
- 4 Zum Zusammenhang zwischen Data Economy Readiness und Data Sharing siehe weiterführend Bakalis und Büchel (2024).
- 5 Der leichte Rückgang des Anteils der datenteilenden Großunternehmen von 69 % im Jahr 2022 auf 58 % im Jahr 2023 ist möglicherweise eher auf einen Stichprobeneffekt zurückzuführen als auf eine tatsächlich geringere Bereitschaft zum Data Sharing, da große Unternehmen in der Stichprobe 2023 besonders wenig vertreten sind.
- 6 Siehe beispielsweise Incentives and Economics of Data Sharing – (IEDS) Vetragsgenerator.
- 7 Verordnung (EU) 2016/679.
- 8 Verordnung (EU) 2022/1925.
- 9 Verordnung (EU) 2023/2854.
Literatur
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Bakalis, D. & Büchel, J. (2024). Datennutzung und Data Sharing: Zwischen Potenzial und Realität in deutschen Unternehmen. IW-Trends, 51(2), 25–43.
Bradford, A. (2020). The Brussels Effect. How the European Union Rules the World. Oxford University Press.
Demary et al. (2019). DEMAND: Readiness Data Economy – Bereitschaft der deutschen Unternehmen für die Teilhabe an der Datenwirtschaft (Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft).
Deutscher Bundestag. (2023). Nationale Datenstrategie der Bundesregierung – Weiterentwicklung, Drucksache 20/8260.
Eckardt, M. & Kerber, W. (2024). Property Rights Theory, Bundle of Rights on IoT data, and the Data Act. European Journal of Law and Economics, 57(1-2), 113–143.
Eger, T. & Scheufen, M. (2024). The Law and Economics of the Data Economy: Introduction to the Special Issue. European Journal of Law and Economics, 57(1-2), 93–111.
Fries, M. & Scheufen, M. (2023), Vertragsgestaltung beim Data Sharing: Empirie und Best Practice. RDi – Recht Digital, 4(9), 419–425.
Hirshleifer, G. (1971). The Private and Social Value of Information and the Reward to Inventive Activity. American Economic Review, 61(4), 561–574.
Jeon, D. &. Menucci, D. (2024). Data Portability and Competition: Can Data Portability increase both Consumer Surplus and Profits? European Journal of Law and Economics, 57(1-2), 145–162.
Jorzik, N., P. Kirchhoff and F. Mueller-Langer (2024), Industrial Data Sharing and Data Readiness: A Law and Economics Perspective. European Journal of Law and Economics, 57(1-2), 181–205.
Posner, R. A. (1981). The economics of privacy. American Economic Review, 71(2), 405–409.
Röhl, K.-H. & Scheufen, M. (2023). Hemmnisse beim Data Sharing: Empirie und Handlungsempfehlungen. Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 24(1), 129–144.
Röhl, K.-H., Bolwin, L. & Hüttl, P. (2021). Datenwirtschaft in Deutschland - Wo stehen die Unternehmen in der Datennutzung und was sind ihre größten Hemmnisse? (Gutachten im Auftrag des BDI).
Rosenkranz, F. & Scheufen, M. (2022). Die Lizenzierung von nicht-personenbezogenen Daten. Zeitschrift für Digitalisierung und Recht (ZfDR), 2(2), 159–198.
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Samuelson, P. A. (1954). The Pure Theory of Public Expenditure. Review of Economics and Statistics, 36(4), 387–389.
Scheufen, M. (2023). Datenlizenzverträge für das Data Sharing von Unternehmen. IW-Kurzbericht, (64).
Scheufen, M. (2024). Hemmnisse beim Data Sharing – Entwicklung und Handlungsempfehlungen. IW-Trends, 51(2), 65–80.
Stigler, G. J. (1980). An introduction to privacy in economics and politics. Journal of Legal Studies, 9(4), 623–64-4.