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Das Jahr 2021 hat in Deutschland neuen Schwung in die Bemühungen zum Klimaschutz gebracht. Die Novelle des Klimaschutzgesetzes schreibt eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 65 % bis zum Jahr 2030 gegenüber 1990 fest. Maßgeblich dazu beitragen soll ein massiver Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Nach Verschärfung der Klimaschutzmaßnahmen stellt sich die Frage, ob das bisherige Strommarktdesign und die damit einhergehenden Vergütungsregeln für die Stromerzeugung auch bei einem von erneuerbaren Energien dominierten Strommarkt weiterhin geeignet sind, um die im Energiewirtschaftsgesetz festgeschriebenen Ziele der Versorgungssicherheit und Preisgünstigkeit bestmöglich zu erreichen.

Vor dem Hintergrund des im Juli verabschiedeten EEG 2023 und der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Plattform Klimaneutralität, die bis Mitte 2023 Vorschläge für ein neues Strommarktdesign entwickeln soll, fokussiert dieser Beitrag auf folgende Fragen1: Welche Optionen stehen für die Vergütung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zur Verfügung? Welche Vor- und Nachteile bringen diese Optionen mit sich? Welche Optionen sind für ein neues Strommarktdesign mit Blick auf das Jahr 2030 geeignet? Darüber hinaus stellen sich weitere Fragen im Hinblick auf Versorgungssicherheit und Flexibilität, wie welche Instrumente am besten geeignet sind, um weitere Ziele wie etwa eine adäquate Versorgungssicherheit oder Forschungs- und Entwicklungsziele zu erreichen. Zu diesen Fragen erarbeitet die Arbeitsgruppe ebenfalls Handlungsoptionen, die in einer umfassenden Stellungnahme Ende des Jahres veröffentlicht werden sollen. Auch wenn diese Fragen nicht Gegenstand des vorliegenden Beitrags sind, ist davon auszugehen, dass ein einziges Instrument wie etwa ein CO2-Preis allein nicht ausreichen wird, um alle gesellschaftlichen Ziele der Energiewende gleichermaßen zu erreichen. Vielmehr dürfte es notwendig sein, verschiedene Instrumente komplementär einzusetzen, um verschiedene Ziele zu erreichen.

Kurzfristig gesehen liegt das Problem beim Ausbau der erneuerbaren Energien zwar weniger bei der Gestaltung finanzieller Anreize, sondern eher bei langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren, dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel und weiteren Hemmnissen (Bett et al., 2021). Da der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien jedoch mit sehr großen Investitionen verbunden ist, wird langfristig ein kosteneffizientes und wirksames Fördersystem immer wichtiger.

Vergangene und aktuelle Vergütungsmodelle für erneuerbare Energien

Zu Beginn der Förderung von erneuerbaren Energien über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Jahr 2000 erhielten die Betreibenden von Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) eine feste Einspeisevergütung pro Kilowattstunde, die mit Abnahmegarantien verknüpft wurde. Diese festen Vergütungen vergemeinschafteten die unternehmerischen Risiken, senkten die Kosten für die einzelnen Projekte und unterstützten auf diese Weise einen verlässlichen Ausbau der erneuerbaren Energien. Allerdings fehlte durch die festen Vergütungen der Anreiz zu marktdienlichem Verhalten und Risikominimierung. Dies führte wiederum im Gesamtsystem zu höheren Kosten, weshalb die systemweite Kosteneffizienz im damaligen Modell gering war.

Durch den in den vergangenen Jahren geschaffenen Übergang zu Ausschreibungen und Direktvermarktung erneuerbarer Energien am Strommarkt konnte die Kosteneffizienz und die Marktintegration von erneuerbaren Energien bereits deutlich gesteigert werden. Feste Einspeisevergütungen werden gegenwärtig nur noch sehr kleinen Anlagen zugestanden.

Das in Deutschland aktuell vorherrschend verwendete Fördermodell ist die einseitig gleitende Marktprämie, die durch Ausschreibungen bestimmt wird. Für Innovationsausschreibungen wurde bis vor kurzem eine fixe Marktprämie angewendet. Innovationsausschreibungen werden für innovative, sy–––stem- oder netzdienliche Anlagen eingesetzt und sollen Anlagenkombinationen fördern, die aus verschiedenen erneuerbaren Technologien oder Windenergie- oder Photo­voltaikanlagen in Kombination mit einem Energiespeicher bestehen (§ 4 InnAusV). Laut dem im Juli 2022 verabschiedeten EEG 2023 werden Innovationsausschreibungen nun auf die einseitig gleitende Prämie umgestellt.

Marktintegration von erneuerbaren Energien

Investitionen in erneuerbare Energien müssen sich über die Lebensdauer der Anlage amortisieren. Windenergie- oder Photovoltaikanlagen sind aufgrund ihrer besonderen Kostenstruktur langfristig auf hinreichend hohe Vermarktungspreise angewiesen, deren (unerwarteter) Verfall ein Investitionsrisiko darstellt. Die mit den Investitionen verbundenen Risiken lassen sich im Wesentlichen auf Merit-Order-Effekte (Dillig et al., 2016; Cludius et al., 2014) sowie Kannibalisierungseffekte (Clò und D‘Adamo, 2015) zurückführen. Im Falle von Infant Industries (z. B. Herstellung grünen Wasserstoffs; etablierte Technologien wie Windenergie- oder Photovoltaikanlagen sollten jedoch nicht mehr zu den Infant Industries gezählt werden) können zudem stark fallende Technologiekosten problematisch sein. Mögliche negative Auswirkungen dieser Effekte sind Risikoaufschläge bei den Renditeanforderungen für Investitionen, wodurch Projekte teurer und gegebenenfalls unrentabel werden können (Nicolini und Tavoni, 2017; Steffen, 2018).

Da zu erwarten ist, dass die Technologiekosten weiter fallen, besteht außerdem die Gefahr, dass Investitionen bis dahin zurückgehalten werden und der Umbau des Energiesystems sich somit verzögert. Jedoch zeichnen sich marktbasierte Instrumente als Vergütungsmodelle dadurch aus, dass sie Preissignale in Form schwankender Börsenstrompreise an Anlagenbetreibende weitergeben und diese Preissignale nicht oder möglichst wenig verzerren. Im Vergleich zu direkten und vom Markt entkoppelten Vergütungsprogrammen (z. B. feste Einspeisevergütungen) können marktbasierte Instrumente durch entsprechende Anreizsetzung Effizienzvorteile bieten – sowohl bei Investitionsentscheidungen als auch bei Anreizen zu systemdienlichem Verhalten. Dazu gehören z. B. eine effiziente Standort- und Technologiewahl, der Anreiz zum Zubau von Energiespeichern und die Produktionsdrosselung (oder Einspeisung in Speicher) zu Zeiten negativer Börsenstrompreise. Insgesamt kann der Ausbau erneuerbarer Energien so kostengünstiger bewerkstelligt werden.

Damit marktbasierte Instrumente ihre Effizienzvorteile voll ausnutzen können, ist es besonders wichtig, Fehlanreize zu vermeiden. Es besteht die Gefahr, dass ein direktes Fördermodell für erneuerbare Energien in Verbindung mit dem bestehenden europäischen Emissionshandelssystem (Emission Trading System, ETS) einen Wasserbett-effekt verursacht: Emissionseinsparungen, die durch direkte Fördermaßnahmen erreicht werden, würden im Rahmen des ETS Mehremissionen an anderer Stelle ermöglichen, sofern nicht im ETS gegengesteuert wird. Direkte Fördermaßnahmen würden Emissionen im schlechtesten Fall lediglich an einen anderen Ort verschieben, aber nicht reduzieren.

Marktbasierte Instrumente bringen aber auch höhere Investitionsrisiken mit sich. Damit bieten sie mit Blick auf das Erreichen bestimmter Ausbauziele eine geringere Sicherheit. Direkte (nicht marktliche) Förderprogramme würden Marktakteur:innen im Wesentlichen von diesen Risiken befreien. Diese sind jedoch kostenineffizient und bergen die Gefahr von Fehlanreizen sowie von rechtlichen Hürden. Direkte Förderprogramme sind daher eher zur Anschubförderung für Infant Industries geeignet. Mit zunehmendem Einsatz einer Technologie sollte der Fokus stärker auf Anreizen zur Kosteneffizienz liegen, um den steigenden Finanzierungsbedarf nicht unnötig aufzublähen. Dies kann auch wichtig sein, um die gesellschaftliche Akzeptanz langfristig aufrechtzuerhalten.

Sofern direkte Förderprogramme dennoch für erneuerbare Energien angewandt werden, sollte die Höhe der Zuschüsse im Rahmen von Ausschreibungen bestimmt werden. Ausschreibungen bieten insbesondere den Vorteil, dass sie gut steuerbar sind: Über eine Auktion wird der nötige Referenzmarktpreis ermittelt, der den Kapazitätsausbau erneuerbarer Energien genau im gewünschten Umfang ermöglicht. Auktionen stellen zudem sicher, dass die Prämien nicht höher ausfallen, als es für den gewünschten Ausbau nötig ist. Zusätzlich können durch Ausdifferenzierung in viele verschiedene Ausschreibungen gewünschte technologiespezifische oder regionale Ausbauziele erreicht werden.


Anforderungen an ein neues Strommarktdesign 2030

Um das Strommarktdesign an einen von erneuerbaren Energien dominierten Strommarkt anzupassen, gibt es neben der bereits besprochenen marktwirtschaftlichen Ausgestaltung einige Anforderungen, die das neue System erfüllen sollte:

  • Wirksamkeit: Das Fördermodell sollte dazu beitragen, die vereinbarten Klimaschutzziele auf EU-Ebene zu erreichen.
  • Politische Umsetzbarkeit: Die im Fördermodell gewählten Instrumente (z. B. ein hoher CO2-Preis) sollten politisch durchgehalten werden können und nicht z. B. auf gesellschaftlichen Druck hin aufgeweicht werden.
  • Kosteneffizienz: Angesichts des massiven Ausbaus und dem damit einhergehenden Finanzierungsvolumen sollten die Gesamtkosten der Energiewende möglichst gering gehalten und die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien gestärkt werden.
  • Gesellschaftliche Akzeptanz: Das gewählte Fördermodell sollte nicht die Akzeptanz der Bevölkerung zur Energiewende gefährden.
  • Rechtliche Umsetzbarkeit: Die Fördermodelle sind (unions-)rechtlich vor allem am Maßstab des EU-Beihilfenrechts (Art. 107 ff. AEUV) zu prüfen und entsprechend rechtskonform auszugestalten.
  • Die Anschlussfähigkeit des Fördermodells an die internationale und europäische Entwicklung sollte gewährleistet sein.

Handlungsoptionen für ein Strommarktdesign

Für die Vergütung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im zukünftigen Strommarkt werden drei Optionen untersucht: Fixe Marktprämien (Handlungsoption 1) und die diesem Modell nahestehenden einseitig gleitenden Prämien (Handlungsoption 2) entsprechen im Ansatz dem aktuell noch gegenwärtigen Stand der Förderung erneuerbarer Energien im EEG 2021. Sowohl fixe Marktprämien als auch einseitig gleitende Prämien können per Auktion (Ausschreibung) festgelegt werden. Eine deutliche Fortentwicklung wäre hingegen ein Verzicht auf diese spezifischen Förderungen erneuerbarer Energien zugunsten einer indirekten „Förderung“ dadurch, dass der CO2-Preis entsprechend angehoben wird (Handlungsoption 3).

  • Fixe Marktprämien (Handlungsoption 1): Im Rahmen fixer Marktprämienmodelle wird Strom aus erneuerbaren Energien direkt an der Strombörse vermarktet, aber zusätzlich mit einer fixen (gegebenenfalls technologieabhängigen) Prämie bezuschusst (etwa in Cent pro Kilowattstunde eingespeistem Strom) (Flues et al., 2013). Die Höhe der fixen Marktprämie ist dabei gleichbleibend und unabhängig davon, welchen Erlös (Capture-Preis) eine Erzeugungsanlage in einer bestimmten Zeitperiode erzielen konnte.
  • Einseitig gleitende Marktprämien (Handlungsoption 2): Bei einseitig gleitenden Prämien wird ein Zuschlagspreis (der „anzulegende Wert“) fixiert. Liegt der am Markt erzielte Capture-Preis in einem bestimmten Zeitraum unterhalb des Zuschlagspreises, wird die Differenz durch eine entsprechende positive Prämie ausgeglichen. Liegt der am Markt erzielte Preis in einem Zeitraum dagegen oberhalb des Zuschlagspreises, erhalten Anlagenbetreibende den erzielten Marktpreis und es wird keine zusätzliche Prämie gezahlt. Eine einseitig gleitende Prämie sichert den Erlös nach unten ab, wirkt also wie eine garantierte Mindestvergütung.
  • Fokussierung auf CO2-Preis (Handlungsoption 3): Ein CO2-Preis stellt eine indirekte Fördermöglichkeit erneuerbarer Energien dar, da er die Stromentstehungskosten aller im Wettbewerb befindlichen (fossilen) Energieträger gemäß ihrer Emissionsintensität erhöht. Da der Stromsektor bereits durch das EU-ETS abgedeckt ist, würde eine Entscheidung für diese Handlungsoption bedeuten, den CO2-Preis, der in der Stromerzeugung wirkt, zu stärken, idealerweise europaweit und direkt im EU-ETS verankert.

Vor- und Nachteile der verschiedenen Optionen

Die Tabelle 1 gibt eine Übersicht darüber, inwiefern die Handlungsoptionen die erarbeiteten Anforderungen an ein Strommarktdesign für 2030 erfüllen.

Tabelle 1
Vor- und Nachteile der Handlungsoptionen
  Handlungsoption 1: Fixe Marktprämien Handlungsoption 2: Einseitig gleitende Marktprämien Handlungsoption 3: CO2-Preis
Wirksamkeit (in Bezug auf Erreichung von Klimazielen) O O +
Anschlussfähigkeit an internationale Systeme und EU-Mechanismen + - ++
Kosteneffizienz + O ++
Sicherstellung der EE-Ausbauziele + ++ O
Politische Umsetzbarkeit + + O
Rechtliche Umsetzbarkeit (+) (+) +
Zeitliche Umsetzbarkeit kurzfristig sofort perspektivisch

- nicht gegeben; O bedingt gegeben; (+) bei richtiger Ausführung gegeben; + gegeben; ++ gegeben und besonders förderlich.

Quelle: Haucap et al. (2022).

Handlungsoption 1: fixe Marktprämien

Marktprämien liefern Anreize zu marktdienlichem Handeln, da ein Teil der Einnahmen vom Erfolg der Direktvermarktung und nicht nur von der Vergütung über die Prämie abhängt. Die durch Preissignale verursachten marktbasierten Anreize werden unverzerrt an die Marktteilnehmenden weitergegeben, weil die Erlöse im gleichen Umfang wie die rein marktlichen Capture-Preise schwanken. Somit entstehen insbesondere Anreize, auf schwankende Capture-Preise mit einer höheren Flexibilität der Erzeugung zu reagieren, z. B. durch den Zubau eines Energiespeichers. Dadurch könnte die Stromeinspeisung von Zeitperioden mit geringen Capture-Preisen in Zeitperioden mit höheren Capture-Preisen verschoben werden. Gleichzeitig können fixe Marktprämien die erzielbaren Erlöse als gesicherte Komponente nach unten absichern, zumindest solange der Strompreis an sich nicht negativ wird. Sie können damit sowohl das Investitionsrisiko (in Form eines Verfalls der Börsenstrompreise) als auch das Kannibalisierungsrisiko (in Form eines Verfalls der individuellen Capture-Preise) für Investierende begrenzen.

Zusätzlich lassen sich fixe Marktprämien grundsätzlich flexibel anpassen, sodass bei Bedarf bestimmte Regionen (z. B. zur Verringerung von Netzengpässen) oder Technologien (z. B. Infant Industries) durch eine höhere Prämie besonders gefördert werden können. Ebenso lassen sich Marktprämien prinzipiell auch außerhalb der Strombörse für Geschäfte wie Power-Purchase-Agreements (PPA) nutzen, bei denen Stromlieferung und die entsprechenden Preise oftmals langfristig vereinbart werden, sodass der Strom nicht über eine Strombörse vermarktet wird.

Als im EEG etablierter Fördermechanismus sind Marktprämien bereits seit 2012 bekannt und rechtlich umsetzbar. Eine Fortentwicklung und Fortschreibung der Maßnahmen würden jedoch einer Genehmigung durch das EU-Beihilfenrecht erfordern. Bei angemessener Ausgestaltung der Marktprämien, die die jüngst verabschiedeten neuen Kommissionsleitlinien für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen beachtet, ist eine Genehmigung durch die Kommission aber durchaus möglich – wie bereits in der Vergangenheit geschehen. In der neueren Entwicklung der EU zeigt sich vor dem Hintergrund der verschärften EU-Klimaziele eine flexiblere und weniger strikte Handhabung der beihilferechtlichen Ausgestaltung der Förderung. Probleme entstehen insbesondere dann, wenn bei der Förderung keine ausländischen Anlagen einbezogen werden oder wenn die Technologieneutralität nicht gewährleistet ist. In der mittelfristigen Perspektive gefährden diese beiden Aspekte gegebenenfalls die Genehmigungsfähigkeit von Marktprämien.

Durch die Direktvermarktung und die Abhängigkeit von den Börsenstrompreisen besteht nach wie vor ein gewisses Investitionsrisiko. Außerdem sind Marktprämien bei einer individuellen normativen Differenzierung, wie sie gegenwärtig im EEG vorgesehen ist, weder technologie- noch standortneutral. Die ausdifferenzierten Prämien können somit zu einer suboptimalen Standort- oder Technologiewahl führen, sie sind somit nicht kosteneffizient. Grundsätzlich wären allerdings auch technologie- und standortneutrale Marktprämien denkbar, indem einheitliche statt ausdifferenzierte Prämien angewendet werden. Zudem besteht auch bei fixen Marktprämien der Anreiz, eine Einspeisung auch bei negativen Strompreisen vorzunehmen, solange die Prämienzahlung den negativen Erlös am Strommarkt übersteigt.

Handlungsoption 2: einseitig gleitende Marktprämien

Einseitig gleitende Prämien schaffen eine stärkere Sicherheit über den Mindestverkaufspreis. Zeitliche Preisschwankungen werden im Vergleich zu fixen Marktprämien (Handlungsoption 1) sowie Modellen ohne direkte Förderprämien (Handlungsoption 3) abgeschwächt. Das verringert das Investitions- und Kannibalisierungsrisiko für Investierende. Investitionen werden auf diese Weise günstiger in der Finanzierung oder gegebenenfalls überhaupt erst finanzierbar. Insbesondere um private Investitionen zu fördern (z. B. „Bürgerwindparks”), könnte die teilweise Übernahme von Investitionsrisiken in Form einer „Mindestvergütung“ ein wichtiger Aspekt sein, da hier eventuell das Umweltbewusstsein (bei überschaubarem finanziellem Risiko) statt finanzieller Renditen der primäre Investitionsgrund sind. Einseitig gleitende Marktprämien sind in Kombination mit der Direktvermarktung derzeit das im deutschen EEG vorherrschende Modell zur Förderung erneuerbarer Energien. Genau wie bei fixen Marktprämien ist die Weiterentwicklung des EU-Beihilfenrechts zu beachten. Bei einer angemessenen Ausgestaltung ist aber auch hier eine Genehmigung nach aktuellem Stand möglich. Bei einer Beibehaltung dieses Modells zur Förderung erneuerbarer Energien wäre außerdem ein Vorteil, dass keine umfassenden Änderungen des bestehenden EEGs notwendig sind.

Gegenüber fixen Marktprämien bieten einseitig gleitende Marktprämien keinen vollumfänglichen Anreiz, auf Marktpreisänderungen zu reagieren, da die Vergütung über die vereinbarte Prämie teilweise ausgeglichen wird. Im Vergleich zu fixen Marktprämien führt der größere Versicherungseffekt (durch den Ausgleich niedriger Börsenstrompreise durch die Prämie) zwangsläufig auch zu verminderten Anreizen, auf die Entwicklung der erzielbaren Capture-Preise am Markt zu reagieren. Dies kann den Anreiz verringern, Erzeugungsanlagen mit einem Energiespeicher zu kombinieren, um Strom in Zeiten geringer Nachfrage und somit zu geringen Börsenstrompreisen für Zeiten mit hoher Nachfrage einzuspeichern. Zusätzlich würde auch kein Anreiz bestehen, die Stromeinspeisung zu Zeiten negativer Börsenstrompreise zu drosseln, obwohl das zu diesen Zeitpunkten gesamtwirtschaftlich sinnvoll wäre. Um solche Drosselungen doch zu erreichen, sind zusätzliche Regelungen zur Aussetzung der Prämie (wie die 4-Stunden-Regel) notwendig. Da gleitende Prämien nicht das komplette Spektrum schwankender Marktpreise weitergeben, ist ihre Anschlussfähigkeit – beispielsweise an das EU-ETS – gegenüber fixen Marktprämien limitierter. Eine eventuelle Überführung in ein marktpreisliches System brächte somit einen härteren Wechsel mit sich: Dies würde im Falle von einseitig gleitenden Prämien den Wegfall garantierter Mindestpreise bedeuten.

Handlungsoption 3: Fokussierung auf CO2-Preis

Eine indirekte Förderung über einen CO2-Preis bietet insbesondere zwei entscheidende Vorteile: Eine hohe Kosteneffizienz und eine hohe Wirksamkeit im Erreichen der Klimaziele. Während direkte Fördermaßnahmen erneuerbarer Energien in der allgemeinen Praxis an die verschiedenen Technologien angepasst werden (was zu Verzerrungen führen kann), bietet ein CO2-Preis den Vorteil, dass er technologie- und standortneutral ist. Zusätzlich wirkt ein CO2-Preis auf alle im Markt aktiven Anlagen, nicht nur auf erneuerbare Energien, wodurch CO2-intensivere Anlagen tendenziell von weniger CO2-intensiven Anlagen verdrängt werden – z. B. Kohlekraftwerke von Gaskraftwerken. Damit bietet der CO2-Preis den Vorteil stärkerer marktbasierter Anreize und einer höheren Kosteneffizienz verglichen mit den in den Handlungsoptionen 1 und 2 dargestellten Fördermaßnahmen (Liebensteiner et al., 2021).

Um eine hohe Wirksamkeit zu erreichen und zusätzlich hinreichend verlässliche Investitionsanreize in erneuerbare Energien zu ermöglichen, ist eine starke politische Verpflichtung zu einem hinreichend hohen CO2-Preis (beziehungsweise einer knappen Menge an Emissionszertifikaten) entscheidend (SVR, 2019). Der CO2-Preis sollte dann auch robuster gegenüber Lobbyarbeit sein als ein Förderpaket, das aus einer Vielzahl an (beeinflussbaren) Einzelmaßnahmen besteht. Ein dauerhaft hoher CO2-Preis kann so auch strukturelle Veränderungen anreizen und wirkt potenziell schneller als direkte Maßnahmen, da er dem Effekt des grünen Paradoxons vorbeugt.

CO2-Preise wurden und werden weltweit vermehrt eingeführt, somit bietet dieses Instrument eine hohe Anschlussfähigkeit an bereits etablierte Systeme, etwa im Rahmen des EU-ETS. Durch diese Vernetzung beugt eine indirekte Förderung über einen CO2-Preis dem Wasserbetteffekt vor, weil unmittelbar der CO2-Ausstoß begrenzt wird und Emissionen nicht lediglich verschoben werden, wie es bei der direkten Förderung erneuerbarer Energien der Fall ist. Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass Emissionen nicht in Form eines „Carbon Leakage“ in einen unregulierten Bereich ausgelagert werden; z. B. in Drittstaaten, die nicht Teil des vernetzten CO2-Preis-Systems sind. Eine Kombination von CO2-Preisen mit zusätzlichen (direkten) Förderinstrumenten (z. B. spezifischen Prämien) ist weiterhin möglich, sofern bestimmte Technologien oder Regionen besonders gefördert werden sollen.

Schließlich schwächt die Abhängigkeit vom Börsenstrompreis den Merit-Order-Effekt sowie Kannibalisierungseffekt durch unmittelbare Preisanreize ab (Brown und Reichenberg, 2021; Liebensteiner und Naumann, 2022). Anlagenbetreibende haben einen hohen Anreiz, Strom zu hochpreisigen Zeiten zu verkaufen, um höhere Erlöse zu erzielen. So würde z. B. ein Verkauf zu sonnenintensiven Stunden immer unattraktiver, je mehr Photovoltaikanlagen zu diesen Zeiten bereits einspeisen und den Verkaufspreis drücken. Je stärker ein solcher Kannibalisierungseffekt bereits vorhanden ist, desto stärker wird der Anreiz, z. B. in alternative Technologien zu investieren oder den Strom mittels Speicher in höherpreisige Zeiten zu „verschieben”. Der Anreiz, Erzeugungsanlagen z. B. mit Speichern zu kombinieren, besteht dabei nicht nur für Neu-, sondern auch für Bestandsanlagen.

Ein vollständiger Verzicht auf die spezifische direkte Förderung erneuerbarer Energien in Form eines zusätzlichen Vergütungsmodells im Sinne des EEG würde entsprechende gesetzliche Regelungen und eine Prüfung unter den EU-Beihilfeleitlinien obsolet machen. Grundsätzlich wird man mit Blick auf die rechtliche Umsetzbarkeit daher eine erhebliche Vereinfachung erzielen.

Andererseits erhöht der Verzicht auf direkte Förderung das Risiko von Investitionen, was den Zubau neuer Anlagen gegebenenfalls hemmt und eventuell verhindert, dass Ausbauziele für erneuerbare Energien erreicht werden. Hohe Investitionsrisiken können sich zudem negativ auf die Investorenvielfalt auswirken, da manche möglicherweise durch hohe finanzielle Risiken abgeschreckt werden. Dieses Risiko besteht in der starken Abhängigkeit der Vergütung von einem unsicheren Börsenstrompreis. Im Vergleich zu direkten Fördermodellen erhalten erneuerbare Energien keine Zusatzvergütung, die z. B. im Falle niedriger Börsenstrompreise eine Art Sockelbetrag garantieren. Kommt ein Emissionshandelssystem zum Einsatz, können auch die CO2-Preise selbst sehr volatil sein, was zu zusätzlichen Preisschwankungen und somit Unsicherheiten in Bezug auf die Vergütungshöhe führen kann (sofern CO2-intensive Kraftwerke preissetzend sind). Abhilfe kann hier jedoch die Vorgabe eines Mindestpreises oder beidseitigen Preiskorridors für den CO2-Preis schaffen.

Zwar können CO2-Preise, insbesondere in Form eines Emissionshandels, potenziell eine hohe Wirksamkeit in Bezug auf das Erreichen der Klimaziele aufweisen. Ihre Wirksamkeit ist jedoch maßgeblich von einer konsequenten politischen Durchsetzungsfähigkeit und von politischen Stellschrauben (Zertifikatmenge beziehungsweise CO2-Steuer) abhängig, die sich mit der Zeit ändern können. Da eine indirekte Förderung über CO2-Preise zu höheren Börsenstrompreisen führt, werden sich diese auch in höheren Preisen für Verbraucher:innen widerspiegeln und somit „direkter spürbar” sein als steuerfinanzierte Fördermodelle. Hohe CO2-Preise könnten somit negativ auf die soziale Akzeptanz wirken und politischen Druck zu einer Abschwächung des Instruments (z. B. durch eine Abflachung des CO2-Reduktionspfades) aufbauen. Umverteilungskonsequenzen im Blick zu behalten und geeignete Gegenmaßnahmen zu implementieren, um insbesondere einkommensschwache Haushalte zu entlasten, ist in diesem Zusammenhang besonders relevant – nicht nur um die gesellschaftliche Akzeptanz zu erhalten, sondern auch um soziale Verwerfungen zu vermeiden.

Übergang zu einem neuen Modell im Jahr 2030

Bei der Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile der verschiedenen Modelle zeigt sich, dass ein CO2-Preis die Anforderungen an ein neues Strommarktdesign 2030 in vielen Bereichen am besten erfüllt. Insbesondere ist der CO2-Preis als Modell besonders kosteneffizient. Durch das EU-ETS ist gleichzeitig ein klarer Reduktionspfad klimaschädlicher Emissionen vorgegeben. Sofern dieser politisch durchgehalten werden kann, ist das EU-ETS daher ein äußerst wirksames Instrument, um die Klimaziele in Form von Emissionsreduktionen zu erreichen.

Der Wechsel in eine vom CO2-Preis getriebene indirekte Förderung stellt allerdings einen harten Bruch gegenüber dem aktuellen, auf festen Prämien basierenden System dar. Deshalb ist es nicht sinnvoll, sofort auf einen CO2-Preis ohne weitere Fördersysteme umzustellen. Es sollte nichtsdestotrotz begonnen werden, auf ein solches System hinzuarbeiten, da es langfristig eine technologieneutrale und effiziente Fördermöglichkeit darstellt. Eine reine Förderung über einen CO2-Preis kann jedoch nicht sicherstellen, dass (kurzfristig) bestimmte Ausbauziele eingehalten werden können – es sei denn, die Preise würden sehr hoch gewählt. Möchte die Politik sicherstellen, dass diese Ziele bis 2030 erreicht werden, ist ein zusätzlicher Fördermechanismus für eine Übergangszeit notwendig. Mit Blick auf das Jahr 2030 sollte jedoch auf das Ziel hingearbeitet werden, dass ein substanzieller Anteil der Förderung erneuerbarer Energien auf einem CO2-Preis basiert.

Übergangszeit

Unabhängig davon, ob für die Übergangszeit zu einem CO2-Preis als Leitinstrument fixe oder einseitige Prämien zum Einsatz kommen, sollte die Prämienzahlung in einem kontinuierlichen Pfad schrittweise auf null gesenkt werden. Da davon auszugehen ist, dass die Prämien durch Ausschreibungen ermittelt werden, kann diese kontinuierliche Reduktion nur durch eine schrittweise Anhebung des CO2-Preises erreicht werden. Dieser Anstiegspfad kann durch einen Mindest- und Maximalpreis für Emissionszertifikate begleitet werden, um eine größere Preissicherheit zu gewährleisten. Ein verhältnismäßig enger Preiskorridor kann den CO2-Preis im Rahmen des EU-ETS absichern und somit die indirekte Förderung durch den CO2-Preis sicherer und planbarer gestalten. Bei Einsatz der fixen und der einseitig gleitenden Marktprämie wäre der Übergang in eine indirekte Förderung über einen CO2-Preis dann geschafft, wenn die Marktprämie beziehungsweise der Zuschlagspreis bei null angekommen ist. Ein Beispiel für eine erfolgreiche Transition stellen Offshore-Wind­energieanlagen dar, bei denen es bereits regelmäßig zu Ausschreibungen mit dem Ergebnis von Nullprämien kommt. Fixe Marktprämien eignen sich besonders gut als Übergangsmodell in die indirekte Förderung über CO2-Preise, da anders als unter den gleitenden Prämien bereits die gesamte Bandbreite potenzieller Börsenstrompreise weitergegeben wird. Im EEG 2023 wurden die fixen Prämien für Innovationsausschreibungen abgeschafft.

Da einseitig gleitende Prämien nicht die komplette Bandbreite an Preisschwankungen weitergeben, ist ihr Einsatz als Übergangsmodell im Vergleich zum Einsatz fixer Marktprämien erschwert. Grundsätzlich sind aber auch einseitig gleitende Prämien als Übergangsmodell anwendbar. Hier würde das Absenken der Prämie jedoch gleichzeitig zu einer Reduktion des Versicherungseffekts hinsichtlich einer garantierten Mindestvergütung führen, wodurch der Übergang im Vergleich zu fixen Marktprämien insgesamt härter ist. Da einseitig gleitende Prämien das zurzeit vorherrschend verwendete Modell im EEG sind, gäbe es bei Beibehaltung dieses Modells wiederum den geringsten rechtlichen Änderungsbedarf.

Abgesehen von einzelnen Förderungen (wie etwa Infant Industries, Kapazitätsmärkten oder Systemdienstleistungen) sind die zweiseitig gleitenden Prämien (Differenzverträge) kein geeignetes Fördermodell für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien. Da zweiseitig gleitende Prämien eine hohe Fixierung auf den Zuschlagspreis beinhalten, bedeuten sie eine Abkehr von einem marktwirtschaftlichen Modell. Deshalb sollte für die Übergangszeit besser auf einseitig gleitende oder fixe Marktprämien zurückgegriffen werden. Von einer flächendeckenden Einführung von zweiseitig gleitenden Prämien ist daher eher abzuraten.

Während der Übergangszeit zu einer CO2-Bepreisung als Leitinstrument sollten die Auswirkungen des Strommarktdesigns regelmäßig einem Monitoring unterzogen werden. So könnten Probleme, die während der Übergangszeit identifiziert werden, wie z. B. zu geringere Ausbaumengen oder zu niedrige CO2-Preise, gezielt angegangen werden. In Einzelfällen könnten dann gezielt einzelne Fördermodelle mit Prämien eingesetzt werden – z. B. bei benötigten Infant Industries, Systemdienstleistungen oder Kapazitätsmärkten.

Eine weitere Möglichkeit, das Fördermodell für die Übergangszeit zu gestalten, wäre die Umstellung von einer zeitbezogenen Förderung zu einer Mengenförderung. Bei der Mengenförderung würde statt einem festen Förderzeitraum (z. B. 20 Jahre) ein Gesamtvolumen eingespeister Energie vereinbart, das durch eine Prämie gefördert wird. Die Förderung endet somit, wenn die vereinbarte Menge an Strom ins Stromnetz eingespeist wurde. Somit würde der Anreiz entfallen, so viel Strom wie möglich innerhalb des vereinbarten Förderzeitraums einzuspeisen (Bundesverband Erneuerbarer Energien e. V., Fraunhofer IEE und Fraunhofer ISE/BBH, 2021).

Negative Strompreise wären in Verbindung mit fixer Marktprämie somit besser zu verhindern, da in Zeiten mit negativen Börsenstrompreisen ein Anreiz zum Abregeln entstünde und Prämienzahlungen nicht verloren gingen, sondern lediglich zeitlich nach hinten verschoben würden. Eine zeitliche Verschiebung von Zeiten ohne Förderung aufgrund negativer Preise über den festen Förderzeitraum hinaus ist bereits im aktuellen System gemäß § 51a EEG vorgesehen. Allerdings würde bei einer Umstellung auf Mengenförderung gleichzeitig die Verknüpfung an einen festen Förderzeitraum aufgelöst werden. Bei einer Verbindung der Mengenförderung mit einseitig gleitenden Prämien müsste allerdings zusätzlich eine Regelung getroffen werden, um das Abschalten der Anlagen bei negativen Strompreisen zu erreichen. Zusätzlich würde das Investitionsrisiko sinken, da das gesamte Fördervolumen besser vorhersagbar ist. Somit würde z. B. kein Risiko mehr bestehen, dass der vereinbarte Förderzeitraum mit eher „windschwachen“ Jahren aufeinander fällt.

CO2-Preis als zukünftiges Leitinstrument

Je stärker der CO2-Preis ansteigt, desto geringere zusätzliche direkte Förderprämien (in Form von Marktprämien) müssen gewährt werden, um den Zubau von EE-Anlagen im gewünschten Umfang zu ermöglichen. Ziel sollte sein, dass der CO2-Preis möglichst spätestens 2030 ein Niveau erreicht, das zusätzliche Förderprämien im Regelfall für Neuanlagen auf null absenkt. In diesem Fall ist ein Marktszenario erreicht, in dem erneuerbare Energien ohne weitere direkte Fördermittel bestehen und zugebaut werden können.

Kasten 1
Zweiseitig gleitende Prämien

Eine zweiseitig gleitende Prämie (auch Contract for Difference oder Differenzvertrag genannt) ähnelt der einseitig gleitenden Prämie: Allerdings gleicht die zweiseitig gleitende Prämie Abweichungen der am Markt erzielten Capture-Preise vom vereinbarten Zuschlagspreis sowohl nach oben als auch nach unten durch eine positive beziehungsweise negative Prämie aus. Bei zweiseitig gleitenden Prämien wird somit eine starke Fixierung in Höhe des Zuschlagspreises erreicht. Ein solches Fördermodell käme festen Einspeisevergütungen sehr nahe mit dem wichtigsten Unterschied, dass die Förderprämien über wettbewerbliche Ausschreibungen ermittelt werden.

Die starre Preisfixierung zweiseitig gleitender Prämien birgt die Gefahr potenzieller Fehlanreize und hat somit langfristig klare Nachteile, wenn es um eine effiziente Förderung von erneuerbaren Energien im großen Stil geht.

Auch ihre Integration in internationale Systeme wie das EU-ETS ist deutlich erschwert. Zweiseitig gleitende Prämien werden derzeit in Deutschland nicht angewendet. Andererseits bieten sie im Gegensatz zu den vorgestellten Handlungsoptionen die größte Sicherheit über die erzielbaren Erlöse und sind somit am wenigsten riskant für Investierende.

Ist im Jahr 2030 das Ausbauziel von 80 % erneuerbare Energien in der Stromerzeugung erreicht, sollte der Fokus darauf gelegt werden, die Wirkung der CO2-Bepreisung auf die Erreichung der Klimaziele zu verstärken. Dafür sollte die CO2-Bepreisung in Europa auf alle Sektoren ausgeweitet werden. Auch hierfür ist 2030 ein sinnvoller Zeithorizont, da bis dahin die Festlegung der sogenannten Lastenteilung („Effort Sharing Regulation“) der EU ausläuft (acatech, Leopoldina und Akademienunion, 2020). Eine solche Erweiterung des CO2-Preises kann die Kosteneffizienz von Emissionsreduktionen noch einmal erhöhen, weil Emissionen dann auch sektorübergreifend dort eingespart werden können, wo Einsparungen am günstigsten umsetzbar sind (Abrell und Rausch, 2021). Da außerdem sowohl der Wärme- als auch Verkehrssektor (Beispiel E-Mobilität) immer stärker elektrifiziert und somit in den Stromsektor integriert werden, wären rivalisierende CO2-Preissysteme für verschiedene Sektoren mittelfristig ohnehin nicht mehr trennscharf und könnten zu Unsicherheiten führen.

Um Investitionsrisiken zu vermindern, ist in erster Linie ein verlässlicher Mindestpreis für CO2-Ausstoß wichtig. Optimalerweise würde ein solcher Mindestpreis im EU-ETS europaweit und über alle abgedeckten Sektoren hinweg eingeführt. Gelingt dies nicht, wäre es auch möglich, im bestehenden EU-ETS einen nur für Deutschland gültigen Mindestpreis einzuführen. Dann würde für deutsche Stromproduzenten eine zusätzliche Abgabe auf CO2-Ausstoß fällig, die eine Handelspreisunterschreitung des gesetzten Mindestpreises kompensiert. Eine nationale Variante wäre allerdings weniger effizient als eine europaweite Umsetzung und sollte daher maximal als Übergangslösung hin zu einem EU-weiten Mindestpreis angesehen werden (acatech, Leopoldina und Akademienunion, 2020).

Andererseits wäre auch eine Preisobergrenze für CO2-Emissionen denkbar, die ebenfalls mit der Zeit ansteigt. Da sich ein hoher CO2-Preis in hohen Strompreisen für Verbraucher:innen widerspiegelt, könnte langfristig die soziale Akzeptanz einer konsequenten CO2-Bepreisung abnehmen. Das könnte den Druck auf die Politik erhöhen, das Instrument abzuschwächen, wodurch der eingeschlagene Emissionskorridor gegebenenfalls politisch nicht durchgehalten wird. Eine Preisobergrenze könnte die soziale Akzeptanz stärken, indem sie CO2-Preise und daraus resultierende Strompreisanstiege deckelt. Da eine Preis­obergrenze eine Überschreitung der vorgegebenen Emissionsmenge ermöglicht, müssen eventuell zu viel ausgestoßene Emissionen vom zukünftigen Emissionsbudget abgezogen werden, um das gesetzte Ziel der ausgestoßenen Emissionsmengen nicht dauerhaft zu verfehlen.

Mit dem Übergang zum CO2-Preismodell wird das EEG nach und nach überflüssig. Für Bestandsanlagen wird gleichwohl aus Bestandsschutzgründen noch lange Zeit das EEG übergangsweise weiter gelten. Weitere Privilegierungen wie der Einspeisevorrang, der ohnehin zunehmend relativiert wird, sollten ebenfalls zeitnah auslaufen. Langfristig ist damit auch eine signifikante Komplexitätsreduktion zu erreichen.

Fazit

Damit das Strommarktdesign zur Erreichung der Klimaziele beiträgt und den zukünftigen hohen Anteilen von erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung gerecht wird, bedarf es einer Überarbeitung des aktuellen Modells. Auf lange Sicht ist dafür ein CO2-Preis als Leitinstrument nach den Kriterien der Klimawirksamkeit und der Kosteneffizienz am besten geeignet. Deshalb sollte auf dieses Modell hingearbeitet werden, sodass es im bestmöglichen Fall schon vor 2030 greifen kann. Während der Übergangszeit sollte der CO2-Preis in einem vorhersehbaren Preiskorridor allmählich ansteigen. Gleichzeitig sollte ein für die Übergangszeit gewähltes Prämienmodell zur Förderung der hohen Ausbauziele von erneuerbaren Energien bereits marktnah ausgestaltet sein, um den Übergang möglichst fließend zu gestalten.

Fixe Marktprämien kommen diesem Kriterium am nächsten. Da einseitig gleitende Marktprämien jedoch weit verbreitet sind und bis spätestens 2030 der CO2-Preis als alleiniges Fördermodell greifen soll, kann der Übergang auch direkt aus einer einseitig gleitenden Prämie gestaltet werden, um einen weiteren Zwischenschritt zu vermeiden. Zweiseitig gleitende Prämien (Differenzverträge) sind kein marktnahes Modell, deshalb ist von ihnen abzuraten. Eine Ausnahme hiervon könnten gesondert zu fördernde Einzelfälle sein.

Wirksamkeit und Kosteneffizienz des Modells sollten während des Übergangs stets evaluiert werden, um unerwünschte Entwicklungen möglichst früh zu identifizieren und gegensteuern zu können. Außerdem sollte auf eine gute Anbindung an das EU-ETS hingearbeitet werden, damit zu einem späteren Zeitpunkt die alleinige CO2-Bepreisung bestmöglich greifen kann. Bei der Ausgestaltung der CO2-Bepreisung sollte eine mögliche Festlegung von Mindest- oder Maximalpreisen geprüft werden.

Die Fokussierung auf den CO2-Preis als Leitinstrument der Marktintegration der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bedeutet nicht, dass zur Erreichung weiterer Ziele (wie etwa das Sicherstellen einer adäquaten Versorgungssicherheit und die Förderung von Innovationen) nicht weitere Instrumente zusätzlich zum CO2-Preis sinnvoll sind. Im Gegenteil: Es ist davon auszugehen, dass die Erreichung weiterer Ziele am besten mit Hilfe weiterer Instrumente sichergestellt werden kann. Für die Förderung einer kosteneffizienten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist gleichwohl ein CO2-Preis langfristig das am besten geeignete Instrument.

  • 1 Die Autor:innen des Beitrags arbeiten zurzeit zusammen in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe des Akademienprojekts ESYS („Energiesysteme der Zukunft“) – einer Initiative von acatech, Leopoldina und Akademienunion. Die hier vorgestellten Ideen gehen auf die Erkenntnisse dieser AG zurück (vgl. dazu Haucap et al., 2022).

Literatur

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Title:Promote Renewable Energies Efficiently and Effectively

Abstract:The year 2021 has brought new momentum to climate protection efforts in Germany. The amendment to the Climate Protection Act stipulates a 65 % reduction in greenhouse gas emissions by 2030 compared to 1990. A major contribution to this will come from a massive expansion of electricity generation from renewable energies. Following the tightening of the climate protection measures, the question arises as to whether the current electricity market design and the associated remuneration rules for electricity generation are still suitable for achieving the goals of security of supply and low prices stipulated in the Energy Industry Act, even with an electricity market dominated by renewable energies.

© Der/die Autor:in 2022

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DOI: 10.1007/s10273-022-3268-3