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Dieser Beitrag ist Teil von Die Zukunft der Mobilität in Deutschland: Strategien für nachhaltigen Verkehr

Der schlechte Zustand der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland ist mittlerweile eine alltägliche Erfahrung: Straßen, Schienen- und Wasserwege, Personen- und Güterverkehr, Nah- und Fernverkehr, Binnen- und Transitverkehr, private und gewerbliche Nutzer – alle sind davon grundsätzlich ähnlich betroffen. Trotzdem war es eine überraschende Wende, dass der 20. Bundestag kurz vor Ablauf seiner Wahlperiode durch eine Grundgesetzänderung nicht nur den Weg zur Finanzierung deutlich erhöhter Verteidigungsausgaben außerhalb der Schuldenbremse eröffnete, sondern auch ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz mit Kreditermächtigungen im Umfang von 500 Mrd. Euro einrichtete.

Manche Beobachter sahen darin eine historische Entscheidung, die den Bund – und in der finalen Fassung auch die Länder – in die Lage versetzt, langjährige Versäumnisse beim Erhalt und Ausbau der öffentlichen In­fra­struktur aufzuholen. Andere sahen in dem Schritt eher einen durchsichtigen Versuch der sich formenden neuen Regierungskoalition, bereits vor der Aufnahme formeller Verhandlungen sicherzustellen, dass ihr – anders als der Vorgängerregierung nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 15. November 2023 – in der neuen Wahlperiode die Mittel für gemeinsam vereinbarte Projekte aller Art nicht ausgehen. Zustandekommen und Inhalt der Grundgesetzänderung bieten Anzeichen für beide Lesarten. Welche davon bei einer späteren Beurteilung überwiegt, wird von der Nutzung der erweiterten Verschuldungsspielräume abhängen.

Mehrjährige Debatte über Finanzierung öffentlicher Investitionen

Überraschend waren an der Errichtung des Infrastruktur-Sondervermögens vor allem Zeitpunkt und politischer Kontext. Im Übergang von einer Wahlperiode zur nächsten musste im alten Bundestag eine verfassungsändernde Mehrheit gesucht werden, als die Mehrheitsverhältnisse im neuen Bundestag schon absehbar waren. Der Sache nach kam die Entscheidung dagegen nicht völlig unerwartet. Die Option, ein umfangreiches Sondervermögen zu schaffen, um damit öffentliche Investitionen zu finanzieren, insbesondere in die Infrastruktur des Landes, war zu diesem Zeitpunkt nicht neu.

Vorausgegangen war der Grundgesetzänderung eine mehrjährige Debatte über die anhaltend unzureichende Höhe öffentlicher Investitionen und den wachsenden Nachholbedarf, der sich dadurch aufgebaut hat. Abbildung 1 zeigt, wie sich die Investitionen der Gebietskörperschaften seit 1991 relativ zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) entwickelt haben. Nach erhöhten Zahlen infolge der Wiedervereinigung sind die Bruttoinvestitionen nachhaltig zurückgegangen.1 Die öffentlichen Nettoinvestitionen, die die zum Erhalt des öffentlichen Kapitalstocks erforderlichen Ersatzinvestitionen übersteigen, schwanken in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre effektiv um null. Dass der Modernitätsgrad des öffentlichen Kapitalstocks daher deutlich gesunken ist, zeigt Abbildung 2. Stark betroffen ist davon die öffentliche Infrastruktur („Tiefbau“), noch mehr jedoch der öffentliche Hochbau (z. B. Verwaltungsgebäude, Schulen, Universitäten).

Abbildung 1
Öffentliche Anlageinvestitionen in Deutschland, 1991 bis 2023

In der Debatte über fehlende öffentliche Infrastrukturinvestitionen und über Wege zu ihrer raschen Steigerung meldete sich Anfang des Jahres 2024 eine Allianz prominenter Ökonomen zu Wort (Fuest et al., 2024). Ohne konkrete Zahlen zu nennen, sprachen sie sich für die Einrichtung eines milliardenschweren Sondervermögens aus, das eine Kreditfinanzierung außerhalb der 2009 ins Grundgesetz eingefügten Schuldenbremse ermöglichen sollte. Zuvor war im Rahmen dieser Debatte vor allem eine Lockerung oder Abschaffung der Schuldenbremse gefordert worden, in der ein entscheidendes Hindernis für höhere staatliche Investitionen gesehen wurde (vgl. etwa Fratzscher et al., 2019). Als gezieltere Option war zudem wiederholt eine Ausnahme von den geltenden Verschuldungsregeln für positive öffentliche Nettoinvestitionen vorgeschlagen worden (Truger, 2015; Wissenschaftlicher Beirat beim BMWK, 2023).2

Abbildung 2
Modernitätsgrad1 des öffentlichen Kapitalstocks, 1991 bis 2023

1 Der Modernitätsgrad setzt das Nettoanlagevermögen (nach Abschreibungen) ins Verhältnis zum Bruttoanlagevermögen, jeweils zu Wiederbeschaffungspreisen. 2 Der Hochbau umfasst öffentliche Gebäude der Verwaltung, für Forschung und Lehre sowie für Veranstaltungen. 3 Der Tiefbau umfasst große Teile der öffentlichen Infrastruktur (z. B. Straßen, Tunnel oder Brücken). 4 Einschließlich militärischer Waffensysteme.

Quelle: Bruttoanlagevermögen nach Sektoren (Tab 81000-108) und Nettoanlagevermögen nach Sektoren (Tab 81000-109) aus Destatis (2025c), eigene Berechnungen.

SVR Wirtschaft: Anti-Investment Bias mit Regeln überwinden

Eine nochmals andere Position brachte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR Wirtschaft) in diese Diskussion in seinem Jahresgutachten 2024/25 ein (SVR Wirtschaft, 2024a, Kap. 2). Sein Fokus lag dabei auf „zukunftsorientierten Ausgaben“ (Bohne et al., 2024), zu denen er Infrastrukturinvestitionen zählte, allerdings auch Bildungsausgaben, die statistisch überwiegend nicht als Investitionen klassifiziert werden. Der SVR Wirtschaft attestierte der Politik in seinem Gutachten einen allgemeinen Gegenwarts-Bias, der in Gegenwartspräferenzen und Kurzsichtigkeit der Wähler:innen wurzelt und durch die enge zeitliche Beschränkung der Wahlperioden aber noch enorm verstärkt wird. Infolgedessen neigt die Politik zum einen dazu, laufende Ausgaben durch Schulden zu finanzieren („Deficit Bias“). Zum anderen bevorzugt sie kurzfristig wirksame, konsumtive Ausgaben gegenüber solchen, deren Erträge erst längerfristig hervortreten („Anti-Investment Bias“).

Aus dieser Analyse folgerte der SVR Wirtschaft, dass Regeln zur Begrenzung von Schulden sinnvoll und nötig sind und eine Lockerung oder Umgehung solcher Regeln nicht automatisch zu höheren Investitionen führt. Vielmehr entsteht das Risiko, dass erweiterte Verschuldungsspielräume, die höhere öffentliche Investitionen ermöglichen sollen, – mindestens teilweise – in höhere konsumtive Staatsausgaben umgeleitet werden. Daher hat der SVR Wirtschaft neben einer moderaten, stabilitätsorientierten Reform der Schuldenbremse (SVR Wirtschaft, 2024a, Ziffern 170–173; 2024b) zusätzliche Regeln skizziert, die – abgestimmt auf die einzelnen Arten zukunftsorientierter öffentlicher Ausgaben – sicherstellen sollen, dass diese Ausgaben in der laufenden Finanzpolitik angemessen priorisiert und nicht ständig durch andere Ausgaben verdrängt werden. Zur Steigerung und Verstetigung öffentlicher Infrastrukturinvestitionen schlug er die Einrichtung eines Infrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild vor (SVR Wirtschaft, 2024a, Ziffern 147 f., 177). Eine solche Lösung hat gewisse Ähnlichkeiten mit einem Sondervermögen, unterscheidet sich davon allerdings in zentralen Punkten.

Stärken und Schwächen verschiedener Finanzierungsoptionen

Jede der hier genannten Optionen zu einer verlässlicheren, im Umfang angemessenen Finanzierung öffentlicher Investitionen hat ihre Nachteile, einige versprechen aber durchaus auch Vorteile. Für eine weitgehende Lockerung oder Abschaffung der Schuldenbremse gilt Letzteres nicht, da sie für sich genommen eben keine verlässliche Finanzierung investiver Ausgaben verspricht. Vorteil eines Infrastruktur-Sondervermögens ist, dass es vergleichsweise schnell errichtet werden kann, wie etwa die Erfahrungen mit dem Bundeswehr-Sondervermögen im Frühjahr 2022 gezeigt haben. In den eiligen Verhandlungen über die Grundgesetzänderung erwies sich dies als ausschlaggebend.

Eine Verschuldungsmöglichkeit nur für öffentliche Nettoinvestitionen zu schaffen, ist dagegen voraussetzungsvoll. Es erfordert unter anderem eine umfassende Bewertung und Bilanzierung des gesamten öffentlichen Kapitalstocks sowie eine Messung der daran Jahr um Jahr vorzunehmenden Abschreibungen. Die Vorschläge des Sachverständigenrates, mit konkreten Vorgaben für öffentliche (Mindest-)Investitionen, die nach lediglich moderater Erweiterung der Verschuldungsspielräume erreicht werden sollten, sind finanzpolitisch sehr ambitioniert. Ohne größere Umstrukturierungen im Haushalt wären sie nicht umsetzbar. Um eine dieser beiden Finanzierungsoptionen zu realisieren, fehlte im März 2025 schlicht die Zeit und – in der Übergangssituation zwischen Bundestagswahl und Konstituierung des neuen Bundestages – wohl auch eine geeignete politische Verhandlungssituation. Es blieb die Option eines Sondervermögens.

Aus den vorangegangenen Diskussionen sind allerdings auch die Nachteile eines solchen Ansatzes bekannt. Die Errichtung eines Infrastruktur-Sondervermögens lässt sich unter anderem deshalb so schnell beschließen, weil dabei eine Reihe wichtiger Fragen offen bleibt. Je nachdem, wie mit diesen Fragen im Zuge der Errichtung und Nutzung des Sondervermögens umgegangen wird, können sich Probleme ergeben, die vorgesehene Zweckbindung des Sondervermögens einzuhalten und die Zusätzlichkeit der damit zu finanzierenden Ausgaben sicherzustellen.

Offene Fragen beim Infrastruktur-Sondervermögen

Der Begriff „Investitionen“ ist rechtlich einigermaßen klar definiert (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 HGrG), der Begriff „Infrastruktur“ nicht. Auch ökonomisch gibt es bei beiden Interpretationsspielräume, aufgrund derer eine zweckgerechte Verwendung der hierfür geschaffenen Verschuldungsmöglichkeiten möglicherweise nicht zweifelsfrei geprüft werden kann. Allerdings sind die Begriffe doch so hinreichend bestimmt, dass sich eine direkte grob abweichende Verwendung erkennen ließe und mindestens politisch angreifbar wäre.

Gravierender sind die Probleme mit der Zusätzlichkeit der Ausgaben eines solchen Sondervermögens, wie der Sachverständigenrat bereits im letzten Jahresgutachten ausführte (SVR Wirtschaft, 2024a, Ziffern 149–151). So können aus den Mitteln Investitionen getätigt werden, die zuvor bereits geplant und vor allem bereits anderweitig – etwa im Kernhaushalt – finanziert waren. Bei einer solchen Verlagerung fehlt es nicht nur an der gewünschten Zusätzlichkeit der Maßnahme. Zugleich werden Mittel frei, die für beliebige andere, auch konsumtive Ausgaben verwendet werden können. Die Zweckbindung des Sondervermögens wird damit indirekt umgangen.

Die ersten, von der CDU/CSU und der SPD vorbereiteten Entwürfe zur Grundgesetzänderung für das Infrastruktur-Sondervermögen (Deutscher Bundestag, 2025a) enthielten keinerlei Vorkehrungen, um eine zweckgemäße Verwendung für zusätzliche Infrastrukturinvestitionen sicherzustellen. In den eilig geführten Verhandlungen mit Vertreter:innen der anderen im 20. Bundestag vertretenen Parteien kam es auf Intervention der Grünen jedoch zu Ergänzungen, die Schritte in diese Richtung darstellten. So wurde in den Gesetzentwurf – und letztlich in den neuen Art. 143h GG – eingefügt, dass mit den zu beschließenden Kreditermächtigungen nur „zusätzliche“ Investitionen in die Infrastruktur und zur Erreichung der Klimaneutralität finanziert werden dürfen. Zudem wurde ein Satz ergänzt, der die geforderte Zusätzlichkeit daran misst, dass im Bundeshaushalt im jeweiligen Haushaltsjahr eine „angemessene Investitionsquote“ erreicht wird.3 In einem Entschließungsantrag (Deutscher Bundestag, 2025b), der am Ende zusammen mit der Grundgesetzänderung verabschiedet wurde, wird diese angemessene Quote konkretisiert: Mindestens 10 % der Ausgaben im jeweiligen Bundeshaushalt (ohne Sondervermögen und finanzielle Transaktionen) sollen für Investitionen aufgewendet werden.

Schlupflöcher und Nachbesserungsmöglichkeiten

Es wäre gut, wenn diese Konkretisierung im Errichtungsgesetz für das Infrastruktur-Sondervermögen verankert wird. Sie genießt dann zwar keinen Verfassungsrang, kann aber nicht stillschweigend geändert oder einfach ignoriert werden. Im zwischenzeitlich ausgehandelten Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD (2025) ist davon zwar nicht die Rede, es wird aber auch nicht ausgeschlossen. Immerhin wird dort angekündigt, im Errichtungsgesetz klare Ziele und Investitionsfelder für das Sondervermögen zu benennen und es mit einer Erfolgskontrolle zu verknüpfen (Zeilen 1669–1671). Auch dies sind Schritte, um die Zweckbindung der Kreditermächtigungen zu stärken. Quantitative Festlegungen wären in dieser Hinsicht aber verlässlicher.

Selbst die im Entschließungsantrag genannte 10 %-Schwelle bietet aber immer noch einen gewissen Schlupf, die Zusätzlichkeit und die Zweckbindung der Ausgaben zu unterlaufen. Nach Berechnungen des Sachverständigenrates zur Vorbereitung des soeben veröffentlichten Frühjahrsgutachtens 2025 bietet diese Schwelle, gemessen an der mittelfristigen Finanzplanung, die noch von der alten Bundesregierung stammt, die Möglichkeit, in den Jahren 2025 bis 2028 insgesamt 29,4 Mrd. Euro Investitionsmittel aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen zu verlagern und somit in diesem Umfang Spielräume für anderweitige Ausgaben zu gewinnen (SVR Wirtschaft, 2025, Ziffer 98).4

Vor diesem Hintergrund könnte die 10 %-Schwelle für aus dem Kernhaushalt zu finanzierende Investitionsausgaben im Errichtungsgesetz von vornherein etwas höher angesetzt oder zumindest im Zeitablauf gesteigert werden, etwa von 10 % auf 12 % oder sogar auf noch höhere Werte. Eine Anhebung auf 12 % würde eine Verlagerung von Investitionen aus dem Kernhaushalt weitgehend ausschließen. Zugleich ergäbe sich eine Annäherung an den Vorschlag, Mindestausgabenquoten in den jeweiligen Kernhaushalten gesetzlich zu verankern, den der SVR Wirtschaft im Jahresgutachten 2024/25 für eine angemessenere Finanzierung von Verteidigungs- und Bildungsausgaben auf Bundes- bzw. Länderebene gemacht hatte (SVR Wirtschaft, 2024a, Ziffern 178 f.). Durch weitere Steigerungen der Schwelle könnten die Regeln schrittweise dazu überleiten, dass – jenseits einer zeitlich befristeten Deckung von Nachholbedarfen – auf Dauer zu einer Finanzierung öffentlicher Investitionen ohne Ausnahmen von den geltenden Fiskalregeln zurückgekehrt werden muss.5

Perspektiven für die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur

Die Schnelligkeit, mit der das Infrastruktur-Sondervermögen unmittelbar vor Beginn der neuen Wahlperiode eingerichtet werden konnte, hat ihren Preis. Es bietet lediglich einen recht oberflächlich gestalteten und nur temporär anwendbaren Rahmen für die nötige Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland. Die dafür geschaffenen Verschuldungsmöglichkeiten in den kommenden Jahren klug zu nutzen, bedarf weiterer Vorkehrungen im Errichtungsgesetz und ständiger Aufmerksamkeit beim Einsatz der Mittel. Vor allem könnte diese Option zügig um die vom Sachverständigenrat für solche Zwecke skizzierte Lösung eines dauerhaft angelegten Verkehrsinfrastrukturfonds ergänzt werden (SVR Wirtschaft, 2024a, Ziffer 177), der auf Dauer allein die Finanzierungsverantwortung übernimmt.

Auch hierfür wurde eine gewisse, mit einer moderat reformierten Schuldenbremse zu vereinbarende Verschuldung zur Deckung von Nachholbedarfen erwogen. Entscheidend war an den Ideen des SVR Wirtschaft jedoch, dass dem Fonds verkehrsbezogene Einnahmen aus dem Kernhaushalt als kontinuierlich fließende, eigene Einnahmequellen übertragen werden sollten, um die langfristige Planbarkeit der Infrastrukturausgaben zu verbessern und Umfinanzierungen zugunsten sonstiger Ausgaben wirksam auszuschließen.

Geeignet wären dafür Zuweisungen von Einnahmen aus der Lkw-Maut, der Kfz-Steuer und der Energiesteuer auf fossile Kraftstoffe, die im Verkehrsbereich eingesetzt werden. Da ein Teil dieser Einnahmen mit dem Umstieg auf alternative Antriebe auf Dauer sinken dürften, hat der SVR Wirtschaft die Einführung einer – idealerweise nutzungsabhängigen – Pkw-Maut ins Auge gefasst. Ein solcher Schritt wäre sicherlich wenig populär. Die betroffenen Autofahrer:innen könnten jedoch verstehen, dass eine konsequente Nutzerfinanzierung – unter europarechtskonformer Beteiligung von Transitreisenden – die erforderliche Zweckbindung deutlich stärkt und eine Verkehrsinfrastruktur in gutem Zustand gewährleistet.

  • 1 Dieser Trend wird noch deutlicher, wenn man beachtet, dass der Wiederanstieg im Jahr 1999 buchungstechnisch bedingt ist – mit bleibenden Niveaueffekten – und dass der Anstieg im Jahr 2020 zu einem Gutteil auf den pandemiebedingten Rückgang des BIP als Bezugsgröße der Angaben zurückzuführen ist.
  • 2 Diese Position lässt sich zurückverfolgen bis zu einer Expertise, die der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor der Ausarbeitung und Einführung der Schuldenbremse vorgelegt hatte (SVR Wirtschaft, 2007).
  • 3 Unter Jurist:innen wird daher bereits diskutiert, ob sich die Anforderung „zusätzlicher Investitionen“ mit gleicher Verbindlichkeit auf die Mittel des Sondervermögens bezieht, die in den Klima- und Transformationsfonds übertragen bzw. den Ländern zur Verfügung gestellt werden sollen (vgl. etwa Verheyen, 2025).
  • 4 Ähnliches gilt für die parallel vorgenommene Grundgesetzänderung zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben, die – zumindest bei Kritiker:innen des Sondervermögens für Infrastrukturinvestitionen – hinsichtlich ihrer Begründetheit und Eilbedürftigkeit insgesamt viel weniger umstritten war. Ausgaben für Verteidigung und Sicherheit werden gemäß der Neufassung von Art. 115 Abs. 2 GG von der Schuldenbremse ausgenommen, soweit sie 1 % des BIP übersteigen. Da solche Ausgaben im Kernhaushalt zuletzt 1,6 % des BIP erreichten, entstehen auch hier zusätzliche Finanzierungsspielräume, die sich in der laufenden Wahlperiode zu knapp 110 Mrd. Euro addieren könnten.
  • 5 Eine Frage eigenen Ranges ist dabei die nach der Konformität der Grundgesetzänderungen mit den auf EU-Ebene geltenden Fiskalregeln (Büttner, 2025). Dauerhafte Ausnahmen für höhere Verteidigungsausgaben erscheinen auf dieser Ebene aus heutiger Sicht als denkbar. Zur Kreditfinanzierung von Infrastrukturinvestitionen dürften die gerade erst reformierten EU-Fiskalregeln dagegen eher nur temporäre Abweichungen zulassen.

Literatur

Bohne, A., Heinemann, F., Niebel, T. & Thöne, M. (2024). Die Zukunftsquote: Ein neuer Kompass für den Bundeshaushalt. Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 25(2), 113–129.

Büttner, T. (2025). Gelockerte Schuldenbremse: Einhaltung der EU-Fiskalregeln wird wieder zur Herausforderung. Wirtschaftsdienst, 105(4), 282–287.

CDU, CSU & SPD. (2025). Verantwortung für Deutschland: Koalitionsvertrag, 21. Legislaturperiode.

Destatis. (2025a, 29. April). Arbeitsunterlage Investitionen [Datensatz].

Destatis. (2025b, 25. Februar). Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen Inlandsproduktberechnung Vierteljahresergebnisse [Datensatz].

Destatis. (2025c, 30. April). Statistischer Bericht Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen 1. Vierteljahr 2025 [Datensatz].

Deutscher Bundestag. (2025a). Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU/CSU, Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 109, 115 und 143h). Drucksache Nr. 20/15096.

Deutscher Bundestag. (2025b). Entschließungsantrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der SPD und CDU/CSU (Drucksachen 20/15096, 20/15117). BT-Drucksache Nr. 20/15123.

Fratzscher, M., Kriwoluzky, A. & Michelsen, C. (2019). Gut investierte Schulden sind eine Entlastung in der Zukunft. Wirtschaftsdienst, 99(5), 313–317.

Fuest, C., Hüther, M., Südekum, J. (2024, 12. Januar). Folgen des Verfassungsurteils: Investitionen schützen, Gastbeitrag. Frankfurter Allgemeine Zeitung.

SVR Wirtschaft – Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. (2007). Staatsverschuldung wirksam begrenzen (Expertise).

SVR Wirtschaft – Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. (2024a). Versäumnisse angehen, entschlossen modernisieren. Jahresgutachten 2024/25.

SVR Wirtschaft – Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. (2024b). Die Schuldenbremse nach dem BVerfG-Urteil: Flexibilität erhöhen – Stabilität wahren. Policy-Brief, 1/2024.

SVR Wirtschaft – Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. (2025). Frühjahrsgutachten 2025.

Truger, A. (2015). Implementing the golden rule for public investment in Europe. Working Paper-Reihe der AK Wien, Materialien zu Wirtschaft und Gesellschaft, Nr. 138.

Verheyen, R. (2025). Finanzpaket 2025: Klimaneutralität, erweiterter Verteidigungsbegriff und Umsetzungsgesetze: Fragen und einige erste Antworten. Rechtsgutachten im Auftrag des WWF, Rechtsanwälte Günther, Hamburg.

Wissenschaftlicher Beirat beim BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. (2023). Finanzierung von Staatsaufgaben: Herausforderungen und Empfehlungen für eine nachhaltige Finanzpolitik (Gutachten).

Title:Infrastructure Special Fund: Utilising Debt Leeway Wisely

Abstract:The establishment of a special infrastructure fund with €500 billion in credit authorisation marks a political turning point in German investment policy. It is intended to address a long-standing investment backlog, particularly in the transport sector. However, critics see risks of a lack of additional funding and earmarking. The German Council of Economic Experts is calling for additional rules, including a minimum investment quota and long-term models for the fund. The decisive factor will be whether the extended scope for debt actually flows into future-oriented infrastructure projects.

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© Der/die Autor:in 2025

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DOI: 10.2478/wd-2025-0084