Der Anpassungsdruck und das Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung durch den ökologischen Wandel sind von Region zu Region sehr unterschiedlich. Viele strukturschwache ländliche Gebiete sind wichtige Standorte für die Erzeugung erneuerbarer Energien und könnten daher überdurchschnittlich von der Energiewende profitieren. Investitionszuschüsse durch die Regionalpolitik, Regulierung zur Erhöhung der lokalen Wertschöpfung aus der Erzeugung erneuerbarer Energien und regionale Energiepreise könnten strukturschwachen Regionen helfen, die potenziellen Vorteile des Transformationsprozesses zu nutzen.
Die Transformation hin zu einer CO2-neutralen Wirtschaft ist mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Die Dekarbonisierung erfordert einen weiteren Ausbau der Produktion erneuerbarer Energien (EE) und eine weitestgehende Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch die Entwicklung und Implementierung emissionsärmerer Produktionsprozesse (SVR, 2021). Mit diesen Veränderungen verbundene Chancen und Risiken verteilen sich aufgrund unterschiedlicher Standortbedingungen und Branchenstrukturen nicht gleichmäßig über die Regionen in Deutschland.
Ein hoher energiewendebedingter Anpassungsdruck besteht auf der einen Seite vor allem in Regionen, die auf energieintensive Produktionsprozesse mit einem hohen CO2-Ausstoß (z. B. chemische Industrie) und die Herstellung emissionsintensiver Produkte (z. B. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren) spezialisiert sind (Dörr et al., 2024; Haas et al., 2024; Südekum & Rademacher, 2024). Auf der anderen Seite werden mit dem notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien insbesondere für ländliche Räume besondere Entwicklungspotenziale verbunden (SRLE, 2024; Többen et al., 2023). Welche Regionen am Ende von diesem ökologischen Strukturwandel profitieren, welche Standorte zurückfallen und ob sich die regionalen Disparitäten infolge der Transformation verringern oder vertiefen, lässt sich bislang noch nicht abschätzen (Südekum & Rademacher, 2024; Többen et al., 2023).
Unterschiedliche Chancen und Risiken der Energiewende
Abbildung 1 stellt anhand dreier Indikatoren die Chancen und Risiken der Energiewende für Kreise und kreisfreie Städte in Deutschland gegenüber. Die lokalen Risiken werden hier durch den geschätzten CO2-Ausstoß je Beschäftigten abgebildet (Südekum & Rademacher, 2024). Ein hoher Anpassungsdruck besteht demnach insbesondere in Regionen, die auf energieintensive Industrien spezialisiert sind, da der Indikator die CO2-Emissionen der Wirtschaftszweige mittels regionaler Branchenstrukturen auf die Regionen verteilt. Ein klares räumliches Muster zeigt sich dabei nicht. Regionen mit einem hohen ökologischen Transformationsdruck finden sich in Ost- und Westdeutschland; dünn besiedelte ländliche Gebiete sind ebenso betroffen wie kreisfreie Großstädte (Haas et al., 2024).
Abbildung 1
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und CO2-Emissionen je Kreis


GRW = Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur.
Durch Onshore-Windenergie und Freiflächen-PV erzeugte Strommengen aus regionalisierten Jahresabrechnungen der Übertragungsnetzbetreiber für das Jahr 2023 (Grundlage: Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)), regionalisierte CO2-Emissionen für das Jahr 2019. Alle drei Indikatoren wurden zur Kontrolle von Größenunterschieden mit der Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter 2019 normiert. Abgrenzung ländlicher Räume gemäß Thünen-Typologie. Ein Kreis wurde (nicht) dem GRW-Fördergebiet zugeordnet, wenn die Mehrheit (Minderheit) der Bevölkerung des Kreises in einem GRW-Fördergebiet wohnt. Die pinken Linien kennzeichnen den bundesweiten Durchschnitt.
Quelle: Übertragungsnetzbetreiber (EEG-Jahresabrechnungen), CO2-Emissionen gem. Haas et al. (2024), Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA), eigene Berechnungen.
Die Chancen der ökologischen Transformation werden anhand der jüngst realisierten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien je Beschäftigten dargestellt. Wir betrachten Onshore-Windenergie und Freiflächen-Photovoltaikanlagen (PV). Beide Indikatoren weisen darauf hin, dass auch die energiewendebedingten Chancen regional erheblich variieren. Kapazitäten für die Erzeugung von erneuerbarer Energie liegen demnach vor allem in ländlichen Regionen. Insbesondere die Strommenge aus Onshore-Windenergie konzentriert sich in strukturschwachen ländlichen Regionen, die zu den Fördergebieten der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) gehören (insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg sowie Schleswig-Holstein).
Einige dieser Regionen kennzeichnet gleichzeitig ein großer Transformationsdruck aufgrund hoher CO2-Emissionen pro Beschäftigten (Quadrant oben rechts). Hier treffen demnach hohe Risiken der Transformation auf große Entwicklungspotenziale im Zuge des Ausbaus erneuerbarer Energien. In Regionen des linken oberen Quadranten ist die Energiewende vor allem mit Chancen verbunden, da sie bei einem geringen Transformationsdruck über große Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energie verfügen.
Für urbane Regionen ist die ökologische Transformation mit deutlich geringeren Entwicklungspotenzialen aufgrund der Erzeugung erneuerbarer Energien verbunden. Tabelle 1 zeigt, dass nur 4 % des in Deutschland mit Onshore-Windenergieanlagen gewonnen Stroms in urbanen Regionen erzeugt werden und lediglich 3 % des Stroms aus Freiflächen-PV. Auf strukturschwache ländliche Räume entfallen demgegenüber rund 70 % (Onshore-Windenergie) bzw. annähernd 60 % (Freiflächen-PV). Pro Beschäftigten ist die aus erneuerbaren Energien gewonnene Strommenge in den strukturschwachen ländlichen Regionen im Mittel um mehr als das 50-fache höher als in strukturstarken urbanen Regionen.
Tabelle 1
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nach Regionstypen, 2023
EEG-Strommenge | ländlich | urban | insgesamt | ||
---|---|---|---|---|---|
GRW-Fördergebiet | |||||
ja | nein | ja | nein | ||
Anteil je Regionstyp in % | |||||
Onshore-Windenergie | 71,4 | 24,5 | 2,1 | 1,9 | 100 |
Freiflächen-PV | 58,5 | 38,5 | 1,6 | 1,4 | 100 |
Fläche | 51,2 | 40,1 | 3,3 | 5,4 | 100 |
Beschäftigte | 21,2 | 28,3 | 19,5 | 31,0 | 100 |
Stromverbrauch | 28,3 | 32,9 | 16,4 | 22,4 | 100 |
EEG-Strommenge sowie gewerblicher Stromverbrauch in MWh pro Beschäftigten je Regionstyp | |||||
Onshore-Windenergie | 11,2 | 2,9 | 0,4 | 0,2 | 3,3 |
Freiflächen-PV | 1,5 | 0,7 | <0,1 | <0,1 | 0,5 |
Stromverbrauch | 7,3 | 6,3 | 4,4 | 3,9 | 5,4 |
rechnerischer „Autarkiegrad“ (in %) | 181 | 59 | 9 | 6 | 73 |
EEG = Erneuerbare-Energien-Gesetz; GRW = Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur; PV = Photovoltaik.
Der ausgewiesene Stromverbrauch beschränkt sich auf das Verarbeitende Gewerbe. Aufgrund von Geheimhaltungsfällen (Fallzahl-/Dominanzfallregel) werden für einzelne Gebietskörperschaften (z. B. Wolfsburg) keine Daten ausgewiesen. Insgesamt werden jedoch 93,2 % des Stromverbrauchs regionalisiert erfasst, auf diese Regionen entfallen 96,8 % der Beschäftigten. Mit 12,1 MWh/Beschäftigten ist in der Gruppe der Geheimhaltungsfälle ein stark überdurchschnittlicher Stromverbrauch zu beobachten. Die Stromerzeugungsleistung kann nur für Strommengen regionalisiert werden, die der EEG-Förderung unterliegen. Die tatsächliche Erzeugungsleistung kann daher bundesweit um rund 10 % unterschätzt werden. Dies betrifft etwa die bei Freiflächen-PV stärker verbreitete Direktvermarktung. Zusätzlich macht sich insbesondere seit 2021 der Wegfall der EEG-Förderung von Anlagen nach dem Ablauf des 20-jährigen Förderzeitraums bemerkbar, sofern der Strom nach Förderende direkt vermarktet wird. Abgrenzung ländlicher Räume gemäß Thünen-Typologie. Als GRW-Fördergebiete sind alle Kreise definiert, in denen die Mehrheit der Bevölkerung im Fördergebiet wohnt.
Quelle: Übertragungsnetzbetreiber (EEG-Jahresabrechnungen), Statistisches Bundesamt (Jahreserhebung über die Energieverwendung der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes, im Bergbau und der Gewinnung von Steinen und Erden), Beschäftigtenstatistik der BA, eigene Berechnungen.
Trotz eines tendenziell höheren gewerblichen Stromverbrauchs in strukturschwachen ländlichen Räumen (+35 % gegenüber dem Bundesdurchschnitt pro Beschäftigten), überschritt bereits 2023 die dort erzeugte Strommenge aus Freiflächen-PV und Onshore-Windenergieanlagen den gewerblichen Stromverbrauch um mehr als 80 %, während strukturstarke urbane Regionen einen rechnerischen „Autarkiegrad“ von nur 6 % des gewerblichen Stromverbrauchs aufwiesen. Die vor allem in Süddeutschland stark überrepräsentierte energieintensive Industrie weist eine hohe Stromnachfrage auf, die durch das Stromangebot der solaren Erzeugungskapazitäten vor Ort nicht gedeckt werden kann. Aufgrund des hohen Eigenversorgungsgrads tragen die Produktionsüberschüsse in strukturschwachen Regionen fortschreitend dazu bei, den Energieverbrauch in strukturstarken Regionen zu decken.1 Hinsichtlich des Autarkiegrades ist allerdings zu beachten, dass die Erzeugungsleistung unterjährig sehr volatil ist, d. h. der Strom wird nicht stets dann bereitgestellt, wenn er benötigt wird (Grimm et al., 2024) – so schwankte die wöchentliche Erzeugungsleistung 2024 laut Bundesnetzagentur zwischen 0,1-2,4 TWh (PV-Anlagen) bzw. 0,5-5,5 TWh (Onshore-Windenergie).
Insgesamt ist festzustellen, dass sich die Produktionsstandorte für erneuerbare Energien in starkem Maße in strukturschwachen ländlichen Regionen konzentrieren, die durch die GRW gefördert werden. Insofern stellt sich die Frage, inwieweit durch die ökologische Transformation regionale Disparitäten in Deutschland reduziert werden können. Zu einem Abbau regionaler Unterschiede kann der Transformationsprozess beitragen, wenn die strukturschwachen Regionen das damit verbundene Entwicklungspotenzial realisieren können. Die Politik kann dies durch Fördermaßnahmen und die Setzung entsprechender (regulatorischer) Rahmenbedingungen unterstützen.
Unterstützung der Energiewende durch die GRW-Förderung
Der weitere Aufbau von Kapazitäten zur Erzeugung erneuerbarer Energie wird ebenso wie die Umstellung von Produktionsprozessen auf emissionsärmere Technologien erhebliche Unternehmensinvestitionen erfordern. In strukturschwachen Regionen können solche betrieblichen Investitionen durch die GRW gefördert werden. Gerade mit Blick auf die ökologische Transformation sind die Fördermöglichkeiten durch eine Reform der GRW im Jahr 2022 ausgeweitet worden. So wurde das Zielsystem der Förderung erweitert und umfasst nun auch die Beschleunigung des Transformationsprozesses hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft. So profitieren Betriebe, die durch die geförderten Investitionen ihre CO2-Emissionen um mindestens 20 % senken, von einem erleichterten Zugang zur Förderung. Zudem wurden neue Fördermöglichkeiten geschaffen (Alm & Clausen, 2023). In strukturschwachen Regionen können auch Investitionen in Anlagen unterstützt werden, die für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind (z. B. Solarpaneele, Batteriezellen, Windturbinen oder Elektrolyseure).2
Die GRW-Förderung der Transformationsprozesse in strukturschwachen Regionen wird jedoch nur dann zu einem Abbau der regionalen Disparitäten beitragen, wenn von ihr signifikante Effekte auf die wirtschaftliche Dynamik in den Fördergebieten ausgehen. Evaluierungen der GRW-Förderung konnten eine deutliche positive Wirkung der betrieblichen Förderung auf das Beschäftigungswachstum der geförderten Betriebe sowie leicht positive Effekte auf die Medianlöhne nachweisen. Die Beschäftigungseffekte erweisen sich auch langfristig als stabil (Grunau et al., 2025). Siegloch et al. (2025) zeigen im Kontext der GRW-Förderung zudem, dass raumspezifische Fördermaßnahmen wesentlich effektiver zur Verringerung regionaler Disparitäten beitragen als solche ohne expliziten Raumbezug.
Regionale Wertschöpfungspotenziale heben
Die Produktion erneuerbarer Energien in strukturschwachen ländlichen Räumen sollte sich auch in einer Steigerung der regionalen Wertschöpfung niederschlagen. Allerdings führt etwa die Steuerzerlegung bei einem Fokus auf den Unternehmenssitz der Anlagenbetreiber dazu, dass die tendenziell strukturschwächeren Erzeugungsstandorte nur unterproportional am Gewerbeertrag partizipieren.3 Eine gerechtere Verteilung von Kosten und Nutzen der Energiewende könnte vor Ort zu höherer Akzeptanz von Ausbaumaßnahmen beitragen. Neben den unmittelbaren regionalwirtschaftlichen Effekten in der Planungs- und Realisierungsphase des Anlagenausbaus (unter anderem durch Ersatzzahlungen, regionale Auftragsvergabe und Finanzierung) sowie Pachteinnahmen und vergünstigten Strompreisen (inklusive lokaler Industriestrom/Direktanbindung) in der Betriebsphase erstrecken sich kommunale Wertschöpfungspotenziale vorwiegend auf die Gewerbesteuer sowie Einnahmen durch sogenannte Ertragsbeteiligungsgesetze (gemäß § 6 EEG).
Mit Ausnahme von Baden-Württemberg, Hessen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz haben alle Flächenländer bereits Landesgesetze zur Ertragsbeteiligung erlassen. Im Regelfall können Kommunen an der Erzeugungsleistung von Neuanlagen mit bis zu 0,2 ct/kWh partizipieren. In bundesweiter Perspektive sind die kommunalen Ertragsbeteiligungspotenziale begrenzt: Selbst bei einer Ausweitung auf Bestandsanlagen beliefe sich das Aufkommenspotenzial auf rund 300 Mio. Euro p. a. – dies entspräche bundesdurchschnittlich rund 0,2 % der kommunalen Steuereinnahmen.
Aufgrund der räumlichen Konzentration der Erzeugungsleistung kann sich für einzelne (strukturschwache) Regionen dennoch ein nennenswertes Aufkommenspotenzial ergeben (z. B. die Kreise Dithmarschen, Nordfriesland, Prignitz und Uckermark). Gesamtwirtschaftlich bedeutsame Beschäftigungseffekte sind durch den Bau und den Betrieb von EE-Anlagen nicht zu erwarten.4 Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich die stärksten Effekte (jedoch überwiegend „Einmaleffekte“) in der Baubranche manifestieren. Das lokale Wertschöpfungspotenzial, das mit dem Bau und dem Betrieb von EE-Anlagen verbunden ist, sollte daher nicht überschätzt werden. Deshalb ist es wichtig, dass auch die lokale Wirtschaft insgesamt profitiert, z. B. durch niedrigere Strompreise in strukturschwachen Regionen mit hoher EE-Erzeugung.
Standortvorteile in strukturschwachen Regionen durch regionale Strompreise
Der deutsche Strommarkt besteht gegenwärtig aus einer einheitlichen Preiszone, d. h. der Strompreis kann regional nicht abhängig von lokalem Angebot und lokaler Nachfrage variieren. Da die Kapazitäten des Stromnetzes nicht immer ausreichen, um regionale Ungleichgewichte zwischen der Energieproduktion und der Stromnachfrage auszugleichen, sendet der einheitliche Preis falsche Signale. Dies führt zu Fehlanreizen und kostspieligen Korrekturmaßnahmen zur Behebung von Netzengpässen (Grimm & Ockenfels, 2025; Hirth, 2025).
Durch die begrenzten Netzkapazitäten trifft regelmäßig ein großes Angebot an erneuerbarer Energie in dünn besiedelten strukturschwachen Regionen auf eine geringe lokale Nachfrage. Dieser Überschuss an Strom würde bei regionalen Preiszonen zu einem relativ niedrigen Strompreis führen. Dieser potenzielle Standortvorteil könnte Investitionen in den Aufbau (energieintensiver) Produktionen in strukturschwachen ländlichen Regionen mit hoher Energieproduktion attraktiver machen. Ein bundesweit einheitlicher Strompreis spiegelt dagegen die Knappheitsverhältnisse vor Ort nicht wider. Investitionsanreize durch günstigen Strom können nicht wirksam werden. Im Gegenteil führen regional unterschiedlich hohe Netzentgelte dazu, dass der Preis für Endkunden gerade dort besonders hoch ist, wo vergleichsweise viel erneuerbare Energie produziert wird (Hirth, 2025). Neben den Argumenten, die aus energiepolitischer Sicht für regionale Strompreiszonen sprechen, gibt es somit auch aus regionalpolitischer Perspektive Vorteile regionaler Strompreise.
Zweifellos ist der Übergang zu einem System regionaler Preiszonen mit Herausforderungen verbunden. Zudem wird als Argument gegen die Einführung regionaler Strompreise häufig angeführt, dass Standorte im Süden des Bundesgebiets in der Folge unter steigenden Strompreisen leiden könnten. Die Ergebnisse aktueller Studien lassen allerdings erwarten, dass es in Süddeutschland nur zu einem relativ geringen Preisanstieg kommen würde (0,3-0,5 ct/kWh); die vorwiegend betroffenen energieintensiven Unternehmen könnten in Regionen mit steigenden Preisen zudem kompensiert werden, finanziert z. B. durch erzielte Engpassrenten (Hirth, 2025). Entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen ist beim Strompreis außerdem der internationale Vergleich. Bei Beibehaltung des ineffizienten Strommarktdesigns droht der Standort Deutschland durch weiter steigende Stromkosten insgesamt an Boden zu verlieren (Grimm & Ockenfels, 2025).
Fazit
Inwieweit bestehen also Rahmenbedingungen und Förderinstrumente, die es strukturschwachen Regionen ermöglichen, ihr energiewendebedingtes Entwicklungspotenzial zu nutzen? Die Reform der GRW mit ihren erweiterten Fördermöglichkeiten zur Beschleunigung des Transformationsprozesses dürfte hier einen wichtigen Beitrag leisten, denn der Übergang zu klimaneutralen Produktionsprozessen erfordert vor allem betriebliche Investitionen, die in den Fördergebieten durch die GRW unterstützt werden. Auch zur stärkeren Bindung der Wertschöpfung in den Erzeugerregionen wurden erste Reformschritte eingeleitet. Gleichzeitig können sich aber die erheblichen EE-Erzeugungskapazitäten aufgrund des bundesweit einheitlichen Strompreises nicht in einem Standortvorteil für strukturschwache ländliche Regionen niederschlagen. Insofern hat die Politik bislang noch nicht umfassende Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die diesbezüglichen Entwicklungspotenziale in ländlichen GRW-Fördergebieten vollständig ausgeschöpft werden.
- 1 In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass im Verarbeitenden Gewerbe 2023 nur 21 % des Energieverbrauchs (einschließlich nichtenergetischem Verbrauch) auf den Energieträger Strom entfielen. Dies verdeutlicht die Herausforderungen der Dekarbonisierung, die sich nicht allein auf den Strommarkt beschränken kann.
- 2 Mit der Erweiterung des GRW-Förderspektrums können „Energieinfrastrukturen“ gefördert werden, „soweit sie für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind“ (BMWK, 2024a).
- 3 Die regionale Zuordnung der Gewerbesteuer basiert auf dem Anteil einer Betriebsstätte an den gesamten Lohnaufwendungen des Unternehmens. Seit 2021 gilt für Windenergieanlagen und Freiflächen-PV jedoch eine Spezialzerlegungsnorm (10 % nach Lohnsummen, 90 % nach installierter Leistung). Allerdings greift diese Regelung nur „bei Betrieben, die ausschließlich Anlagen zur Erzeugung von Strom und anderen Energieträgern […] betreiben“ (§ 29 GewStG).
- 4 Für das Jahr 2023 wurden für den EE-Bereich insgesamt Bruttobeschäftigungseffekte in Höhe von 405.000 Personen abgeschätzt (BMWK, 2024b), ca. 1,1 % der Gesamtbeschäftigung. Die Wertschöpfungseffekte von Investitionstätigkeit und Anlagenbetrieb beliefen sich 2024 auf etwa 55 Mrd. Euro (BMWK, 2025), dies entspricht 1,5 % der Bruttowertschöpfung.
Literatur
Alm, B. & Clausen, H. (2023). Für eine starke Wirtschaft vor Ort: umfassende Reform der GRW beschlossen. Schlaglichter der Wirtschaftspolitik, 1/2023, 10–14.
BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. (Hrsg.) (2024a). Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) ab 1. Januar 2024.
BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. (Hrsg.) (2024b). Bruttobeschäftigung durch erneuerbare Energien 2000 bis 2023.
BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. (Hrsg.) (2025). Wirtschaftliche Impulse durch Erneuerbare Energien, Kurzdokumentation des ZSW.
Dörr, L., Falck, O., Gründler, K., Heil, P., Potrafke, N., Pfaffl, C. & Schlepper, M. (2024). Strukturwandel in ländlichen Räumen. ifo Forschungsbericht, 141.
Grimm, V., Oechsle, L. & Zöttl, G. (2024). Stromgestehungskosten von Erneuerbaren sind kein guter Indikator für zukünftige Stromkosten. Wirtschaftsdienst, 104(6), 387–394.
Grimm, V. & Ockenfels, A. (2025). Der Strommarkt steht am Scheideweg. ifo Schnelldienst, 78(03), 3–7.
Grunau, P., Hoffmann, F., Lemieux, T. & Titze, M. (2025). Who Benefits from Place-Based Policies? Evidence from Matched Employer-Employee Data. NBER Working Paper, 33785.
Haas, A., Niebuhr, A. & Vetterer, N. (2024). Regionale Arbeitsmärkte unter Transformationsdruck – unterschiedliche Herausforderungen und Anpassungspotenziale. Wirtschaftsdienst, 104(8), 527–532.
Hirth, L. (2025). Warum die Teilung der deutschen Strompreiszone sinnvoll ist. ifo Schnelldienst, 78(03), 7–10.
Siegloch, S., Wehrhöfer, N. & Etzel, T. (2025). Spillover, Efficiency, and Equity Effects of Regional Firm Subsidies. American Economic Journal: Economic Policy, 17(1), 144–180.
SRLE – Sachverständigenrat Ländliche Entwicklung. (2024). Transformation des Energiesystems: Chancen des Ausbaus von Windenergie- und Photovoltaikanlagen für ländliche Räume nutzen. Stellungnahme des Sachverständigenrats Ländliche Entwicklung beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vom 19.03.2024.
Südekum, J. & Rademacher, P. (2024). Regionale Disparitäten in der Transformation – Empirische Evidenz und Implikationen für die Regionalpolitik. Bertelsmann Stiftung.
SVR – Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. (2021). Transformation gestalten: Bildung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Jahresgutachten 2021/2022.
Többen, J., Banning, M., Hembach-Stunden, K., Stöver, B., Ulrich, P. & Schwab, T. (2023). Energising EU Cohesion: Powering up lagging regions in the renewable energy transition. MPRA Paper, 119374, GWS – The Institute of Economic Structures Research / Bertelsmann Stiftung.