Geflüchtete werden aufgenommen, um Schutz vor Krieg, Verfolgung und Vertreibung zu bieten. Das ist die primäre Aufgabe des Asylsystems, aber auch die Integration in Arbeitsmarkt, Bildungssystem und Gesellschaft sind sehr wichtig. Je erfolgreicher die Geflüchteten in den Arbeitsmarkt integriert sind, desto mehr tragen sie zur gesamtwirtschaftlichen Produktion, Steuern und Abgaben bei – und desto geringer sind die fiskalischen Belastungen durch Transferleistungen und andere Kosten. Wie aber ist diese Integration gelungen? Die weltweit umfassendste Längsschnittstudie Geflüchteter, verknüpft mit Sozialversicherungsdaten, zeigt: Neun Jahre nach Ankunft haben sich die Beschäftigungsquoten der 2015 Zugezogenen schon stark an den Bevölkerungsdurchschnitt angenähert, bei geflüchteten Männern liegt der Anteil sogar über dem männlichen Bevölkerungsdurchschnitt. Dass die Erwerbsquote von geflüchteten Frauen deutlich niedriger ist, liegt weniger an kulturellen als vielmehr an strukturellen Gründen.
Auf ihrer Sommerpressekonferenz vom 30. August 2015 prägte Angela Merkel das wohl berühmteste Zitat ihrer Amtszeit:
„Ich sage ganz einfach: Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das! Wir schaffen das, und dort, wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden, muss daran gearbeitet werden. Der Bund wird alles in seiner Macht Stehende tun – zusammen mit den Ländern, zusammen mit den Kommunen –, um genau das durchzusetzen.“
Ob „wir es geschafft haben“, lässt sich aus wissenschaftlicher Perspektive nicht eindeutig beantworten, weil klare Kriterien fehlen, an denen sich eine solche Aussage messen ließe. Dieser Beitrag beschränkt sich auf eine Bilanz aus arbeitsmarktlicher Perspektive: Was wurde seit 2015 erreicht, welche Maßnahmen waren erfolgreich, wo lagen Fehlentwicklungen?
Bei einer solchen Bilanz ist immer zu berücksichtigen, dass es im Kern um eine humanitäre Frage geht. Geflüchtete werden aufgenommen, um Schutz vor Krieg, Verfolgung und Vertreibung zu bieten. Den ökonomischen und sozialen Kosten für die Aufnahmegesellschaft steht der Nutzen der Schutzsuchenden gegenüber, den sie aus sicherem Aufenthalt ziehen. Die Beurteilung ist somit stets auch eine wohlfahrtsökonomische Frage, die ohne Werturteile nicht beantwortet werden kann.
Aus wohlfahrtsökonomischer Perspektive hängen Nutzen und Kosten der Schutzgewährung wesentlich von der Arbeitsmarktintegration ab. Je erfolgreicher die Geflüchteten in den Arbeitsmarkt integriert sind, desto mehr tragen sie zur gesamtwirtschaftlichen Produktion, Steuern und Abgaben bei – und desto geringer sind die fiskalischen Belastungen durch Transferleistungen und andere Kosten. Zugleich eröffnet eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration mehr Spielräume für eine an humanitären Kriterien orientierte Asylpolitik. Darüber hinaus ist sie entscheidend für die wirtschaftliche und soziale Teilhabe sowie das individuelle Wohlbefinden der Geflüchteten selbst.
Schlechte Voraussetzungen
Geflüchtete bringen sehr viel ungünstigere Voraussetzungen für die Integration in den Arbeitsmarkt als etwa andere Migrant:innen oder die in den Zielländern geborene Bevölkerung mit. Entsprechend dauert die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten in der Regel länger als von anderen Migrant:innen, wenn sie überhaupt in Hinblick auf Erwerbstätigkeit und Verdienste das gleiche Niveau erreichen (Brell et al., 2020; Cortes, 2004; Kosyakova & Kogan, 2022). Das lässt sich im Wesentlichen auf drei Ursachenkomplexe zurückführen (Brücker et al., 2025b):
Erstens sind es die Belastungen durch Krieg, Verfolgung und Vertreibung sowie den Fluchtprozess selbst. Die große Mehrheit der Geflüchteten in Deutschland stammt aus von Krieg, Bürgerkrieg und Verfolgung besonders betroffenen Ländern und innerhalb dieser Länder aus den besonders betroffenen Regionen. Auch wenn aus forschungsethischen Gründen persönliche Erlebnisse vor der Flucht nicht erhoben wurden, ist davon auszugehen, dass erhebliche Teile der Geflüchteten traumatischen Ereignissen ausgesetzt waren. Hinzu kommen ähnliche Erfahrungen auf der Flucht: rund die Hälfte der Geflüchteten in Deutschland, die über ihre Fluchterfahrungen berichtet haben, waren von traumatischen Ereignissen betroffen, 15 % haben Schiffbruch erlitten (Brücker et al., 2020a). Dies alles schlägt sich in einer höheren Wahrscheinlichkeit psychischer Erkrankungen nieder, Frauen sind überdurchschnittlich betroffen. Schließlich sind Geflüchtete schlechter als andere Migrant:innen auf die Migration und nachfolgende Integration in den Zielländern vorbereitet, d. h. sie verfügen in der Regel über keine Kenntnisse der Sprache sowie keine persönlichen und professionellen Netzwerke in den Zielländern, haben dort noch nicht nach Arbeit gesucht oder gar bereits eine Stelle gefunden.
Zweitens ist das Humankapital der Geflüchteten häufig schlecht in den Zielländern verwertbar, bei den außereuropäischen Geflüchteten besteht auch ein Bildungsgefälle. So existiert ein mit dem dualen Ausbildungssystem vergleichbares Bildungssystem in den meisten Herkunftsländern nicht. Während die Schulbildung der Geflüchteten mit hohen Anteilen, die Gymnasien und Fachoberschulen besucht haben, aber auch hohen Anteilen, die nur sechs oder weniger Schuljahre absolviert haben, stark polarisiert war, verfügten nur geringe Anteile über eine abgeschlossene Berufsausbildung im deutschen Sinne oder Hochschulabschlüsse (Brücker et al., 2020a). Zudem wurden viele Bildungsbiografien durch Krieg und Flucht unterbrochen. Vor der Migration erworbene berufliche Qualifikationen wurden in der Regel durch „Training on the Job“ erworben. So entsprach das Anforderungsniveau der Berufstätigkeit der Geflüchteten vor dem Zuzug fast dem Niveau des Bevölkerungsdurchschnitts in Deutschland (Brücker et al., 2020a), obwohl nur geringe Anteile über die entsprechenden Abschlüsse und Zertifikate verfügten. Dies erschwert die Integration in einen außergewöhnlich stark durch berufliche Abschlüsse und Zertifikate strukturierten Arbeitsmarkt wie in Deutschland, insbesondere in den reglementierten Berufen etwa im Erziehungssektor und dem Gesundheitswesen.
Drittens schließlich behindern zahlreiche institutionelle Hürden die Arbeitsmarktintegration: So unterliegen Asylbewerber:innen zunächst einem absoluten Beschäftigungsverbot, das 2015 noch bei neun Monaten lag und in der letzten Legislaturperiode auf drei Monate verkürzt wurde. Auch danach müssen die Behörden, so lange kein anerkannter Schutzstatus vorliegt, im Rahmen einer Einzelfallprüfung der Beschäftigungsaufnahme zustimmen. Während der Asylverfahren sind die Beschäftigungsaussichten ohnehin aufgrund der Ungewissheit über die Bleibeperspektiven sowohl für die Arbeitgeber als auch die Geflüchteten selbst stark verringert. Die administrative Verteilung in Verbindung mit rechtlichen Restriktionen der räumlichen Mobilität beeinträchtigt die Beschäftigungsaussichten im Vergleich zu anderen Migrant:innen, die ihren Wohnort frei wählen können, ebenfalls (Brücker et al., 2020b).
Vor diesem Hintergrund war von vornherein zu erwarten, dass die 2015 Zugezogenen langsamer und möglicherweise auch dauerhaft schlechter in den Arbeitsmarkt integriert werden als andere Migrantengruppen.
Was wurde geschafft?
Seit 2016 wird die Arbeitsmarktintegration der seit 2013 nach Deutschland zugezogenen Geflüchteten, darunter insbesondere der 2015 Zugezogenen, im Rahmen der IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten untersucht (Brücker et al., 2025c). Diese Befragung ist weltweit die umfassendste Längsschnittstudie Geflüchteter. Die Stichprobe wurde aus dem Ausländerzentralregister gezogen und mit hohem methodischem Aufwand umgesetzt: Übersetzungen der Erhebungsinstrumente in die Herkunftssprachen, der Einsatz von Dolmetscher:innen, auditive Befragungsinstrumente sowie das systematische Einbeziehen von Gemeinschaftsunterkünften gewährleisteten einen randomisierten Zugang zur Zielpopulation. Darüber hinaus wurden die Befragungsdaten mit den am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vorliegenden Integrierten Erwerbsbiografien (IEB) verknüpft, die sich aus Sozialversicherungsdaten der Bundesagentur für Arbeit (BA) speisen (Antoni et al., 2025). Dadurch liegen tagesgenaue Informationen zur abhängigen Beschäftigung, den Verdiensten und dem Leistungsbezug vor, sodass mit Hochrechnungsfaktoren repräsentative und belastbare Aussagen für die 2015 zugezogenen Geflüchteten möglich sind (Brücker et al., 2025a).
Die jüngsten Ergebnisse zeigen: 2024, also exakt neun Jahre nach ihrem Zuzug, waren 64 % der 2015 zugezogenen Geflüchteten abhängig beschäftigt; im Bevölkerungsdurchschnitt lag die Quote – bei gleicher Altersabgrenzung – bei 70 % (Brücker et al., 2025a). 2023 waren zudem, das zeigen die Befragungsdaten, weitere 5 % als Selbständige erwerbstätig. Damit haben sich die Beschäftigungsquoten der Geflüchteten schon weitgehend an das Niveau in der Gesamtbevölkerung angenähert. Ein bemerkenswerter Befund angesichts der eingangs beschriebenen ungünstigen Startbedingungen.
Die Verdienste von Vollzeitbeschäftigten liegen bei rund 70 % der mittleren Verdienste (Median) im Bevölkerungsdurchschnitt (Brücker et al., 2025a). Beides, die Beschäftigungsquoten und die Verdienste, steigen im Trend weiter. Allerdings nehmen noch 34 % der 2015 zugezogenen Geflüchteten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (Grundsicherung bzw. Bürgergeld) in Anspruch, viele davon ergänzende Leistungen (Brücker et al., 2025a). Dies ist auf die immer noch verbleibende Differenz in den Erwerbstätigenquoten, insbesondere von Frauen, die geringeren mittleren Verdienste, die Haushaltskonstellation mit vielen Kindern sowie die geringen sonstigen finanziellen Ressourcen der geflüchteten Familien zurückzuführen.
Fachkräfte von morgen?
Der Vorstandvorsitzende des Daimler-Benz-Konzerns, Dieter Zetsche, hatte 2015 mit der Äußerung, Flüchtlinge seien die hochmotivierten Fachkräfte von morgen, große öffentliche Resonanz erzeugt (FAZ, 2015). Vor dem Hintergrund der ungünstigen Voraussetzungen der Geflüchteten war dies damals eher unwahrscheinlich. Aber wie sieht es heute aus?
Auf Grundlage der Arbeitgebermeldungen gingen 2023 46 % der 2015 zugezogenen Geflüchteten einer Fachkrafttätigkeit, 5 % einer Experten- und Spezialistentätigkeit sowie 49 % einer Helfertätigkeit nach (Brücker et al., 2025a). Die Tätigkeitsniveaus werden auf Grundlage der Angaben zur ausgeübten Berufstätigkeit klassifiziert. Auf Grundlage der Selbstauskünfte der Geflüchteten ergibt sich nach derselben Klassifikation ein anderes Bild: Danach gingen 2022 bereits 65 % einer Fachkraft-, 11 % einer Experten- und Spezialisten- sowie 25 % einer Helfertätigkeit nach (Brücker et al., 2024). Die Diskrepanz kann einerseits durch zu optimistische Einschätzungen der Befragten entstehen, die allerdings sonst – dies lässt sich in den verknüpften Daten überprüfen – sehr zuverlässige Angaben zur Beschäftigung und den Verdiensten machen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass Arbeitgebermeldungen mitunter veraltet sein können und berufliche Aufstiege nicht vollständig abbilden. Die tatsächliche Entwicklung dürfte daher zwischen den Befunden der verschiedenen Datenquellen liegen.
Insgesamt ergibt sich ein gemischtes Bild: Auf der einen Seite üben sehr viel mehr der Geflüchteten eine Fachkrafttätigkeit aus, als auf Grundlage der beruflichen Abschlüsse zu erwarten gewesen wäre. Auf der anderen Seite hat sich, gemessen an dem Anforderungsniveau der ausgeübten Berufstätigkeit, vor dem Zuzug eine Dequalifizierung, insbesondere in den ersten Jahren seit dem Zuzug, ergeben. Auch ist das Anforderungsniveau der Tätigkeit geringer als im Bevölkerungsdurchschnitt.
Allerdings bedeutet der hohe Anteil von Helfern nicht, dass diese Tätigkeiten im deutschen Arbeitsmarkt nicht gebraucht würden. In Deutschland ist eine Polarisierungstendenz im Arbeitsmarkt zu beobachten, d. h. die Experten- und Spezialistentätigkeiten und die Helfertätigkeiten wachsen überdurchschnittlich, während der Anteil der Fachkrafttätigkeiten abnimmt. Gleiches gilt für die Arbeitsnachfrage gemessen an der Zahl der offenen Stellen relativ zur Beschäftigung. Hinter diesem Polarisierungstrend stehen technologische Prozesse, aber auch die internationale Arbeitsteilung und der demografische Wandel. Darum ist es kein Widerspruch, dass die Geflüchteten zugleich häufig Helfertätigkeiten ausüben, aber auch überdurchschnittlich in Bereichen des Arbeitsmarktes tätig sind, die systemrelevant sind und in denen Engpässe herrschen. Auch ist der Anteil, der Nicht-Routinetätigkeiten ausübt, die schwerer durch Digitalisierung substituiert werden können, überdurchschnittlich hoch (Brücker et al., 2025a).
Geschlechterunterschiede
Während 2024 die Beschäftigungsquoten der 2015 zugezogenen geflüchteten Männer mit 76 % über dem Durchschnitt der Männer im Bevölkerungsdurchschnitt (72 %) lagen, waren die der Frauen mit 35 % deutlich geringer als im weiblichen Bevölkerungsdurchschnitt (68 %). Auch bei den Verdiensten und den Arbeitszeiten zeigt sich ein deutliches Gefälle (Brücker et al., 2025a). Mit längerer Aufenthaltsdauer ist allerdings ein Anstieg der Beschäftigungsquoten von Frauen erkennbar.
Es erscheint auf den ersten Blick naheliegend, dieses Gefälle auf kulturelle Faktoren zurückzuführen. Empirische Befunde zeichnen jedoch ein differenzierteres Bild. So unterscheiden sich die erwerbsbezogenen Werte der geflüchteten Frauen, wie auch ihrer männlichen Partner, etwa was die Rolle der Erwerbstätigkeit für die Gleichberechtigung von Frauen in einer demokratischen Gesellschaft, die Erwerbstätigkeitswünsche von Frauen und Ähnliches angeht, nicht sehr vom Bevölkerungsdurchschnitt in Deutschland. Konservativere Positionen zeigen sich eher bei „Familienwerten“ wie Einstellung zu Abtreibung und Ehescheidung (Brücker et al., 2020a). Auch die innerfamiliäre Arbeitsteilung in Kinderbetreuung und Hausarbeit unterscheidet sich nicht wesentlich vom deutschen Durchschnitt (Brücker et al., 2020a). Die Forschung erklärt das Beschäftigungsgefälle daher überwiegend durch strukturelle Faktoren – die Zahl und Alter der Kinder sowie eingeschränkte Kinderbetreuungsangebote, Ungleichheiten in Bildung und Ausbildung, ein höherer Frauenanteil in reglementierten Berufen, und häufigere Betroffenheit von psychischen Erkrankungen von Frauen. Differenzen in der Einstellung zu Gender-Rollen tragen dagegen statistisch nicht signifikant zur Erklärung der Geschlechterdifferenzen unter Geflüchteten in der Erwerbstätigkeit bei (Kosyakova et al., 2021, 2023).
Was hat geholfen, was hat geschadet?
Mit einer Beschäftigungsquote von 64 % und einer Erwerbstätigenquote von rund 70 % liegen die 2015 Zugezogenen in Deutschland deutlich über dem europäischen Durchschnitt – auch wenn die internationale Datenlage nicht vollständig vergleichbar ist. Wesentlich dazu beigetragen haben die günstigen Arbeitsmarktbedingungen mit einer hohen Arbeitsnachfrage im vergangenen Jahrzehnt. Auch gegenwärtig steigen die Beschäftigungsquoten der Bevölkerung aus den Asylherkunftsländern gegen den konjunkturellen Trend weiter. Welche Faktoren haben diese Entwicklung begünstigt?
2015 wurden zahlreiche Änderungen in der Integrationspolitik eingeleitet. So wurde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Herbst 2015 mit dem Ziel die Asylverfahren erheblich zu beschleunigen grundlegend reformiert. Gleichzeitig wurden die Integrationskurse und andere Sprachprogramme der Bundesregierung für Asylbewerber.innen geöffnet und ihr Angebot erheblich ausgebaut. Gegenüber der Zuzugskohorte des Jahres 2014, die sehr viel kleiner als die Zuzugskohorten der Jahre 2015 und 2016 war, wurden die Asylverfahren im Ergebnis erheblich beschleunigt. Auch das Angebot an Sprachprogrammen wurde deutlich erweitert. Auch andere Prozesse, etwa die Integration in die Arbeitsvermittlung und -förderung der Jobcenter wurde ausgebaut und beschleunigt.
Empirische Studien zeigen, dass dies die Arbeitsmarktintegration positiv beeinflusst hat: So gehen der schnellere und positive Abschluss von Asylverfahren (unter anderem Kosyakova & Brenzel, 2020; Brücker et al., 2024), der Abschluss von Sprachprogrammen und eine höhere Sprachkompetenz (Kanas & Kosyakova, 2023; Brücker et al., 2025b) mit einer erhöhten Erwerbstätigkeitswahrscheinlichkeit und Verdiensten einher. Gleiches gilt für einen erleichterten Zugang zur Gesundheitsversorgung, der in Deutschland anfänglich stark beschränkt war (Jaschke & Kosyakova, 2021), und einem besseren Gesundheitszustand (Brücker et al., 2025b; Goßner et al., 2025).
Gleichzeitig traten strukturelle Probleme zutage, die bis heute wirken: Trotz Beschleunigung dauerten viele Prozesse zu lange und verzögerten den Arbeitsmarkteintritt. Ein Jahr nach Zuzug waren noch 47 %, zwei Jahre nach Zuzug 17 % der Asylverfahren nicht abgeschlossen – ein Fortschritt gegenüber der 2014er Kohorte, aber mit weiterem Beschleunigungspotenzial. Auch die Teilnahme an Integrationskursen verlief schleppend: Ein Jahr nach Ankunft hatten 25 % die Kurse abgeschlossen, nach zwei Jahren 46 %; immerhin 82 % hatten bis dahin einen Kurs zumindest begonnen. Arbeitsmarkt- und Berufsberatung wurde nur von 41 % der Geflüchteten zwei Jahre nach Zuzug in Anspruch genommen (Brücker et al., 2025b).
All dies zeigt, dass zwar viel geleistet wurde, aber ein erhebliches Potenzial nach oben besteht. Besonders relevant ist, dass Integrationsmaßnahmen bei Frauen stärkere Beschäftigungswirkungen entfalten, sie jedoch später und seltener daran teilnehmen (Brücker et al., 2024, 2025a). Zudem bleibt der Zugang zu Kinderbetreuung, vor allem im Kleinkindalter, ein zentrales Hindernis für die Erwerbstätigkeit von Frauen.
Als problematisch erwiesen sich auch Eingriffe in Marktprozesse, auch wenn sie in Teilen unvermeidlich waren. So wurden Geflüchtete bei der regionalen Verteilung überdurchschnittlich in strukturschwachen Regionen mit erhöhter Arbeitslosigkeit angesiedelt (Brücker et al., 2020b), was ihre Beschäftigungschancen erheblich verringerte (Aksoy et al., 2023; Brücker et al., 2025a). Auch Wohnsitzauflagen reduzierten die Beschäftigungswahrscheinlichkeit (Brücker et al., 2020b; Cardozo Silva et al., 2023). Eine räumliche Verteilung, die Arbeitsmarktkriterien berücksichtigt, könnte deshalb die Erwerbstätigenquoten deutlich steigern.
Fazit
Angesichts der ungünstigen Startbedingungen vieler Geflüchteter ist die deutliche Annäherung der Erwerbstätigenquoten an den Bevölkerungsdurchschnitt ein beachtlicher Erfolg. Gleichwohl bestehen weiterhin erhebliche Probleme: Zwischen Männern und Frauen zeigt sich ein starkes Gefälle, der Leistungsbezug bleibt hoch, und die mittleren Verdienste liegen mit 70 % des Medianlohns nur knapp über der Niedriglohnschwelle.
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre lassen jedoch erwarten, dass sich Beschäftigungsquoten und Verdienste weiter annähern und damit auch der Leistungsbezug sinken wird. Reformen wie die Beschleunigung der Asylverfahren und der Ausbau von Sprach- und Integrationsprogrammen haben bereits Wirkung gezeigt, könnten aber noch konsequenter umgesetzt werden. Zusätzliche Fortschritte wären möglich, wenn Arbeitsmarktkriterien bei der regionalen Verteilung stärker berücksichtigt und Markteingriffe wie Wohnsitzauflagen vermieden würden.
Besonders groß bleibt die Herausforderung bei der Arbeitsmarktintegration geflüchteter Frauen. Hier könnten ein besserer Zugang zu Kinderbetreuung, frühere und umfassendere Sprach- und Integrationsangebote, geringere Hürden in reglementierten Berufen sowie eine verbesserte Gesundheitsversorgung die Erwerbschancen deutlich erhöhen. Da geflüchtete Männer im Durchschnitt bereits gut im Arbeitsmarkt angekommen sind – ihre Beschäftigungsquote liegt inzwischen sogar leicht über dem Bevölkerungsdurchschnitt –, liegt bei den Frauen das größte ungenutzte Potenzial. Eine stärkere Erwerbsbeteiligung von Frauen würde nicht nur das Beschäftigungsniveau der Geflüchteten insgesamt erhöhen, sondern auch langfristig positive Wirkungen für die Integration ihrer Familien und die Chancen der nachfolgenden Generationen entfalten.
Literatur
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