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Dieser Beitrag ist Teil von Erderwärmung, Klimazoll und Klimaclub: Wie können die Paris-Ziele erfüllt werden?

Die wissenschaftlichen Fakten zu notwendigem Klimaschutz und den bereits spürbaren sowie zukünftig zu erwartenden Folgen des Klimawandels liegen so umfassend und eindeutig vor, wie nie zuvor (IPCC, 2014, 2018).1 Der anthropogene – also menschengemachte – Klimawandel sowie die damit einhergehende globale Erderwärmung sind real und betreffen jeden. Dies ist unter Klimawissenschaftler:innen unumstritten und wird auch im politischen und gesellschaftlichen Diskurs mittlerweile weithin anerkannt. Doch was genau sind die Ursachen für den bereits spürbaren und zukünftig zu erwartenden Klimawandel? Wo genau stehen wir aktuell in Deutschland?

Ursachen der Erderwärmung: Treibhausgasemissionen

Die Erderwärmung bezeichnet den Anstieg der globalen Jahres-Durchschnittstemperatur der erdnahen Atmosphäre seit der vorindustriellen Zeit. Hauptursache dieses Temperaturanstiegs sind die durch den Menschen verursachten Treibhausgasemissionen, z. B. aus dem Energiesektor, Industrieprozessen, Abfallwirtschaft sowie Land- und Forstwirtschaft (Ritchie und Roser, 2021). Dabei sind vor allem Kohlenstoffdioxid (CO2 ) und Methan (CH4 ) die wichtigsten Treiber. Das hierbei dominante CO2 hat darüber hinaus die Eigenschaft sehr lange – d. h. über viele Jahrhunderte bis Jahrtausende hinweg – in der Erdatmosphäre zu verbleiben, sich also anzureichern. Daher ist es überaus schwierig, von den durch anhaltend steigende CO2-Konzentrationen erreichten Erwärmungsniveaus wieder zu kühleren Bedingungen zurückzukehren.

Im globalen Durchschnitt werden pro Kopf und Jahr ca. 4,8 Tonnen CO2 ausgestoßen (Friedlingstein et al., 2020). In Deutschland liegt der CO2-Ausstoß mit ca. 9 Tonnen pro Kopf und Jahr sogar deutlich über dem weltweiten Durchschnitt (Umweltbundesamt, 2021). Hinzu kommen weitere Treibhausgasemissionen, insbesondere das klimasensitive Methan, das seine Wirksamkeit jedoch nach wenigen Dekaden verliert, sowie Distickstoffoxid (Lachgas) und weitere Spurengase. Trotz der Corona-Pandemie haben sowohl CO2 als auch Methan Rekordwerte in der Atmosphäre erreicht. Messdaten des Scripps Institution of Oceanography San Diego (2021) zeigen im März 2021 eine CO2-Konzentration von über 418 ppm (parts per million), womit deutlich über 50 % der gegenwärtigen CO2-Konzentrationen anthropogenen Ursprungs sind (270 ppm entspricht dem vorindustriellen Niveau). Die Konzentrationen werden wie jedes Jahr ihr Maximum im Juni erreichen. Die minimale Emissionsreduktion durch die Corona-Pandemie hat zwar die Wachstumsrate ganz leicht abgeschwächt, die Anreicherungsrate ist aber nur minimal gesunken. Insgesamt sogar weniger als die jährlichen natürlichen Schwankungen durch das Klimaphänomen El Niño, sodass hierdurch keine spürbare Verlangsamung des Aufwärtstrends messbar ist.

Dass die CO2-Konzentration nicht noch schneller steigt, verdanken wir der Aufnahmefähigkeit von Ozeanen und Vegetation. Laut Global Carbon Project (2020) werden derzeit mehr als die Hälfte der zusätzlichen CO2-Emissionen von Biosphäre und Ozean aufgenommen, der Rest bleibt in der Atmosphäre. Dadurch kommt es zu einem Düngeeffekt des CO2 für die Pflanzen, der durch nachteilige Effekte der Erwärmung allerdings kaum Vorteile bringt. So stellten Wang et al. (2020) einen rückläufigen Trend des Düngeeffektes auf die Photosyntheseleistung der Vegetation fest. Die zunehmende Versauerung der Ozeane ist ein Nebeneffekt der ozeanischen CO2-Aufnahme, verbunden mit einer Reihe kritischer Auswirkungen auf marine Ökosysteme (Doney, 2006).

Auch die Konzentration des hochwirksamen Methans in der Atmosphäre steigt stärker als noch 2019, wie Analysen der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA, 2021) aus 2020 zeigen. Die vorläufige Analyse der NOAA-Daten ergab, dass der jährliche Anstieg des atmosphärischen Methans für 2020 14,7 ppb (parts per billion) betrug, dem größten jährlichen Anstieg seit Beginn der systematischen Messungen im Jahr 1983. Als wichtigste anthropogene Quellen für Methan gelten neben der Landwirtschaft, die Abfallwirtschaft sowie die Förderung, die Weiterverarbeitung und der Transport fossiler Energieträger, wie Öl, Gas und Kohle (NASA, 2020).

Entwicklung der Globaltemperatur

Die direkteste Auswirkung der erhöhten Treibhausgaskonzentrationen ist die Erwärmung der erdnahen Atmosphäre. Während der Temperaturanstieg seit der vorindustriellen Zeit (Referenzzeitraum 1850 bis 1900) bis zum Jahr 2017 noch bei etwa 1°C mit einer Zuwachsrate von 0,2°C pro Jahrzehnt lag (IPCC, 2018), haben sich die Werte seitdem weiter erhöht. Dies ist einerseits in der fortgesetzten Zunahme der Treibhausgase und durch verbesserte Beobachtungsdaten anderseits begründet. 2017 waren z. B. erst bei drei von sechs globalen Temperaturdatensätzen die polaren Regionen berücksichtigt. Mittlerweile ist die besonders starke Erwärmung der Arktis in fünf von sechs Datensätzen inkludiert. Weiterhin waren Anpassungen der Ozeanmessdaten nötig, da in den vergangenen 15 Jahren die Art der Messung global nach und nach umgestellt worden ist. So beträgt die globale Erwärmung aktuell bereits ca. 1,2°C. Neueste Zahlen hierzu werden im kommenden 6. IPCC-Bericht für den Sommer 2021 erwartet.

Laut IPCC-Sonderbericht (2018) wären 1,5°C im Zeitraum 2030 bis 2052 erreicht, wobei die erwähnten Verbesserungen der Datensätze diesen Zeitraum noch einmal potenziell verkürzen. Die Zahlen verdeutlichen, dass die Erwärmung bisher ungebremst zunimmt. Laut IPCC-Sonderbericht über Klimawandel und Landsysteme, ist die Lufttemperatur über den Kontinenten fast doppelt so stark angestiegen und liegt – gemittelt über alle Landflächen – bei ca. 1,53°C für den Zeitraum 2006 bis 2015 (verglichen mit insgesamt 0,87°C im selben Zeitraum; IPCC, 2019). Weltweit lagen die 20 wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen bis auf eine Ausnahme (1998) alle im 21. Jahrhundert (NOAA, 2021). 2016 war weltweit das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, dicht gefolgt von 2020 (Umweltbundesamt, 2021).

Während die Erwärmung bereits bei 1,2°C liegt, müssen wir mit Blick auf gegenwärtige Politiken von einer Erwärmung von bis zu 3°C und damit von einer Verfehlung des 1,5°C-Ziels von Paris ausgehen. Wollten wir das 1,5°C-Ziel noch mit 50 % Wahrscheinlichkeit erreichen (Mittelwert des Unsicherheitsbereichs), können laut IPCC (2018) ab 2017 noch ca. 580 Gigatonnen (Gt) CO2 in die Atmosphäre abgegeben werden. Bei einem jährlichen Ausstoß von ca. 42 Gt blieben dafür also noch ca. 14 Jahre bis 2031, wenn nicht aktiv gegengesteuert wird (IPCC, 2018).

Zunahme der Eintrittswahrscheinlichkeiten von Extremereignissen

Auch 2020 ist von zahllosen Extremereignissen begleitet worden, wie der jüngste Jahresbericht der World Meteorological Organisation zeigt (WMO, 2020). Es ist bekannt, dass viele Wetterextreme vom Klimawandel beeinflusst werden – insbesondere die Temperaturextreme. Da extreme Wettereignisse per Definition selten vorkommen und somit aus statistischer Perspektive schwer zu erfassen sind, ist eine genaue Analyse des Klimawandeleinflusses auf die Extreme äußerst schwierig. Oftmals sind verlässliche Observationen sogar erst seit 1950 verfügbar, sodass neben diesen direkten Beobachtungsdaten auch Computersimulationen notwendig sind, um das Verständnis über sich wandelnde Extremereignisse zu verbessern.

Dank immer längerer Beobachtungszeitreihen (insbesondere mit einer zunehmenden Zahl sehr warmer Jahre) und detaillierterer und zahlreicherer Computersimulationen können verlässlichere Aussagen zu veränderten Auftretenswahrscheinlichkeiten von Hitzewellen und Rekordtemperaturen gemacht werden. Die lange andauernde Phase ungewöhnlich warmer Temperaturen im Norden Russlands in den ersten sechs Monaten 2020, konnte z. B. eindeutig auf den Klimawandel zurückgeführt werden. In diesem Fall ist die Auftretenswahrscheinlichkeit sogar so stark gestiegen, dass im Prinzip ausgeschlossen werden kann, dass eine derart langanhaltende Wärmeperiode ohne den Klimawandel überhaupt möglich gewesen wäre (Ciavarella et al., 2020). Den Rekordtemperaturen im Juli 2019 in Deutschland konnte wiederum ein rund zehnfach erhöhtes Risiko zugeordnet werden. Im Falle von Niederschlagsereignissen sind die Aussagen jedoch weniger klar, und so ändern sich die Auftretenswahrscheinlichkeiten teils nur um 40 %, wie bei den Überschwemmungen in Frankreich 2016 (van Oldenborgh, 2016). Für die gleichzeitig aufgetretenen Überschwemmungen in Deutschland, konnten hingegen keine verlässlichen Aussagen in diesem Sinne getroffen werden. Mittlerweile ist die Attributionsforschung (Otto, 2017) sogar in der Lage Waldbrände (van Oldenborgh et al., 2021) oder die Niederschlagsintensität von Hurrikanen (Risser und Wehner, 2017) zu attributieren, obwohl auch dabei die Änderungen nur gering sind.

Die Ergebnisse dieser Attributionsforschung haben nicht nur einen direkten Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung, indem schon jetzt sichtbar wird, welchen Einfluss der Klimawandel auf das Wettergeschehen hat, sondern auch auf die Bewertung von damit verknüpften finanziellen Schäden. So haben die wetterbedingten Schadenssummen teils erheblich zugenommen, was dazu führt, dass beispielsweise Rückversicherer in einigen Fällen keine Versicherungen gegen Wetterrisiken mehr anbieten (Swiss Re, 2020). Dabei gilt, dass selbst wenn die erwärmungsbedingten Risikoänderungen nicht exakt abgeschätzt werden können, der Klimawandel unzweifelhaft ein makroökonomisches Risiko darstellt (Jerome-Jean Haegeli in Bevere und Gloor, 2020). Umso länger wir die Maßnahmen zur Emissionsreduzierung herauszögern, desto größer werden die finanziellen Risiken. Die Vorteile starken und schnellen Handelns, überwiegen also deutlich die ökonomischen Kosten des Nicht-Handelns (Stern, 2006).

Regionale Ausprägungen des Klimawandels

Die Auswirkungen des Klimawandels sind global und regional sehr unterschiedlich zu spüren. In Deutschland ist die jährliche bodennahe Lufttemperatur seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bis 2020 im Jahresmittel um 1,6°C angestiegen (Daten und Abbildung dazu vom DWD, 2021). Deutschlandweit verschiebt sich im Zuge dessen die Verteilung der Temperaturen hin zu höheren Temperaturwerten und führt somit zu einer höheren Eintrittswahrscheinlichkeit von hohen Temperaturextremen (Brasseur et al., 2017). Die Hitzebelastung hat bereits deutlich zugenommen. Im Zeitraum 1951 bis 2019 ist die Zahl der heißen Tage, an denen die Tageshöchsttemperatur 30°C überschreitet, im Mittel um etwa acht Tage gestiegen, mit der höchsten Zahl im Jahr 2018 mit mehr als 20 heißen Tagen. Die Sommer 2003, 2018 und 2019 waren in Deutschland die wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 (Kaspar und Friedrich, 2020).

Die häufiger und intensiver auftretenden Hitzewellen belasten Menschen, Tiere und Pflanzen gleichermaßen. „Aufgrund der alternden Bevölkerung, der Urbanisierung und der Häufigkeit von Diabetes, Herzkreislauf- und Atemwegserkrankungen ist die europäische Bevölkerung durch Hitze besonders gefährdet“, stellt der Deutschland-Bericht fest, der erstmalig im Rahmen des „Lancet Countdown on Health and Climate Change“ (2019) veröffentlicht wurde.

Weiterhin sind in Deutschland in vielen Regionen Veränderungen der Niederschlagsregime zu beobachten, mit Zunahmen der Niederschlagsmengen im Winter, der zudem seltener als Schnee fällt (Brasseur et al., 2017). Starkniederschlagsereignisse haben zugenommen. Besonders viele traten im Dürrejahr 2018 auf, das zugleich durch lange Phasen mit sehr geringen Niederschlägen und durch hohe Verdunstungsraten aufgrund hoher Temperaturen geprägt war.

Beobachtungen von Meeresspiegeländerungen zeigen einen Anstieg von 10 bis 20 cm an Deutschlands Nord- und Ostseeküsten innerhalb der letzten 100 Jahre, der generelle Trend der Meeresspiegeländerung drückt sich ebenfalls in einem Anstieg der Sturmflutwasserstände für denselben Zeitraum aus.

Künftig wird für die Temperatur und Starkregentage in allen Bundesländern eine ähnlich starke Zunahme erwartet (GERICS, 2020). In Süddeutschland besteht außerdem ein hohes Risiko längerer Hitzeperioden. In den nördlichen Bundesländern ist eher eine Zunahme der Niederschläge im Winter und Frühjahr zu erwarten.

Es zeigt sich, dass Entscheidungsträger in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft nicht nur aktuelle, sondern auch künftige Veränderungen im Blick behalten müssen. Wissenschaftlich erarbeitete Produkte wie die am Climate Service Center Germany (GERICS) entwickelten Klimaausblicke der Bundesländer2 und die für Sommer 2021 erwarteten Landkreisausblicke können hier unterstützen.

Fazit

Im Rahmen dieses einführenden Beitrags des Zeitgesprächs wurden die wesentlichen Fakten zum bereits eingetretenen und spürbaren Klimawandel sowie zu den zukünftig zu erwartenden Entwicklungen auf unterschiedlichen Ebenen dargelegt. Dabei zeigen sich für alle biologischen Systeme global wie regional deutliche Veränderungen und diese Veränderungen werden weiter voranschreiten.

Neben der Notwendigkeit für deutlich ambitionierteren Klimaschutz mit dem Ziel der Klimaneutralität, zeigen nicht zuletzt auch die zukünftig zu erwartenden Folgen des Klimawandels und die sich daraus ergebenden Herausforderungen, dass die notwendige gesellschaftliche Transformation mehr umfasst. Die von den weltweit mit Abstand größten Treibhausgasemittenten USA, EU und China angekündigten Selbstverpflichtungen zu signifikanten und schnellen Reduktionen von klimawirksamen Schadgasen, einschließlich der Formulierung von „Netto-Null”-Zielen für 2050 bzw. 2060, erfordern eine entschlossene und konsistente Langfriststrategie zur Umsetzung dieser Ziele (The White House, 2021; European Commission, 2020; Atlantic Council, 2021). Es muss darum gehen, Klimaschutz, Anpassung an die Folgen des Klimawandels und Nachhaltigkeit zukünftig viel konsequenter zusammenzudenken, um die Transformation hin zu einer ressourcenschonenden, nachhaltigen, klimaneutralen und -angepassten Gesellschaft erreichen zu können.

Noch können auch die zentralen Ziele des Paris-Abkommens erreicht werden. Dies macht jedoch grundlegende Veränderungen und Transformationen in vielen gesellschaftlich und wirtschaftlich bedeutenden Bereichen notwendig. Hierbei gilt es, nicht zuletzt auch flankiert von wichtigen Rahmenbedingungen, Impulsen und Orientierungen wie beispielsweise dem IPCC-Sonderbericht über 1,5°C globale Erwärmung, dem Green Deal der EU und der Europäischen Anpassungsstrategie, der FONA-Strategie des BMBF zur Forschung für Nachhaltigkeit, der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, der Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel sowie der Helmholtz-Klima-Initiative, auf der Grundlage der naturwissenschaftlichen Fakten nun schnellstens die nächsten entscheidenden Schritte zur gesellschaftlichen Transformation zu gehen. Der Erfolg wird dabei entscheidend von der Zusammenarbeit und dem Dialog aller gesellschaftlichen Akteure sowie einem grundlegenden gemeinsamen Werteverständnis – insbesondere auch zwischen der Forschung und der praktischen Entscheidungs- und Umsetzungsebene vor Ort – abhängen.

Literatur

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DOI: 10.1007/s10273-021-2911-8

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