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Im Herbst dieses Jahres wurde das dritte Kita-Qualitätsgesetz des Bundes verabschiedet, nachdem fünf Jahre zuvor das erste sogenannte „Gute-Kita-Gesetz“ in Kraft getreten ist. Mit dem neuen dritten Gesetz wird der Bund die Länder mit jeweils rund 2 Mrd. Euro unterstützen. Solche Investitionen sind effektiv und effizient, wenn es darum gehen soll das Humanvermögen von heute und morgen zu fördern. Eine alternde Gesellschaft deren Erwerbs­personenpotenzial weiterhin abnehmen wird und dessen Wirtschaft schon heute einen Fachkräftemangel beklagt, wird auf diese Investitionen besonders angewiesen sein.

Denn zum einen unterstützen Kitas die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit, insbesondere für Mütter mit jungen Kindern. Deren Erwerbsquote ist zwar in den vergangenen Jahren – nicht zuletzt wegen des Kita-Ausbaus – gestiegen, aber nach wie vor arbeitet die Mehrheit dieser Mütter in Teilzeit. Der deutschen Wirtschaft geht dadurch ein erhebliches Erwerbsvolumen „verloren“. Nun lässt sich argumentieren, dass dies mit Qualität im engeren Sinne wenig zu tun hat. Dies ist jedoch keineswegs der Fall, wie empirische Studien zeigen: Auch für die Vereinbarkeit ist eine gute Qualität zentral, da eine bessere Kita-Qualität, wie z. B. ein besserer Kind-Betreuenden-Schlüssel, mit dem Erwerbsvolumen von Müttern positiv zusammenhängt und andere Qualitätsmerkmale beispielsweise mit einem höheren Arbeitslohn einhergehen. Bei einer guten Kita-Qualität steigt die Produktivität am Arbeitsplatz. Es zeigt sich also, dass eine gute Kita-Qualität auch das derzeitige Erwerbspersonenpotenzial beeinflusst. Außerdem kommt hinzu, dass erwerbstätige Mütter gerade in der letzten Zeit größere Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit haben, da Kitas aufgrund des Fachkräftemangels in der frühen Bildung und Betreuung vielfach früher schließen müssen oder die Öffnungszeiten generell einschränken. Ein Fachkräftemangel, welcher den der gesamten Wirtschaft noch weiter erhöht.

Auch für die Anwerbung von potenziellen Fachkräften aus dem Ausland ist eine gute Kita-Qualität essenziell, denn wenn sich potenziell an Deutschland interessierte Fachkräfte mit jungen Kindern zwischen europäischen Ländern entscheiden müssen, wird auch auf die Bildungs- und Betreuungssituation in Deutschland geschaut und nicht immer fällt diese zugunsten Deutschlands aus.

Zum anderen sind Kitas der erste Bildungsort für Kinder außerhalb der Familie. Es geht hier also darum, dass das Erwerbspersonenpotenzial in 20 Jahren gefördert wird. Gegenwärtig gilt es, alle Potenziale früh zu fördern, d. h. alle Kinder, insbesondere jene aus anregungsarmen Familien, in die Förderung einzuschließen. Denn immer wieder belegen weitere empirische Studien aus dem Bereich der Bildungsökonomie, wie effektiv und effizient qualitativ gute, frühe Kita-Angebote insbesondere für Kinder aus anregungsarmen Elternhäusern sind. Es wird auch deutlich, dass neben den Kommunen und Ländern insbesondere der Bund profitiert – da letztlich der Wirtschaftsstandort Deutschland davon abhängt. Auch im Bereich der Integration der bei uns lebenden Kinder mit Zuwanderungsgeschichte könnten durch eine gute Kita-Politik sehr effektiv Fortschritte erzielt werden. Dies ist umso bedeutsamer, als 2023 bereits 43 % der Kinder unter sechs Jahren einen Migrationshintergrund hatten. Im gleichen Jahr hatten 26 % eine (beidseitige) Einwanderungsgeschichte. Mit dem neuen Gesetz soll insbesondere die sprachliche Bildung gefördert werden, was von daher besonders sinnvoll ist.

Hier muss auch der Befund diskutiert werden, dass nach wie vor nicht alle Gruppen einen frühen Zugang zu Kindertageseinrichtungen haben, die einen Kita-Platz wollen – sie profitieren daher nicht von einem dritten Kita-Qualitätsgesetz. Insbesondere im Bereich der unter dreijährigen Kinder sind hohe ungedeckte Bedarfe festzustellen. Dies trifft insbesondere auf jene Gruppen zu, die von einer guten Kita-Qualität besonders profitieren würden: So bekommt jede fünfte Familie mit Kindern zwischen ein und unter drei Jahren keinen Kita-Platz (also 21 %), obwohl ein Bedarf besteht; bei armutsgefährdeten Familien sind es 33 % und bei Familien, die zu Hause kein Deutsch sprechen, sogar 39 %. Neben Anstrengungen und Investitionen für eine bessere Kita-Qualität sind also dringend auch mehr Investitionen notwendig, um mehr Kita-Plätze zu schaffen. Auch hier ist der Bund gefragt, denn es geht nicht nur um Bildungspolitik, sondern auch um Familien-, Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Integrationspolitik.

Allerdings ist diesbezüglich ein zentraler Flaschenhals der Mangel an Personal, das für diesen Bildungs- und Betreuungsbereich gewonnen werden kann. Hier sind innovative und unorthodoxe Lösungen notwendig. Auch hier gilt der Hinweis auf die alternde Gesellschaft Deutschlands. Wenn die Babyboomer in Rente gehen, kann vermehrt darüber nachgedacht werden, wie deren Potenziale auch für diesen Bereich nutzbar gemacht werden können. Wenn wir nicht bereits heute an die Erwerbspotenziale von übermorgen denken, werden wir übermorgen noch mehr öffentliche Mittel investieren müssen.

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© Der/die Autor:in 2024

Open Access: Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht (creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de).

Open Access wird durch die ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft gefördert.


DOI: 10.2478/wd-2024-0209

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